Das Zeltlager auf dem Alexanderplatz
Seitdem vergangenen Wochenende campen einige Menschen auf dem Alexanderplatz in Berlin. Sie wollen sich an einer Kopie der Proteste in Spanien versuchen. Während sich in Spanien mehr als 150000 Menschen an den Protesten beteiligten, blieb es am Alexanderplatz deutlich ruhiger.
[…] Man wolle „echte Demokratie“, hieß es in einem Aufruf. Als Hashtag bei Twitter wählten einige Teilnehmer_innen dennoch das Kürzel „#Germanrevolution“. Ansonsten inszenierten sich die Camper_innen „friedlich, fröhlich, revolutionär, life und in Farbe!“. […] Andere Teilnehmer ergingen sich derweil in merkwürdigen Phantasien: Mit der Übernahme des Herzen Europas, der Stadt Berlin, könne man die ganze Welt kontrollieren, träumte ein Teilnehmer in seiner deutschnationalen Großmachtsphantasie sinngemäß.
Unter den Demonstrant_innen befinden sich bis zum heutigen Tag verschiedene Verschwörungsfans. Georg Berres, der auf den Spitznamen „Bauchi“ hört, hielt beispielsweise eine ausführliche Rede. Georg „Bauchi“ Berres ist Betreiber mehrerer Internetprojekte und ein Verantwortlicher des selbsternannten Staates „Terrania“, für den er als „Botschafter“ fungiert. Das Projekt erinnert an ähnliche Projekte aus der rechten Szene. Wie die „Kommisarischen Reichsregierungen“ (KRR) bezeichnet Georg Berres die Bundesrepublik als „GmbH“. Wie die „Reichsregierungen“ verspricht Berres seinen Anhängern eigene Identitätsdokumente, eigene Autokennzeichen sowie Steuerersparnisse und eine weltweite „diplomatische Immunität“. In seiner Rede auf dem Alexanderplatz warb Berres für „Freie Energie“, eine in verschwörungstheoretischen und esoterischen Kreisen beliebte Behauptung über eine angebliche Energieform, mit der man auf fossile und regenerative Energien verzichtet könne. Außerdem warnte Berres vor einer „Neuen Weltordnung“ und propagierte damit eine Verschwörungstheorie, die von der Existenz megageheimer Organisationen ausgeht, die nach der Beherrschung der gesamten Welt streben. Im anschließenden Gespräch warb Berres für die Zusammenarbeit mit Nazis. „Da krieg‘ ich die Krise, wenn irgendwelche Linken nicht mit mir zusammenarbeiten wollen, weil ich mit Rechten zusammenarbeite. Das sind Menschen für mich“, stellte Berres fest.
Berres ist nicht der einzige Verschwörungstheoretiker der das Camp auf dem Alexanderplatz unterstützt. Die Internetseite zum „Acampada Berlin“ wird von einem notorischen Israel-Hasser betrieben, der die Zustände im Gaza-Streifen schon mal mit der Shoah vergleicht. Auf seiner privaten Internetseite finden sich zahlreiche Artikel, in denen Verschwörungstheorien zum 11. September 2001 und zur „Neuen Weltordnung“ beworben werden. Außerdem unterstützten die Organisator_innen des verschwörungstheoretischen „Die Kritische Masse Festivals“ das Camp auf dem Alexanderplatz. Auf dem Festival, das in diesem Jahr in die zweite Runde ging, treten zahlreiche Musiker auf, die für den Soundtrack für die Bewegung der „Truther“ und „Infokrieger“ verantwortlich sind.
In der Facebook-Seite des Camps finden sich allerdings auch andere Verschwörungstheorien, die dort beworben werden. So ist dort beispielsweise ein revisionistisches Flugblatt zum Libyen-Krieg zu finden, in dem die haltlose Behauptung aufgestellt wird, dass eine „Nachbildung von Tripolis in Katar entdeckt“ worden sei. Die Erstürmung der libyschen Hauptstadt sei in einem Filmstudio entstanden. Gaddafi solle „vernichtet“ werden. Wer das nicht glauben wolle, solle sich in Erinnerung rufen, was „in Dresden und dem vietnamesischen Dorf My Lai geschehen ist“, heißt es in dem Flugblatt.
Das Camp auf dem Alexanderplatz wird auf zahlreichen Internetseiten der verschwörungstheoretischen Szene beworben. Hier ist von einer „friedlichen deutschen Protestbewegung“ die Rede, die von „den Herrschenden“ bedroht werden würde. Ob die „Infokrieger“ aus Greifswald, das „Infonetzwerk“ aus Berlin oder der „Knastplanet“ aus Hamburg: Die Verschwörungs-Szene solidarisiert sich mit dem Camp auf dem Alexanderplatz. Solidarität gab es allerdings auch von einigen anderen Organisationen, denen man zugute halten muss, dass ihnen der Charakter dieser Versammlung vielleicht nicht bewusst gewesen ist. […]
Ein weiterer Teilnehmer erläutert, dass sich die Polizei „auch nicht an Gesetze“ halten würden: Diese würde nämlich nicht mehr geben, „denn seit den 2 Bereinigungsgesetzen, ist diese GmbH eigentlich nur noch Verwalter und die Bullen, sind ihre Wachmannschaft“. Es ist ein verschwörungstheoretischer und antiamerikanischer Jargon, der von diesen Teilnehmer_innen des Camps gepflegt wird und mit dem sie den Polizeieinsatz erklären wollen. Dieser Jargon lässt sich auch auf der Diskussionsseite von „Echte Demokratie Jetzt“ entdecken. Dort findet sich beispielsweise Werbung für den rechten, esoterischen und verschwörungsideologischen Kopp-Verlag, die von den Adminstratoren nicht entfernt wird. […]
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