Regierungsinspektoranwärterin, Gesinnung: rechts

Regierungsinspektoranwärterin, Gesinnung: rechts
Erstveröffentlicht: 
03.02.2015

Die Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl exmatrikulierte eine Regierungsinspektoranwärterin. Der Vorwurf: Sie gehöre „der rechtsextremistischen Szene“ an. Die rechte Aktivistin klagt jetzt gegen die Entscheidungen der Hochschule und Baden-Württembergs.

 

Die Fahnenstange mit beiden Händen umklammert, das Gesicht hinter einer großen Sonnenbrille verborgen. Die zierliche Frau mit den blonden Haaren sticht unter den Demonstranten hervor, als sie im Oktober 2012 an einem Marsch der „Autonomen Nationalisten Göppingen“ teilnimmt.

Das Innenministerium Baden-Württembergs verbot die rechtsextreme Gruppe im Dezember vergangenen Jahres: Weil sie gewaltbereit ist und mit dem Nationalsozialismus wesensverwandt.

 

Isabel Z. trug in Göppingen eine Fahne der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN). Sicherlich nicht zum ersten Mal, denn die 24jährige ist „Stützpunktleiterin“ der JN in Heilbronn. Was eher überrascht: Schon seit dem März 2012 war Z. Regierungsinspektoranwärterin des Landes Baden-Württemberg. Erst mehr als zwei Jahre später, kurz vor dem Abschluss ihrer Ausbildung, verwehrte ihr das Land die Beamtenkarriere. Damit beschäftigen sich jetzt Verwaltungsrichter.

 

Denn die NPD-Anhängerin studierte in Kehl an der Hochschule für öffentliche Verwaltung. Dort Studierende sind „Beamte auf Widerruf“. Die angehenden Verwaltungswissenschaftler erhalten vom Land Bezüge in Höhe von etwa 1000 Euro monatlich. Während ihrer Ausbildung arbeitete Z. in Lauffen am Neckar in der Stadtverwaltung, schrieb Artikel für das Gemeindeblatt, hatte Zugriff auf persönliche Daten der Bürger. Erst im Juni 2013 erfuhren Bürgermeister Klaus-Peter Waldenberger und die Verantwortlichen der Stadt von der Gesinnung ihrer Auszubildenden.

Eine Antifa-Gruppe outete die NPDlerin im Internet – inklusive Fotos und persönlicher Details. „Wir haben sofort gehandelt“, sagt Paul Witt, Rektor der Kehler Hochschule. An seiner Hochschule unterschreiben die Studenten schon zu Beginn ihrer Ausbildung eine Erklärung, in der sie sich zur demokratischen Grundordnung bekennen. Mit der, ist Witt überzeugt, ist Z.s Gesinnung nicht vereinbar.

Auch wenn sich zunächst keine Probleme für die JN-Aktivistin in ihrem Studium ergaben. Zwar wurde sie von den Verwaltungsbeamten der Hochschule zum Gespräch gebeten. Kritische Fragen gab es auch, als sich Z. für die vorgeschriebenen Praktika bewarb. Trotzdem konnte sie ihr Studium unbehelligt absolvieren.

Zumindest bis zum 3. November 2014. Auf diesen Tag datiert ein Bescheid der Kehler Hochschule gegen ihre Studentin. Darin wird die Ernennung zur Beamtin auf Widerruf rückwirkend zurückgenommen – mehr als ein Jahr nach der Enttarnung der NPD-Frau und wenige Monate vor den Abschlussprüfungen. Die rechte Nachwuchskaderin wurde exmatrikuliert.

„Ich soll etwa 30 000 Euro Gehalt zurückzahlen“, sagt Z. Die rechte Aktivistin klagt jetzt gegen die Entscheidungen der Hochschule und Baden-Württembergs. Richter des Freiburger Verwaltungsgerichts lehnten ihren Antrag ab. Das von der Studentin beim Ausbildungsbeginn unterschriebene Bekenntnis zur Demokratie sei unrichtig, heißt es in dem Beschluss.

Z. habe die Hochschule damals bewusst über ihre aktive Mitgliedschaft in der verfassungsfeindlichen NPD getäuscht. Die Partei sei zwar bisher nicht verboten, das Parteienprivileg schütze den Bürger aber lediglich bei seiner „parteioffiziellen Tätigkeit“ und nicht in „anderen rechtlichen Stellungen“, insbesondere im Beamtenstatus.

 

Warum das Land erst so spät handelte, ist offen. Die Richter verweisen auf ein Schreiben des Südwest-Verfassungsschutzes vom vergangenen August. Erst durch den Geheimdienst habe die Hochschule sicher erfahren, dass Z. bereits bei ihrer Ernennung zur Beamtin zur „rechtsextremistischen Szene“ gehörte.

Tatsächlich war die junge Frau damals schon polizeibekannt. Das geht aus einem internen Papier des Landeskriminalamtes vom Dezember 2011 hervor. Demnach geriet Z. als Beschuldigte wegen Landfriedensbruches ins Visier der Behörden. Sie hatte an einem Aufmarsch von Rechtsextremisten in Sachsen teilgenommen, aus deren Mitte „pyrotechnische Gegenstände“ auf Polizisten geworfen wurden. Davon erwähnt Z. nichts im Gespräch. Im Gegenteil: „Ich bin demokratisch eingestellt“, beteuert sie.

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