[M] Zwi­schen Ver­drän­gung und An­eig­nung

Nichts und Niemand ist vergessen

Als Ab­schluss der an­ti­fa­schis­ti­schen Ver­an­stal­tungs­rei­he „Nichts und Nie­mand ist ver­ges­sen“ an­läss­lich des 75. Jah­res­ta­ges der No­vem­ber­po­gro­me fin­det am Mitt­woch, den 27. No­vem­ber ein Vor­trag mit Micha­el Sturm statt.

Der er­in­ne­rungs­kul­tu­rel­le Um­gang mit der NS-​Ver­gan­gen­heit in Deutsch­land. Ges­tern – heute – mor­gen.

 

Mit Ge­schich­te wird Po­li­tik ge­macht. Wäh­rend die „alte“ Bun­des­re­pu­blik ihre Dis­tanz zur NS-​Ver­gan­gen­heit in ihren ers­ten Jahr­zehn­ten vor allem im Ver­schwei­gen und in der oft­mals skan­da­lö­sen In­te­gra­ti­on der Täter such­te, pfleg­te die DDR einen star­ren, my­tho­lo­gi­sier­ten An­ti­fa­schis­mus, der die zen­tra­le his­to­ri­sche Meis­ter­erzäh­lung des so­zia­lis­ti­schen Staa­tes bil­de­te. In den Jah­ren un­mit­tel­bar nach der Wie­der­ver­ei­ni­gung präg­ten zu­nächst to­ta­li­ta­ris­mus­theo­re­ti­sche Ar­gu­men­ta­ti­ons­mus­ter ver­stärkt die er­in­ne­rungs­po­li­ti­schen Dis­kur­se. Oft­mals ging es dabei darum, den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus als einen Teil­as­pekt einer zwei­fa­chen „to­ta­li­tä­ren Dik­ta­tur­er­fah­rung“ zu re­la­ti­vie­ren.

 

Wäh­rend der 1990er Jahre än­der­te sich der Um­gang mit der Ge­schich­te: Ge­ra­de weil man aus der Ge­schich­te ge­lernt und diese auf­ge­ar­bei­tet habe, müsse Deutsch­land nun wie­der “Ver­ant­wor­tung“ in der Welt über­neh­men. Die an­geb­lich er­folg­reich voll­zo­ge­ne „Ver­gan­gen­heits­be­wäl­ti­gung“ bil­det nun­mehr einen der zen­tra­len Re­fe­renz­punk­te der „Ber­li­ner Re­pu­blik“. Zudem ist zu be­ob­ach­ten, dass sich Grund­zü­ge einer glo­ba­len Er­in­ne­rungs­kul­tur her­aus­bil­den, in der der Ho­lo­caust zwar zu einer Chiff­re für das Mensch­heits­ver­bre­chen schlecht­hin avan­ciert, dabei aber gleich­zei­tig des­sen kon­kre­ten his­to­ri­schen Be­zü­ge und Hin­ter­grün­de ver­blas­sen. Diese Ent­wick­lung ist am­bi­va­lent, bie­tet sie doch An­knüp­fungs­punk­te auch für die neuen deut­schen Opfer­dis­kur­se, die um den Bom­ben­krieg, Flucht und Ver­trei­bung krei­sen. Der Vor­trag zieht zum einen eine kri­ti­sche Bi­lanz der ge­schichts­po­li­ti­schen Um­brü­che der ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­te. Zum an­de­ren sol­len mög­li­che Ent­wick­lungs­li­ni­en künf­ti­ger Er­in­ne­rungs­kul­tu­ren skiz­ziert wer­den.

Micha­el Sturm ist His­to­ri­ker und lebt und ar­bei­tet in Müns­ter.
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Kafe Marat, Thalkirchnerstrasse 102


Offen: 19:30 / Be­ginn: 20:30

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