KeineDefma: Schützt Opfer und Täter vor der Definitionsmacht!

Kaum 48 Stunden sind vergangen, seit wir ein kleines Manifest mit dem Titel "Keine Definitionsmacht für Niemand!" veröffentlicht haben. Nach unseren Beobachtungen trifft das Geschilderte einen Nerv: Die Zugriffszahlen unseres Blogs überraschen uns doch - die Statistik des Indymedia-Artikels können wir dabei natürlich noch nicht mal mit erfassen. Der Text wird vielseitig virtuell herumgereicht, gelobt und überwiegend fair und freundlich kritisiert. Die Leute fühlen sich angesprochen und zur Diskussion ermutigt: Das freut uns, auch wenn wir selbstverständlich nicht alle dabei geäußerten Positionen teilen. Es scheint notwendig, dem Problem auf den Grund zu gehen und einige Facetten genauer zu behandeln. Wir machten schon in unserer ersten Veröffentlichung keinen Hehl daraus: Wir wollen die Definitionsmacht nicht retten. Die Leute nehmen sie eh nicht mehr ernst. Wir wollen auch nicht ihre "Entstehungsbedingungen" reflektieren, wie man gefordert hat: Das führt in unseren Augen nur auf das viel zu lang für gültig gehaltene Argument, man hätte halt "keine Alternative". Das ist nicht wahr. Es gibt immer Alternativen, für alles. Und keine vermeintliche Alternativlosigkeit rechtfertigt systematisch herbeigeführtes oder in Kauf genommenes menschliches Leid. Wir werden uns nicht in eine "Debatte" hineinziehen lassen, ob nicht dieser oder jener Schaden durch den anderswo vermiedenen gerechtfertigt sei: Das ist absolut inakzeptabel! Wir haben nach wenigen Stunden Online-Diskussion festgestellt, dass man unseren Text zum Teil mit anderen Schwerpunkten liest, als wir es intendiert hatten. Dabei treten gute Aspekte zutage, aber manches geht unter. Wir wenden uns entgegen unseren ersten Absichten also noch mal an die Öffentlichkeit, um einiges zu präzisieren und sogar strategische Andeutungen zu machen. Die Zeit zu weiteren Beiträgen werden wir vielleicht nicht noch mal finden. Womöglich werden wir dabei ein paar unserer Sympathisanten verlieren. Aber das Folgende ist uns wichtig!

Wir haben zuletzt darauf insistiert, dass die Definitionsmacht ganz besonders schwerwiegende Folgen für diejenigen hat, die sie ihrem eigenen Anspruch nach schützen will. Wir haben darauf hingewiesen, dass sie oftmals das überhaupt erst hervorbringt, was sie im Anschluss erträglich machen möchte. Es wurde von Anderen ergänzt, dass kein Gerichtsverfahren dieser Welt "retraumatisierender" sein könnte als das, was "Betroffene" in "unseren Kreisen" zu erwarten haben, wenn sie mit kryptischen "Defma"-Pamphleten den sozialen Ausschluss einzelner Personen einfordern: Dem stimmen wir vorbehaltlos zu. Das Argument, die "Betroffenen" würden dadurch irgendwie "ihrer Subjektivität gewahr", ist zynisch und falsch. Wir kennen keinen Fall, in dem jemand vorbehaltlos gestärkt aus den Eskapaden einer Aufarbeitung durch "Unterstützerarbeit" hervorgegangen wäre: Selbst im anonymen Internet äußert sich so gut wie niemand dergestalt. Jede bürgerliche Opferhilfe kann den Medien schneller jemanden vorweisen, der die eigenen Fortschritte glaubhaft versichert. Wir glauben gar nicht, dass die Psychologen oder das familiäre Umfeld dabei zwangsläufig besser behilflich sein können. Aber wir glauben, dass die meisten Menschen schwierige Situationen besser bewältigen können, wenn man ihnen unvoreingenommen und aufmerksam zuhört, sich in sie hineinversetzt und sie dabei unterstützt, ihre Konflikte besser verständlich und beeinflussbar zu machen. Auch wenn es manche nicht gerne hören wollen: Für viele Menschen ist es angenehmer, sich nicht als "vergewaltigt" zu empfinden, als es zu tun. Die Verarbeitung intimer Probleme ist eine höchst individuelle Angelegenheit: Klar, "theoretisch" mag es vorkommen, dass jemand gerne lauten Krawall veranstaltet und per Unterstützergruppe wen auch immer über den Vorplatz vom besetzten Haus prügeln lässt. Es wird dadurch aber keineswegs ethisch verantwortbarer oder gar vorbildhaft für Menschen in (scheinbar) ähnlichen Situationen. Vor allem tun sich die Initiierenden damit normalerweise keinen Gefallen. Wir glauben, dass man mit gesellschaftlich üblichen Methoden weiter kommt, als man denkt. In den meisten Fällen, die man am WG-Tisch oder anderswo hinter vorgehaltener Hand mitbekommt, erreichen die Vorfälle keinen Schweregrad, der das Einschalten der Behörden sinnvoll macht. Wir gehen sogar davon aus, dass viele "Fälle" ohne die Definitionsmacht keinen besonderen psychischen Einfluss auf die beteiligten Personen haben würden. Bei Vorkommnissen, die sich so sehr im definitionsmächtelnden Graubereich bewegen, dass man sie außer bei politisch vollüberzeugten Gesinnungsgenossen nicht mehr verständlich machen kann, empfehlen wir zumindest noch die ein oder andere unabhängige Meinung. Wenn jemand sich einem Anderen gegenüber wirklich wie ein Arschloch im Bett aufgeführt hat und halbwegs klar artikulierten Widerwillen gebrochen hat, dann ist das eigentlich meist ganz gut auch normalen Menschen vermittelbar. Wir sehen gute Optionen darin, in vertrauter Atmosphäre darüber zu sprechen, was eigentlich passiert ist, wenn jemand Unsicherheiten entwickelt hat. Wie in allgemeinen Beziehungsfragen auch, erleben wir Verfasser es als die halbe Miete der Verarbeitung, wenn uns gute Freunde versichern, dass wir mit dem Problem nicht alleine dastehen: Häufig haben andere Menschen gute Vorarbeit geleistet, intime Verletzungen innerlich zu überstehen. Manchmal verpufft selbst ein schwerwiegendes Problem, wenn einem ein Vertrauter eine neue Sichtweise ermöglicht. Fest steht: Jeder menschlich einfühlsame Umgang mit ambivalenten Stimmungen ist besser als die aufgepeitschte Hysterie einer innerlinken Hausverbots-Diskussion und das anschließende Zittern, ob und wie lange der "Täter" die Geschichte wohl mitmacht. Wir unterstreichen es noch einmal: Wir glauben nicht, dass man den aus ihrer Sicht "Betroffenen" tatsächlich einen Gefallen damit tut, wenn ihre "Täter" zum Verschwinden gebracht werden sollen. Nicht so lange es um "Übergriffe" geht, die sie vermutlich spätestens in zwanzig Jahren selbst nicht mehr als solche einstufen würden.

Noch etwas, das man bei der erregenden Wirkung eines Definitionsmacht-Streits gelegentlich vergisst: Die Folgen für das Sexualleben, das wir alle gerne miteinander teilen wollen. Anders als unsere letzten Vorfahren pflegen wir Kinder des 21. Jahrhunderts sehr viele intime Beziehungen. Besonders in autonomen Kreisen wird bekanntermaßen wild durcheinander gefickt. Den Bundesbürger mit seinen sechs bis zehn Sexualpartnern im Leben dürften die meisten Antifa-Jungs und -Mädchen schon mit Anfang 20 abgehangen haben. Allein dieser hohe Durchschnitt erhöht die Wahrscheinlichkeit immens, dass man dabei reichlich schlechte Erfahrungen sammelt, da sehr unterschiedliche Persönlichkeiten, Wünsche, Vorgeschichten aufeinanderprallen. Man hat deswegen in vergangenen Pro-Definitionsmacht-Texten davon gesprochen, dass man gar vermutet, nicht einvernehmliche Sexualität sei in der Mehrheitsgesellschaft der normale Standard. Diese Einschätzung können wir nicht teilen: Vielmehr erscheint es uns so, dass in linker Subkultur seit einigen Jahren eine Sensibilität aufgebaut wurde, die den Menschen regelrecht verunmöglicht, einvernehmlichen Sex durch halbwegs natürliche Umgangsformen entstehen zu lassen. Jede zweite Frauenzeitschrift empfiehlt ihren Leserinnen, im Bett "auf den Bauch zu hören" und Unzufriedenheit gegebenenfalls zu artikulieren. Die linke Szene empfiehlt: Abwarten, ob der Partner sich zum Nachfragen bequemt, gegebenenfalls Schweigen, Aushalten und im Nachhinein mit seinen Freunden eine elaborierte Mail über den internen Verteiler jagen. Das ist Wahnwitz! Wenn man schon den Leuten nicht genug vertraut, ihre Grenzen selbst zu definieren und zu verteidigen, dann braucht es einen innerlinken Sexualitätsdiskurs, in dem die Worte "Schwanz" und "Muschi" wenigstens mal auftauchen, damit man sich über die gemeinsame technische Handhabung offen und ehrlich austauschen kann. Das ganze abstrakte Gerede trifft ja wohl kaum die Realität im eigenen Lusthaushalt. Schrecklich, diese ganzen verkrampften Beziehungsgespräche, in denen sich stundenlang darüber ausgetauscht wird, ob man sich jetzt eigentlich beim Schlafen ankuscheln dürfe oder ob das bereits "übergriffig" sei. Ist es denn wirklich ernst gemeint, dass man jungen Menschen permanente Fragespielchen im Bett empfiehlt, während jeder Zwölfjährige realistischeres Sexualwissen per Smartphone aus Amateurpornos bezieht? Jeder bürgerliche Sexualratgeber empfiehlt Frau und Mann, dass man sich nicht unsensibel gegenseitig mit neuen Sexualpraktiken überrollen soll. In jedem Swingerclub oder Homo-Darkroom gelingt es den Leuten halbwegs, das Schlimmste an intimen Verletzungen zu vermeiden. Jeder BDSM-Stammtisch hat überzeugendere Konzepte, das sexuelle Spiel einvernehmlich auszukosten, ohne den Spaß daran zu verlieren. Nur im linken Schlafzimmer pflegt man einen neurotischen Konservativismus, um den Satan Vergewaltigung nicht heraufzubeschwören. Und das Absurdeste ist, all die investierte Energie schlägt ins genaue Gegenteil um: Die vielen Annikas und Matthiasse erleben überdurchschnittlich häufig psychische Einbrüche, werden häufig für Jahre in ihrer sexuellen Lust beeinträchtigt, weil sie Erotik mit nichts mehr anderem in Verbindung bringen können als Gefahr und Zwang. Vielleicht steht Annika darauf, wenn Matthias sich einfach mal holt, was er möchte. Vielleicht würde Matthias zwischenzeitlich gerne mal den Kopf abschalten. Vielleicht würden sich beide liebend gerne mal einander hingeben und sich wie zwei normale Menschen gegenseitig die Seele aus dem Leib ficken. In vielen bürgerlichen Beziehungen funktioniert das ausgesprochen gut. Man spürt sich, man sieht und erlebt sich, man lässt sich aufeinander ein und irgendwann kennt man sich: Und erstaunlicherweise verringert genau diese Unvoreingenommenheit häufig die Gefahr, dass man sich ein- oder gegenseitig weh tut. Es ist im Lichte der - zum größten Teil völlig überhöht dargestellten - Gefahren natürlich gescheit, sich hin und wieder Gedanken zu machen. Aber dazu gehört es genau so, dass man keine "selbsterfüllende Prophezeiung" nach der anderen in Gang setzt, und das Vögeln in ein psycho-physisches Minenfeld verwandelt: Ja, manchmal wird's beim Sex Dinge geben, die sind neu und unbekannt, manchmal wird's komische Gefühle geben und im erst im Nachhinein findet man plötzlich Gefallen daran und manchmal wird auch der Punkt kommen, wo der Partner sich rücksichtslos verhält und man daran gar nichts mehr findet: Bei Letzterem ist ein gutes mittelfristiges Ziel der politischen (feministischen) Ermutigung, dass man sich klar und bestimmt artikulieren und notfalls zur Wehr setzen kann. Aber das hat mit Definitionsmacht rein gar nichts zu tun, denn die ist ja bekanntermaßen nur eine Art Schadensbegrenzung für prinzipiell wehrlos gehaltene Frauen. Und jetzt wird's erstaunlich konkret: Wie viel Gewalt und sinnlosen Zwist hätte man vermeiden können, wenn es für Leute, die es für sich für notwendig halten, ein ähnlich weit wie "Defma" verbreitetes Prinzip geben würde, dass dem "Safeword" aus der BDSM-Szene nachempfunden wäre? Die sexuelle Handlung wird sofort abgebrochen, wenn es genannt wird. Oder die "Safeword-Ampel": Bei "grün" geht's weiter, bei "gelb" geht's langsamer oder später und bei "rot" ist vorbehaltlos Schluss. Wer ein "rot" nicht akzeptiert, ist dann im Übrigen tatsächlich im weitesten Sinne ein Vergewaltiger, das sieht auch die bürgerliche Mitte so. Für die Fortgeschrittenen empfehlen wir den Ersatz der Farbenwörter durch "ja", "langsamer" und "nein" oder gar körpersprachliche Signale, wie es unter normalen Menschen üblich ist. Und bei dem ganzen würde noch nicht einmal das Spaßgefühl verloren gehen, eine außergewöhnliche sexualpolitische Strategie zu vertreten. Man kann vielseitig darüber Debatte führen und letztendlich darf jeder wieder für sich selbst entscheiden, was er für richtig und notwendig hält. Die Definitionsmacht möchte solche Vorschläge natürlich nicht hören. Sie lässt lieber tausende Menschen in mehr als streitbare Vergewaltigungsempfindungen hineinrutschen, anstatt an ihr Urteilsvermögen im Vorhinein zu appellieren. Sie definiert einfach jede im Bett übliche Geste als "Nein" und hofft darauf, dass Matthias Gedanken lesen kann: Es ist ja schließlich die Verantwortung des potentiellen Vergewaltigers, weil alles andere ja frauenfeindlich wäre. Ob Annika vergewaltigt wurde, darf sie dann Wochen oder Monate später unter den betroffenen Blicken ihrer Unterstützergruppe im Plenum "erfühlen". Noch verrückter: Man sagt, man müsse die Definitionsmacht auch denen ermöglichen, die kein Umfeld zu ihrer Durchsetzung hätten und lediglich schwache Anbindung an autonome Kaderschmieden. Wir möchten gar nicht wissen, was passiert, wenn man auch noch den politisch ungebundenen Freaks frei kontrollierbare Prügelkommandos zur Verfügung stellt. Genau so schlimm die Befürchtung, Definitionsmacht wäre unzureichend, weil sie ehemals als "Vergewaltiger" definierte entschulden würde, wenn sich die einst "Betroffene" anders besinnen würde: Seid ihr denn noch zu retten? Gerade wenn sich die Wogen glätten, ein Mensch guten Gewissens einen Schmerz ziehen lassen kann und sogar noch dem ehemals verantwortlich Gemachten verzeihen kann, ist das doch die denkbar beste Situation überhaupt. Soll da wirklich jemand aus Prinzipientreue an einer Bezeichnung festhalten, die womöglich von vornherein unklug gewählt gewesen ist? Die viel näherliegende Antwort ist doch: Begriffe wie "Vergewaltigung", "Gewalt", "Übergriff" sollten wieder dem angenähert werden, was die Menschen allgemein darunter verstehen.

Die Definitionsmacht ist also als Präventionssystem ungeeignet: Der Partner kann unter den "Defma"-Bedingungen noch weniger wissen, was Sache ist, als man selbst. Was uns zu unserer provokativ gewählten Überschrift führt: Man hat uns gefragt, wie wir denn eigentlich umzugehen gedenken mit den "Täter_innen". Wir glauben nicht, dass auch nur die Bezeichnung "Täter" überhaupt hilfreich ist. Nach unseren Beobachtungen und Erfahrungen im Zwischenmenschlichen und Sexuellen gehen wir davon aus, dass die wenigsten Verletzungen absichtlich herbeigeführt werden. "Täter" suggeriert Schuld - nicht nur in unseren Ohren, sondern in den Ohren der Mehrheit. Und auch wenn es wahr ist, dass der Verletzte keine "Schuld" zugeschoben bekommen sollte, so glauben wir genau so wenig, dass man sie deswegen dem Verletzenden zuschieben kann. Die linken "Täter" sind außerdem gar nicht so selten Menschen, die sich weitaus mehr Gedanken über Sexualethik gemacht haben als es jeder andere Mensch freiwillig tun würde: Die Definitionsmacht sagt ihnen, sie wären Alleinschuldige eines Verbrechens, das sie womöglich gemäß ihrer gesammelten Lebenserfahrung nicht so einstufen. Die Definitionsmacht sagt ihnen auch, dass ihre vielfältigen gegenteiligen Bemühungen einen Dreck wert sind vor dem einmaligen Fehltritt. Dabei sind sie manchmal sensible Charaktere mit hochproblematischer psychischer Vorgeschichte und einem entsprechend feinfühligen Wertebewusstsein. Sie wären prinzipiell zugänglich für Kritik. Die Wenigsten landen in autonomen Strukturen ohne einen gewissen Knall: es sind häufig die hochgradig Depressiven, stark Verunsicherten, Kinder prügelnder oder misshandelnder Eltern, manchmal aus Alkoholikerfamilien. Und auch die Feministen wissen ja wohl, dass der ganze prollige Habitus, den sie den "Vergewaltigern" im gleichen Atemzug vorwerfen, meist eine eher labile Persönlichkeit kaschiert. Und diesen Gestalten sagt man: Du bist der Fehler! Man muss kein Psychologe sein, um zu wissen, dass das absolut nichts außer Verzweiflung, Selbsthass, Aggression und Hilflosigkeit provoziert. Und kein Mensch wird im Zustand völliger Zurückgewiesenheit Einsicht in was auch immer entwickeln. Selbst wenn man davon ausgeht, dass sich jemand rücksichtslos und womöglich sogar böswillig verhalten haben sollte - natürlich gibt es so was! - wird er mit Sicherheit kein aufrichtiges Bewusstsein seiner Mitverantwortung entwickeln, so lange man ihn in die Ecke treibt wie einen aussätzigen Perversen. Selbstverständlich kann man hier auf sein vermeintliches Recht pochen: Müssen wir denn auf den Bösewicht eingehen, anstatt andersrum? Die Frage ist doch: Was führt zum gewünschten Ergebnis? Die meisten unserer politischen Weggefährten sind im Herzen Kinder geblieben. Deswegen leiden sie überhaupt so stark an den gesellschaftlichen Verhältnissen. Kinder wirft man auch nicht aus der Wohnung, wenn sie augenscheinlich Fehler machen. Und übrigens: Selbst wenn die Definitionsmacht es am liebsten ausklammern würde - es gibt reichlich Fälle, in denen man davon ausgehen kann, dass Leute tatsächlich zu Unrecht einer Gewalttat bezichtigt wurden. In manchen Fällen, weil die "Betroffene" sich unter Absegnung ihrer "Unterstützer" in eine Empfindung hineingesteigert hat wie unsere Annika aus der Erstveröffentlichung. Manchmal haben wir auch beobachtet, dass Menschen aus Kränkung ein Ohnmachtsgefühl als Vergewaltigung bezeichnet haben: Wir wissen gar von Fällen, in denen sich Menschen gegenseitig der sexuellen Übergriffigkeit bezichtigt haben bis es regelrecht barbarisch wurde. In wieder anderen Fällen spielten psychische Krankheiten eine Rolle: Die Definitionsmacht versteht nichts von Borderline oder gar Psychosen. Manchmal war es sogar einfach nur eine kurzfristige Begeisterung für die soziale Dynamik, die man plötzlich lostreten kann - Menschen sind tatsächlich manchmal so irrational in ihren Entscheidungen, dass sie für die Neugier ein als real empfundenes Vergewaltigungsempfinden in Kauf nehmen: Die Definitionsmacht überlässt alles entscheidende ja völlig der Fantasie und der sind bekanntlich kaum Grenzen gesetzt. All solche Dinge sind prinzipiell verzeihbar. Man muss immerhin davon ausgehen, dass die Verantwortlichen hier sehr ernsthafte Leidensphasen durchlebt haben, auch wenn die Gründe dafür weniger eindeutig als empfunden gewesen sind. Auch hier wollen wir daran erinnern, was wir zum Umgang mit "Tätern" geschrieben haben: Die linke Szene sollte ihre Stärke im gegenseitigen Verzeihen beweisen. Eine Sache allerdings sollte man nicht vergessen. Es rangiert für uns auf einer Ebene mit dem "Dir wird doch eh keiner glauben!" eines Überzeugungsvergewaltigers und leider müssen wir davon ausgehen, dass es auch so etwas schon unter Linken gegeben hat: Wer die "Definitionsmacht" bewusst, willentlich und wider besseres Wissen dazu benutzt hat, jemanden trotz seiner Unschuld zu verunglimpfen - der gehört tatsächlich vor die Tür getreten. Die Leute sagen, Missbrauch und Irrtum seien vernachlässigbar. Nein, nein und nochmals nein! Es widerspricht jedem ethischen Grundsatz der autonomen Linken, Bauernopfer zu bringen für eine politische Strategie. Hier geht es nicht um politische Grabenkämpfe zwischen mehr oder minder gleichberechtigten Lagern. Die Definitionsmacht nimmt neben dem ausführlich geschilderten Missbrauch ihrer "Betroffenen" auch unmittelbare soziale, psychische und körperliche Gewalt gegen Unschuldige in Kauf. Gewalt, die nicht einmal vom Markt oder blinden Institutionen ausgeführt wird, sondern von unseren Genossinnen und Genossen: Gewalt, die man augenblicklich unterlassen kann. Und man darf sich sicher sein, dass da draußen viele verstoßene Seelen umherwandeln, deren Leben nach fahrlässiger Vergewaltigungsbezichtigung fast oder ganz in die Brüche gegangen ist - gerade weil sie so sehr sensibel sind, dass sie derartige Vorwürfe nicht einfach von sich weisen wie Hinz und Kunz. Es ist nicht nur eine gute Regel allgemeinen Miteinanders, wenn man die störrische Natur der Mitmenschen berücksichtigt: Auch im politischen Zusammenhang tut man gut daran, mit Gefühl auch auf die Leute einzuwirken, die einem nach eigener Überzeugung Schaden zugefügt haben. Zumal man sich ja, wie dargestellt, auch selbst einfach mal irren kann. Jeder, der schon mal einen langen Streit hat in Wohlgefallen auflösen können, weiß um diese befreiende Wirkung. Manch ein armer Mensch, der seit Jahren einem Anderen eine "Grenzverletzung" grollt, an die er womöglich selbst gar nicht mehr recht glaubt, könnte davon profitieren. Wir sind davon überzeugt, dass tausenden unserer Freundinnen und Freunde ein von Schuldgefühlen und Ressentiments befreiteres Leben ermöglicht werden könnte, wenn man sich aufrichtig die gegenseitigen Verletzungen vergeben würde. Es wäre atemberaubend, wenn wir erfahren dürften, dass man im Anschluss an unsere Worte Menschen wieder zusammen- oder zumindest aus der Feindschaft führen konnte, die seit Jahren für längst verflogene Überzeugungen miteinander im Stellungskrieg leben.

Die Definitionsmacht kann man ihrer Logik gemäß noch bis zum jüngsten Gericht beibehalten. Sie wird halt durch sich selbst begründet. Aber sie hat soziale Grenzen. Man behauptet auch nach Jahren allseitiger Frustration, nach zig in die Brüche gegangenen Beziehungen, nach all der persönlichen Verzweiflung, den tiefen und zum Teil womöglich irreparablen seelischen Schäden: Das kommt alles nur, weil man's bisher noch nicht richtig gemacht hat.  Wir und die meisten Anderen sind es leid. Wenn der Preis für die Durchsetzung eines Systems so hoch ist, dann kann es selbst die edelsten Ziele nicht wert sein. Wir sind nicht im Krieg. Wir sind keine Soldaten einer politischen Ideologie. Und wir betonen es nochmal: Es gibt Alternativen zu diesem Jammertal. Niemand braucht sich heute noch zu schämen, wenn ihr die Definitionsmacht als überholt und unwürdig ablehnt. Sie hat längst kein Monopol mehr auf einen empathischen Umgang mit unserer Sexualität. Im Gegenteil: Sie hat sich als überwiegend ungeeignet erwiesen, dazu überhaupt akzeptable Beiträge zu leisten. Schaffen wir die Voraussetzungen für kreative Durchbrüche. Wir Definitionsmacht-Verweigerer appellieren an Euch: Strengt die Köpfe an und zeigt, wozu ihr fähig seid!

http://keinedefma.blogsport.de

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nachdem bereits der vorausgegangene artikel auch bei mir einige gedanken freigesetzt hat und eine nötige beschäftigung mit dem thema grenzverletzungen (find ich einen auch inhaltlich guten begriff, denn um die verletzung individueller grenzen gehts ja) und definitionsmacht (was wird von den autor*innen darunter verstanden?) entstand, hier nun einige überlegungen dazu.

 

zunächst mal ist mir nicht ganz klar was hier unter definitionsmacht verstanden wird. schon das bloße definieren der betroffenen person was als nicht  mehr ok gesehen wird? dieses recht möchte ich keine*r streitig machen. oder gehts um die "prügelbanden" und "aufgepeitschte Hysterie"? das wiederum wäre mir gerade im kontext von übergriffs debatten am wenigsten aufgefallen, vielmehr eine (auch verständliche) zurückhaltung der betroffenen.

 

folgende passagen sind mir in obigem text aufgefallen:

 

"Manchmal verpufft selbst ein schwerwiegendes Problem, wenn einem ein Vertrauter eine neue Sichtweise ermöglicht."

äh, sorry, nein. das problem ändert sich keineswegs, eben nur die sicht darauf. natürlich kann menschen auch die übelste scheiße als ok eingeredet werden. die frage ist: wollen wir das? problem bleibt problem.

 

"Die Leute sagen, Missbrauch und Irrtum seien vernachlässigbar. Nein, nein und nochmals nein!"

kurz darauf wird im widerspruch dazu ausgeführt:

"Zumal man sich ja, wie dargestellt, auch selbst einfach mal irren kann."

also wie jetzt? darf mensch sich irren oder nicht?

 

"Es wäre atemberaubend, wenn wir erfahren dürften, dass man im Anschluss an unsere Worte Menschen wieder zusammen- oder zumindest aus der Feindschaft führen konnte, die seit Jahren für längst verflogene Überzeugungen miteinander im Stellungskrieg leben."

im prinzip teile ich diesen gedanken, für mich birgt er aber die genau die hier geäußerte gefahr der politischen strategie aufkosten anderer:

"Es widerspricht jedem ethischen Grundsatz der autonomen Linken, Bauernopfer zu bringen für eine politische Strategie."

wenn ich das zusammenbringen von menschen unterschiedlicher positionen als strategie unterstelle, wäre dieser text genau eine solche politische strategie.

 

stellenweise habe ich den eindruck dass stark polemisiert wird. hysterische prügelbanden die armearme genossen (nein, von fälschlich verdächtigten genossinnen habe ich nix gelesen, das scheints nicht zu geben) aus der szene mobben und zu allem überfluss auch noch die betroffenen frauen selbst (zumindest die scheints auch tatsächlich zu geben) in den mentalen abgrund reißen stehen den eigentlich nur unbeholfenen, im geiste kinder gebliebenen und zu unrecht der gernzverletzung beschuldigten männern gegenüber.

das ist jetzt sehr polemisch, aber so wirkts auf mich.

um die selbe polemik als kritik an der kritik auszuführen:

mich beschleicht der verdacht dass männer die, zu unrecht oder nicht, eben solchen vorwürfen der übergriffigkeit ausgesetzt waren, zur gegenoffensive antreten. eigentlich sei jede diskussion über übergriffe, grenzverletzungen, missbrauch und vergewaltigung in der eigenen szene unnötig und schiere hysterie die allen beteiligten schade. angebrachter sei der weg ins private, zwischenmenschliche, wo alle nur ein wenig verständnis füreinander aufbringen müssten und aufeinander zugehen sollten.

leider verkennt diese vorgehensweise die dynamiken von (v.a. länger andauernden) grenzüberschreitungen. wo soll denn ein raum sein um mögliches unbehagen zu artikulieren, wenn es emotionale, soziale oder auch handfeste physische abhängigkeiten und machtgefälle in eben beschriebenem privaten raum gibt? wie soll die jugendhausbesucherin xy von übergriffen berichten wenn diese von einem sozial angesehenen mitglied der coolen abchecker-crew ausgehen, der selbst natürlich antisexist ist? womöglich ist sie nicht die einzige betroffene, nur traut sich halt keine*r das thema anzusprechen weil sich alle alleine wähnen. schade, aber solche begebenheiten gibts in linken jugendzentren, besetzten häusern, wagenplätzen und infoläden.

natürlich gibts eine menge auch psychische vorbelastung in der gesamtgesellschaft und auch in der linken szene. aber dann einerseits betroffene personen deshalb im prinzip selbst für zugefügtes leid mitverantwortlich zu machen und gleichzeitig mögliche täter*innen deswegen von verantwortung loszusprechen find ich keinen reflektierten umgang mit dieser tatsache.

safewords sind eine gute idee, funktionieren aber eben nur wenn sich alle beteiligten darüber einig sind diese auch zu respektieren.

 

schlussendlich: ich denke hier findet eine nötige auseinandersetzung statt, nur halte ich nach wie vor das konzept der definitionsmacht (i.s.v. die betroffenen definieren selbst was sie als übergriff empfinden) für sinnvoll. gerade angesichts eines gesellschaftlichen sexismus und der weitestgehenden ignoranz gegenüber grenzverletzungen, was sich auch auf die eigene szene niederschlägt. beim bestehenden machtgefälle im kontext von grenzüberschreitungen ist es nun mal nicht so einfach, sogar eher nicht möglich, unbehagen und eigene betroffenheit auf einer zwischenmenschlichen ebene zu regeln.

?

sorry, aber fast alle einwände gegen die autor_innen lassen sich anhand des textes widerlegen: die argumentieren halt nicht dogmatisch sondern machen vorschläge. im gegensatz zur defma kann man seine ansätze diskutieren. und warum bleibt eine psychische verletzung eine verletzung, wenn keiner sich psychisch verletzt fühlt? das widerspricht ja sogar dem definitionsprinzip. genau so wenig seh ich einen widerspruch darin, dass die leute sagen, irrtum sei gleichzeitig möglich und nicht vernachlässigbar. es kann passieren, aber man kann es nicht langfristig ignorieren und so tun, als wäre es egal. und in dem sinne gibt's natürlich auch fälschlich beschuldigte genoss_innen: die hälfte von absatz 4 handelt davon. und stichwort "safeword": die definitionsmacht funktioniert ja gerade nur, wenn sich mehr oder weniger ALLE einig sind, bei nem safeword müssen's wenigstens nur die zwei beteiligten sein. ich finde da noch mehr fehler, aber das scheint wieder alles so total drum zu gehen, irgendwas zu konstruieren, damit man halt nicht umdenken muss. nicht böse sein, aber lies das nochmal etwas weniger aus der verteidigungshaltung, ich glaube, ihr liegt näher zusammen als du denkst.

Sorry, aber ich verstehe nicht was diese Posts sollen.

 

Ihr habt euch anscheinend viel Mühe mit den Texten gegeben, aber im Endeffekt erzählt ihr im ersten Teil eine Geschichte die von Grund auf so zugeschnitten ist, dass sie eure Positionen belegt, angefangen damit, dass "Er" nichts schlimmeres macht als ihr beim einvernehmlichen Sex auf den Arsch zu hauen und "Sie" erst von radikalen FeministInnen im nachhinein überzeugt wird das eine Vergewaltigung stattgefunden hat - worauf sie sonst nie gekommen wäre. Auch gut das die Frau in diesem Fall keinerlei Eigeninitiative entwickelt, sondern in der Geschichte nur von den verschiedenen echten Akteuren beeinflusst wird.

 

Zu dem Thema Definitionsmacht gibt es ernsthafte Kritik, die weitaus objektiver geschrieben ist, vieles davon in eurem letzten Beitrag verlinkt.

Ihr baut immer wieder exterm subjektiv gefärbte Bilder davon auf, wie "die Antifa" größtenteils ist, dass natürlich der "Schadenszufüger" vermutlich am meisten darunter leidet, arbeitet auf der Definitionsmacht-Befürworter seite in eurer Geschichte mit Horrorbeispielen und erwähnt vorsichtshalber mal gar nicht das es definitiv auch Menschen gibt die dem Kontext entsprechend auf Vorwürfe reagieren können.

 

Wie genau kommt es eigentlich, dass soviele in der Linken Szene immer so große Angst vor den "radikalen FeministInnen" haben?

Ich mache bestimmt viel falsch, trotzdem war ich bisher nicht in einer Situation szeneintern die ich nicht durch Diskussionen lösen konnte.

Warum überhaupt haben hier mehrere Poster anscheinend das generelle Gefühl, das irgendwelche Leute in der linken Szene sie so wenig leiden können/verabscheuen, dass sie sogar zu Vergewaltigungsvorwürfen greifen, auch wenn sie da Geschichten aufbauschen müssten, damit sie euch aus der linken Szene rausschmeissen können?

 

Wie schon geschrieben, es gibt berechtigte Kritik an der Definitionsmacht, aber so wie ihr sie schreibt ist sie es nicht.

Bitte versucht das ganze weniger tendenziös auszudrücken.

Es gab in den Kommentaren auch die Meinung, es wäre schön die Debatte weniger hochgestochen theoretisch zu führen - ja, stimmt, ist hilfreich und transparenter. Dazu taugen eure Posts aber meiner Meinung nach überhaupt nicht, aus den oben genannten Gründen.

Warum überhaupt haben hier mehrere Poster anscheinend das generelle Gefühl, das irgendwelche Leute in der linken Szene sie so wenig leiden können/verabscheuen, dass sie sogar zu Vergewaltigungsvorwürfen greifen, auch wenn sie da Geschichten aufbauschen müssten, damit sie euch aus der linken Szene rausschmeissen können?

 

Sowas gibt es sicher nicht nur in der linken Szene, aber nur in der linken Szene kommen Leute auf so eine bekloppte Idee wie das Konzept der "Definitionsmacht", mit dem man(n) solchen Vergewaltigungsvorwürfen schutzlos ausgeliefert ist.

ja und? ist es etwa schlecht, dass in linken (tm) szenen anders mit dem sonst üblichen sexismus umgegangen wird? wie doof ist denn dieser eine post und euer eingangsstatement bitte? wollt euch nicht auseinandersetzen, weil? ihr keine texte von feminist*innen lesen wollt, oder was? ihr seid solche ignoranten. zum kotzen. geht zu euer "critical" manstudies und heult, dass der mann denkt, nicht mehr der mittelpunkt der erde zu sein.

Ein anderer Umgang ist kein Problem, der ist sogar wünschenswert. Aber die Anklägerin zur Richterin zu machen erinnert an Zeiten vor 1789 und hat mit Emazipation nichts zu tun.

Aber die Anklägerin zur Richterin zu machen

 

Ich bin nun wahrlich kein Freund von gegenderten Texten, und das ist auch ein anderes Thema.

Aber in diesem Fall wird auch noch der größte Feind von gegenderten Texten mir zustimmen, dass es ein gewisses Gschmäckle hat, dass du nur die weibliche Form benutzt.

Ganz im Gegenteil: ich erkenne nur an, dass Vergewaltigungsopfer meistens weiblich sind.

Vor Radikalität und vor Feminismus haben die meisten keine Angst, auch vor radikalen Feministinnen nicht. Darum geht es in dieser Diskussion meiner Auffassung nach auch nicht... Angst ist eher da vor gewaltförmigen Szenestrukturen - zu denen radikale Feministinnen sicherlich nicht gehören.

Diese Strukturen gilt es aufzulösen. Und das geht nur, wenn auch wahrscheinlich nur Schritt-für-Schritt, indem wir drüber reden können, was für uns gut ist und was nicht. Ohne Schablonen. Die Konstruktionen jeder Mann sei so ... (Täter), jede Frau sei so ...(Opfer)., jedeR * sei so... - diese Konstruktion hat das Definitionsrecht-Paradigma genau so befördert wie ein angstvolles Schweigen gegenüber Szene-Autoritäten.

Diese unlebendige Unterwürfigkeit gegenüber toten Konzepten, die jegliches Denken und Fühlen erstickt, widert mich an. Ich habe da keine Lust mehr mitzumachen und werde es nicht mehr tun.  Das verspreche ich mir hiermit selbst und in der nächsten Zeit auch meinen Genossinnen.

Schlichte Erfahrungen...

und was dann du wirst innerhalb einer solchen Szene nie wieder rehabilitiert.

Selbst wenn nachdem sich das dutzend Leute, welche die Situation beobachtet haben und sich nach Wochen in denen der Vorwurf besteht langsam auch die ersten trauen klarzustellen, dass das Wegschubsen einer aufdringlichen Person keine Belästigung seitens des Schubsenden ist, so wird sich für den "Täter" wenig ändern. er muss auch wenn die Anschuldigungen widerlegt sind der Gefahr stellen z.B. in anderen Städten auf umfeld der anklagenden zu treffen. Und hier wird dann aus dem ehemaligen vorwurf des aufdringlich seiens mal lockere ne Vergewaltigung.

 

Ganz ehrlich ich habe schon so unfassbare sachen erlebt. Einige wenige Personen können hierbei mit hilfe der dogmatischen defma szene dafür sorgen dass alle die im Weg sind oder Kritik am Verhalten geäussert haben schlicht Angst haben.

 

Und natürlich wird dieser Aspekt nicht berücksichtigt kommt ja fast nie vor. aber allein die Tatsache das UnterstützerInnengruppen in fast allen Fällen Bedenken schlicht verbieten zeigt schon in was sich diese ursprünglich gute Idee verwandelt sobalt auch die Arschlöcher_innen der Szene gemerkt haben wie der Hase läuft.   

Ich danke euch für eure beiden Posts und sämtlichen Leuten, die sich bis jetzt an der Diskussion beteiligt haben.

Das Ziel, Menschen vor Verletzungen zu schützen oder die Verletzungen zu verringen, hat das Definitionsrecht-Konzept nicht erreicht. Es hat die Verletzungen für alle Beteiligten schlimmer und tiefer gemacht. Es hat zu einer Atmosphäre geführt, in der weder Frauen noch Männer noch * offen, emphatisch und miteinander gemeinsam Erfahrungen machen können, die helfen, den eigenen Körper mit Herz, Verstand, Vernunft, Liebe und Lust kennen zu lernen und so auch die eigenen Bedürfnisse.

Es hat dazu geführt, dass Menschen vor lauter Unsicherheit gerade nicht mehr "auf ihren Bauch" hören, ob etwas für sie ok ist oder nicht, ob es sich gut anfühlt oder schlecht, sondern nur noch darauf, ob es den richtigen "Konzepten" entsprochen hat.

In dieser Diskussion gegen Definitionsmacht geht es nicht darum, gewalttätiges Verhalten zu schützen oder nicht mehr zu benennen, es geht gerade um das Gegenteil: Gewalttätiges Verhalten, Herrschaft, patriarchale Strukturen zurückzudrängen, aufzulösen - das Definitionsrecht-Konzept war, wenn auch gut gemeint, ein dieser Strukturen.

Es würde mich von Herzen freuen, wenn diese Diskussion dazu führt, dass mehr Menschen in den Zentren offen werden für ihre Bedürfnisse und das Entwickeln und Vertreten ihrer Bedürfnisse und ihrer Grenzen - im Zusammenspiel (und im lebendigen Streit) mit anderen, statt gegeneinander und erstarrt.

danke für eure arbeit.

 

mit der definitionsmacht bin ich persönlich noch nicht wirklich in kontakt gekommen und trotzdem habe ich angst mich in "linken" zusammenhängen zu bewegen. ich habe angst, dass ein falsches wort oder ein falscher blick oder eine falsche bewegung als sexistisch eingestuft wird und ich könnte dann vor allem bei vertretern der defintionsmacht nichts machen um mich zu verteidigen oder überhaupt etwas zu sagen.

ich habe oft das gefühl, dass ich als hetero-mann eine grundschuld mit mir tragen muss. ähnlich wie bei critical whiteness wird (bewusst oder unbewusst) ein klima der angst geschaffen. genau das hilft aber niemanden weiter.

 

ich hoffe wir begreifen endlich, dass probleme nur durch horizontale kommunkation gelöst werden können.

...deswegen ist meine Strategie, mit "radikalen Feministinnen" oder Anhängern der critical whiteness-Idee einfach nicht mehr zu diskutieren oder ihnen zu nahe zu kommen. "Guten Tag" und "Tschüss" sage ich wohl noch, ansonsten suche ich mir in den linken Strukturen in denen ich mich bewege Leute, mit denen ich ungestört unterhalten kann, ohne die ganze Zeit Angst haben zu müssen, dass irgendjemand ankommt und sagt "Na, das war jetzt aber nicht PC" oder so'n Quatsch. Dadurch bilden sich zwar wieder Gräben, es spalten sich Gruppen usw. aber das Leben ist nunmal kein Ponyhof und man muss ja auch wirklich nicht mit allen einer Meinung sein. 

Ja klar, das ist wie in der Kirche die Erbsünde.  Du bist schuldig, noch bevor du n Pforz gelassen hast. Wenn du diesen Unsinn mitmachst, bist selber blöd. Trennen wir uns von denen, die sich längst von uns getrennt haben. (Ulrike Meinhoff)

Ist schon lustig, dass das bürgerliche Strafgesetzbuch in vielen Bereichen des Sexualstrafrechts um Längen emanzipatorischer war, als es linke Strukturen mit ihren Ansprüchen vermochten. Wenigstens kannte man dort sowas wie einen objektiven Tatbestand, objektive Bedingungen, die vorhanden sein müssen, um von den verschiedsten Formen sexueller Gewalt überhaupt in Ansätzen sprechen zu können - das Defmakonzept kannte nicht mal diese.

 

Und ja, es stimmt und ist Ursache für Viele, die sich aus der radikalen Linken zurückgezogen haben, weil dieses erzkonservative Sexual- und Sozialverhalten in diesr Szene für keinen Menschen ein lebenswertes Angebot darstellt. Das ist wirklich die Wahrheit. Viele haben danach festgestellt, dass es viel mehr menschlichere Menschen außerhalb der radikalen Linken gibt, mit denen es sich lohnt zusammen zu leben.

Defma entstand gerade als berechtige Reaktion auf die Abhandlung sexualisierter Gewalt durch das Strafgesetzbuch samt "objektiven Tatbeständen", "Beweisen", "objektive Bedingungen".

Ich bin froh über diese Diskussion über das meiner Meinung nach gescheiterte Definitionsmacht-Konzept - aber die Entstehung dieses Konzeptes verstehe ich und kann ich nachvollziehen. Denke nicht, dass das Strafgesetzbuch emanzipatorischer war oder ist, als die Versuche, einen Umgang mit sexualisierter Gewalt zu finden.

Es sollten und können neue und andere Wege gefunden werden. So verstehe ich die Diskussionen über die Ablehungen des Definitionsmacht-Konzeptes. Sie ist ein Anfang für neue und bessere Wege - aber sicherlich kein Aufruf "zurück zum bürgerlichen Strafgesetzbuch" samt "objektiven Beweisen" etc.

"Es sollten und können neue und andere Wege gefunden werden. So verstehe ich die Diskussionen über die Ablehungen des Definitionsmacht-Konzeptes. Sie ist ein Anfang für neue und bessere Wege - aber sicherlich kein Aufruf "zurück zum bürgerlichen Strafgesetzbuch" samt "objektiven Beweisen" etc."

 

Irgendwie habe ich da nicht das Gefühl, dass es um neuere und bessere Wege geht, wenn ich mir die aktuellen Beiträge und Kommentare hier durchlese. Vorschläge für einen anderen Umgang? Fehlanzeige. Und was das bürgerliche Gesetzbuch anbelangt, so scheint sich hier niemand mehr zu fragen, warum so wenige Betroffene sexuelle Gewalt anzeigen und am Ende noch viel weniger Verfahren zu einer Verurteilung führen. Jahrzehntelange feministische Debatten - an Teilen der linksradikalen Szene offenbar unbemerkt vorbeigezogen...

Also, es gibt Vorschläge, siehe unten.

 

Natürlich ist das Ganze tatsächlich nicht so ein einfaches Thema, wie es mit Hilfe des Definitions-Recht Konzepte abgehandelt werden kann. Das Konzept hat für die Befürworter_innen den Vorteil eines Gesetzes: es ist einfach, für jeden verständlich, keine_r muss  sich selbst mehr Gedanken machen um Konflikte und deren Lösung.

Wenn du etwas derart einfaches als Gegenvorschlag oder Alternativmodell suchst, wird es natürlich schwer. Denn einfacher als "es gibt diese eine Regel und selbst denken ist der erste Verstoß gegen diese Regel" gehts tatsächlich nicht mehr. Deshalb ist das Definitionsmacht-Konzept auch so schlagkräftig gewesen.

Aber wie wärs, die wirklich ernsthafte und begründete Kritik anzunehmen und zu verarbeiten? Wie wäre es, tatsächlich einmal damit umzugehen, dass viel Scheiße passiert ist, das es hätte besser laufen können?

Ja, Kampf gegen Patriarchat ist anstrengend. Noch anstrengender kann es eine_r vorkommen, wenn nicht-patriarchale Verhaltensweisen für den Kampf dagegen entwickelt werden sollen. Aber anders läufts glaube ich nicht.

Mit Schwarz-Weiß, Gut-Böse, Frau-Mann, Gewalt gegen Gewalt bist du am Ende dorthingelangt, wo du nie hin wolltest - wogegen du eigentlich mal kämpfen wolltest. Auch, wenn es sich manchmal vor lauter Verzweiflung nach Entschlossenheit anfühlen mag.

(Resignation kann übrigens ein Anfang für einen neuen Wegs sein.)

Fühlt sich befreiend an, diese Gedankengänge, die sich leider auf viele meiner persönlichen Erfahrungen beziehen können, aus fremder Hand zu lesen. 10 Jahre dabei. Lange auch an den "verantwortungsvollen" Umgang mit DefMa geglaubt. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.
Mittlerweile völlig desillusioniert, weil zu vielpassiert.

Sämtliche Erfahrungen mit DefMa traf es keinesfalls "uneinsichtige Vergewaltiger" mit uneingeschränktem "Täterschutz", die mittels DefMa so lange drangsaliert und gemnobbt wurden, bis sie nicht konnten oder wollten. Habe zwischenzeitlich resigniert gegen die autoritäte Dynamik, den Opportunismus der Umfelder und die kalte Gleichgültigkeit vieler Mitmenschen - trotz jahrelanger Bekanntschaft, gemeinsamer Kämpfe und vermeintlicher Erfahrungen - das Dogma und die autoritäre Dynamik, die es in Gang setzt, ist meist stärker.

Darum möchte ich nur Danke sagen.
Euere Arbeit macht Mut, bitte hört nicht auf damit.

Ein Text einer anderen Gruppe zur Kritik an "Defma" findet sich hier:
http://de.indymedia.org/2010/08/287111.shtml

die einzige frage, die sich mir beim lesen dieses hasspamphlets stellt:

 

wenn ohnehin jeder bürgerliche rechtsstaat, jede "normale" beziehung, jede bürgerliche sexualmoral, jeder porno und jeder stammtisch besser ist als die böse linke szene mit ihren verklemmten herrschsüchtigen feministinnen -

 

welchen legitimen einwand gibt es dann überhaupt gegen die bürgerliche gesellschaft, ihre moral und ihr recht? wozu überhaupt in so böse "freiräume" hineingehen, wenn das schöne leben nur außerhalb davon winkt?

 

oder ist es so: bürgerliche gesellschaft = böse (kapitalismus und so), außer wo es mich als weißen hetero-mann unmittelbar selbst betrifft: dann bitte rette mich bürgerliche normalität vor feminismus, defma und critical whiteness!!

 

ein aufruf zur re-normalisierung von durch feministische konzepte verkorksten linken räumen ist das, nicht anders.

heftig, wie sich manche querstellen, wenn es um veränderung geht. und dann ist es vorallem auch einfach egal, dass es einfach überhaupt nicht funktioniert, was sie verteidigen. zukünftig muss man echt sagen: feminismus statt autoritäre definitionsmacht!

Die linken verkorksten "Freiräume" (freigeräumt von jeden normalen menschlichen Bedürfnissen) zu reformieren halte ich für ziemlich aussichtslos. Dieser Wahn hat sich da schon zu sehr festgefressen. Man merkts an den hasserfüllten Reakionen, wenn es mal ernsthaften Widerspruch gibt. Wer Sex will geht überall hin, aber besser nicht in die linken Freiräume.

Offenheit, Zärtlichkeit, Empathie, Lust, gemeinsames Denken - in "linken" "Freiräumen" gehts darum meist nicht.

Es geht um Anpassung an Codex der jeweiligen Mode. Mal ist es Defma, wenn es nicht mehr Defma ist, wirds was anderes geben - was die Quadratur des Kreises erfüllt, die überall gefragt ist: Untertanin und Untertan zu sein, ohne sich als solche zu fühlen. Auf andere herabzuschauen und ihnen Anweisungen geben, sie zum Objekt zu machen und dazu dann "Solidarität" sagen.

Trotzdem wärs schön, wenns Räume gäbe, in denen praktische Utopie, lustvolles Denken und Handeln mit tatsächlichem Widerstand gegen diese Verhältnisse zusammenkommt.

Diese Diskussion mag dazu beitragen.

Offenheit, Zärtlichkeit, Empathie, Lust, gemeinsames Denken - in "linken" "Freiräumen" gehts darum meist nicht.

 

Volle Zustimmung. Es gibt kaum etwas kälteres, empathieloseres und unfreundliches als linke Freiräume bzw. -Szenen.

 

Das wäre auch nicht weiter schlimm, wenn sich diese "Freiräume" und Szenen nicht selbst dauernd genau gegenteilig darstellen würden sondern stattdessen tatsächlich rein politische Zusammenhänge wären und dann aber auch  dementsprechend handlungsfähig, handelnd und effektiv.

Und was hätten wir dann? Genau: ne Partei.

...in einer Szene ein Instrument schaffen, welches manchen Menschen (meist Frauen, bei Trans ist es bekanntlich umstritten ob sie die Defma in Anspruch nehmen dürfen) die Möglichkeit gibt den Ruf eines andern so weit in den Dreck zu ziehen, dass dieser widerum um sein soziales Umfeld und zumteil auch um seine körperliche wie psychische Unversehrtheit fürchten muss (ohne dass er sich dagegen wehren darf, wohlgemerkt!) und sich dann noch wundern, dass es in dieser Szene, diesen Strukturen zu Misstrauen, einem Rückgang an gegenseitigem Vertrauen, Missgunst, etc. kommt!!!

Die fast unlösbare Aufgabe ist, die patriachale und strukturell sexistische Gewalt (gerade in ihrer sexualisierten Form) adäquat zu bekämpfen ohne dabei auf  Konzepte wie "Definitionsmacht" zurück zu greifen, welche das Problem eben auch nicht adäquat lösen.

 

Aber all das kann mensch ja am Wochenende in Hamburg bei "Smash it all"-Kongress klären, falls es so weit überhaupt kommt...

Diese beiden Texte unbedingt rezipieren. Gute Texte zu einer längst überfälligen Debatte!

...ich glaube nicht, dass diese Konferenz ein Ort der Auseinandersetzung sein wird - das wird nur ein Raum von Selbstbestätigung werden für die Anhänger_innen des Konzeptes. Mehr als Kataloge "Argumentationshilfe Defma" werden dort sicherlich nicht verteilt.

Was ich mir schon vorstellen kann: Dass von dieser Konferenz noch einmal ein dicker Schub Flugschriften und Erklärungen zu dieser Diskussion ("backlash") kommen werden.

Also: Alle Anhänger_innnen von Defma: Unbedingt nach HH dieses Wochenende statt ins Schwimmbad! Die Definitions- und Sanktionsmacht steht auf dem Spiel.

 

Und eure Welt ist ziemlich klein.

warum zur hölle glaub ich nur, dass ihr aus einer christlichen situation kommt?

ach ja vielleicht weil ihr die ganze zeit von vergebung und jüngstem gericht faselt.

 

ihr habt grundsätzliche aspekte derdefinitionsmacht nicht verstanden, deswegen lohnt es nicht wirklich was zu sagen. mir fehlen weiterhin alternativevorschläge eurerseits zum umgang nach übergriffigen situationen.

 

definitionsmacht ist eben KEIN instrument zum umgang mit tätern, sondern dazu betroffenen glauben in ihrem empfinden zu schenken. was darauf folgt, ist eine ganz andere nachgerückte frage.

 

warum nochmal denke ich, dass ihr männer seid? ach ja, vielleicht weil euch allein an der perspektive der täter gelegen ist. die armen.sie sind völlig egal? wer grenzen von menschen nicht akzeptieren kann, muss akzeptieren, dass diese menschen, deren grenzen verletzt wurden, den grenzverletzenden nicht mehr in der nähe haben wollen. die welt ist groß.

...aber es wurden doch jede Menge Vorschläge gemacht, wie ein besserer Umgang aussehen könnte.

Offenheit, Vertrauen, Solidarität, Empathie statt Schwarz-Weiß, Gut-Böse, Opfer-Täter.

Nein, es wurden keine Vorschläge gemacht. Oder werden wir mal konkret:

Vertrauen: X sagt A, Y sagt B. Suchen wir uns jetzt aus, wem wir lieber vertrauen?
Solidarität: X geht es seit der Scheisssituation mit Y beschissen, sie möchte nicht, dass sie sich mit Y bei jeder Party auseinandersetzen muss und geht halt lieber, wenn Y da ist. Y will trotzdem Party im AZ machen. Wie und mit wem sind wir jetzt solidarisch? Sind wir mit X solidarisch und fordern, dass Y geht wenn X da ist oder sind wir mit Y solidarisch, weil X vielleicht nur von bösen Feminist*nnen verhetzt ist? Wieviel Empathie bringen wir für X auf, oder sind wir doch eher mit Y emphatisch, der/die sich vielleicht auch scheisse mit der Situation fühlt?

Ja, es ist nicht immer alles in schwarz-weiß einteilbar. Aber von konkreten Vorschlägen für einen anderen Umgang wie z.B. Konzepten gemeinschaftlicher Hilfe im Falle von Gewalt in Beziehungen ist hier auch nicht die Rede. Und das lässt schon ziemliche Zweifel aufkommen, ob es hier um einen anderen Umgang geht, oder ob das Thema sexuelle Gewalt (die gibt es gar nicht - das ist doch alles nur Verklemmtheit?) in der radikalen Linken nicht doch lieber samt dem Definitionsmachtkonzept ganz zugeschüttet werden soll.

"Vertrauen: X sagt A, Y sagt B. Suchen wir uns aus, wem wir lieber vertrauen?"

Nein, wir geben Vertrauensvorschuss und reagieren nicht mit Misstrauen und Vorbehalten - sondern mit Offenheit und Solidarität. Drei Menschen erleben dieselbe Situation manchmal auf drei verschiedene Weisen, zwei Menschen genauso. Das wissen wir und berücksichtigen es. Wir wissen, dass etwas verletzendes passiert ist, sonst würde X nicht kommen.

 

"Solidarität: X geht es seit der Scheißsituation mit Y beschissen, sich möchte sich nicht mehr mit Y auseinandersetzen. Mit wem sind wir solidarisch?"

Wir gucken uns die Situation an und versuchen gemeinsam herauszufinden, wie wir die Situation lösen können. Selbstredend berücksichtigen wir dabei unser Gefühl genauso wie unseren Verstand. Wir handeln nicht überstürzt. Weil es um eine ernste Sache geht, überlegen und handeln wir sorgfältig. Es geht uns nicht um Vergeltung oder Rache - obwohl uns oft danach ist, weil wir selbst auch schon Beschissenes erlebt haben und das bei solchen Auseinandersetzungen manchmal wieder hochkommt. Wir versuchen Verletzungen zu vermeiden, die nicht wieder rückgängig gemacht werden können. Wir tragen intime Geschichten und Gerüchte nicht in die Öffentlichkeit - auch nicht indirekt. Wir stellen keine Anklageschriften aus, weil es uns nicht um Strafe geht, sondern darum, dass es in Zukunft anders läuft. Wir versuchen, emanzipatorische Haltungen auch in einem Konflikt zu bewahren, in denen es uns eigentlich recht "unemanzipativ" zumute ist.

 

Wir geben unser eigenes Denken und Fühlen nicht auf - für niemanden und erst recht nicht für Ideen. Es geht uns nicht um Anpassung und Gehorsam, bei niemandem. Wir ermutigen andere, eigenes Denken und Fühlen ernstzunehmen und danach zu handeln, weil wir wissen und oft genug erfahren haben, dass nur Menschen, die eigene  und freiwillige Entscheidungen treffen, dazu in der Lage sind, eigene Grenzen und die Grenzen von anderen wahrzunehmen, zu respektieren und zu verteidigen.

Ich verstehe jetzt besser, wieso in den meisten Zentren nicht über Definitionsmacht geredet werden darf, obwohl sowohl von Frauen, als auch von *, als auch von Männern innnerhalb geschützter Räume (Wohngemeinschaften oder Freundschaften) viele Zweifel und Ablehnung am Konzept ausgedrückt werden.

Es gibt Definitionsmacht und Punkt! Alles andere ist rape culture

Schon das Thematisieren der Widersprüche rückt Männer in den Verdacht, ein "Täter"  oder "Täterschützer" zu sein, mindestens aber ein "ekelhafter Sexist" - oder eben ein Anhänger der "Rape Culture".  Frauen hingegen wird - schlimmer noch - dann Entsolidarisierung vorgeworfen.

Wenn eine Diskussion stattfinden würde, würde sie laufen wie hier: Anhänger_innen hätten es schwer, Argumente vorzubringen.

Ins Gesicht springen und Verurteilung und weitere Inszenierungen würden folgen.

Wenn Diskussion nicht mehr geht...

...dann ist wohl der beste Weg, nicht mehr drüber zu reden und einfach keine Zustimmung mehr zu geben. Den Leuten und den Auseinanderetzungen aus dem Weg zu gehen. Nicht mehr mitzumachen. Abstimmung mit den Füßen.

Diese Form des passiven Widerstandes ist immer dann gefragt, wenn Diskussion und Verhandlung nicht mehr gehen. Lass die Funktionäre machen. Die Ära geht zu Ende, wenn niemand mehr da ist, der ihre Macht unterstützt.

"Die meisten unserer politischen Weggefährten sind im Herzen Kinder geblieben. Deswegen leiden sie überhaupt so stark an den gesellschaftlichen Verhältnissen."

 

da musste ich sehr lachen. alles kinder außer die verfasser. dass man als erwachsene person eine elaborierte kritik an den verhältnissen haben kann: unvorstellbar.

 

wundere mich nur, dass das hier niemandem sonst aufstößt. aber im antidefmafuror beklatschen die fans eben auch ihre eigene entmündigung. 

Also ich bin im Herzen ein Kind geblieben, und den Eindruck habe ich auch bei den meisten meiner Genoss_innen, das empfinde ich jedoch nicht als Entmündigend. Bei mir entsteht beim lesen der Texte jedoch auch nicht der Eindruck das die Verfasser_innen diese positive Charaktereigenschaft abgelegt haben oder in irgendeiner Weise abwerten wollen.

Ansonsten freue mich über die Debatte die gerade entsteht, auch wenn sie von beiden Seiten offener geführt werden könnte, und hoffe das wir alle dadurch zu einem besseren Umgang miteinander finden der wirklich undogmatisch und emanzipatorisch ist.

 

Haters gonna Hate

uiuiui

da wurde aber mal ganz viel nicht richtig "verstanden" oder abgegrenzt in dem artikel. ich weiß, zu dem thema was genau definitionsmacht ist und was nicht, gibt es unterschiedliche meinungen, aber in diesem artikel wurde schon arg viel durcheinader geworfen. ich will damit nicht die gut gemeinte intension der schreibenden in frage stellen, aber wenn ihr schon einen solchen artikel schreibt: habt ihr euch davor mit personen zusammengesetzt, die wirklich erfahrung mit dem anwenden von definitionsmacht haben? etwa mit personen, die erfahrung mit präventionsarbeit und unerstützungsarbeit haben?

weil mir kommt es so vor als ob einige argumente, die hier gegen defininitionsmacht eingebracht werden, einfach auf missverstandenen konzepten beruhen.

 

"Wie viel Gewalt und sinnlosen Zwist hätte man vermeiden können, wenn es für Leute, die es für sich für notwendig halten, ein ähnlich weit wie "Defma" verbreitetes Prinzip geben würde, dass dem "Safeword" aus der BDSM-Szene nachempfunden wäre?" 

- schon mal was vom zustimmungs-konzept gehört? dieses konzept entwickelte sich unter anderm aus praxen der BDSM-szene, und ja, natürich kann mensch hier auch safewords verwenden, wenn das als passend empfunden wird. mehr dazu hier: http://defma.blogsport.de/images/dt_v2_2_p.pdf und hier: https://www.youtube.com/watch?v=oQbei5JGiT8. also ich weiß ja nicht, über definitionsmacht und prävention von sexueller gewalt zu schreiben und dann nicht mal zustimmung bzw. consent zu erwähnen, spricht nicht gerade dafür dass sich die schreibenden davor eingehend damit beschäftigt haben. dann sogar noch safe words vorzuschlagen, ohne zu wissen, dass es ein verbreitetes konzept gibt, dass sich genau daran anlehnt?

 

weil eben (und das ist ganz wichtig zu verstehen): definitionsmacht ist eben KEINE strategie zur prävention. sondern einfach nur das zugeständnis bzw. die erkenntnis, dass menschen nur selbst definieren können wann ihre körperlichen grenzen überschritten werden und wurden. meiner meinung nach macht es auch sinn dieses konzept bei dem themenfeld zu belassen für das es entwickelt wurde: nämlich für sexualisierte gewalt. weil es sonst zu ungenau wird.

so gibt es z.b. immer noch sexistische diskriminierung gegen die wir alle auftreten müssen, ohne dass wir dafür die definitionsmacht brauchen.

aber im falle von sexualisierter gewalt brauche ich als person, die betroffene von gewalt unterstützen will, nun mal eine definition von der ich ausgehe. und das ist für mich ganz klar die definition der betroffenen person! und nicht das was irgendwelche menschen aus dem umfeld oder gar die gewalt ausübende person denkt! wenn ich nicht ernst nehme, was die person fühlt, dessen grenzen überschritten wurden, brauch ich gar nicht erst anfangen so zu tun als ob ich solidarisch wäre. ich denke auch, dass es dabei wichtig ist definitionen wie "vergewaltigung" nicht zu inflationär zu verwenden. allein damit bertoffenen halbwegs sinnvolle begrifflichkeiten zur verfügung stehen um erlebtes zu benennen. in meiner mehr als achtjährigen unterstützungsarbeit ist mir jedoch nie unter gekommen, dass bertoffene diesen begriff leichtfertig verwenden, eher im gegenteil.

 

so: das bedeutet also definitionsmacht. und erst mal nichts mehr. was dann daraus folgt, kann unterschiedlich sein. sollte jedoch parteilich mit der bertoffenen sein (wenn ich mich ernsthaft als emanzipatorische person oder szene oder was auch immer verstehe...). parteilichkeit bedeutet für mich z.b. dass ich auf keinen fall zu der gewaltausübenden person renn und sie (meistens ihn!) um ihre sichtweise der dinge frage, wenn das die betroffene nicht will. manche betroffene wollen direkt mit dem täter reden oder etwas mit ihm klären. das ist völlig okay und jede halbwegs sinnvolle untertützungsgruppe orientiert sich daran was die betroffene will. aber viele bertoffene wollen nicht mit jemanden reden, der ihre körperliche integrität verletzt hat. und auch das ist völlig okay und muss respektiert werden!

aber auch parteilichkeit hat ihre grenzen. als unterstützende person oder gruppe sollte ich klar haben was ich leisten kann und will und was nicht. ich würde z.b. körperliche gewalt ausschließen. parteilichkeit bedeutet nicht, alles machen zu müssen was eine betroffene will. es geht eben nicht um eine "richterinnen-position" der betroffenen, sondern darum ihren handlungsspielraum durch das anerkennen ihrer definition wieder halbwegs herzustellen. worum es allerdings schon geht bei parteilichkeit ist, dass ich keine handlung setzte die die betroffene absolut nicht will.

 

und da definitionsmacht eben keine präventionsstrategie ist, sondern dafür entwickelt wurde betroffene von sexualisierter gewalt ernst zu nehmen und sie in der folge perteilich zu unterstützen, setzen sich jede menge menschen, die sich ernsthaft mit dem thema definitionsmacht und parteilichkeit usw. beschäftigen, damit auseinander wie prävention von sexualisierter gewalt gelingen kann. das zustimmungskonzept ist dabei nur eines von vielen. dieses setzt vorrangig auf der individuellen ebene an. auf der gesellschaftlichen ebene (oder der ebene der szene) gehört ganz zentral dazu, dass sexualisierte gewalt nicht bagatallisiert wird und auch nicht als individuelles problem abgetan wird. das ist in diesem artikel viel zu sehr der fall!

 

so zum beispiel:

"...nach zig in die Brüche gegangenen Beziehungen, nach all der persönlichen Verzweiflung, den tiefen und zum Teil womöglich irreparablen seelischen Schäden..." 

- nein, hier ist nicht von den folgen der sexualisierten gewalt die rede, sondern von den folgen der definitionsmacht... das ist doch total verdreht! fällt euch das nicht auf?!

 

weiter zu denken und konzepte weiter bzw. neue zu entwickeln ist doch eine super sache. aber ich finds einfach unaushaltbar, dass das meistens mit solchen polemischen argumenten wie in diesem artikel daher kommt.

 

ja es gibt alternativen zum definitionsmacht konzept. habt ihr euch schon damit beschäftigt wie die aussehen könnten?! community accountability? transformative justice? mehr dazu hier: https://www.transformativejustice.eu/de/

oder sind die auch zu böse weil sie auch perteilich mit der bertoffenen sind?