Am 14.2 um 7 Uhr ist der dritte Versuch einer Räumung einer Familie in Berlin-Kreuzberg angesetzt. Das Bündnis „Zwangsräumung verhindern“ hat Blockaden angekündigt, welche die Räumung verhindern sollen. Beim ersten Versuch wurde die Gerichtsvollzieherin von 150 Menschen begrüßt, die die Tür mit Sitzblockaden versperrten. Die Gerichtsvollzieherin zog daraufhin ab. Zum zweiten Termin deutete sich eine starke Beteiligung an Blockaden an, Künstler*innen, Geschäfte und Gruppen bekundeten ihren Willen auch den zweiten Versuch der Räumung zu verhindern. Der Versuch wurde daraufhin kurzfristig wegen angeblicher „formaler Unstimmigkeiten“ abgesagt. Beim dritten Versuch wird eine Blockade mit möglichst vielen Menschen angestrebt um damit eine dritte Verhinderung zu ermöglichen.
Familie Gülbol will bleiben
Die Familie Gülbol wohnt seit 36 Jahren in ihrer Wohnung, vor einigen Jahren wurde das Haus an einen neuen Eigentümer verkauft. Dieser erhöhte daraufhin die Miete, verklagte munter die Mieter*innen und war teilweise erfolgreich. Alles ging seinen normalen kapitalistischen Gang, ein Kapitalbesitzender wollte seinen Profit erhöhen, der Familie verlor alle Gerichtsprozesse und die Gerichtsvollzieherin hätte sie nun einfach aus ihrer Wohnung geschmißen (Interview mit der Familie).
Nun aber stört etwas den normalen Gang von steigenden Mieten und Verdrängung. Die erste Räumung wurde verhindert, das Büro von Andre Franell besucht, eine gemeinsame Lärmdemo mit Kotti und Co wurde veranstaltet, direkte Aktionen fanden statt (1, 2, 3). Ein öffentlicher Diskurs über die Räumung ist angelaufen, viele Unterstützer*innen bekunden, dass sie einen Räumungsversuch blockieren werden. Die Presse berichtete umfassend, die Solidarität nimmt immer weiter zu, es äußerte sich u.a. der Berliner Kardinal Woelki. Er warnte vor zunehmenden sozialen Spannungen und nahm Bezug auf Zwangsräumungen.
Der gemeinsame Kampf gegen Zwangsräumungen
In Berlin finden jeden Tag viele Zwangsräumungen statt. Noch immer ist nur ein Bruchteil davon bekannt, aber der Widerstand gegen die Räumung in der Lausitzerstraße hat einen Prozess angestoßen, in dem immer mehr Menschen sich trauen ihre drohende Räumung öffentlich zu machen und Widerstand zu leisten. Zwei Zwangsräumungen wurden erst relativ kurzfristig bekannt. In der Boddinstraße in Berlin-Neukölln wurde eine kleinere Blockade mit 30 Leuten von der Polizei gewaltsam aufgelöst um die Räumung durchzusetzen. Auch eine Räumung in der Thulestraße in Pankow wurde vom Bündnis begleitet, konnte aber nicht mehr verhindert werden.
Es gibt allerdings auch Erfolgsmeldungen. Am Kottbuser Tor sollte eine Familie von der privatisierten GSW geräumt werden, der Räumungstermin stand schon fest. Die gemeinsame Anstrengung von der Mieterinitiative Kotti und Co und dem Bündnis „Zwangsräumung verhindern“ konnte erreichen, dass die Familie zunächst für zwei Jahre in der Wohnung bleiben kann.
In der Lübbenerstraße droht außerdem die Räumung eines Seniorenpaares durch die städtische Wohnungsbaugesellschaft WBM, hier wurde zuletzt ein Sit-In bei der Wohnungsbaugesellschaft durchgeführt.
Der Kampf gegen Zwangsräumungen ist breit und beschränkt sich nicht auf die Familie in der Lausitzerstraße. Hier könnte es aber zu einem ersten Showdown zwischen der herrschenden Politik, welche die Verdrängung der Menschen mit geringen Einkommen aus der Innenstadt gewaltsam durchsetzen will und entschlossenen Mieterinnen und Mietern kommen.
Blockaden gegen steigende Mieten
Es gibt bisher kaum Erfahrungen mit Blockaden als Ausdrucksform stadtpolitischer Kämpfe. Es ist unklar, mit welchen Einsatztaktiken der Gewaltapparat auf die Herausforderung reagieren wird. Aber eins ist klar: eine Beteiligung von vielen Menschen an der Blockade ist zu erwarten. Die Mobilisierung hat nun vier Wochen Zeit um Fahrt aufzunehmen. Jede kleinere Aktivität unterstützt den Kampf der Familie Gülbol gegen die Räumung. Die Verhinderung der Zwangsräumung wäre ein wichtiges Signal gegen die hemmungslose Verwertung der Städte.
Mobimaterial ist auf dem Blog „Zwangsräumung verhindern“ abrufbar, dort und bei Facebook werden die neuesten Entwicklungen bekanntgegeben. Am Tag selbst soll eine umfangreiche Blockadeinfrastruktur wie Vokü, Schlafplatzbörse, Legalteam, Ticker, usw. zur Verfügung gestellt werden.
Facebook (Zwangsräumung verhindern) // zwangsraeumungverhindern.blogsport.de