Hu Berlin: Studierende verteilen Offenen Brief an Soziologie-Dozenten

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Einen Offenen Brief verteilten heute Sozialwissenschafts-Studierende anlässlich der letzten Soziologie-Vorlesung im Wintersemester. In ihrem Brief kritisieren die Studierenden Dr. Makropoulos. Dieser habe laut den Studierenden den Lehrstoff zu eurozentristisch und gender-unsensibel ausgewählt. "Wir beschäftigen uns nur mit alten weißen Männern!" sagt Caro Meyer. Der betroffene Privatdozent Dr. Makropoulos kündigte an, Stellung beziehen zu wollen.

Kritik an der Lehre
Dr. Makropoulos hält am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität die Plichtvorlesung "Soziologische Theorie". Laut den Studierenden steht dabei keine nicht-männliche AutorIn, keine Person aus Asien, Lateinamerika oder Afrika und nur ein lebender Mensch auf dem Lektüre-Programm. "Dies ist unverständlich. Gerade die Soziologie ist doch längst weiter!" kritisiert ein_e der Studierenden.

Ist das N-Wort überlesbar?
Des weiteren kritisieren die Studierenden, dass Dr. Makropoulos auf der einen Seite ständig eine angebliche Notwendigkeit zur Reflexion des Gelesenen betonen würde. Gleichzeitig sei bei ihm davon nicht viel zu spüren. So ignoriere der Hochschullehrer "das N-Wort bei Weber, Elias oder Riesman" schlicht. "Statt dessen wird steif die Rolle der Schrift im historischen Kontext betont" sagt einer der protestierenden Studierenden.

Kritik am Stil
Um so unverständlicher sei es laut der Studierenden, dass "die weiteren Zuhörer_innen der wöchentlichen Sitzungen sich mit keinem Mucks rühren." Sie ziehen Parallelen zu einer Beerdigung, bei der alle der Rede am Grab zuhörten, niemand aber widerspreche. "Ist das die Wissenschaft vom Zusammen- oder Nebeneinanderleben der Menschen?" fragen die Studierenden in ihrem Brief.

Attraktion der Macht
Die Protestierenden üben auch Selbstkritik. Zu wenig sei der Veranstaltung an inhaltlicher Kritik entgegengesetzt worden. "Anstattdessen lachen wir darüber, dass Du Stuckdecken und Drei-Meter-Fünfzig Deckenhöhen als unser Standardpaket definierst" heißt es deshalb im Brief. Auch fragen sie "wie [...] sich dieser Bruch zwischen scheinbar permanenter Reflexion von allen möglichen Inhalten durch uns und unserer Kritiklosigkeit dir und deiner Veranstaltung gegenüber erklären" lasse. Sie resümieren, dass es am erdrückenden Machtgefällen einer dozierenden Person gegenüber den Studierenden läge. Die  Studierenden ordneten sich also lieber innerhalb dieser Hierarchie unter, als dass sie "neue Medien der Debatte" fänden. Im Schluss bedauern die Studierenden das Fehlen emanzipatorischer Autor_innen. Sie betonen jedoch, dass sie diese ohnehin selbstständig lesen würden: "Außerhalb jeglicher Lehrpläne".

Der Link zum Brief:
http://hu.blogsport.de/2015/02/05/offener-brief-an-soziologie-professor/...

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Die Kritik ist in Teilen vielleicht berechtigt, aber absolut kein Grund hier eine Art Outing durch zu führen.

Anstatt den Dialog zu führen macht ihr am Ende einer Veranstaltung eine Welle, die durch ihre Art wenig erklärend aber sehr abschreckend wirkt. Das ist total scheiße und wirkt eher als hättet ihr aus Zorn über eure eigene Feigheit ein völlig unangebrachtes Mittel gewählt.

Liebe Studis,

sich kritisch in die Lehre einzubringen und auch Kritik an der Lehre zu üben ist wichtig und berechtigt. Aber die Wahl der Mittel scheint in diesem Fall etwas (über-)ambitioniert. Wie wäre es damit zunächst das persönliche Gespräch zusuchen?

Darüber hinaus wirkt es so, als handelte es sich um eine Einführungsveranstaltung und in idesem Fall ist die Auswahl der Autoren nicht verwunderlich. Die Geschichte der Soziologie ist nunmal Eurozentristisch und Männlich. Statt also Kritik an dieser einen Vorlesung zu üben solltet ihr vielleicht den Grundaufbau des Studiums hinterfragen.

was ist denn das N-Wort?

Könnte aber auch das hier sein

https://en.wikipedia.org/wiki/Knights_who_say_Ni

denn ich hab keinen normalerweise verwendeten Text der genannten parat, wo man im Studium überhaupt darauf stoßen könnte.

Alte weiße Männer sind historisch bedingt nun mal die Klassiker der Soziologie. Eine Kritik offensichtlich einiger Grundstudis, die sich also nur an Geschlecht oder Ethnie der Personen begründet, obwohl der Inhalt in Ordnung ist, ist mehr als albern.
Vor allem, da alle späteren Theoretiker ja auch auf dem theoretischem Fundament dieser alten weißen Männer aufbauen. Davon abgesehen, ich habe in all den Jahren meines Soziologiestudiums noch nie erlebt, dass Studenten nicht inhaltlichen Einfluß auf den Seminar- oder Vorlesungsplan hätten nehmen können. Es ist also im Vorlauf und selbst noch die ersten zwei Sitzungen möglich noch ein oder zwei Theoretiker einzubringen und du brauchst auch nicht mal eine Mehrheit dazu, weil Dozenten normalerweise fast schon in entwürdigender Weise darum betteln, dass die werten Studis sich einbringen.
Es wird in dieser heute typischen Konsumhaltung nur fast nie angenommen und man kann schon fast froh sein, dass überhaupt noch die Texte gelesen werden (Ohhhh, zwanzig Seiten ...echt?!! Sooo viel??!).
Dann gibts auch immer noch die autonomen Seminare wo ihr komplett selbstorganisiert nach Herzenslust eigene Texte lesen könnt. Nur machen muss man es eben. Veränderung fängt bei einem selber an.