Nicht oft ereignet sich, dass über einen noch lebenden Gefangenen eine Biografie publiziert wird. Im April 2015 erschien im Schweizer Echtzeit Verlag ein rund 200 Seiten starkes Buch über Leben, Kampf, Widerstand und Liebe des nicht nur in der Schweiz bekannten Anarchisten Marco Camenisch.
Geboren Anfang 1952 im Unterengadin führte der Lebensweg von Camenisch schon früh in den Widerstand; wie bei nicht wenigen ProtagonistInnen der damaligen Zeit politisierte ihn u.a. der Protest gegen den Bau von Atomkraftwerken. Jedoch verstand er alsbald, dass bloße Demonstrationen und das Verteilen von Flugblättern die Atomwirtschaft weder beeindrucken, geschweige denn aufhalten würde, sondern direkte Aktionen, in seinem Fall, Angriffe auf Strommasten, erforderlich sein würden.
Der Schweizer Journalist und Lehrbeauftragte an der Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Kurt Brandenberger, beschreibt ebenso spannend wie authentisch, gestützt auf intime Aktenkenntnis, vertieft durch Gespräche mit FreundInnen, WegbegleiterInnen und Familienangehörigen Camenischs den Weg des jungen Marco, der in einem kleinen Dorf aufwuchs, als Sohn eines Grenzwächters, hinein in den aktiven politischen Widerstand.
Nach einem Sprengstoffattentat auf ein Kraftwerk an Weihnachten 1979, erfolgter Festnahme und Untersuchungshaft erging 1981 das drakonische Urteil: 10 Jahre Zuchthaus für Marco und siebeneinhalb Jahre für seine Genossen.
Ein klassisch politischer Strafprozess war es gewesen, viel Solidarität von außen, politische Erklärungen der Angeklagten. Die Rede die Marco vor Gericht hielt, 'Friede den Hütten – Krieg den Palästen' analysierte die politischen Hintergründe für den Anschlag und zeigte auf, weshalb es notwendig geworden war zu handeln!
Wenige Monate nach der Verurteilung, gelingen Marco und anderen Gefangenen die Flucht; rund zehn Jahre wird er in Freiheit, in Italien leben, bevor er 1991 erneut verhaftet wird.
Auf den 200 Seiten erzählt Brandenberger das Leben eines widerständigen Menschen, der ohne Rücksicht auf sich selbst, für eine politische Idee und deren Umsetzung brennt. Dabei ist die Biografie nie der Versuchung erlegen eine Gefälligkeitswerk zu werden. Kritische Aspekte bekommen ihren Raum- da ist beispielsweise die Rolle als Vater. Durch Haft und Flucht war er nie wirklich präsent im Leben seiner Tochter, wie sie selbst in Gesprächen mit Brandenberger erklärt.
Erst am 08.Mai 2018 wird Camenisch auch den letzten Hafttag verbüßt haben, und erst dann will die Schweizer Justiz ihn frei lassen. Kürzlich bekräftigte dies das Kantonale Amt für Justizvollzug, verlangte ultimativ als Voraussetzung für die Gewährung von Hafturlauben und ähnliche Lockerungen des Vollzugsregimes, dass er sich ein „delinquenzfernes soziales Umfeld“ aufbaue, er sich folglich von seinem langjährigen Kreis an FreundInnen und GenossInnen trennen müsse, bevor man irgendwelche Maßnahmen erwägen könne. Eine ebenso indiskutable wie abstruse Forderung der Schweizer Justizbehörden.
Brandenbergs Buch gewährt einen mitunter sehr intimen Einblick in das Leben eines politischen Aktivisten, vermittelt ein Bild der Kämpfe der 70er/80er Jahre und gibt lebendig Zeugnis davon, wie ein Mensch auch nach Jahrzehnten der Haft aufrecht geblieben ist, dessen Herz unverändert für den Widerstand schlägt.
Bibliografische Angaben:
Kurt Brandenberger
'Marco Camenisch – Lebenslänglich im Widerstand'
Echtzeit-Verlag (Schweiz)
ISBN: 978-3-905800-92-0
Preis: 29 Franken
Thomas Meyer-Falk, c/o JVA (SV)
Hermann-Herder-Str.8, D-79104 Freiburg
Idiot...
"das Leben eines widerständigen Menschen, der ohne Rücksicht auf sich,..."
... und vor allem ohne Rücksicht auf Andere.
Kritik An etwas ist eine Sache. Eine Andere ist es Leute umzunieten und sich auch ggü. der eigenen Familie wie ein Arsch zu verhalten. (Stichwort: keine Zeit für daheim). Das ist schlichtweg ein Typ der noemals gelernt hat Verantwortung zu übernehmen. Weder für sich selbst, noch für Andere. Ein Kerl der Schule und Ausbildung abbricht wegen fadenscheinigen Begründungen. Einzig sein Ziel darin sieht zu zerstören und Menschen zu verletzten oder umzubringen. Jemanden mit solch egoistischen deskruktiven Charakter so zu huldigen ist echt Mumpitz. Hol ich mir lieber ein anständiges Buch von Menschen, die wirklich was bewegt haben.
selber
Da hast Du Dich ja tiefgründig mit Marcos Lebenslauf befasst. Drum weißt Du sicher auch, dass die Behauptung, es sei Marcos Ziel gewesen "Menschen zu verletzen oder umzubringen", eine ziemlich "deskruktive" Lüge ist.
Danke Thomas!
Herzlichen Dank, für diesen Buchtipp!
Grüße Dich herzlich!