Wie erst vor wenigen Tagen bekannt wurde, starb bereits am 21.2.09 der 28 jährige Ali V. in der „Obhut“ der Saarbrücker Polizei. Über die Todesursache und das („gewalttätige“)Verhalten der Beamten vor Ort gibt es Widersprüche. Bisher kaum öffentliche Reaktionen.
Der als drogenabhängige und psychisch „krank“ bekannte Ali V aus Saarbrücken-Burbach verstarb am 21.2.09 in Polizeiobhut. Es gibt unterschiedliche Versionen der Geschehnisse sowie eine sehr schlechte Nachrichten- und Fakten-Lage, da bisher kaum überregional und nur in der unkritischen „Saarbrücker Zeitung“ über den Fall berichtet wurde. (welche in der Regel die Polizeimeldungen übernimmt)
Nach den ersten Meldungen (in der gedruckten SZ) wollten die Beamten den vermeintlich verwirrten 28-jährigen gegen Nachmittag in Gewahrsam nehmen und in eine psychiatrischen Klinik überweisen. Er habe einen Krampfanfall auf der Wache bekommen und sei trotz der Wiederbelebungsversuche des Rettungsdienstes verstorben. Später hieß es von der Polizei Ali V. sei aggressiv gewesen und hätte mit so genannter „einfacher körperlicher Gewalt“ fixiert werden müssen. Danach sei er gestorben (Punkt)
Die so übernommene Pressemeldung machte bereits stutzig. In der gedruckten Version hieß es auch, er sei mit Hilfe eines Angehörigen unter Kontrolle gebracht und fixiert worden.
Wie jetzt bekannt wurde, will ein Nachbar und Bekannter von Ali beobachtet haben, wie ihm gegen 15:00 Uhr 2 Beamte Handschellen anlegten und ihn gegen die Wand drückten. Er ging noch von einer „normalen“ Festnahme aus und wandte sich ab. Kurze Zeit später vernahm der Beobachter großen Lärm von der Straße und stellte fest, dass mittlerweile 4 zum Teil kräftige Polizisten auf dem schmächtigen Saarbrücker knieten und ihn massiv zu Boden drückten, während dieser um Hilfe schrie und sich seine kleine Schwester an ihn klammerte. Dies habe mindestens eine viertel Stunde gedauert, irgendwann sein dann der Krankenwagen gekommen. Der Zeuge spricht im Gegensatz zur Polizei von „massivster Gewalt“. Auffällig ist auch das Diskreditieren des Verstorbenen in der Presse als „Junkie“ und Ähnlichem, obwohl nichts weiteres über seinen Drogengebrauch bekannt ist. Laut seinem Bekannten wurde er erst vor Kurzem aus einer Klinik entlassen.
Die zögerlichen und widersprüchlichen Meldungen der Polizei und ihre Wortwahl lassen das Schlimmste ahnen. Wieder ein, mindestens durch Unterlassen, getöteter Mensch in Polizeigewahrsam.
Ich habe mir jetzt weitergehende Recherche über Todesfälle in Polizeigewahrsam der letzten Zeit erspart. In Erinnerung der Toten unseres Systems.
Artikel über den Augenzeugen:
Knüppelte Polizei Junkie († 28) nieder?
Schwere Vorwürfe gegen die Polizei hat ein Burbacher erhoben. Denn die Beamten sollen seiner Ansicht nach „mit massiver Gewalt“ gegen den Drogenabhängigen Ali V. vorgegangen sein.
Burbach. Kurz
darauf starb er. Der Burbacher schilderte das Drama in der Hochstraße
vor dem Haus mit der Nummer 122, bevor es zum Tod auf der Wache kam.
Er hat das Geschehen von seinem
Wohnungsfenster aus mit einem Handy gefilmt: Gegen 15 Uhr am
vergangenen Samstag. „Zwei Beamte hatten Ali an die Wand gedrückt
und Handschellen angelegt. Das sah aus, als würden sie ihn
festnehmen.“
Anschließend ging der Beobachter zurück
vom Fenster in seine Wohnung. Dann aber wurde es richtig laut in der
Straße. „Meine Freundin dachte, wegen Karneval brüllten
Leute herum.“ Der Krach wollte nicht enden. Nach etwa fünf
Minuten schaute der Burbacher, der Ali seit der Schule kennt, erneut
aus dem Fenster. „Ich sah, wie vier Beamte Ali zu Boden gedrückt
hatten. Ein ganz kräftiger Beamter war auch dabei.“
Ali
sei schlank und etwa 1,70 Meter groß gewesen. Während er
da lag, habe er immer wieder um Hilfe geschrien. „Seine kleine
Schwester klammerte sich an ihn. Die Eltern standen dabei.“ Der
Zeuge wundert sich: „Ich verstehe nicht, warum die Polizei den Mann
so lange auf den Boden gedrückt hat. Dafür gab es keinen
Grund.“ Er schätzt, dass es mindestens eine Viertelstunde
gewesen sei. Seiner Meinung nach habe es viel zu lange gedauert, bis
der Krankenwagen gerufen wurde. „Dabei wusste doch jeder, dass Ali
psychisch krank war. Er war doch erst vor Kurzem aus der Klinik
entlassen worden.“
In zwei Mitteilungen ließ die
Burbacher Polizei nach dem tragischen Zwischenfall wissen, dass es
nur zu „einfacher körperlicher Gewalt“ kam, um den Mann zu
überwältigen. Dem widerspricht der Zeuge mit seiner
Darstellung vehement. „Es war massive Gewalt.“ Matthias
Zimmermann
Quellen und links (chronologisch):
http://www.sol.de/news/Polizei-Junkie-Vorwuerfe-Gewalt-Ali-V-Burbacher-Himbert;art26205,2893540
http://www.sol.de/news/Ali-V-Polizei-Drogenabhaengiger-Gewalt-Burbacher;art26205,2893547
http://www.sol.de/news/Himbert-Gewalt-Burbacher-Ali-V-;art26205,2893546
Misshandlungen bei Polizei - immer mit System
Amnerkung: auf de.indymedia.org, wo obenstehender Text ebenfalls gepostet (siehe http://de.indymedia.org/2009/03/243234.shtml), wird in einem Kommentar auf die Hintergrüde des Übergriffs eingegangen. Die "wüstenspringmaus" schrieb u.a.:
folgende fälle fallen mir spontan ein. ich hege die absicht durch personalisierung der fälle das interesse an diesen abscheulichen verbrechen zu wecken. opfer haben namen und identitäten. erst wenn man diese nennt, hören die leute zu. geben wir den opfern ein gesicht.
adam/adem özdamar, hagen 2008
oury jalloh, dessau 2005
antonio g., bonn 2004 hirntod
ein obdachloser, magdeburg 2005
28 jähriger mann, ilmenai 2009
achidi john, hamburg 2001
35 jähriger mann, hagen 2007
69 jähriger mann, pforzheim 2008
68 jähriger mann, nürnberg 2008
39 jähriger mann, wetzlar 2004
Ein weiterer Kommentar, der dort gepostet wurde und sich darauf bezieht, soll den User_innen von linksunten.indymedia.org nicht vorenthalten werden:
Misshandlungen bei Polizei - immer mit System
Da wird mit allen möglichen Tricks versucht, die Gewalt der Polizei zu verheimlichen, da wird versucht, die Misshandelten oder Getöteten als Gewalttäter_innen darzustellen, da wird versucht, die Zusammenhänge zu verdrehen und vor Gericht es so aussehen zu lassen, als sei es legitim, wenn Polizist_innen umbringen. Zwar wird versucht, jeden Vorsatz durch die Beamten zu verneinen, doch kann angesichts der Häufung davon ausgegangen werden, dass der Großteil der Misshandlungen unter Vorsatz geschieht. Und dies bedeutet: Hier handelt es sich um Folter und Mord. Und dies wird von den Staaten geduldet. Die verantwortlichen Politiker_innen stellen sich schützend hinter ihre Diener_innen und geben ihnen als Dank für ihren Einsatz Auszeichnungen, verleihen ihnen Orden und rüsten in der Folge die Polizei mit noch mehr Rechten und Waffen aus.
Es gibt zahlreiche Fälle, in denen dies dokumentiert ist, doch in keinem einzigen mir bekanntem Fall kam es zu einer Verurteilung, die irgendwelche Konsequenzen nach sich gezogen hätte.
In vielen Fällen ist die Motivation und der Vorsatz der Tat im Rassismus der Beamten zu finden, doch es kann auch die_den eigene_n Nachbar_in treffen. Wagen es Menschen, öffentlich dazu Stellung zu beziehen, dann droht ihnen ein Anklage durch die Polizei - dies wird zumindest in Österreich systematisch so gehandhabt. Die Beamten bekommen von dubiosen, meist rechtsgerichteten bis neonazistischen Organisationen aus dem Polizeiumfeld oder werden von der Polizeigewerkschaft finanziell und auf jede erdenkliche Weise unterstützt. Letztendlich brauchen sich so Mörder im Staatsdienst nicht mal vor der Übernahme oft hoher Prozesskosten fürchten, da diese im Falle einer Verurteilung meist nicht von ihnen bezahlt werden müssen. Denn da gibt es genügend Geldtöpfe, aus denen diese Kosten beglichen werden können.
In Österreich hat es in den vergangen Jahren zahlreiche Skandale rund um die Polizei gegeben. Diese reichen von Korruption, Besuchen in Bordellen auf Staatskosten, Manipulation von Zeug_innen, Verschwinden lassen von Beweismitteln bis hin zu "Fallen" für unliebsam gewordenen Polizeichefs (Chefinnen gibt es nur wenige), die in der Folge von ihrem Posten enthoben wurden, später - nach den Prozessen - aber in der Regel neue Jobs erhielten. Jetzt könnte argumentiert werden, dass die Polizei in ihren eigenen Reihen für "Recht und Ordnung" sorgt, doch ist diese Annahme gefehlt. Als Beispiel sei hier der neue Wiener Polizeipräsident Karl Mahrer angeführt. Dieser sagte bereits vor seinem Amtsantritt, dass er in der Polizei wieder Ruhe herstellen will. In Interviews mit Tageszeitungen sprach er davon, dass er den Corpsgeist innerhalb der Polizei stärken will oder dass die Polizei auf Wahrheit setze. Doch beides ist bedenklich: Mit der Stärkung des Corpsgeistes, also der Einheit innerhalb der Polizei, soll vermieden werden, dass interne Kritik weder entsteht noch nach außen dringt. Die Strukturen, die sich durch permanente Misshandlungen und Schikanen auszeichnen, sollen so verfestigt werden. Und was von der Wahrheit, mit der das Ansehen der Polizei wieder hergestellt werden soll, zu halten ist, zeigt ein ganz aktueller Fall:
Da wurde ein Mann in einer U-Bahnstation ohne Vorwarnung krankenhausreif geschlagen. Zwei Männer in Zivil stürzten sich auf den Mann. Während in einer der beiden Schläger das Opfer am Boden fixierte, schlug der andere wie wild mit den Fäusten auf ihn ein. Die Freundin des zu Boden gerungenen eilte herbei - sie wartete am anderen Ausgang der U-Bahnstation, wurde aber von den beiden Männern nur blöd angemacht und erst als sie nicht ging, wiesen sich die Beamten als Polizisten aus. Beim Opfer handelt es sich um einen Afro-Amerikaner, der an der Vienna International School unterrichtet. Die Polizisten rechtfertigten ihre Gewalttätigkeit damit, dass sie den Lehrer mit einem Drogendealer verwechselt hätten - doch fragt sich, wodurch sie das Recht erhalten, einen Drogendealer dermaßen zu misshandeln. Doch diese Frage interessiert die Polizei nicht, denn der sich auf Wahrheit berufende Polizeipräsident lügt bei jeder Gelegenheit, dass sich die Balken biegen. So gab er anfangs gegenüber einer Tageszeitung an, dass er zu dem Fall noch nichts sagen könne, da die Fakten nicht geklärt seien. Das Versprechen: "Sobald alles geprüft ist, wird es ganz, ganz schnell Konsequenzen geben" konnte von Anfang an nicht ernst genommen werden, da es mit folgendem Zusatz geäußert wurde: "Wer mich kennt weiß, dass ich für eine Polizei stehe, in der Rassismus keine Chance hat." Dazu kann nur angemerkt werden: Entweder der hat der Polizeichef keine Ahnung, was Rassismus ist. Dann ist er aber mit Sicherheit fehl am Platz. Oder er deckt mit derartigen Beschwichtigungen das gewalttätige Vorgehen seiner Beamten. Mittlerweile steht jedenfalls fest, dass die Schläger der Drogenfahndung mit keinen Konsequenzen rechnen müssen und einmal mehr einen Freibrief zur Misshandlung von Menschen erhalten haben. Denn die Polizei behauptet jetzt, dass die Amtshandlung korrekt verlaufen sei und die Anwendung der Gewalt nur deshalb notwendig geworden sei, weil sich der misshandelte Mike B. falsch verhalten hätte.
Für jene, die mit der Situation in Wien nicht so vertraut sind, sei noch hinzugefügt, dass in dieser Stadt das rassistische Stereotyp, alle Schwarzen seinen Drogendealer und gewalttätig vom Stammtisch bis in die höchsten Regierungskreise das Denken und Handeln bestimmt. Dazu braucht es keiner Studien um, die dies belegen - obwohl es genügend derartiger Studien gibt. Selbst polizeifreundliche Medien berichten immer wieder über rassistische Misshandlungen durch die Exekutive. Und für jene, die sich gelegentlich im öffentlichen Raum bewegen, ist Rassismus bei der Polizei schon derart alltäglich geworden, dass sich kaum noch eine_r darüber aufregt. Dass dies dem Polizeipräsidenten verheimlicht werden kann, ist mehr fragwürdig. Und deshalb sich auch die Frage, wie er versuchen will, mittels Wahrheit das Ansehen der Polizei wiederherzustellen, wenn er doch selbst nicht viel mit der Wahrheit am Hut haben dürfte.
Doch der eben erwähnte Fall ist nur einer von vielen, die mittlerweile zum Alltag geworden sind. Ziel von polizeilicher Willkür und Misshandlungen sind insbesondere sogenannte "sichtbare Miderheiten". Schwarze, Bettler_innen, Menschen, allgemein Ausländer_innen, aber auch Punks, Menschen mit bunten Haaren usw. Es sind vor allem rassistische Stereotypen, auf denen das Vorgehen der Exekutive beruht und nach denen sie Menschen aus der Masse rausselektieren und ihren Amtshandlungen unterziehen. Das erschütternde dabei ist, dass sich all jene, die nicht kontrolliert werden, in Sicherheit wiegen und froh sind, nicht selbst kontrolliert zu werden. Für diese hier noch eine Aussage von Karl Mahrer, dem Wiener Polizeipräsidenten: "Hautfarbe schützt nicht vor Kontrolle". Dass die Hautfarbe aber ein Grund ist, kontrolliert zu werden, belegen die Aussagen von zahlreichen Schwarzen Menschen in Österreich.
Viele Menschen in Österreich müssen permanent damit rechnen, von der Polizei angehalten und in der Folge misshandelt zu werden. Oft wird zur Verteidigung rassistischer Staatsgewalt angeführt, dass nicht alle Polizist_innen gleich sind. Davon ist aber auch hier nicht die Rede. Solange jene, die Spass daran haben, Menschen zu misshandeln, dies im Namen des Gesetzes und unter vollständiger Straffreiheit tun können, sich in den Reihen der Exekutive befinden und dort den Ton angeben, wird es zu Misshandlungen und Morden kommen. Dass sollte allen klar sein. Und gerade deshalb - weil dieses Wissen besteht - scheint die Bezeichnung der Polizei als Rassist_innen- und Mörder_innenbande mehr als angebracht. Doch anstatt die Strukturen zu verändern und den Beamten Rechte zu entziehen und so die Rechte der Zivilist_innen zu stärken, werden die menschenverachtenden Strukturen mehr und mehr ausgebaut, werden neue Waffen angekauft, wie zum Beispiel der Taser, dessen Einsatz in jenen Ländern, in denen er bereits länger im Einsatz ist, schon zu unzähligen Todesopfern führte, und die Rechte der Bevölkerung mehr und mehr eingeschränkt.
Für jene, die sich mehr für das Thema Todesfällen n Polizeigewahrsam interessieren, hier noch ein Link-Tipp: Auf no-racism.net findet sich eine unvollständige Dokumentation von rassistische motivierten Todesfällen bei Deportationen und in Polizeigewahrsam. Ihr findet dort auch Informationen über einige der oben genannten Fälle (Oury Jalloh und Achidi John). Zu Fixierungen durch mehrere Beamte sei insbesondere auf den Tod von Seibane Wague am 15. Juli 2003 im Wiener Stadtpark hingewiesen. Dieser starb unter den Füßen von Polizei und Rettung. Zwei seiner Peiniger_innen wurden zu geringen Haftstrafen verurteilt, der Rest freigesprochen oder erst gar nicht angeklagt.
Rassismus tötet - siehe: http://no-racism.net/racismkills