Oft tauchen gerade in Zusammenhang mit den Diskussionen um die NSU-Mordserie Zweifel und Fragen über die Arbeit von Geheimdiensten und Polizei in öffentlichen Debatten auf. Dass Fehler passieren, wird als menschlich angesehen. Jedoch steht dahinter vielmehr ein wachsender und äußerst gefährlicher Prozess, der auch vor Cottbus keinen Halt macht.
MEGA, TOMEG und Staatsschutz
Die Brandenburger Polizei ist in mehrere Polizeisondereinheiten
unterteilt. Einige davon haben sich ausschließlich der Verfolgung von
politisch aktiven Menschen verschrieben. Zum einen gibt es die MEGA, die
sogenannten Mobilen Einsatztrupps gegen Gewalt und
Ausländerfeindlichkeit.
Dies ist eine vom LKA Brandenburg entwickelte Sondereinheit der Polizei,
die sich ursprünglich zum Ziel gesetzt hatte, Menschen im rechten
Milieu zu beobachten und diese an einer „Karriere“ in der Szene zu
hindern. So weit so gut. Jedoch verschwimmt dieser Fokus auf die
Neonazi-Szene immer mehr und auch andere politische Aktive geraten
zusehends in den Mittelpunkt der Betrachtungen, der Spionage und der
Fahndungen. Kaum eine linke-politische Veranstaltung findet ohne die
Begleitung von Polizist_innen in „Zivil“ statt, welche zur
Durchleuchtung von Zusammenhängen mit anschließender „Berichterstattung“
eingesetzt werden.
Als weitere Stufe dieser Sondereinheiten ist die TOMEG – Täterorientierte Maßnahmen gegen extremistische Gewalt – zu nennen. „Diese Sonderkommission befasst sich mit auffällig gewordenen Mitgliedern der rechten Szene.“1. Bereits im Namen wird aber deutlich, dass eine Fokussierung auf die Neonazi-Szene nicht mehr gewollt ist und ebenso andere politische Strömungen mit Kontrollen und Repressionen seitens dieser Sondereinheit zu rechnen haben. Des Weiteren ist hier die gezielte Überwachung Einzelner zentraler Aufgabenschwerpunkt, da von „täterorientierten Maßnahmen“ gesprochen wird.
Der Staatsschutz als weiteres drittes Schnüffelorgan setzt sich – ähnlich wie die TOMEG – der Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität zum Ziel und kann auch als polizeiliche Hand des Verfassungsschutzes verstanden werden. Das gemeinschaftliche Ziel der einzelnen Sonderkommissionen ist – mittlerweile – die Kriminalisierung linkspolitischen und gesellschaftskritischen Engagements und kann als steter Angriff und Überwachung auf emanzipatorische Strukturen verstanden werden. Die Handlungsfähigkeiten jener sollen mittels Repression, Einschüchterung und Isolation der Aktiven eingeschränkt und Kritiker_innen mundtot gemacht werden. So werden jährlich im „Verfassungsschutzbericht – Brandenburg“ einzelne Personen und ganze Strukturen als „extremistisch“ eingestuft und dann als das Ergebnis der Überwachung präsentiert und mit Repressionen überhäuft.
Die Extremismustheorie als fundamentale Ideologie polizeilicher Strukturen
Gemeinsam ist all diesen Sonderkommissionen weiterhin, dass sie alle
auf Grundlage der sogenannten Extremismustheorie handeln. Es wird kein
Unterschied zwischen der menschenverachtenden Ideologie von Neonazis und
anderen gesellschaftsverändernden politischen Ansätzen gemacht. Der
Extremismusbegriff hat sich zur gängigen Formel für alles entwickelt,
was nicht einer aufrechten (nicht-extremistischen) »Mitte der
Gesellschaft« zugerechnet werden soll, die als prinzipiell
verfassungstreu und »demokratisch« angesehen wird. Die Stoßrichtung, die
sich hinter einer angeblich objektiven Sicht auf die »Gefahren des
demokratischen Rechtsstaates« verbirgt, zielt vor allem auf die
Isolierung gesellschaftskritischer antikapitalistischer und
antifaschistischer Positionen. Feind_innen der Demokratie stehen
vorrangig am linken und nicht am rechten Rand, so lautet die zentrale
Maxime
.
Diese schrittweise Etablierung des Extremismusbegriffs hat verheerende
Folgen unter anderem auch auf die Entwicklung der Strafverfolgungen. So
werden Ermittlungen gegen Nazis zurück geschraubt und linke
Aktivst_innen rücken vermehrt in den Fokus der Exekutivorgane. Die
grundlegend unterschiedlichen Aktionsformen und Handlungsaktivitäten
dieser beiden Felder begünstigen diese Entwicklung zusehends. So agieren
Neonazis eher anonym. Die einzig öffentlich Bekannten sind führende
NPD-Mitglieder. Dies wird auch beim jüngsten Fall der Kickbox-Szene in
Cottbus deutlich. Sportler des Kickbox Team Cottbus (KB TC) sind
jahrelang als militante Neonazis unterwegs und dennoch öffentlich kaum
bekannt. In der linken Szene ist dies anders. Zum einen da häufiger
öffentliche Veranstaltungen, wie beispielsweise Demonstrationen,
Kundgebungen, Partys oder auch Informationsveranstaltungen durchgeführt
werden. Dies führt dazu, dass der Anonymitätsgrad sinkt. Dies ist
einerseits auch gewollt, um neue Menschen für linke, emanzipatorische
Politik zu begeistern, jedoch erleichtert dies anderseits natürlich auch
staatliche Schnüffelmaßnahmen. So kommt es dazu, dass Personen, die
sich häufiger an gesellschaftskritischen Veranstaltungen beteiligen, in
der Öffentlichkeit hinlänglich bekannt sind.
Dieser Prozess der Kriminalisierung emanzipatorischen Engagements ist
politisch gewollt und eine seit mehreren Jahren zusehends etablierende
Strategie. Klar: alles soll genau so bleiben wie es ist, mit all der
Ungerechtigkeit und Ausgrenzung in unserer Gesellschaft. Es wird
versucht einzelne Personen herauszugreifen, wegzusperren und so als
aktionshemmendes Symbol in Richtung vieler Menschen zu geben. Und es
soll auch die Bündnisfähigkeit kritischer Initiativen schwächen – denn
mit angeblich kriminellen oder extremistischen Organisationen lässt
sich in der öffentlichen Debatte wenig erreichen.
Polizei und Neonazis Hand in Hand
Auch in Cottbus gibt es vermehrt Betroffene dieser gefährlichen Entwicklung. So wurden Personen aus dem linken Spektrum namenhaft für ganze Gruppen gemacht. Es hieß in Ermittlerkreisen nun nicht mehr Gruppe XY, vielmehr wurde nur noch der Name einer Person kennzeichnend für die gesamte Gruppe verwendet – analog zu Facebookartikeln von Neonazis, die ebenso diese namentliche Benennung zur Kennzeichnung von Strukturen nutzen. Die Personen wurden von staatlichen Organen versucht einzuschüchtern, indem sie persönlich angesprochen worden sind oder willkürliche Strafanzeigen bekommen haben, die jeglicher Beweisgrundlage entbehren. Hier findet eine Vorverurteilung getreu nach dem Motto: „Ach der wird schon dabei gewesen sein“ statt. Vorgeschobene und haarsträubende Gründe werden als Vorwand genommen, um Hausdurchsuchungen durchzuführen und somit Strukturen durchleuchten zu können. Seitens der Ermittlungen wird sich ein gedankliches Phantasieszenario konstruiert und dieses als Fundament für die Bewertung und Darstellung von Straftaten genutzt.
Dieses jeglichen rechtsstaatlichen Prinzipien trotzende Vorgehen führt
schließlich zu eindeutig politisch motivierten Ermittlungsverfahren, mit
denen die tatsächliche Beweislage in den Hintergrund gestellt wird und
das Ziel der Sonderkommissionen – nämlich die Kriminalisierung,
Einschüchterung und Überwachung linker Strukturen – verwirklicht wird.
Schwammige Hinweise von Neonazis wurden durch Mithilfe der Bullen
konkretisiert und so argumentierten diese in ihren Aussagen analog dem
Motto der Bullen „der wird schon dabei gewesen sein“ ein erneutes
Phantasiekonstrukt. So konnte eine neue Kommunikationsstruktur zwischen
Polizei und Neonazis entwickelt werden, um ihrem gemeinsamen Ziel – der
Schwächung emanzipatorischer Strukturen – näher zu kommen.
Unsere Solidarität gegen ihre Repression
Dieses gemeinschaftliche Handeln von staatlichen Organen und
Neonazis muss offen gelegt und skandalisiert werden, um diese
Entwicklung zurückzudrängen und nicht salonfähig werden zu lassen. Wir
werden keine_n allein lassen. Betroffen sind einzelne – gemeint sind
alle!
Also zeigt eure Solidarität und unterstützt die Menschen während ihren
Verfahren. Kritische Beobachter_innen in Gerichtssälen können dazu
führen willkürliche Maßnahmen einzudämmen.
Lasst die betroffenen Leute nicht allein vor Gerichten, Polizei und
Neonazis. Genauere Informationen und auch die nun anstehenden
Prozesstermine erfahrt ihr immer montags ab 20 Uhr bei der Vokü in der
Zelle79 oder am 25. November beim Solibrunch der Roten Hilfe im
quasiMONO. Also kommt vorbei, informiert euch und seid solidarisch.
Rote Hilfe OG Cottbus
Brandenburg Nazifrei
>>>>>Nazis in die Oder schicken! NPD-Aufmarsch am 10.11. in FF/O verhindern!<<<<
Die NPD-Verbände Oderland und Märkisch-Oderland planen, wie bereits im März diesen Jahres, eine Demonstration am 10.11. in Frankfurt(Oder). Dies gilt es zu verhindern! Das lokale Bündnis, bestehend aus Antifa und Zivilgesellschaft, ruft zu Blockaden auf und ist solidarisch mit allen, die sich den Nazis in den Weg stellen.
Nazis wollen momentan um 12 Uhr am Bhanhof starten. Für alle Leute die aus Richtung Berlin mit dem Zug anreisen wollen, gibt es um 8:50 am Alexanderplatz (Gleis 1) einen Zugtreffpunkt. (Nicht wie bereits angekündigt um 9:10!)
Kundgebungen des Bündnisses sind um den Bahnhof und im Zentrum ab 09:00 angemeldet.
Unterstützt die Antifaschist*Innen am 10. November in Frankfurt(Oder) um den Naziaufmarsch gemeinsam zu verhindern!
Bei den Infoveranstaltungen soll sowohl über die Nazi-Strukturen vor Ort als auch über die Vorbereitungen der Gegenproteste berichtet werden. Im Abschnitt über die rechten Strukturen wird auch die Rolle von Berliner Neonazis beleuchtet werden, die in jüngster Vergangenheit auch in Brandenburg auf sich aufmerksam machten. Unter dem Label NW- Berlin wurden u.a. Sprühaktionen, Einschüchterungen und militante Aktionen durchgeführt. Diese offensichtlichen überregionalen Verbindungen zeigen auf, dass es zunehmend wichtig ist auch über den Tellerrand der eigenen Stadt hinaus das Wirken von Neonazinetzwerken in den Fokus zu nehmen.
07.11 Schwarze Risse 20:00
08.11. H48 (flt* only) 20:00
weitere Infos unter: www.kein-ort-fuer-nazis.org
Infos zu Nazistrukturen in FF/O und Umgebung: www.recherchegruppe.wordpress.com
>>>>>Nazis in die Oder schicken! NPD-Aufmarsch am 10.11. in FF/O verhindern!<<<<