Komisch: Die Ankündigung eines unangemeldeten einwöchigen Straßenfestes in Friedrichshain wurde lange nicht beachtet. Nachdem es seitens der an der Organisation beteiligten Gruppen nun konkreter wird, publizieren nun Tagesspiegel und Springer via B.Z. und BILD gleichzeitig erste Statements Seitens der Polizei.
Der Tagesspiegel zitiert einen anonymen Sprecher der Polizei: "Uns ist der Aufruf bekannt. Wir wissen um die Erfahrungen aus dem letzten Jahr und werden uns dementsprechend aufstellen". Gemeint ist die Lange Nacht der Rigaer Straße 2014, die einen zweitägigen Großeinsatz der Polizei nach sich zog und es immerhin ins Berliner Parlament schaffte. Dort waren sich damals die Politiker aller Parteien einig, die “Gewalt” gegen Polizisten verurteilen zu müssen ohne zu erwähnen, dass diese garnicht eigeladen waren. Hakan Tas von die Linke sprach von “sinnloser Gewalt” und einem “politischen großen Schaden”, den die Bewohner_innen und Gäste der Rigaer Straße angerichtet hätten. Die Äußerungen zeigen, dass diejenigen, die Gentrifizierung nicht nur ansprechen sondern auch aktiv bekämpfen, den Parteien immer ein Dorn im Auge sind.
Tas log weiter: “Die Lange Nacht der Rigaer Straße sollte ein politisches Straßenfest sein, eine Veranstaltung, die auf die großen Probleme in der Wohnungspolitik aufmerksam macht.” Dabei ist die mediale und politische Aufmerksamkeit eher ein positiver Nebeneffekt der unversöhnlichen Haltung, die im Nordkiez regelmäßig praktiziert wird. Klar gibt es auch immer wieder Veranstaltungen, die sensibilisieren sollen. Sensibilisierung alleine reicht jedoch nicht, wie uns gerade die inhaltslosen Reden in den Parlamenten zum Thema Stadtpolitik zeigen. Ohne handfesten Widerstand gegen die tägliche Gewalt durch Zwangsräumungen, umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, Mietsteigerung etc. gäbe es längst nicht mehr die zahlreichen Räume in der Rigaer Straße. Die Räumung der Liebig 14 z.B. war zwar ein Erfolg für die Räumkommandos, gleichzeitig aber eine klare Botschaft an Politik und Polizei, dass hier eine Bereitschaft existiert auch wirklich etwas zu riskieren und nicht nur zu debatieren. Bei kommenden Einsätzen wird die Polizei hier immer auf Widerstand treffen und daher politische Entscheidungen nicht so einfach durchsetzbar sein.
Beantragt wurde die Parlamentsdebatte nach der Langen Nacht der Rigaer Straße von der CDU-Fraktion. Dieses Jahr wird der Innensenator der CDU, Frank Henkel, maßgeblich dafür verantworlich sein, wie mit dem Straßenfest durch die Polizei umgegangen wird. Wie die aktuellen Artikel in der Presse zeigen, sind die traumatischen Erinnerungen an letztes Jahr bei der politischen Führung noch vorhanden. Das diesjährige Straßenfest wird deshalb sicherlich zur Chefsache. Der Polizeisprecher, der offenbar seinen Namen nicht nennen will, kündigt bereits an: "Wir werden auf mögliche Aktionen adäquat reagieren können".
Positiv ist, dass von einer Verhinderung des Festes noch nicht die Rede ist. Das dürfte auch schwierig werden, da die beteiligten Gruppen über zahlreiche Räume und Häuser verfügen, die zum Teil die Veranstaltungen beherbergen können, falls z.B. das Wetter schlecht wird. Die Projekte sind über ein Gebiet verteilt, das zu groß ist, um klassische Gefahrenzonen-Strategien der Polizei langfristig durchsetzbar zu machen. Das wurde bereits bei vergangenen ähnlichen Events wie beim Langen Wochenende der Rigaer Straße 2007 probiert. Eine Großflächige Verbotszone wurde damals durch dezentrale Aktionen kleiner Gruppen beantwortet und brachte den damaligen Polizeipräsidenten Glietsch in die Kritik.
Gefallen sind die Würfel für das diesjährige Fest noch lange nicht. In der Presse werden sich jedoch Tendenzen in der Strategie ablesen lassen. Diese wird vor und während des Straßenfestes dafür sorgen, dass die Propaganda-Abteilung der Berliner Polizei sich gehör verschaffen kann. Verfälschte Tatsachen, Hetze und Selbstbeweihräucherung werden selbstverständlich dazu gehören, wenn der informelle Verein der Berliner Polizeireporter sich wieder mit den LKA-Beamten gleichschaltet. Aber auch das Straßenfest muss sich Gehör verschaffen. Schließlich ist die lokale Auseinandersetzung eingebettet in einen stadtweiten Kampf und nicht nur für Berliner_innen Ort des Austausches und Inspirationsquelle. Die Lange Woche der Rigaer Straße soll eben nicht nur ein “politisches Straßenfest sein, eine Veranstaltung, die auf die großen Probleme in der Wohnungspolitik aufmerksam macht”, sondern ein Fest der Selbstorganisation und des Widerstandes.
Dabei wird es auch darauf ankommen, wie viele Menschen sich verantworlich zeigen und das Fest selbst mitprägen.
Kuchen und Steine
Kuchen für die eingeladenen Gäste und Steine für die nichtgeladenen Besucher!
Neuendorf sprach
Laut Boulevardpresse war Hr. Neuendorf der Polizeisprecher. Er wechselt sich in dieser Funktion regelmäßig mit einem Herrn Redlich ab, wer von beiden den höheren Rang hat, könnte ggf. auf Polizeiseiten gegoogelt werden (am besten via TOR) , falls das wirklich von Interesse ist.
Bislang hatte Redlich (nix nomen est omen !) eher die größeren Propagandainszenzierungen (wie z.B. eine gestellte Festnahme mit vorgehaltener Waffe am Flgh. Tampelhof) zu verantworten, aber das muss nichts heißen.
da stehts
berlin.de/polizei/dienststellen/behoerdenleitung/stab-des-polizeipraesidenten/presse-und-oeffentlichkeitsarbeit/