Am 11. April 2015 feiert der Berliner Metalclub „Blackland“ am aktuellen Standort in der Lili-Hennoch-Straße in Berlin-Prenzlauer Berg sein fünfjähriges Bestehen. Als Headliner wird die Band „Limited Booze Boys“ aus Thüringen angekündigt. Die Band ist umstritten, spätestens seit bekannt wurde, dass ihr langjähriger Gitarrist Henning Haydt in den 1990er Jahren zum Kern der Jenaer Neonaziszene gehörte und dass gegen ihn im Zusammenhang mit dem Untertauchen des NSU-„Trios“ ermittelt wurde. Weitere Bilder zeigten Mitglieder der Band mit Neonazi-Tattoos und Bekleidung der Nazimarke „Thor Steinar“. Nachdem einige Auftritte der Band aufgrund der im Raum stehenden Vorwürfe abgesagt wurden, verließ der Gitarrist die Band. Die verbliebenen „Booze Boys“ stellen sich seitdem als Opfer einer Verleumdungskampagne dar und waschen ihre Hände in Unschuld.
Ein Blick auf die Aussagen, die Bandmitglieder bis heute im Internet verbreiten, zeigt jedoch dass offener Rassismus und völkisches Denken zum gängigen Meinungsbild gehören. So schrieb Bandbassist „Harti“ kürzlich: „Die Politverbrecher wollen das deutsche Volk und die gesamte weiße Rasse ausrotten, weil sie selbst dafür zu feige und zu unfähig sind, holen sie die Mörderbanden aus der ganzen Welt nach Europa.“ Statements dieser Art finden sich auch in den öffentlichen Aussagen weiterer Bandmitglieder. Auch das „Blackland“ stand seit seiner Eröffnung bereits mehrfach wegen seiner fehlenden Abgrenzung nach rechts in der Kritik. Warum die Distanzierungen der „Limited Booze Boys“ zur rechten Szene unglaubwürdig sind und warum die Band auch im Jahr 2015 noch immer untragbar ist, soll im Folgenden dargelegt werden.
„Limited Booze Boys“ — eine Mischung aus Hardrock und Oi im Schottenrock
Die Band Limited Booze Boys wurde 1999 im thüringischen Stadtroda um Sänger Tom Kroneberger (damals Schlagzeug), Leadgitarrist Henning Haydt, Gitarrist Mirko Kopper („Koppi“) und Bassist Frank Langmann gegründet. Später stieß Andreas Kretschmar hinzu („Wanze“), der das Schlagzeug übernahm. Nachdem Gründungsmitglied Langmann die Band verließ, wurde er durch Jens Hartmann ersetzt („Harti“).
Mit einer Mischung aus Metal, Hardrock und Oi, untermalt durch meist englische Texte thematisch von Kampf, Zusammenhalt und nordische Mythologie, erspielte sich die Band im Laufe der Jahre über zahlreiche Auftritte eine gewachsene Fangemeinde. Neben provinziellen Jugendclubs , Metal– und „Deutschrock“-Festivals, zählen auch Bikertreffen und die Clubhäuser diverser Motorradclubs zu den bevorzugten Auftrittsgelegenheiten der Band. Der martialische Habitus, oberkörperfrei, Schottenrock und schwere Stiefel, scheint beim Publikum gut anzukommen. Trotzdem war das Jahr 2012 für die Band kein Gutes. Eine Reihe von Enthüllungen führte dazu, dass zuerst der rechte Hintergrund Henning Haydts und schließlich auch das Auftreten weiterer Bandmitglieder zunehmend in der Kritik standen.
Inhaltsverzeichnis:
- Ein „kurzhaariger Bombenbastler“, über das Vorleben von Ex-Leadgitarrist Henning Haydt in der rechten Szene Thüringens, 1997-2003
- Ein „unpolitischer“ Neuanfang?, rechte Tendenzen, beginnend mit Gründung der „Limited Booze Boys“, 1999
- Weitere Konzertabsagen, Reaktionen der Band auf erste Konzertabsagen, bishin zum Austritt von Henning Haydt, 2012-2014
- Jens Hartmann, dokumentiert rassistische und antisemtische Statements des Bassisten, 2013-Gegenwart
- Mirko Kopper, dokumentiert NS-relativierende und nationalistische Statements des Gitarristen, 2012-Gegenwart
- Keine Bühne für die „Limited Booze Boys“!, Zusammenfassung und Fazit der Recherchen
1. Ein „kurzhaariger Bombenbastler“
Thüringens Neonaziszene der 1990er Jahre – eine Revision
Dass die Booze Boys von ihrer vermeintlichen Vergangenheit eingeholt wurden, stand in einem direkten Zusammenhang mit der Selbstenttarnung des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) im November 2011. Der neonazistische Terrorkomplex, dessen tragweite bis heute kaum ausreichend erfasst wurde, erzeugte auch in Thüringen ein öffentliches Interesse daran, die Geschichte des regionalen Neonazismus der 1990er Jahre und den Umgang staatlicher Institutionen einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Wöchentlich kamen neue Details über Ignoranz und die Verstrickungen der Sicherheitsbehörden ans Licht. Ende 2011 berief der Freistaat Thüringen die sogenannte „Schäferkommission“ ein, um „mögliche Fehler der Thüringer Sicherheits– und Justizbehörden bei der Aufklärung und Verfolgung der dem NSU und ihm verbundener Netzwerke zugerechneten Straftaten“ zu untersuchen. Auch die vermehrten „Funde von Sprengstoff bei Neonazis“ zu denen es „seit den frühen 1990er Jahren in Thüringen und insbesondere in Jena und Umgebung“ [1] gekommen war, wurden noch einmal gründlicher durchleuchtet.
Die Kofferbombe vom Theaterplatz, Jena 1997
In diesem Zusammenhang fiel der Name Henning Haydt. Es wurde bekannt, dass gegen Haydt im Jahre 1997 zusammen mit Beate Zschäpe, Uwe Mundlos, Uwe Böhnhart, sowie weiteren Führungsfiguren der Jenaer Kameradschaftsszene wegen der „Vorbereitung eines Sprengstoffverbrechens“ [2] ermittelt wurde. Konkret ging es um die zu ermittelnde Urheberschaft einer mit einem Hakenkreuz bemalten und mit TNT-gefüllten Kofferbombe, die am 2. September 1997 am Jenaer Theaterplatz aufgefunden wurde (StA Gera, Aktenzeichen 114 Js 37149/97). [3]
Henning Haydt, der Neonazi mit der Rohrbombe, Stadtroda 1997
Die Aufmerksamkeit der Ermittlungsbehörden hatte Haydt bereits durch einen nur wenige Monate zurück liegenden Vorfall auf sich gezogen. Wie der MDR erstmals wieder am 30. April 2012 berichtete, waren der damals 29-Jährige und sein „Kamerad“ Robert W. am 7. Juni 1997 an einer Badestelle in Quirla, auf halber Strecke zwischen Hermsdorf und Jena, mit einem Kassettenrekorder unterwegs, aus dem lautstark Neonazilieder ertönten. Texte wie: „An der Nordseeküste, im arischen Land“ oder „Stoppt den Jud Jud“, sagte eine Zeugin später bei der Polizei aus. Als einer der Badegäste die Neonazis aufgefordert habe, die Musik leiser zudrehen, sei die Person von Haydt und Robert W. attackiert worden. Die Polizei aus Stadtroda ermittelte fortan gegen Haydt „wegen mutmaßlicher Beteiligung an einer Schlägerei“ und Volksverhetzung. Eine noch am selben Tag durchgeführte Hausdurchsuchung sollte dem Zweck dienen, weitere neonazistische Tonträger aufzufinden. Wie mittlerweile in zahlreichen Medienveröffentlichungen und Untersuchungsberichten zum Thema NSU nachzulesen ist, fanden die Beamt_innen stattdessen den offenbar fortgeschrittenen Bau einer Rohrbombe. [4]
Ob die gefundene Sprengvorrichtung bereits über eine zündfähige Ladung verfügte konnte nicht geklärt werden. Im Abschlussbericht des 2. Bundesuntersuchungsausschusses wird der bei Haydt gefundene Gegenstand als ein „Rohrbombenbausatz mitsamt Metallteilen“ beschrieben [5]. Der MDR benennt jene Metallteile als „Nägel und Schrauben“ und spricht von einer mit „Nägeln und Schrauben gefüllte[n] Rohrbombe“ [6]. Da Sprengsätze nur aus einem Grund mit Schrauben, Nägeln oder sonstigen Metallteilen angereichert werden, nämlich um die Splitterwirkung zu erhöhen [7], ist ab diesem Punkt kaum mehr davon auszugehen, dass es sich nur um einen harmlosen Silvesterknaller gehandeln haben könnte.
Henning Haydt, der Neonazi und die Karte mit den Anschlagzielen
Auch eine im Zuge der Durchsuchung aufgefundene „Deutschlandkarte mit Markierungen“ [8], bei denen es sich nach Informationen des MDR um mögliche Anschlagsziele, darunter KZ-Gedenkstätten handelte [9], erscheint nun von besonderer Brisanz zu sein. Zur Markierung fanden Hakenkreuze und Davidsterne Verwendung [10]. Entgegen der Einschätzung ermittelnder Polizeibeamt_innen schienen jedoch beide Funde den Verdacht, dass Haydt einen Anschlag plante, für die Geraer Staatsanwaltschaft nicht zu erhärten. Verurteilt wurde er am Schluss lediglich wegen der Volksverhetzung in Quirla.
Exkurs: Ein weiterer Rohrbombenfund wird verschleppt
Wenige Monate später, am 18. November 1997 wird in Stadtroda ein Sprengsatz in einer Unterkunft für portugiesische Gastarbeiter entdeckt. Ein Hausmeister findet diesen neben einem Heizungskessel. Doch weder die Polizei noch die Staatsanwaltschaft gehen zu diesem Zeitpunkt dem Verdacht eines Mordversuches nach. Ein damals beteiligter Polizist sagte dem MDR THÜRINGEN: „Ein ungeklärter Mordversuch aus der rechten Szene in Jena hätte 1997 schlecht in unserer Kriminalitätsstatistik ausgesehen.“ Bis heute konnte das ermittelnde LKA nicht klären, wer die Bomben neben den Heizungskessel gelegt hat, so der MDR im April 2012.
Der Fortgang der Ermittlungen, 1997–2003
Wie eingangs erwähnt wurde zwischenzeitlich nicht nur wegen der Rohrbombe aus Haydts eigener Wohnung gegen ihn ermittelt, sondern im September 1997 auch im Zusammenhang mit der TNT befüllten Kofferbombe vom Jenaer Theaterplatz. Das LKA Thüringen habe Haydt anfänglich observiert und ihn nach einer weiteren Durchsuchung seiner Wohnung nicht mehr zu den „priorisierten Verdächtigen“ gezählt, sagte ein damals ermittelnder Beamter [11]. Trotzdem wurde Haydt im Zusammenhang mit dem Verschwinden von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe noch über Jahre als Verdächtiger geführt und zeitweise observiert.
Die Staatsanwaltschaft Gera stellte das Verfahren erst im November 2003 wegen Verjährung ein. In der Einstellungsverfügung findet sich sein Name neben denen von Ralf Wohlleben und André Kapke. [12] Wohlleben und Kapke gelten mittlerweile als Unterstützer und Kontaktpersonen des untergetauchten Trios.
Exkurs: Weitere Bekanntschaften in die rechte Szene
Im April 2012 berichtete der MDR Thüringen, das im Rahmen einer Observation, die eigentlich dem Verbleib von Mundlos, Zschäpe und Böhnhardt gegolten habe, am 22. September 1997 auch ein Treffen zwischen Henning Haydt und Frank Liebau dokumentiert wurde. Liebau betrieb bis 2009 das rechte Szenelokal „Madley” in Jena, seinerzeit eine der wichtigsten Anlaufstellen der Thüringer Neonaziszene. Ende Januar 2012 durchsuchten Beamt_innen des Bundeskriminalamtes Liebaus Wohnsitz in Lassdorf bei Jena. [13] Anlass gab die mittlerweile bestätigte Vermutung, dass die schallgedämpfte Ceska 83, mit welcher der NSU bis zum Jahre 2011 mindestens neun Migrant_innen ermordete, im Jahre 1999 in Liebaus „Madley“ durch dessen Mitinhaber Andreas Schulz an eine Kontaktperson des NSU weitergegeben wurde.
2. Ein „unpolitischer“ Neuanfang?
Die Limited Booze Boys, 1999
Im Sommer des Jahres 1999 gehört Haydt zu den Gründungsmitgliedern der Limited Booze Boys. Über 15 Jahre wird gemeinsam mit Sänger Tom Kroneberger und Bassist Mirko Kopper musiziert. Haydts Bombenbau-Aktivitäten sind den anderen dabei nachweislich bekannt: So wird Haydt im Jahre 2004 auf der damaligen Bandwebsite bei Bildern zu einem Konzert im ostthüringischen Zeitz öffentlich als „kurzhaariger Bombenbastler“ betitelt [14]. Auch das in seinen Nacken gestochene gleichschenklige Keltenkreuz, in Deutschland strafbares Symbol der White-Power-Bewegung [15], braucht Haydt im Laufe der Jahre nicht zu verstecken. Was dem flüchtigen Publikum während der stets oberkörperfrei gespielten Auftritte womöglich nicht ins Auge gesprungen sein mag, dürfte den langjährigen Bandkollegen Haydts hingegen nicht entgangen sein. Als die Staatsanwaltschaft Gera im Jahre 2003 die Ermittlungen gegen Haydt wegen Planung eines Explosivverbrechens endgültig einstellte, war dieser bereits vier Jahre lang Mitglied der „Limited Booze Boys“ und hatte bereits zwei Tonträger mit ihnen zusammen veröffentlicht.
Indymedia deckt auf: Rechte Tendenzen bei den Limited Booze Boys, 2012
Im November 2012 veröffentlichen Antifaschist_innen auf indymedia.linksunten.org Bilder von der Facebookseite der Band, die Tom Kroneberger und Henning Haydt bei mehreren Gelegenheiten in Textilien der Neonazimarke Thor Steinar zeigen. Weitere Abbildungen zeigen das Logo und den Schriftzug der berüchtigten Neonaziband „Die Lunikoff Verschwörung“ auf dem linken Arm und auf dem Rücken des langjährigen Tourbegleiters und engen Vertrauten Marcel Knorr. Nicht zuletzt stellen sie zudem erstmals in der Öffentlichkeit einen Zusammenhang zwischen den Erkenntnissen zu Henning Haydts neonazistischen Verstrickungen der 1990er Jahren und dem nun aktiven Musiker bei den „Limited Booze Boys“ her.
Noch im gleichen Monat folgt eine erste Konzertabsage im Jugendhaus Neukirch. In der Folge sieht sich Tom Kroneberger zu einer Stellungnahme genötigt. Kroneberger, der auch in der Folge als Sprachrohr der Band fungiert, erklärt, dass Haydt sich mehrfach von seinem“Fehltritt, entstanden durch falschen Umgang, distanziert“ habe, außerdem behauptet er, dass die restlichen Bandmitglieder „in ihrem Leben […] mit der rechten Szene nichts zu tun gehabt“ hätten. Der auf linksunten.indymedia.org veröffentlichte Bericht hätte keine Fakten über die restlichen Bandmitglieder erbringen können, „die eine Beziehung zur hiesigen rechten Szene offenbaren würden.“
Kein Problem mit rechtem Lifestyle
So findet Kroneberger auch eine recht eigenwillige Erklärung für das Tragen von Thor Steinar Klamotten. Auf linksunen.indymedia.org werde „Bezug auf Textilien, die Einzelne von uns tragen, genommen und gemutmaßt, dass diese „rechte“ Klamotten wären. Von je her haben linke Punks Bomberjacken der Marke Alpha Industries getragen. Diese Marke ist in der aktuellen Quelle Katalog Mode zu erhalten. Ebenso geht meiner Meinung nach keine Gefahr von einer von mir getragenen Thor Steinar Jacke aus. Ich lehne es grundsätzlich ab, über meinen persönlichen Kleidungsgeschmack in eine politische Ecke gedrückt zu werden.“
Nun mag es durchaus möglich sein, dass der ein oder andere Punk Gefallen an Jacken von Alpha Industries findet, was dies jedoch mit den Implikationen einer Marke à la Thor Steinar zu tun haben soll, die es defintiv nicht im Quelle-Katalog „zu erhalten“ gibt, bleibt dennoch völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Über die Hintergründe der Marke Thor Steinar, ihre Macher und inhaltichen Bezüge, wurde in den letzten 15 Jahren bereits ausreichend publiziert: Die Marke wird von Neonazis mit handfesten finanziellen Interessen, für Neonazis und rechtes Linfestyle-Publikum produziert. Zahlreiche Motive verherlichen die Verbrechen des historischen Nationalsozialismus und des deutschen Kolonialismus und bedienen damit gezielt die ästhetischen und identifikatorischen Bedürfnisse der rechten Szene [16]. Shirts mit Maschinengewehren, Wikingern oder dem Aufdruck „Nordmark“, der sich an ein NS-Arbeitserziehungslager bei Kiel anlehnt, sind Verkaufsschlager der rechten Bekleidungsfirma. Wer bereit ist, die im Vergleich nicht gerade niedrigen Preise für eine Marke zu bezahlen, die nachwievor kaum außerhalb einschläger Geschäfte und Onlineshops vertrieben wird, sollte wissen was er damit zum Ausdruck bringt.
Neonazitattoos werden geduldet
Auch die in der unmittelbaren Umgebung der Band zur Schau gestellten Tattoos der Neonaziband „Die Lunikoff Verschwörung“ bringen Kroneberger nicht aus der Ruhe. Er fühle sich schlicht nicht „verantwortlich für ein Tattoo unseres Roadys (ein Finger mit einem Buchstaben „L“), dieses Tattoo ist weit vor unserer Zusammenarbeit mit besagtem Roady entstanden.“
Weshalb Tom Kroneberger die bekannten Initialen der Band von „Landser“ bzw. von deren Nachfolgeband „Die Lunikoff Verschwörung“ als „Finger mit einem Buchstaben „L“ bagatellisiert, bleibt rätselhaft. Bei der „Lunikoff Verschwörung“ handelt es sich um das unmittelbare Nachfolgeprojekt der Neonaziband Landser, die 2003 wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung verboten wurde. Nicht zuletzt aufgrund der medialen Aufbereitung des Verbotsverfahrens zählt sie bis heute zu den bekanntesten Rechtsrockbands im deutschsprachigen Raum. Möchte Kroneberger tatsächlich weismachen, dass er nicht wüsste, wofür der »Finger mit einem Buchstaben „L“« steht?
Viel interessanter ist jedoch die Frage der Verantwortung, die Kroneberger in dem Statement von sich weist. Niemand hat behauptet, dass er die Nazi-Tattoos des Bandroadies höchstpersönlich gestochen habe. Doch ob Neonazis wie Knorr seit Jahren gemeinsam mit der Band durch die Lande touren oder nicht, liegt sehr wohl im Verantwortungsbereich ihrer Mitglieder. Wenn Kroneberger im Namen der Band behauptet: „Wir – die Limited Booze Boys – distanzieren uns von jeglicher rechten, sowie extremen Gesinnung“ zeigt das widerum wie ernstzunehmend derartige Lippenbekenntnisse im Falle der „Limited Booze Boys“ sind. Konsequenzen zieht die Band jedenfalls keine.
„Biker News“-Interview — vom unpolitischen Punkerklatschen
Ein Interview in der Zeitschrift „Biker News“ nutzt Kroneberger im Oktober 2013, um seine Sicht auf die Vorwürfe ausführlich darzulegen. Das von Denise Redder geführte interview, das den Titel „Wir sind keine Neo-Naziband!“ trägt und mit investigativen Fragestellungen, wie „Du bist also kein Nazi?“ gespickt ist, spart mit kritischen Rückfragen und gleicht damit auch letztendlich einer Verteidigungsschrift für die Band. Kroneberger spricht darin von einer „Hexenjagd“, muss sich keinen unangenehmen Fragen über die dokumentierten Neonazi-Tattoos oder den „Thor-Steinar“-Dresscode der Band stellen und antwortet auf die Frage des Magazins, wie es sich anfühle, „wenn man hartnäckig mit so gravierenden Vorwürfen konfrontiert wird“: „Zum Glück spüren wir in der Biker-Szene kaum was davon. Die Biker sind kritischer und lassen sich nicht alles erzählen.“
Gleich zu Anfang erklärt Tom Kroneberger zur politischen Ausrichtung der „Limited Booze Boys“: „Keiner von uns war politisch aktiv. Wir aus der Band sind alle in Ostdeutschland aufgewachsen. In Wohngebieten, wie Gera-Lusan oder Jena-Lobeda. Natürlich gab es da Kontakte zu extremen Gruppen. Ich glaube, das passiert im Osten jedem Jugendlichen, der auf der Straße groß wird. Ich bestreite gar nicht, dass wir uns früher mal mit Punks geprügelt haben. Das haben sicher 80 Prozent der Jugendlichen aus unserem Umfeld. Aber wir haben uns auch genauso mit irgendwelchen Skins gekloppt.“ Weder die bagatellisierenden Ausführungen, die das Verprügeln von Punks zur unpolitischen Episode einer Ostdeutschen Jugend stilisieren, noch die im gleichen Atemzug eingeräumten „Kontakte zu extremen Gruppen“, veranlassen die „Biker News“ dazu in die Tiefe zu gehen. „Ist das ein Unterschied, ob man im Osten oder im Westen aufgewachsen ist?“, möchte das Magazin wissen, bevor es zur nächsten Frage geht.
Als zur Sprache kommt, dass gegen Gitarrist Henning Haydt in den 1990er Jahren wegen rechtsmotivierter Straftaten, u.a. wegen dem Fund einer Rohrbombe, ermittelt wurde, erklärt Tom Kroneberger: „Erst mal: Du glaubst doch nicht, dass jemand, der eine richtige Rohrbombe zu Hause liegen hat, nicht ganz gewaltig bestraft wird? Schon unsere Väter haben früher gerne mal mit Salpeter rumhantiert und auf irgendeinem Feld einen Maulwurfshaufen in die Luft gejagt, so ein Blödsinn halt. Das Ding, was da gefunden wurde, war ja gar nicht spreng– oder zündfähig. Und eben darum hat die Staatsanwaltschaft ja auch das Verfahren eingestellt.“
Hier versäumt es die „Biker News“ darauf hinzuweisen, dass im Zuge der Hausdurchsuchung bei Haydt nicht nur ein „Rohrbombenbausatz mit Metallteilen“, sondern auch eine Straßenkarte aufgefunden wurde, auf der verschiedene Objekte, wie KZ-Gedenkstätten, mit Davidsternen und Hakenkreuzen markiert worden waren. Kronebergers Antwort auf die Frage, ob Haydt mit dieser Karte auch das Sprengen von Maulwurfshügeln im Sinn gehabt hätte, bleibt der Leserschaft der „Biker News“ damit erspart.
Exkurs: Sprengstoff bei Neonazis und untätige Behörden
Im Zuge der Selbstenttarnung des NSU wurde bekannt, dass es im Raum Jena/Stadtroda zwischen 1995 und 1997 zu einer Häufung von Funden von Sprengsätzen und Bombenattrappen gekommen war. Dazu zählten mit Hakenkreuzen versehenen Rohrbomben und Attrappen an einer Autobahn, einem Sportstadion, einem Friedhof und auf dem Jenaer Theaterplatz, sowie eine Reihe von Briefbombenattrappen, die an Polizei, Stadtverwaltung und eine Zeitungsredaktion gerichtet waren. Herausragend waren dabei ein Rohrbombenanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Jena im Jahre 1995 und der Fund einer Rohrbombe im Keller einer von portugisischen Vertragsarbeiter_innen bewohnten Unterkunft im nahe gelegenen Stadtroda im Jahre 1997, die nur durch einen Zufall nicht zur Explosion gelangte. Die Ermittlungen wurden verschleppt und politische Motive nicht berücksichtigt. Ein an dem Fall in Stadtroda beteiligter Polizist äußerte im Sommer 2012 gegenüber dem MDR: „Ein ungeklärter Mordversuch aus der rechten Szene in Jena hätte 1997 schlecht in unserer Kriminalitätsstatistik ausgesehen.“ In Hinblick auf die rechte Gewalt in Thüringen der 1990er Jahre hielten Mitglieder des Thüringischen NSU-Untersuchungsausschusses fest, „wie wenig Justiz– und Sicherheitsbehörden der Gefahr adäquat begegneten.“ Und konstatierte: „Die Strafverfolgung erfolgte schleppend bis gar nicht.“ [17]
3. Weitere Konzertabsagen
Dass die Band der Kritik ausweicht und nachwievor in ihrer alten Besetzung durch die Republik tourt, lässt sie im Laufe des Jahres 2013 zunehmend unter Druck geraten. So finden beispielsweise die rechten Bezüge der Band in der überregionalen Presse Erwähnung, nachdem die Polizei ein für den 25. Mai 2013 geplantes Konzert der „Limited Booze Boys“ auf der Jahresfeier des Berliner Chapters des Gremium MC „Dark7side“ verhindert. Antifaschistische Initiativen hatten im Vorfeld der Veranstaltung darauf aufmerksam gemacht, dass es nicht nur der angekündigten Band aus Stadtroda, sondern auch dem 2004 um den Ex-FAP-Kader Lars Burmeister gegründeten MC aus Berlin-Schöneweide an einer glaubhaften Distanzierung zur rechten Szene fehlt.
Scheinbar außer sich ist die Band, als Ende Januar des folgenden Jahres bekannt wird, dass sie aufgrund der im Raum stehenden Vorwürfe aus dem Lineup des Südtiroler „Alpen Flair“-Festivals gestrichen wurden. In einem darauf folgenden Statement stellt Tom Kroneberger abermals sein Unvermögen einer klaren Distanzierung von Neonazis, geschweige denn einer taktischen Schadensbegrenzung unter Beweis: „Ihr könnt schreiben was Ihr wollt, Ihr könnt denken was Ihr wollt. Ich lösche Gutmenschen und MoralApostel aus meinem Wortschatz. Denkt was Ihr wollt und lasst uns in Ruhe mit euren dummen Behauptungen. Mich interessiert nicht wie unsere Fans politisch eingestellt sind, denn wir stehen auf der Bühne und nicht auf’m Parteitag“, schreibt Kroneberger am Tag nach der Absage auf Facebook-Seite der Band.
Der Rückzug Henning Haydts
Für den kommerziellen Erfolg der Band dürfte es einer mittleren Katastrophe gleichkommen, wenn selbst Festivals, wie das „Alpen Flair“, auf denen die völkische Rechtsrockband „Frei.Wild“ (Italien) als Headliner angekündigt wird, nicht mehr mit ihnen in Verbindung gebracht werden möchten.
Der zunehemnde Druck gibt wohl auch den Ausschlag, dass sich gut eine Woche später, am 7. Fabruar 2014, erstmals Henning Haydt persönlich zu Wort meldet. Unter dem Titel „Henning H. jetzt rede ich“, wird auf der Facebook-Seite der Band eine Erklärung gepostet: „Es ist soweit. Wie es jeder mitbekommen konnte, wurden in den letzten zwei Jahren die Limited Booze Boys von verschiedenen Medien systematisch diskriminiert. Vor allem was meine Person betrifft, sparte man nicht mit falschen Anschuldigungen und miesen Verleumdungen. Zu meinem eigenen Schutz und auch im Interesse der Band ziehe ich mich zurück und steige freiwillig aus der Band aus“, ist dort zu lesen, ergänzt durch ein Statement der Band: „Wir sind schockiert über dies Entscheidung, müssen diese aber akzeptieren. Hier nochmal ein dickes “fuck you” an alle die, die an dieser miesen Hexenjagt beteiligt waren: […]“ Was folgt ist eine Namensliste von Pressevertreter_innen, die in der Vergangenheit kritisch über die Band berichtet hatten.
Ein Neuanfang für die Booze Boys?
Die verbliebenen „Booze Boys“ stellen sich seitdem als Opfer einer Verleumdungskampagne dar und waschen ihre Hände in Unschuld. Mit dem Ausstieg Haydts sollte die Angriffsfläche reduziert und das Thema endlich zu den Akten gelegt werden. Wie soll das jedoch gehen, wenn nicht ein Musiker, sondern der überwiegender Teil der Band selbst rassistisch denkt und dies auch offen propagiert? Mirko Kopper und Jens Hartmann, Gitarre und Bass der „Limited Booze Boys“, lassen auf ihren Profilen der Online-Plattform Facebook im wahrsten Sinne die nationale Sau raus.
4. Jens Hartmann: „Die Politverbrecher wollen das deutsche Volk und die gesamte weiße Rasse ausrotten“
Jens Hartmann, „Harti“ — Bassist der „Limited Booze Boys“, Dezember 2014
Seit Jahren verbreitet und kommentiert „Limited Booze Boys“ Bassist
Jens Hartmann Woche für Woche völkische, rassistische und
antisemitische Beiträge auf Facebook. Den Anfang der bis heute öffentlich einsehbaren Facebook-Chronologie
macht die Veröffentlichung einer zutiefst homophoben und
NS-verherrlichenden Grafik im September 2013. Das Bild zeigt eine
Familie aus dem Jahr 1941 – der Vater in Wehrmachtsuniform, die
Mutter mit blonder, streng gemachter Frisur. Dem gegenüber stellt die
Grafik ein gleichgeschlechtliches Paar aus dem Jahr 2013, einer der
Väter mit augenscheinlichem Migrationshintergrund. Das Bild
kommentiert Hartman mit den Zeilen „Familie im Wandel der Zeit, so
viel kann man gar nicht fressen…”, in Anspielung auf das Zitat mit dem
Max Liebermann 1933 die Machtergreifung der Nazis kommentierte:
„Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.“
Ähnlich unterirdisch ist eine Montage vom 14. September 2013, die sich gegen Sinti und Roma richtet. Ein Plakat, dass sich gegen die NPD-Losung „Lieber Geld für die Oma, anstatt für Sinti und Roma” richtet, veröffentlichte Hartmann in abgewandelter Form. Das Plakat zeigt eine ältere Frau, die an einem Geldautomat von augenscheinlich migrantischen Menschen bedrängt wird. Darüber prangt der Spruch „Meine Oma mag auch Sinti & Roma”.
Die Ablehnung einer multikulturellen Gesellschaft ist für Hartmann ein stetiges Thema. So kommentiert er am 22. Oktober 2013 einen Zeitungsartikel über den rassistischen Ausfall eines Berliner Busfahrers, indem er die Betroffenen als „Gesindel“ bezeichnet und diejenigen, die den Fall skandalisieren als „Antifa-Müttersöhnchen“, denen er „von Herzen eine multikulturelle Bereicherung“ wünscht.
Am 5. November 2014 teilt er einen auf Youtube verbreiteten Beitrag über die Absage eines angekündigten Konzerts der völkischen Rechtsrockband „Frei.Wild“ vor einer Flüchtlingsunterkunft: „Wir dürfen in unserem Land nicht mehr feiern, es könnte ja die zudringlichen Assilanten stören! Und die Assilobby hat Angst und ihre Pfründe“, poltert Hartmann.
Am 1. Dezember 2014 teilt er einen Zeitungsbericht über die rassistische Bürgerbewegung PEGIDA, der mit den Worten der Initiator_innen übertitelt ist: „Wir werden erst aufhören, wenn die Asyl-Politik sich ändert!“ In Hartmanns eigenen Worten ließt sich die Kritik an der Asyl-Poltik dann wie folgt: “Die Politverbrecher wollen das deutsche Volk und die gesamte weiße Rasse ausrotten, weil sie selbst dafür zu feige und zu unfähig sind, holen sie die Mörderbanden aus der ganzen Welt nach Europa.” So jedenfalls kommentiert er am 14. Dezember 2014 einen “Die Presse”-Artikel über die Scharia auf Facebook.
Am 17. Dezember 2014 teilt er einen Beitrag des investigativen ARD-Magazins Monitor über die Diskriminierung von Asylbewerber_innen auf deutschen Ämtern. Der Bericht skandalisiert das Verhalten eines Behördenleiters aus dem thüringischen Sömmerda, der Asylsuchenden zustehende Leistungen vorenthält und sie stattdessen zur Ausreise auffordert. „Vernünftiger Mann, von der Sorte sollte es viel mehr geben“, kommentiert Jens Hartmann.
Auch für den sich rassistisch äußernden Kaufhausbesitzer Winfried Stöcker aus Görlitz, findet er lobende Worte. Hartmann teilt am 18. Dezember 2014 einen Beitrag der rechtskonservativen Wochenzeitung „Junge Freiheit“ über den Fall und kommentiert knapp: „Sehr vernünftiger Mann“. Vier tage später veröffentlicht er dazu passend einen Beitrag der rassistischen Bürgerinitiative „Chemnitz stellt sich quer: Nein zur Asyl-Erstaufnahme“.
Doch auch der Ideologie der völkisch-antisemtischen Reichsbürger-Bewegung steht Hartmann offensichtlich nahe: Am 2. Januar 2015 postet er ein Video, das sich mit dem Verschwöhrungstheoretiker Xavier Naidoo solidarisiert, der die Reichsbürgerbewegung am 3. Oktober durch einen Auftritt in Berlin unterstützte. Im dem 15-minütigen Video wird der Fortbestand des Deutschen Reiches behauptet und die Existenz der nachfolgenden Verfassung der Bundesrepublik Deutschland (im Video: „Firma BRD“) geleugnet. Das Hartmanns Vorstoß in antisemitische Gefilde kein Versehen war, unterstreicht er mit einem Beitrag des rechten Verschwörungsblogs „Wissen ist Macht“, den er am 19. Janaur 2015 auf seiner Facebookseite veröffentlicht. Unter dem Titel: „Die ganze Welt weiss es – nur das deutsche Volk nicht !!!“ heisst es dort, über die „Holocaust-Lüge“: „Der Holocaust ist die schwärzeste Lüge der Geschichte“
Nach einem dann vergleichsweise „gemäßigten“ Aufruf, der in rechtspopulistischer Manier gegen „ausländische[] Fachkräfte“ wettert, teilt Hartmann tags darauf, am 28. Janauar, einen Facebook-Beitrag der neonazistischen Kampagne „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“. Auf Hartmanns Facebookseite ist der völkische Slogan zu lesen: „Es ging nie nur um PEGIDA! Es geht um uns, um das was wir sind. Wir sind das Volk und wir wollen es bleiben“
„Vergesst niemals Dresden“, am 13. Februar 2015, dem Jahrestag der alliierten Bombardierung Dresdens im Jahre 1945, teilt Hartmann eine Grafik des Facebook-Users „Wehrmacht“, welche die ausgebombte Stadt Dresden zeigt. Am 24. Februar treibt ihn dann wieder „Die schleichende Islamisierung Europas“ um: Er teilt ein Video mit dem Titel „SOS Abendland“, in dem sich eine riesige Moschee unter dem Berliner Fernsehturm erstreckt.
„Wasser predigen und Wein saufen, die roten Heuchler:“ kommentiert Jens Hartmann am 2. März 2015 einen von ihm geteilten Beitrag der rassistischen „Bürgerinitiative Gohlis sagt Nein“. Darin ist die Rede von der „Fremdenliebe des DGB“ und einer „ungebremste[n] Masseneinwanderung“. Am 8. März folgt dem ein Beitrag der rechten Initiative „Zschopau sagt: NEIN ZUM HEIM“. Zwei Tage später veranlasst ihn ein geteilter Mitschnitt einer Rede des mehrfach u.a. wegen Volksverhetzung vorbestraften Ex-BNP Vorsitzenden Nick Griffin vor dem europäischen Parlament (Titel: „Europäer sollen ausgerottet werden!“), zu dem kommentar: „Wer nun immer noch an die „armen Flüchtline“ glaubt…“.
Am 12. März 2015 veröffentlicht er eine Grafik der Initiative „Keine Asylanten im Sehmatal“ mit einem Spruch des FAZ-Rechtsaußen Jasper von Altenbockum: „Wenn aber ein Flüchtlingsheim eingerichtet wird, heiß es Maulhalten – wer Einwände hat, ist ein Ausländerfeind“ (sic). Dieser, angesichts seiner bisherigen rassistischen Ausfälle geradezu absurden, Proklamierung einer Opferrolle, setzt Hartmann noch einen drauf, indem er am 24. März die Ermordung eines achtjährigen Mädchens, das 2012 in Toulouse von Islamisten erschossen wurde, für seine rassistische Gesinnung instrumentalisiert. Auf einer Grafik, die dass Gesicht des Mädchens zeigt, heißt es: „Warum wählt ihr Parteien, die die Massenimmigration befördern und den Islam hofieren? Warum habt ihr zugelassen, dass ich ermordet wurde?”
Zwei Tage zuvor teilte er einen Beitrag des antisemitischen Verschwörungsblogs „MZW-Widerstand.de“, der in affirmativer Weise behauptet, Papst Benedikt XVI habe den Holocaust geleugnet. Auf dem von Jens Hartmann verlinkten Blog prankt der Hinweis: „Die These von einer Massenvernichtung von Menschen mittels Gaskammern während der Zeit des Nationalsozialismus ist in der BRD ein juristisch festgeschriebenes Dogma, welche insbesondere von Massenmedien und der hierzulande im Sinne der Besatzer gleichgeschalteten Geschichtsschreibung regelmäßig bestätigt wird. Eine Hinterfragung der historischen Vorgänge kann in der BRD als sogenannte „Volksverhetzung“ nach § 130 (BRD-Strafgesetzbuch) geahndet werden.“
Ebenfalls am 24. März 2015 postet er einen Link zur Internetseite der rockeraffinen norddeutschen Neonazikameradschaft „Bruderschaft Nordic 12“, auf der es von eindeutigen NS-Bezügen nur so wimmelt. Darauf zu sehen sind: Schwarz-Weiss-Roten-Fahnen, Solidaritätsaufrufe mit dem verbotenen „Nationalen Widerstand Dortmund“ und Neonaziparolen aus der Mottenkiste (Screenshot).
Diese unvollständige Chronolgie seiner Äußerungen und Interaktionen lässt nur einen Schluss zu: Der Bassist der „Limited Booze Boys“, Jens Hartmann, ist ein Rassist, ein Antisemit, ein Neonazi mit geschlossenem rechten Weltbild. Dass er damit auf seinem öffentlichen Facebook-Profil hausieren geht, spricht Bände für die Akzeptanz in seinem Umfeld.
5. Mirko Kopper: „Wir können viel von den Italienern lernen… Die haben wenigstens noch Ehre im Leib und singen mit Stolz ihre Hymne. Nicht wie unser bunter Haufen, der da steht und die Fresse nicht aufbekommt.“
Mirko Kopper, „Koppi“ — Gitarrist der „Limited Booze Boys“, Juni 2012
Auch Mirko Kopper, seit Gründung der „Limited Booze Boys“ Gitarrist
der Band, lässt es sich nicht nehmen: Zwar geht er behutsamer vor, als
sein Bandkollege „Harti“, trotzdem gelingt es auch ihm nicht, seine
völkischen und rassistischen Einstellungen hinter dem Berg zu
halten. Kopper postet regelmäßig rechte Karrikaturen und Slogans
und versucht sich darüber hinaus meist nur in Andeutungen zu ergehen.
Selten findet er so klare Worte, wie am 29. Juni 2012, nach dem Spiel der italienischen Nationalelf gegen Deutschand schreibt Koppi: „Wir können viel von den Italienern lernen… Die haben wenigstens noch Ehre im Leib und singen mit Stolz ihre Hymne. Nicht wie unser bunter Haufen, der da steht und die Fresse nicht aufbekommt.” Dazu postet er ein Bild, das die Wiedereinführung der D-Mark fordert.
Am 26. Oktober postet Kopper einen Text, der das Ausmaß der Bestrafung von Vergewaltigern beklagt. Daraufhin kommentiert ein User: „den Pranger aufstellen – dort passiert dann Gerechtigkeit“ Ein weiterer ergänzt: „Gewaltandrohung“ sei keine Lösung, aber erstmal „ein guter Anfang (…)“, untermalt mit dem Spruch: „[…] wir müssen uns nicht für die Vergangenheit schämen, sondern für die Gegenwart!!!!!!“, anstelle den Löschbutton zu drücken, „liked“ Mirko Kopper die beiden Statements, die zur Selbstjustiz aufrufen und die „Todesstrafe für Kinderschänder“ förmlich herbeisehnen.
Am 21. Juni 2013 gibt Mirko Kopper ein Lehrstück NS-verharmlosender rechter „Medienkritik“: Er echauffiert sich über die öffentliche Diskussion um die Aufdeckung der SS-Mitgliedschaft des ehemaligen Fernsehkommissars Horst Tappert: „Heute wieder die ultimative Schlagzeile in der deutschen Bauarbeiterzeitung: Horst Tappert ( Derrick ) war in der SS. Ich bin zutiefst geschockt, wie konnte er nur?“ Nicht nur Tapperts verschwiegene Vergangenheit bei der SS-Division Totenkopf, scheint für Mirko Kopper die Aufregung nicht Wert zu sein. Er vermischt auch Täter und Opfer, indem er hinzufügt: „Wäre er zu seiner Zeit in der KPD gewesen, wäre das wohl keiner rede wert.” Indem er die KPD mit den nationalsozialistischen Eliteverbänden gleichsetzt, relativiert er die Verbrechen eben dieser. Dass im öffentlichen Diskurs Zwischen einer Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei und einer Mitgliedschaft bei der Totenkopf-SS unterschieden wird, liegt hingegen daran, dass KPD-Mitglier als politische Gegner_innen der Nationalsozialisten galten und nach deren Machtergreifung zu den ersten Insaß_innen der neu errichteten Konzentrationslager gehörten. Aus deren Wachmannschaften rekrutierten sich später die ersten Mitglieder der SS-Division Totenkopf.
Um Koppers Medienschelte vom 14. August 2013 ist es nicht besser bestellt. Unter dem von den „Limited Boote Boys“ häufig genutzten Slogan „FUCK THE SYSTEM“, schreibt er: „Mahlzeit ihr mündigen Wähler. Also irgendwie ist mir z zt. nicht wohl in der Magengegend. Antifaschistische Kulturpädagogen nerven Konzertveranstalter, Grüne Jugendgruppen terrorisiseren den Wahlkampf anderer Parteien und ein Stadtrat muss zurücktreten weil er bei FB mal das Maul aufgemacht hat. Geht hier langsam alles drunter und drüber? Ich meine, mit demokratischen Grundrechten hat das hier schon lange nix mehr zu tun.“ Neben antifaschistischen Interventionen gegen rechte Musikveranstaltungen und Protesten der Grünen Jugend gegen Wahlkampfveranstaltungen der rechtspopulistischen AFD, löst auch der Rücktritt eines rassistischen CDU-Stadtrates aus dem sächsischen Meißen, bei Kopper öffentliches Unwohlsein aus. Für Kopper läuft das Eintreten gegen Rassismus und diskriminierende Einstellungen „demokratischen Grundrechten“ entgegen. Es gibt jedoch kein Grundrecht auf die ungestörte Verbreitung rassitischer Hetze.
Am folgenden Tag veröffentlicht er eine Karrikatur, auf der je ein Aktivist der „Grünen Jugend“ und „Antifaschistischen Aktion“ im Stil der SA gegen die Alternative für Deutschland (AFD) vorgehen: „Wer Nazi ist bestimmen wir“, ist den beiden Aktivisten in den Mund gelegt. Ein Kommentator postet daraufhin die handfeste Drohung: „Und wir legen eines Tages ihr Urteil fest.…..“, während ein anderer sich über Fördermittel für Präventionsprogramme gegen Rechts auslässt.
Mirko Kopper verbleibt nicht nur bei mehr oder weniger subtilen Anspielungen, sondern postet auch handfeste Neonazipropaganda. Am 4. November 2013 veröffentlicht er eine Grafik, die eine Person mit Eselsmaske zeigt. Auf dem umgehängten NPD-Plakat ist die Losung zu lesen: „ICH ESEL glaube, daß der EURO uns Deutschen nutzt.” Solche Plakataktionen mit Eselsmasken haben eine lange Tradition in der neonazistischen Szene der Bundesrepublik. Ihr Erfinder, der Neonaziführer Michael Kühnen, oprierte bereits in den 80er Jahren mit dieser Propaganda-Methode. Auf den umgehängten Plakaten stand damals allerdings noch die Losung: “Ich esel glaube noch, daß in den deutschen KZs Juden vergast wurden”.
Dass sich Mirko Kopper bewusst ist, dass es Konsequenzen nach sich zieht, wenn er seine Meinung einmal öffentlich zu Schau stellt, deutet sein Posting vom 12. November 2013 an: „Ich bin Deutscher / Meine Meinung ist: ZENSIERT” Davon angestachelt, lassen auch Koppers Facebook-Freunde ihrer Verachtung für „Die Bunte Republik Deutschland“ freien Lauf. Ein „Michael Reiher“ findet es „Traurig wie dem eigenen Volk die Meinung verboten wird und germanisch fremden Kulturen hier alles erlaubt wird und man auch noch Rücksicht nehmen soll!“ Getreu der deutschnationalen Opferrolle, poltert ein weiterer User: „Du hast eine KLARE MEINUNG !??! Oh … NAZI ?!?! … Traurig das man jetzt schon der Feind im eigenen Land ist … wenn man sieht was man sieht !“ Gefolgt von der unverblümt rassistischen Parole „Deutschland en Deutschen!“, eines „Rene Heinrich“. Er ergänzt: „ Ich bin nach 45 geboren und Schulde der Welt nen scheiß !!!!!!“ Als wären das noch nicht genug der braunen Soße, die sich über Koppers Kommentarspalte ergießt, versieht er die rechtsradikalen Äußerungen jeweils mit einem „Like“ (1, 2, 3), anstelle sie zu löschen.
Am 21. November 2013 schämt sich Kopper seiner Identität als „Thüringer“, weil die thüringische Ministerin für Soziales, Heike Taubert, ankündigt die Texte der völkischen Rechtsrockband Frei.Wild durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) prüfen zu lassen: „Ihr gewählten Volksverdreher habt den arsch offen.“ Ein „Michael Krämer“ pflichtet ihm bei und kommentiert den Beitrag: „Es liegt doch nur daran, dass ihr und andere Deutschen Bands es schafft, das Massen anfangen sich Gedanken zu machen …da steckt nix anderes als Angst der ganzen Zionisten dahinter…mir scheiß egal. Ich höre das, was mir gefällt.…“ Auch für diese unverhohlen antisemtische Aussage gibt es von Mirko Kopper einen „Like“.
Eine Woche nach Austritt des langjährigen Gitarristen Henning Haydt, verweist Mirko Kopper am 13. Februar 2013 auf das zurückliegende Biker-News-Interview: „Wir sind keine Neonazi-Band!“ und bekräftigt noch einmal die Opferrolle, in der er sich und die „Limited Booze Boys“ sieht: „Warum darf jeder Arsch von seiner Vergangenheit ins reine kommen, nur wir nicht? Nur weil sogenannte „Freie Redakteure“ hinter jedem scheisshaufen, gleich eine Nahsi– story wittern? Also, die kacke ist am dampfen… Gute Nacht, Meinungsfreiheit.“
Es entspricht zu Koppers Verständnis von Meinungsfreiheit, wenn er Neonazis und Antifaschist_innen auf eine Stufe stellt. Am 14. April 2014 postet er die relativierende Grafik: „Was haben Neonazis sehr oft mit der Antifa gemeinsam? „Rassismus“ Die einen propagieren Rassismus gegen fast alle Fremden. Und die anderen propagieren Rassismus gegen ihr eigenes deutsches Volk“.
Dass Schlagerstar Heino vom antifaschisch motiviertem „Rassismus gegen das eigene deutsche Volk“ betroffen war, als ihn Jan Delay, u.a. wegen seiner Unterstützung für das südafrikanischen Apartheidsregime, einen „Nazi“ nannte, darf bezweifelt werden: „Der Typ hat in Südafrika während der Apartheid im Sun City gesungen. Und sein Repertoire: ‚Schwarzbraun ist die Haselnuss‘, Soldatenlieder… Es ist schrecklich, wenn so jemand einen Song von dir singt.“, erklärte der Musiker im April 2014 in einem Onlineinterview. Am 24. April schreibt Kopper: „Heino wurde von „popstar“ Jan D. als Nahsi beschimpft. Heino hätte in Südafrika schwarz,braun ist die Hazelnut und Soldatenlieder gesungen. Ich finde das unerhört, wie kann ein deutscher Schlagersänger nur so etwas tun. Alle Deutschen sind Nahsis und Schlager ist wie Rächtzrock…“ Kopper ergänzt seine relativierende Stellungnahme für die politischen Fehltritte des Schlagersängers Heino mit einer Parteinahme für die völkische Rechtsrockband „Frei.Wild“: „Erst Echo und Frei W. und jetzt der scheiss. Ich persönlich finde es richtig, dass Heino klagt“
„Guten Morgen Land der schwarz-rot-gelben Fahnen“ heißt es am 17. Juni 2014. Anlässlich der Fußball-WM der Männer kann, auch Mirko Kopper seine Freude über das Spiel der „Mannschaft der BRD“ nicht verhehlen:„ABER: Wenn ich sehe wie diese Superstars bei der Nationalhymne da stehen und noch nicht mal die Zähne auseinanderkriegen, könnte ich kotzen. Und dann dieser übertriebene Nationalstolz auf den Straßen, och Nee. Tag für Tag versteckt sich der dumme Deutsche hinter seiner Scham. Kaum ist Fußball, da ist dieses „Wir Gefühl“ wieder da. Nur alle paar Jahre dürfen wir stolz auf unser Land sein? Traurig…“ Traurig macht ihn nicht der grassierende Nationalismus, der sich in Zeiten sportlicher Großereignisse auf den Straßen entlädt, traurig macht ihn lediglich der Umstand, dass der nationale Taumel nicht zur alltäglichen Normalität gehöre und dass man, nach Koppers Ansicht, nur „alle paar Jahre“ auf sein Land stolz sein dürfe.
Den Finalsieg der „BRD Mannschaft“ kommentiert Kopper dann am 14. Juli 2014 auch wie folgt: „Überall feinernde Menschen mit Deutschlandfahnen. Wir dürfen uns freuen, wir dürfen Flagge zeigen. Aber was ist nach der WM? Dann heißt das Motto wieder Fahnen in’s s Klo und Fremdschämen…“ Seinen Kameraden im Geiste gibt er noch auf den Weg: „Also genießt die Zeit der wehenden Fahnen, es wird nicht von Dauer sein.
Die Stimmengewinne der rechtspopulistischen AFD (10,6%) bei der thüringischen Landtagswahl vom Vortag, würdigt Kopper am 15. September 2014 in seinem Beitrag wie folgt: „Jetzt lautet das Motto für alle Parteien: Suche den Bösewicht der AFD. Jetzt jaben die Obrigkeiten festgestellt, das der blöde Bürger doch noch Eier in der Hose hat. In diesem Sinne, schönen Montag.“ Am 5. November 2014 postet er dann auch eine Karrikatur, auf der die „Meinungsfreiheit“, symbolisiert durch eine Person, die durch einen Minenfeld wandelt. Auf den sie umgebenden Minen stehen die Worte: „Rechtspolulist“, „Rassist“, „Nazi“ und „Faschist“ geschrieben. Mirko Kopper kommentiert die rechte Karrikatur mit den Worten: „Fresse halten, Hirn ausschalten und fleißig sein…“
Der Blick auf die Facebook-Chronologie Mirko Koppers zeigt regelmäßige Kommentierungen des Zeitgeschehens. Dabei ist der Gitarrist der „Limited Booze Boys“ meist darauf bedacht, eindeutige und damit angreifbare Aussagen zu vermeiden: Eindeutig genug, für Sympathisant_innen, für Außenstehende, zumindest auf den ersten Blick, unverfänglich. Dennoch gelingt es ihm kaum, seine NS-relativierenden und nationalistischen Bezüge hinreichend zu verschleiern.
6. Keine Bühne für die „Limited Booze Boys“!
Der angekündigte Auftritt in Berlin beim fünfjährigen „Blackland“-Jubiläum unterstreicht, dass Bands wie die „Limited Booze Boys“ in weiten Teilen der MC-Szene aktiv umworben werden. Fred Gantenberg („Freddy“) Betreiber des Clubs und Mitglied des „Born to be wild“-MC (BTBW) sicherte der Band schon früh nach bekanntwerden erster Vorwürfe umgehende Unterstützung zu: „Also bei mir im Blackland seid ihr immer herzlich willkomm, da wir uns ja schon ne ewigkeit kenn“, kommentierte Gantenberg die Absage des Auftritts der Band auf dem „Alpen Flair“. Tatsächlich gastierten die „Limited Booze Boys“ bereits mehrfach im „Blackland“ (Sommer 2011, Januar 2012 und April 2014) und auch beim jährlich von BTBW organisierten „Motorcycle Jamboree“ bei Jüterborg (2008, 2009, 2013, 2012, 2015). Auch im Berliner „Headquarter“ des Motoradclubs fand im Jahre 2011 bereits ein Auftritt statt.
Viele Veranstalter_innen und Motorradclubs, die den „Limited Booze Boys“ in den vergangenen Jahren Auftrittsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt haben, mögen nicht über sämtliche Hintergründe der Band im Bilde gewesen sein – anderen werden die neonazistischen Bezüge der Band schlicht auch weiterhin egal sein, solange die Mucke stimmt und die Konzerthalle voll wird.
Fassen wir also nochmal zusammen: Wir haben eine Band, deren ehemaliger Leadgittarist Henning Haydt in den 1990er als rohrbombenbauender Neonazi aktenkundig wurde, noch immer Nazi-Tattoos trägt und sich bis heute nicht glaubhaft von der rechten Szene distanziert hat. Wir haben da Sänger und Manager Tom Kroneberger, der gerne rechte Lifestyle-Marken wie Thor Steinar trägt und nicht müde wird zu betonen, dass es sich bei der Kritik an seiner Band lediglich um haltlose Vorwürfe handele, wobei er die rechten Tendenzen bei seinen Bandkollegen und bei sich selbst konsequent verharmlost. Und zu guter Letzt haben wir da die beiden langjährigen „Booze Boys“ Jens Hartmann und Gründungsmitglied Mirko Kopper, die im Internet seit Jahren Beiträge mit rassistischen, nationalistischen und antisemitischen Inhalten verbreiten, von der „Weißen Rasse“ fabulieren (Jens Hartmann) und auch nicht davor zurückschrecken NPD-Plakate (Mírko. Kopper) zu posten.
Die „Limited Booze Boys“ haben die Öffentlichkeit damit jahrelang an der Nase herum geführt. Als Recherchen im November 2012 den neonazistischen Hintergrund des damaligen Leadgitarristen Henning Haydt an die Öffentlichkeit brachten, erklärte Sänger Tom Kroneberger: „Alle anderen Bandmitglieder, einschließlich meiner Person, […] haben mit der rechten Szene nichts zu tun gehabt.“ „Ebenso wenige Fakten konnten gegen die anderen 4 Bandmitglieder erbracht werden, die eine Beziehung zur hiesigen rechten Szene offenbaren würden.“ „Wir – die Limited Booze Boys — distanzieren uns von jeglicher rechten, sowie extremen Gesinnung“ und weitere Stellungnahmen der Band, lesen sich mittlerweile wie blanker Hohn. Wie sich heute herausgestellt hat, waren es reine Lippenbekenntnisse, bei denen immer nur genau das zugegeben wurde, was eh schon bekannt war. Ob Bandsprecher Kroneberger heute noch einmal behaupten würde, dass keine Fakten gegen die Bandmitglieder erbracht werden konnten, „die eine Beziehung zur hiesigen rechten Szene offenbaren würden“? Kronebergers Statements machen deutlich, dass nicht etwa nur einzelne Mitglieder der Band das Problem sind, sondern die „Limited Booze Boys“ an sich. Was werden sich Kroneberger und seine Bandkollegen diesmal einfallen lassen, um das Offensichtliche: Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus und rechten Lifestyle … , aufs Neue zu leugnen, Kritiker_innen zu diskredieren und es sich abermals in der Opferrolle bequem zu machen?
Die zusammengetragenen Fakten lassen kein anderes Fazit zu: Hier nochmals eine Distanzierung der Band von einer wie auch immer gearteten „Vergangenheit“ einzufordern, ergibt angesichts der Erkenntnisse keinen Sinn mehr. Die „Limited Booze Boys“ haben kein Problem mit einer rechten Vergangenheit einzelner Mitglieder. Sie sind von ihr durchsetzt und tun alles dafür, damit das auch so bleibt. Die neonazistische Musiker_innen der „Limited Booze Boys“ müssen nicht erst Rechtsrock spielen und plakative Naziparolen singen, um von ihrer Szene auf der Bühne als solche wahrgenommen zu werden. Die „Limited Booze Boys“ singen „unpolitische“ Lieder über Kampf („No fight no glory“), Gemeinschaft („Brotherhood of steel“) und nordische Traditionen („Viking“) und sehen gleichzeitig keine Veranlassung, sich von Neonazis im Publikum zu distanzieren.
Biker-Szene und Konzertverantalter_innen müssen sich fragen ob sie damit in Verbindung gebracht werden wollen, dass sie Leuten eine Bühne bieten, die rechte Ideologien auf der einen Seite verharmlosen und der anderen offen zur Schau stellen. Wenn „unity“ unter 1%ern bedeutet, gemeinsam mit Rassist_innen zu feiern, dann ist es zu den sogenannten „Mischszenen“ nicht mehr weit.
Fußnoten:
[1] www.bundestag.de, Abschlussbericht vom 2. NSU-Untersuchungsausschuss des Bundes, S. 92
[2] www.thueringer-landtag.de, Abschlussbericht vom NSU-Untersuchungsausschuss des Freistaats Thüringen, S. 82
[3] www.thueringer-landtag.de, Abschlussbericht vom NSU-Untersuchungsausschuss des Freistaats Thüringen, S. 1858
[4] Gutachten der „Schäferkommission“, im Auftrag des Freistaats Thüringen, S. 54
[5] www.bundestag.de, Abschlussbericht vom 2. NSU-Untersuchungsausschuss des Bundes, S. 92
[6] Die Bombe im Haus des Freibad-Schlägers, MDR Thüringen, 30. April 2012
[7] vgl. Splitterbombe, Wikipedia
[8] www.bundestag.de, Abschlussbericht vom 2. NSU-Untersuchungsausschuss des Bundes, S. 92
[9] Polizei fand 1997 Nagelbombe bei Rechtsextremen, MDR Thüringen, 30. April 2012
[10] NSU-naher Rechtsextremist hatte eine Bombe, Merkur Online, 30. April 2012
[11] www.thueringer-landtag.de, Abschlussbericht vom NSU-Untersuchungsausschuss des Freistaats Thüringen, S. 706
[12] www.bundestag.de, Abschlussbericht vom 2. NSU-Untersuchungsausschuss des Bundes, S. 482
[13] NSU-Helfer in Sachsen, gamma – antifaschistischer Newsflyer für Leipzig und Umgebung, 30. Januar 2012
[14] archive.org, Homepage der „Limited Booze Boys“ zum Treffen des Zeitzer Biker e.V. vom 15. Mai 2013
[15] Isoliertes Verwenden eines Keltenkreuzes strafbar, Antifaschistisches Infoblatt, 9. Dezember 2008
[16] vgl. Investigate Thor Steinar – Die kritische Auseinandersetzung mit einer unstrittenen Marke, PDF, August 2008
[17] www.thueringer-landtag.de, Abschlussbericht vom NSU-Untersuchungsausschuss des Freistaats Thüringen, S. 1765
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Berlin Culture
Erst die Krawallbrüder im Huxleys und jetzt diese Arschlöcher auf' m Prenzelberg. Wie können wir uns die Subkultur zurück erobern in Berlin?
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Sehr umfangreiche Recherche.
Vielen Dank!
Aktuelle Stellungnahme und rechtsradikale Äußerungen im Netz
Am 11. April veranstaltet der bekannte Rock– und Metal-Club Blackland in Prenzlauer Berg ein Konzert mit der Band „Limited Booze Boys“. Eine am gestrigen Tage veröffentlichte Dokumentation belegt zahlreiche rassistische Äußerungen der Bandmitglieder. Anstatt darauf einzugehen, lässt die Band am folgenden Tag ein Statement veröffentlichen, in dem sie über die vorgebrachte Kritik hinweg geht und stattdessen behaupten, ihre Kritiker_innen wollten „aus reiner Sensationslust“ eine Nähe zum NSU konstruieren. Das Problem sind allerdings nicht allein die bestätigten Verwicklungen des ehemaligen Bandgitarristen Henning Hadyt in den Bau von Rohrbomben Anfang der 90er Jahre, was bekanntlich zu Ermittlungen im Zusamenhang mit dem thüringer NSU-„Trio“ führte, sondern die politischen Aussagen verbliebener Bandmitglieder, bis in die Gegenwart:
„Die Politverbrecher wollen das deutsche Volk und die gesamte weiße Rasse ausrotten“
Jens Hartmann, Bassist der „Limited Booze Boys“, Dezember 2014
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peinliche rockband
anon
Danke für diese gut geschriebene und umfangreiche Recherche!