„Sind Sie Mitglied in der Animal Front?“ - Polizeigewalt bei Festnahme von zwei Aktivisten in Braunschweig

Stoppt Polizeigewalt

Am 25. Dezember 2014 waren wir irgendwann nach Mitternacht gemeinsam in der Braunschweiger Innenstadt unterwegs, wo wir plötzlich von zwei fremden Menschen auf die Straße geworfen und festgehalten wurden. Nach einer Weile kam die Polizei und brachte uns getrennt voneinander zunächst auf die Wache in der Münzstraße, denn wir stünden im Verdacht, eine Sachbeschädigung und eine Körperverletzung begangen zu haben. Mit der gewohnten Übertreibung redete ein Polizist von „Einbruch, Diebstahl, alles!“, ein anderer von versuchter Gefangenenbefreiung und ein anderer sogar von versuchtem Totschlag. Mit derart zahlreichen und heftigen Beschuldigungen wollten die Cops uns vermutlich Angst machen und unter Druck setzen, während wir erst durch eine spätere Pressemitteilung der Polizei erfahren haben, was genau eigentlich die Vorwürfe sind.

 

Auf der Wache wollten die Bullen rausfinden, wer wir sind und was wir zu den Vorwürfen zu sagen hätten. Dabei wurde P. einmal mit dem Nachnamen eines anderen, ihm bekannten Aktivsten angesprochen. Zu den Vorwürfen machten wir keine Aussagen. A. wurde mehrfach in den Bauch geschlagen, beide wurden komplett ausgezogen, P. wurde mehrfach an verschiedenen Stellen geschlagen, gegen Beine und Füße getreten und gewaltsam ins Gesicht gefasst.

 

Später wurden wir beide – weiterhin voneinander getrennt – zur Polizeistation in der Friedrich-Voigtländer Straße gefahren. A. musste dort mehrere Stunden lang in einem kleinen, hell beleuchteten Raum sitzen, während P. erneut ausgezogen, geschlagen, getreten und in eine hell beleuchtete Zelle gesperrt wurde.

 

Einer von mehreren erfolglosen Versuchen der Cops, etwas von uns zu erfahren, war die Frage: „Sind Sie Mitglied in der Animal Front?“ Da keine Animal Front bekannt ist, dürfte damit mit hoher Wahrscheinlichkeit die Animal Liberation Front (ALF) gemeint gewesen sein. Unter diesem Namen werden weltweit Tierbefreiungen und Sabotageaktionen gegen Tierausbeutung durchgeführt.1

 

Vier Tage nach unserer Festnahme entdeckten wir im Internet eine Pressemitteilung der Polizeiinspektion Braunschweig2, in der es um unsere Festnahme geht. Dort heißt es, wir hätten „mit Brechstangen mehrere Fensterscheiben von Geschäften auf der Poststraße kaputt“ geschlagen. Die Menschen, die uns festhielten, werden als „Wachmänner“ bezeichnet, welche wir angeblich „mit Reizgas besprühten und mit Brechstangen nach ihnen schlugen“. Von dem Sachschaden sei „insbesondere ein Pelz- und Ledermodengeschäft betroffen“. Da sich diese letztere Aussage deckt mit einem Bericht, der am 27. Dezember auf dem Internetportal linksunten.indymedia veröffentlicht wurde3, gingen wir neulich in die Poststraße und sahen, dass alle Scheiben des Pelz- und Ledergeschäfts Michelen kaputt waren.

 

Durch Internetrecherche wissen wir nun also, was genau uns vorgeworfen wird. Dazu sagen wir nichts, denn Aussagen helfen immer den Gegner*innen – egal, wer was gemacht oder nicht gemacht hat.4

 

Ein paar Leute unterstützen uns beim Umgang mit der erlebten und mit der zu erwartenden Repression. Sie kommen nun abschließend zu Wort.

Als Unterstützer_innen jener Betroffener, die auf die Straße geworfen und festgehalten wurden und befürchten mussten, der Polizei ausgeliefert zu werden, möchten wir zum Ausdruck bringen: Wir haben vollstes Verständnis dafür, wenn Leute in einer solchen Situation abhauen wollen und sich wehren, soweit sie dabei die Verhältnismäßigkeit abwägen, um nicht unnötig andere zu verletzen! Und zwar egal, ob das im Privatleben, in der Öffentlichkeit oder während einer politischen Aktion passiert!

 

1 weitere Informationen: http://animalliberationfront.de

2 siehe: presseportal.de/polizeipresse/pm/11554/2915549

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Bestimmt eine furchtbare Nacht für die beiden Betroffenen - die sich für viele, viele Festgenommene schon seitdem ähnlich wiederholt haben wird. Umso wichtiger, an die Öffentlichkeit zu gehen, das Bild der Freund_innen und Helfer_innen weiter zu demontieren, weil keine ihrer Gewalttaten die geringste Legitimation besitzt - von der verbalen Demütigung und Schlägen bis zu Todesschüssen oder Verbrennungen (kommt zur Demo am 7.1. in Dessau in Erinnerung an Oury Jalloh!).

In tiefer Solidarität mit allen, die sich weiter frei und unbändig auf den Straßen bewegen - Bullerei und eifrigen "Wachmännern" zum Trotz!

@anonym:

"Verbale Demütigung".

Selbsternannte Tierberfreier dürfen also Sachbeschädigung durchführen und damit eine Straftat begehen, mit der Existenzen finanziell zerstört werden können, wenn sie aber mal daraufhin richtig angemotzt werden ist das gleich böse, oder wie?  Kann es vielleicht sein, dass Du hier die Verhältnismäßigkeit ein klein wenig überstrapazierst?

Ja, es mag eine Straftat darstellen, wenn eine Tierbefreiung durchgeführt wird.

Aber, JEDES Geschöpf hat ein Recht auf Leben. Wenn ein Teil der Menschheit meint, dies nicht respektieren zu müssen, halte ich es für legitim, mit solchen Maßnahmen zu antworten.

Wer schon einmal gesehen hat, wie teilweise die Pelzgewinnung vonstatten geht (nämlich bei lebendigem Leib), sollte zumindest nachvollziehen können, warum es Menschen gibt, die diesem Leid ein Ende setzen wollen.