Nachttanzdemo in Heidelberg am 27.9.13

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Aufruf: Wir wollen zu Hause sein und doch bewegen wir uns durch unsere Stadt wie Gäste in einer fremden Wohnung. Die historischen Fassaden, die bunten Schilder, die jene Häuser schmücken, die uns so nah scheinen und doch so fern geworden sind, sie können uns nicht darin täuschen, dass wir den Ort an dem wir leben, selbst gestalten wollen. Aufwändige Imagekampagnen der Stadt erklären uns, wie jung und kreativ, wie hip und romantisch diese Stadt ist, aus der wir, sobald wir den Latte Macchiato im Café mit Schlossblick nicht mehr bezahlen können, schnellstmöglich verdrängt werden sollen. Wir versuchen den öffentlichen Raum zu nutzen und werden verjagt, sobald wir mit Kreide malen.

 

Wenn wir das Nachtleben genießen wollen, wird die Innenstadt zur Ruhezone erklärt, wenn Schulabschluss gefeiert wird, prügelt die Polizei auf der Neckarwiese, wenn wir ein Bier in kleiner Runde trinken wollen, weist uns ein Alkoholverbot in unsere Schranken. Der öffentliche Raum, in dem wir leben dürfen, ist klein und er schrumpft. Ein Jugendzentrum gibt es nicht.

 

Die Verdrängung von Menschen aus der Stadt geht aber noch weiter. Beinahe unsichtbar werden sozial schwächere Menschen aus dem Stadtbild vertrieben. Obdachlose scheinen das Shopping-Gefühl in der Altstadt zu stören und werden von dort weg geschickt. Die Probleme werden nicht angegangen, sondern versteckt, verboten und weg geschoben. Menschen, die sich bei uns um Asyl bemühen, werden ausgegrenzt und in Vierteln und Lagern am Rande der Stadt einquartiert, von wo sie mangels Geld und Anbindung des öffentlichen Nahverkehrs von der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden, anstatt dass wir sie in unsere Mitte holen.

 

Durch Mietpreiserhöhung werden oft auch Menschen von Verdrängung und Ausgrenzung betroffen, die schon lange in der Stadt wohnen.

Gleichzeitig stehen auch hier viele Gebäude leer. Räume, die für eine unkommerzielle Kultur genutzt werden könnten. Seit Jahrzehnten gibt es hier solche Räume nicht mehr. Es existieren ein paar kleine Projekte, in denen man sich zum gemeinsamen Essen treffen kann, aber für Ausstellungen, Konzerte, größere Partys oder Veranstaltungsreihen sind sie nicht geeignet. Genau solche Räume aber brauchen wir. Freiräume, in denen wir uns selbst entfalten können, egal wer wir sind oder wer wir sein wollen.

 

Alle Pläne, ein kulturelles Zentrum in der Stadt umzusetzen, wurden jedoch in den letzten Jahren von den städtischen Gremien zerredet oder auf unbestimmte Zeit verschoben. Sie passten nicht ins Konzept, die Stadtviertel durch Kreativwirtschaft gewinnbringend aufzuwerten.

Wir wollen nicht weiter die ausgetretenen Wege gehen, die unsere Selbstbestimmung zunichte machen. Sie sind unerträglich. Die Gesellschaft mag funktionieren, wenn man ihnen diesen stur, ohne aufzusehen, folgt, aber nur zu funktionieren, erscheint uns nicht lebenswert. Wir werden unseren freien Willen niemals preisgeben.

 

Wir kämpfen mit den Menschen in Hamburg und Berlin, in London und Paris und überall, wo sie sich gegen die Verdrängung aus ihren Städten wehren. Wir sind solidarisch mit all jenen, deren Felder austrocknen, weil ihnen das Wasser abgegraben wird, um wirtschaftliche Gewinne zu generieren; deren Boden vergiftet wird, um die Rohstoffe zu fördern, nach denen die globale Wirtschaft zu dürsten scheint. Überall, wo die Wirtschaft, der Staat, das Militär Vertreibung einläutet, stellen wir uns entgegen. Für eine Gesellschaft, in der es wieder um die Menschen geht, und nicht nur noch darum, das große Ganze am laufen zu halten. Wo wir gehen und stehen, auf allen Straßen und Plätzen, folgen uns die Augen der Kameras. Wenn wir uns engagieren, durchleuchten Spitzel der Behörden unser Privatleben. Flüchten wir in den virtuellen Raum, wird jeder unserer Schritte überwacht und auf alle Zeit gespeichert. Jeder dieser Schritte dient der Kontrolle, macht uns berechenbar für den Ablauf der großen Maschine. Wir lassen uns nicht länger kontrollieren. Wir werden ausbrechen.

 

Egal wie viel Wohlstand wir besitzen, ob wir Behinderungen haben, egal welchen Geschlechts wir sind, welcher Herkunft, oder welches Alter wir haben, wir müssen selbst entscheiden, wie wir auf diesem Planeten zusammenleben wollen, auf diesem Stück Land und in dieser Stadt. Die Stadt gehört uns und wir werden sie uns zurücknehmen.

 

Wir werden nicht darauf warten, dass jemand anders anfängt, den öffentlichen Raum neu zu eröffnen. Am 27.09.2013 nehmen wir uns die Straßen. Wir gehen den allerersten kleinen Schritt. Wir tanzen ihn.

 

Kommt mit uns zur Nachttanzdemo zum Heidelberger Hauptbahnhof ab 18 Uhr und ab 16 Uhr zum Straßenfest auf dem Wilhelmsplatz in der Heidelberger Weststadt!


Werdet aktiv, denn die Stadt gehört uns allen!

 

nachttanzdemo2013.wordpress.com

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