[Chemnitz] 5. März 2013 – Kein bisschen Friede. Nazis und Opfermythos zerdeppern!

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Ein bisschen Friede

Chemnitz hat ´ne Scheibe, und das in mehrfacher Hinsicht. Eine davon wird in den vergangenen Wochen wieder stärker diskutiert, wobei ihr derzeitiger Zustand kommentarlos hingenommen oder nur befürwortet werden kann. Das „Grauen“, wie die Erschafferin Silke Rehberg ihre Scheibe betitelt, wurde nach mehreren Beschädigungen eingemottet und damit auch einer der handfest revisionistischen Versuche, Chemnitz mit Orten nationalsozialistischer Vernichtung in Reihe zu schalten. Das Grauen soll an die “Bombennacht” 1945 erinnern, als auch den letzten Volksgenoss_innen im Vorerzgebirge schwanen musste, dass bedingungslose Gefolgschaft nicht Garant sein muss für den Endsieg. Das “Grauen” weckt bewusst Parallelen zu Kunstwerken wie Picassos „Guernica“ und versucht dem Ereignis eine Besonderheit beizumessen, die der Angriff auf Chemnitz in keinster Weise verdient. Klar ist, dass der Angriff nicht “grauenvoll” genug war, das nationalsozialistische Chemnitz zu demoralisieren oder zu Widerstandshandlungen zu verleiten. “Grauenvoll” ist allein, dass der notwendige Angriff auf die Kriegsinfrastruktur und -industrie der Stadt jährlich zum Anlass genommen wird, einen Friedenstag zu begehen. Ganz im Sinne eines christlich verbrämten Läuterungsverständnis, wurde die Schuld mit der, in der vernebelten Erinnerung, “ausgelöschten Stadt” getilgt und es entstand eine neue Stadt mit einer scheinbar neuen Bevölkerung, die sich bar jeder Nazivergangenheit geriert. Chemnitz als “Stadt der Moderne” sieht sich so zukunftszugewandt, dass es sich jeden kritischen Blick zurück verbietet. Der Blick durch die Scheibe verheißt einen Blick auf Stadtwelt und Architektur, ähnlich dem des geschmähten Werkes von Nazi Jahn Zschocke.

 

Scherben bringen Glück


Es kann den verschiedenen Kraft-Fahrer_innen, welche die Scheibe solange umfuhren, bis die Tage ihrer realen Existenz im Stadtbild gezählt waren, also nicht genug gedankt werden. Und doch sind die Chemnitzer_innen, allen voran einige Stadtratsmitglieder, eifrig damit beschäftigt zu ergründen, ob die Scheibe in die Innenstadt oder doch lieber vis a vis mit dem Denkmal “Augustkämpfer” für die Opfer des Blutigen Freitags 1919 soll, “um einen Blick auf Vorkriegsgebäude zu ermöglichen”. Vis a vis mit einem Denkmal für eine Protestaktion, bei der mehrere Demonstranten durch die konterrevolutionäre Reichswehr umgebracht wurden. Sich damit zusätzlich in die Reihe der Gräuel deutscher Bahnhofsvorplätze einschmiegen zu wollen, von wo Tausende deportiert und in die Vernichtungszüge gepfercht wurden, sei an dieser Stelle einfach nur einmal eine Unterstellung.


Hubert Gintschel von der Linken ist sich dabei nicht zu dreist, zu fordern, dass das „Mahnmal“ am „Gedenktag zur Machtübertragung an den Faschismus“ wieder zu stehen habe. Das Erinnern soll damit freiherzig nicht nur den Deutschen aber eben auch jenen als Opfern des Nationalsozialismus möglich werden bzw. ganz in Geschichtsmanier des Kalten Krieges möglich bleiben.


In Chemnitz sieht man eben je nach Belieben durch die Opferbrille auf seine Geschichte zurück. Und reicht dies nicht aus, dann übernimmt man einfach die Sicht der Neonazis – nicht nur im Geiste sondern auch in Methodik. So dachte das Rathaus unter OB Ludwig, nach Jahren nicht gelungener Blockaden und anheimelnden, anwachsenden Marktplatzgedenkens in diesem Jahr daran, per Beamer das gute, alte und damit auch wahre, antizivilisatorische Chemnitz gedenkend an die Häuserwände der Innenstadt zu werfen. Die Idee wurde lediglich aus Kostengründen eingestampft. Das Event schließt an die unsägliche, seit Jahren durchgeführte Gedenk-Matinee an, bei der sich die Gäste im Angesicht alter Bilder von Chemnitz gemeinsam ihrer deutschen Opferrolle gewahr werden. Wieso Ludwig, die noch vor zwei Jahren kommunale Blockadeunterstützung aus Jena orderte, sich nun purer Geschichtstümelei hingibt, mag verschiedene Gründe haben. Nahe liegt, dass sie bei ihrer Wiederwahl nicht auf das Häufchen widerspenstiger Protestchemnitzer_innen setzt, sondern auf jene Masse, die sich jährlich anschwellend im eigenen Betroffenheitstran suhlt und meint gleichzeitig gegen Nazis aktiv zu sein.

 

Tränen lügen nicht


Die Zivilgesellschaft spaltet Nazis nach wie vor von ihrem Selbstverständnis ab, als ließen sie sich aus der deutschen Gesellschaft und dem kapitalistischen Normalbetrieb wie störendes Gekröse heraustrennen und zurück bliebe ein Filet an demokratisch gesinnten Bürger_innen. Während es fast leidig erscheint, immer wieder zu betonen, dass Neonazismus ohne jene stramme Zivilgesellschaft in ihrer krisenhaften, alltäglich strukturell und normativ ausgrenzenden Kapitalverwertungspraxis, weder relevant bestehen, noch ohne die stichwortgebende Masse ideologisch up to date sein könnte, bleibt dies den meisten Bürger_innen bewusst oder unbewusst schleierhaft. Das Tränen und Kerzen statt Sekt und gute Laune am 05.03 eben solche Stichworte sind – no way! Sobald Deutsche in Masse auftreten, so auch in Chemnitz, wähnen diese sich seit jeher demokratisch oder eben völkisch legitimiert, wobei sich beide Zustände letztlich nur in der Akquise des Souveräns unterscheiden. Gleich ist die Masse die zusammen agiert und gleich die Masse derer, die nicht in diese Öffentlichkeit zu gehören scheint. Dieses Reinheitsgebot wird auf dem Markt geflissentlich verschwiegen, während die weiß-deutsche Menge sich über ihre alltäglichen Widersprüche hinweg im Rausch zivilgesellschaftlicher Mobilität versöhnt. Selbst für ihr Engagement gefeierte, sogenannte Wutbürger_innen proben eben nicht den Aufstand – sie wüssten ja nicht wofür – sondern mahnen „die da oben“ nur ans „gute Regieren“. Das Konzept einer demokratisch orientierten Mitte, auf die mensch setzen könnte, läuft sich dort aus, wo konkrete Fragen an diese gestellt werden.


Zum Beispiel die, wieso Nazis nicht kritisiert werden können, sondern nur verboten. Oder warum sich auf dem Markt versammelt wird und nicht am Treffpunkt der Nazidemo. Letzteres muss nicht als indirekte Blockadeaufforderung verstanden werden. Denn eigener Opfer, die 1945 bis auf wenige Ausnahmen willige Vollstrecker_innen waren, wird auch auf dem Marktplatz gedacht – und damit Gemeinschaft gebildet.
Das Trauerritual hilft über reale Widersprüche hinwegzusehen und übt gleichzeitig den Umgang mit anstehenden Opfern und Entbehrungen der aktuellen Krise ein. Der strukturelle Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit in einer diesen Widerspruch zu deckeln suchenden heteronormativ und ethno-national verfassten Gesellschaft, wird so nicht individuell emanzipatorisch, mit Blick auf andere Individuen, sondern ausschließend realnational und im Sinne diverser Ausgrenzungskonstrukte beantwortet. In der Praxis spiegelt sich das letztlich in besinnungslosem Mittun oder in einer reaktionär-neonazistischen Antwort. Herrschaft als solche stellt der Großteil der Demokrat_innenschar, letztlich wieder vereint mit dem_der „Anderen“, der_dem bösen Neonazist_in, nicht in Frage.


Gerade dies ist aber unabdingbar, sobald neben dem gemeinschaftlichen Erweckungserlebnis eines nächtlichen Marktplatzes Ausgrenzung nicht nur durch Neonazis oder machtversessene Einzelpersonen geschieht, sondern alltägliche Praxis gesellschaftlichen – staatlichen und zivilgesellschaftlichen – Handelns ist. Dies wirft ein neues Licht auf die bundesdeutsche Blockadeschar der letzten Jahre. Die aktuelle Kritik am Urteil des Dresdner Amtsgerichts gegen einen Antifaschisten zeigt, dass die Zivilgesellschaft hier ebenfalls auf Machtworte schielt. Auch wenn das Urteil gegen ihn in keinster Weise belegen kann, was beim Durchbruch in Dresden tatsächlich passierte, muss es einer antifaschistischen Bewegung, gerade weil sie weiß, dass der Rechtsstaat nicht vor Nazis schützt, nicht um gute Urteile gehen sondern Ansporn sein, Ketten v.a. wenn sie Nazis den Weg freimachen immer wieder zu durchbrechen und möglichst viele Personen zu animieren eben hier mit zu tun! Richtern besseres Urteilen und Regierungen gutes Regieren immer wieder nahe zu legen, hilft nicht weiter.

 

Chemnitz zeigt Gesicht

 

Dass obrigkeitshörige oder wutbürgerische Staatstümelei und notwendige Kritik nicht miteinander vereinbar sind, beschreibt Chemnitz beispielhaft. Dass die Stadtverwaltung einerseits „Nazis raus“ fordert, indem sie diese jährlich geordnet durch die Stadt ziehen lässt, dass weder Läden mit bundesweiter Bedeutung noch Schulungszentren sich hier einer praktischen, nachhaltigen Kritik ausgesetzt sehen, zeigt gleichzeitig, wessen Geistes Kind die Bevölkerung der Stadt ist. Neben dem jährlichen Betroffen-Sein am 05. März treten die Chemnitzer_innen lediglich zweimal couragiert in Erscheinung: wenn es auf dem Stadtfest kein heimisches Bier gibt und wenn dem Weihnachtsmarkt durch zu viele überregionale Händler_innen Überfremdung droht.


Wie soll diese Zivilgesellschaft, die hingegen schweigt, wenn Flüchtlinge öffentlich angegriffen und durch Landesauftrag in der Stadt aktuell wieder in Container gepfercht werden anstatt endlich Wohnungen für alle anzubieten, eine grundlegende Kritik am Neonazismus hervorbringen? Stadt und Stadtbevölkerung bedingen sich hier gegenseitig. Das zu erkennen, bedurfte es nicht erst der Aufdeckung des NSU, die keine_n dazu verleitete, die Unterstützenden aus der Nachbarschaft gehörig anzufeinden. Ein Auftritt der Band FreiWild, der die städtische Chemnitz-Arena zur Verfügung gestellt wurde; die traditionell neonazistisch durchsetzte Fanszene beim CFC, die bald, ohne genau darüber zu sprechen, ein neues Stadion bezieht und die permanente Zusammenarbeit von Stadt und Neonazisecuritys zeigen, dass eine wirkliche Sensibilität für das Problem trotz jahrelanger Kritik komplett fehlt. Diese fehlt eben auch, wenn gerade am 5. März getrauert und Frieden besungen wird.

 

Und schweigt


Und doch und genau deswegen darf Wut auf die Straßen eben jener Stadt tragen, wer das unüberhörbare Schweigen zu Hintergründen und Gelingensfaktoren für einen erfolgreichen Marsch des NSU von Chemnitz in den Untergrund unerträglich findet. Abstoßend diese Lethargie und das Mittun in der Stadt, welche Heimat war für die Mörder_innen und deren Unterstützungsnetzwerk. Widerlich, dass diese Stadt sich weiterhin nicht scheut, sich als Opfer des Nationalsozialismus zu weiden. Das Motto der StuRa-Demonstration „Tatort Chemnitz“ ist damit nicht nur aktuell zu verstehen, sondern hat eine lange Vorgeschichte und noch aktuelle Praxis. In einer Stadt, in der am Holocaust-Gedenktag am Mahnmal der Opfer des Faschismus in Gegenwart von Veteranen der Roten Armee und u.a. in Auschwitz befreiter Überlebender der Shoa und im offiziellen Rahmen in deutscher Lagefeuermanier „Das ist Versöhnung“ unwidersprochen intoniert wird, ist eine Intervention zwingend notwendig. Einen wichtigen Punkt dieser zutiefst gestörten Handreichungsgeste macht jährlich der 05.03. in Chemnitz, an welchem die Bürger_innen sich der „gebrachten Opfer“ erinnern und daraus ein Verständnis von Läuterung ziehen, was allen wirklichen Opfern des NS, des Vernichtungskrieges und der Shoa Hohn spricht. Der Läuterung folgt dann das Zugehen auf Andere, welches entweder Zustimmung zur Versöhnung abnötigt oder eben Verhöhnung verspricht.

 

Antifa statt trauern


Hier gilt es nicht nachzulassen und lautstark und aktionsorientiert antifaschistische Kritik und Praxis in die Stadt zu tragen.
Aus antifaschistischer Perspektive ergeben sich daher folgende Minimalforderungen:

1. Die Scheibe bleibt eingemottet.
2. Eine Veranstaltung wie der Chemnitzer Friedenstag wird abgeschafft. Es gibt einen Weltfriedenstag am 01.09.
3. Der Holocaustgedenktag wird jenseits eines Versöhnungsgedankens Anlass, “Denken und Handeln so einzurichten, dass Auschwitz nicht sich wiederhole, nichts Ähnliches geschehe.”
4. Die Bürger_innen der Stadt verhindern Abschiebungen, aktuell bspw. von Roma und leisten aktive Fluchthilfe.
5. Einschüchterungs- und Kriminalisierungsversuche antifaschistischen Protests durch die Stadtverwaltung werden deutlich zurückgewiesen.
6. Bürger_innen der Stadt gehen aufgeklärt und konsequent gegen Neonazis und Geschichtsrevisionsmus am 05.03.2013 vor. Dazu zählen nicht Anrufungen eines Gottes, der Frieden und Läuterung geben soll, wie im geplanten gemeinschaftlichen Absingen von “Dona nobis pacem” auf dem Marktplatz.

Für eine antifaschistische Aktion am 05.03.2013 muss das Folgendes bedeuten: Es ist keine Gruppe zu klein, sich den Nazis und dem städtischen Gedenken in der ihr angenehmen Art und Weise entgegen zu stellen. Es gilt strategisch günstige Punkte zu finden, miteinander zu kooperieren und sich nicht von der Polizei verletzen zu lassen. Den Teilnehmenden des Naziaufmarsches, als dem sozialen Unterstützungsnetzwerk von mordenden “Zellen”, ist in aller Deutlichkeit klar zu machen, dass sie weder an diesem Tag noch sonst etwas auf der Straße verloren haben. Ziel ist die Verhinderung des Aufmarsches der Neonazis.
Das städtische Gedenken ist als geschichtsrevisionistisch herabzuwürdigen und als untauglicher Versuch der Auseinandersetzung mit Nazis zu blamieren.

Wir solidarisieren uns mit allen Aktionen, welche am 05.03. im Kampf gegen Nazis und Opfermythos über das stadtbekannte Maß an Absichtserklärungen hinaus gehen.

 

To rock this town – 05.03.2013


angry birds and people

 

Material und Infos unter:http://angry.blogsport.de/ "> http://angry.blogsport.de/ 

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OB Ludwig war bei den Protesten gegen die Anti-Islamtour 2012 der NPD vertreten.

 

" Ein Auftritt der Band FreiWild, der die städtische Chemnitz-Arena zur Verfügung gestellt wurde;"

Dann schreib doch ein Brief an die Stadt, warum frei.wild doof ist.

 

"Aus antifaschistischer Perspektive ergeben sich daher folgende Minimalforderungen:"

Das ist totalitär und Folgendes klingt so, als geht Antifaschismus und Demokratie nicht zusammen! Das ist nicht der Fall siehe Verwenden des Logos der Antifaschistischen Aktion auf vielen Blockade-Aufruf-Plakaten, wo auch demokratische Parteien zu finden sind.

 

"1. Die Scheibe bleibt eingemottet." Vernichten ist besser, denn Lagerung kostet Geld.

"2. Eine Veranstaltung wie der Chemnitzer Friedenstag wird abgeschafft. Es gibt einen Weltfriedenstag am 01.09."

Vom Versammlungsrecht geschützt. Was ist mit dem Beginn des 1. Weltkrieges? Ein sogenannter Friedenstag am Tag der Bombardierung, da Bezug auf 5.3.45, ist sehr merkwürdig. Die Stadt bekam auf'S Maul, da Deutschland die Kapitulation noch nicht unterschrieben hatte. Richtig so!

"6. Bürger_innen der Stadt gehen aufgeklärt und konsequent gegen Neonazis und Geschichtsrevisionsmus am 05.03.2013 vor. Dazu zählen nicht Anrufungen eines Gottes" Was ist mit der Religionsfreiheit, auch wenn Atheismus besser ist, da es perfekt sein kann.

 

Schlechter Aufruf.  Allein von der Länge. Könnte noch mehr negativ kritisieren.

Sieh da ein Troll :D

 

Vielleicht ist Aufruf Nummer 4 ein echt komisches heran gehen.

Dies ist wenn ich mir das andere durchlese der erste wirkliche Aufruf, Problemanalyse und Konsequenz daraus sind erklärt und das ohne die Copy&Paste Technik...

 

Die angeführten Argumente entlarfen sich sehr schnell als inhaltsloses getrolle.

Es wäre ganz schick wenn dieser Kindergarten mal ein Ende hat und wieder zu Inhalten zurück gekehrt wird ;)

Zu dem 5.3. gab es jedes Jahr sehr gute und lange Texte.

Die sind ja auch nicht weg und können jederzeit auf den existierenden Seiten nachgelesen werden.

Dinge aber immer wieder zu wiederholen scheint etwas fad.

 

Urteile wie "schlechter Aufruf" sind weder produktiv, noch erinnern sie eher an ein trotziges Kind, als an produktive Kritik...

 

Viel Spaß noch beim spielen!