Heimatschutz bekommt in Zukunft neues Gewicht

Erstveröffentlicht: 
26.02.2012

Es wird eine Fortsetzung im kommenden Jahr geben. Darin waren sich alle einig, als am Samstagabend mit einem Empfang in der Hammerschmiede die ersten Königsbronner Gespräche zu Ende gingen und doch bei den meisten durchaus Beklemmungen hinterließen. Die Perspektiven sind nicht rosig.

 

Zum Auftakt dieses Tages mit mehr als 350 Konferenzteilnehmern aus dem ganzen Land hatte Roderich Kiesewetter in seiner Eigenschaft als Präsident des Reservistenverbandes Willkommensgrüße entboten, an Georg Elser erinnert und auch davon gesprochen, „welch drängende Fragen uns heute hier beschäftigten werden“. Die Sicherheit sei wahrlich kein abstrakter Begriff. Er sei vielmehr allumfassend zu sehen: Heimat, Schutz der Heimat und Sicherheit vor Anschlägen sowie die Sicherheit bei der Energieversorgung.

 

„Die CDU ist die Partei der äußeren und auch der inneren Sicherheit“, rief der CDU-Bundestagsabgeordnete und CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl in den Saal. Damit war aber auch schon genug Parteipolitik betrieben. Strobl gratulierte Königsbronn zu der Veranstaltung, aber auch zu dem Mut, den einst ein Georg Elser bewiesen habe, als er im Bürgerbräukeller zu München ein Attentat auf Hitler unternahm. Strobl verlangte eine „neue Prioritätensetzung angesichts der noch nicht absehbaren ökonomischen Herausforderungen“. Der Heimatschutz müsse wegen der äußeren Bedrohungen stärker ins Zentrum aller Daseinsvorsorge rücken.

 

„Wie steht es wirklich um unsere Sicherheit, wenn die Russen die Gasleitungen abstellen?“ war eine der Fragen, die Oberst Ulrich Kirsch als Präsident des Bundeswehrverbandes stellte. Natürlich stünde die Bundeswehr aktuell vor einer Neuausrichtung und vor neuen Herausforderungen. Dazu gehöre auch die Sicherung der Seewege vor Afrika. Dort seien große Öltanker unterwegs. Kirsch kritisierte die aktuelle Bundeswehrreform, die sich nur von Haushaltszwängen leiten lasse und weniger von den Sorgen der Bundeswehrangehörigen und deren Familien.

 

Der frühere Kommandeur der Albbrigade Ellwangen, der zuletzt als Vier-Sterne-General in Brüssel dem Nato-Militärausschuss vorsaß, Dr. h.c. Klaus Naumann, beleuchtete die strategischen Herausforderungen und arbeitete eindrücklich den Handlungsbedarf Deutschlands heraus. Es ging um das Verhältnis zu Amerika, das sich von Europa abwende. Ausführlich befasste er sich mit dem „heraufdämmernden asiatischen Jahrhundert“ und blickte mit Sorge nach Russland und auf das Imponiergehabe eines Ministerpräsidenten Putin und sein Vorgaukeln von Stärke. Der Türkei billigte General Naumann eine Schlüsselrolle in der nahen Zukunft zu und mahnte die politische Prominenz: „Eine privilegierte Partnerschaft in der Europäischen Union ist viel zu wenig.“ Große Sorgen macht sich Naumann wegen zu befürchtender „Cyber Operations“, die mit herkömmlicher Kriegführung nichts mehr gemein hätten: also weg von der Zerstörung eines Gegners und hin zu einer Lähmung des Gegners. Daher forderte er den Schutz (der Heimat) durch reaktive Optionen mit Schwerpunkt Raketenabwehr, ABC und Abwehr und Schutz vor Cyber-Angriffen aller Art.

 

„Glückwunsch zu dieser Veranstaltung: Das sind wirkliche spannende Themen der äußeren und der inneren Sicherheit“, sagte EU-Kommissar Günther H. Oettinger seinen Vortrag einleitend. Bei 55 Prozent der Energie, die man in Deutschland verbrauche, sei man auf Drittstaaten angewiesen. Genau hier gelte es zu prüfen, wieviel man wirklich einführen wolle. Es sei auch an der Zeit, „sich einen intelligenteren Umgang mit dem Ölverbrauch zu überlegen“. Sparen könne man bei der Energie, wenn man sich endlich an die energetische Sanierung der Gebäude mache. Wenn die Mitgliedsstaaten der EU sich pro Jahr nur drei Prozent der Gebäude vornehmen würden, dann wäre man zwar erst in 33 Jahren fertig. Andererseits sei das mehr als das aktuelle eine Prozent. Mit Nachdruck verlangte Oettinger von der Politik, entsprechende Investitionen vonseiten des Staats beispielsweise bei der Einkommensteuer-Erklärung der Bürger zu belohnen.

 

Und das mit dem Strom? Die europäischen Staaten würden einen Haufen Geld sparen, wenn nicht jeder für sich seinen Windpark in der Nordsee planen würde. Von Kabelsalat sprach Oettinger und davon, dass die Propeller zwar Strom aus Wind erzeugen, aber aufgrund fehlender Hochspannungsleitungen könne der Strom weder in ein Netz eingespeist, noch nach Süddeutschland oder ins Ruhrgebiet geschickt werden. Hier bräuchten die Firmen die Energie: „Nur mit der Erhöhung der Zahl der Steckdosen steigt noch lange nicht die Versorgungssicherheit beim Strom . . . Im Gegensatz zum Trollinger im Keller ist der Strom nicht einlagerfähig.“ Der Nachholbedarf sei enorm. Es müsste zwingend ein pan-europäisches Versorgungsnetz für Gas und Strom aufgebaut werden. Der Politiker warb auch für eine Energie-Partnerschaft mit Afrika und der arabischen Welt. Dort scheine die Sonne häufiger und intensiver als hier in Königsbronn. Und wenn es um Speicherkraftwerke gehe, gehöre nun endlich die Schweiz ins europäische Boot geholt.

 

In der Diskussionsrunde wandte sich Roderich Kiesewetter, in dem Fall ganz CDU-Bundestagsabgeordneter, entschieden gegen die jetzt von der Bundesregierung beabsichtigte Kürzung der Fördersätze bei der Nutzung der Photovoltaik: „Politik sollte verlässlich sein und sich nicht durch Hü und Hott auszeichnen.“ Und die 200 Milliarden für die pan-europäischen Gas- und Stromleitungen müssten auch irgendwie bezahlt werden.

 

Eher farblos wirkte Stéphane Beemelmans. Der Staatssekretär aus dem Verteidigungsministerium sprach über „die Bundeswehr, als strategisches Instrument zwischen Auslandseinsatz und Heimatschutz“. Zunächst beklagte er, dass in Deutschland sich zu wenig Menschen über Fragen der Sicherheit Gedanken machen. Inzwischen würde viermal soviel Geld für den Etat des Bundesarbeitsministeriums ausgegeben, als das Verteidigungsministerium zur Verfügung habe: Den 124 Milliarden stehen 31 Milliarden für die Landesverteidigung gegenüber. Und allen, die der Zeit nachtrauern, als die Bundeswehr noch mehr als eine halbe Million Soldaten hatte, schrieb der Redner ins Stammbuch: „Selbst wenn wir wollten und könnten, hätten wir aus demographischen Gründen so viele Männer nicht mehr zur Verfügung.“ Für Auslandseinsätze brauche man künftig 10 000 Soldaten. Derzeit seien es etwas über 7000 Soldaten. Mit der Abschaffung der Wehrpflicht falle auch zunehmend die Verankerung der Bundeswehr im Bewusstsein der Bevölkerung weg. Selbstkritisch fügte er hinzu: „. . . und wir haben in der Vergangenheit zu wenig die Reservisten als Bindeglied zur Gesellschaft gepflegt und auch ge- und befördert.“ Hier wolle man neue Akzente beim Schutz der Heimat setzen und regional Unterstützungskräfte aufstellen.

 


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Der Heidenheimer Linke-Kreisrat Horst Mack hat die erste Auflage der Königsbronner Gespräche zur Sicherheitspolitik am Samstag scharf kritisiert. Der "Krieg um Rohstoffe“ werde zur Notwendigkeit erklärt, so Mack.

 

Noch selten, so Mack, sei es „in dieser Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen, dass Sicherheitspolitik etwas zu tun hat mit der Sicherung von Rohstoffquellen“. Der „Krieg um Rohstoffe“ werde zur Notwendigkeit erklärt und die Bevölkerung solle „darauf vorbereitet werden“.

Auf den vom laut Mack „bellikosen“ (kriegerischen) Abgeordneten Roderich Kiesewetter veranstalteten Gesprächen hatte der Präsident des Bundeswehrverbands die Frage gestellt, wie es um die deutsche Sicherheit stehe, „wenn die Russen die Gasleitungen abstellen?“.

Mack dazu: „Bedeutet dies, dass dann die Bundeswehr in Einsatz kommt? Gegen wen? Gegen Russland? Oder gegen andere Länder, die Gas haben?“

Deutschland, so Mack, sei also so weit, „dass die Bundeswehr nicht mehr das verteidigen soll, was uns gehört, sondern das, was wir gerne haben wollten“.

Derartigen Bestrebungen gelte es entschiedenen Widerstand entgegen zu setzen: „Aggressive Expansionspolitik mit vielen hunderttausend Toten um Rohstoffe darf es nicht weiter geben“, so Mack.

 

Quelle: http://www.swp.de/heidenheim/lokales/kreisheidenheim/Linke-Kreisrat-Mack...