Nach Wochen der Hetze und Repression gibt es weiterhin viele kleine Aktionen der Wagenburg-Szene und ihrer SympathisantInnen, auch überregional. Am 28. August wurde ein Brunch am Gelände der beschlagnahmten 14 Wagen durchgeführt. Diese waren zuvor von unbekannten als Wagenburg hergerichtet worden. Transparente schmückten den Bauzaun. Und wieder fuhren die Bullen ins Leere, nachdem die rund 30 AktivistInnen sich bereits aus dem Staub gemacht hatten...
Seit der Räumung der Wagenburg Rhino vor dreieinhalb Wochen ist viel passiert. Es gab Razzien in KTS und Gartenstraße 19, zahlreiche willkürliche Ingewahrsamnahmen vermeintlicher „Szenemitglieder“, Angriffe auf SuSi, die Räumung der Wagenburg in Zähringen, ein verhindertes Straßenfest zum 491-Tägigen bestehen der Gartenstraße 19, maßlose BZ-Hetze und eine Autonomen-feindliche Sonderkomission der Bullen, welche die Aktionen vom 3. August auf Vauban aufklären soll. Die Repression hält an. Und das Sommerloch (Uni-Stadt-Tote-Hose-Syndrom) ist tief.
Dennoch konnten immer wieder kleine und kreative Proteste durchgeführt werden. Bereits vor der Räumung gab es verschiedene Aktionen gegen Leerstand, lokale Wohnraumpolitik, die Stadtbau (FSB) und die Regierung. Ab Anfang August begann dann die "heiße Phase" mit einem sehr breit getragenen „soften" Barrikadenbau auf der Vauban. Das Kapitel der Räumung kann in großen Teilen auf dem Blog des Wagenkollektivs Rhino und bei linksunten nachgelesen werden. Alles in Allem war der Tumult groß, der Sachschaden erheblich, der Personenschaden sehr gering und die Stimmung völlig verwirrt. Hierzu trug die Lokal- und Regionalpresse intensiv bei, ein weiteres ausgeklammertes Thema das bei linksunten und RDL sehr gut dokumentiert ist.
Kommen wir zu Aktionen seit der Zerstörung des M1-Geländes. Nach einer Innenstadt-Kundgebung mit etwa 150 Linken zwei Tage nach der Räumung, folgte eine Sponti, Jubel-Demos und -Besuche im Amt für öffentliche Ordnung, eine geräumte Besetzung, eine Fake-Besetzung, mehrere Raddemos, Rathausbesuche und das heutige Brunch. Die militante „Wilde Hilde“ zerstörte eines Nachts einen Teil der Bauzäume am geräumten Gelände und griff die dortige AlNatura Filiale an. Weiterhin wurden Baufahrzeuge und Maschinen auf dem M1-Gelände besprüht. Gegen die Repression richtete sich wohl auch der Molli-Angriff auf ein Fahrzeug der Bundespolizei am 7. August.
Die heutige Aktion in Hochdorf war klein aber fein. Erneut wurde sich solidarisch und fröhlich betätigt, um danach die Bullen ins leere fahren zu lassen. Vermutlich in der Nacht waren solidarische Menschen auf dem Gelände an der Weisserlenstraße gewesen, wo die 14 beschlagnahmten Wagen durch die Stadtverwaltung verwahrt werden. Die Wohnwagen und Busse wurden umgeparkt, als Demonstration wie Wagenburg geht. Im Wagenkreis dampften Feuertonnen, der Platz wurde kurzzeitig mit Leben gefüllt. Dazu haben die Wägler_innen von Gegenüber folgenden Text veröffentlicht:
„Sehr geehrte Frau Schubert, Sehr
geehrter Herr Salomon, Sehr geehrter Herr Rubsamen, liebe
Stadtverwaltung, liebe Gemeinderät_innen,
wir möchten ihnen
auf diesem Wege für ihre konstruktive und engagierte Zusammenarbeit
mit uns danken.
Ohne ihre Initiative wäre es nicht möglich
gewesen am heutigen Sonntag zu einem Eröffnungsbrunch auf dem neuen
selbstverwalteten Wagenplatz in Freiburg-Hochdorf einzuladen.
Nach
jahrelanger, erfolgloser Platzsuche ist es ihrem Weitblick und ihrer
Toleranz gegenüber alternativer Wohnformen, explizit gegenüber dem
Leben im Wagen, zu verdanken, dass sie uns nun diesen Platz in der
Weisserlenstraße im Industriegebiet Hochdorf zur Verfügung
stellen.
Auch ist es wohl auf ihre Menschlichkeit
zurückzuführen, dass sie sogar unsere Wagen (Wohnungen) durch ein
Abschleppunternehmen auf den neuen Wagenplatz bringen ließen und uns
so die Überführung der zum Teil nicht verkehrstauglichen Wagen
abgenommen haben. Ein wenig bedauern wir, dass sie uns nicht im
Vorhinein über ihre Pläne unterrichtet haben, da es uns einige Mühe
gekostet hat ihre guten Absichten zu erkennen. Gerne hätten wir mit
ihnen mögliche Fragen, wie zum Beispiel die Anordnung der Wagen oder
andere infrastrukturelle Punkte erörtert. Doch ungeachtet dieser
Versäumnisse sind wir entzückt über die uns bereitete Überraschung
und möchten den Wagenplatz der persönlichen Referentin des
Oberbürgermeisters, Annette Schubert, zu Ehren, von der wir sehr
viel über Stadtverwaltung und Verhandlungsgeschick lernen
konnten, "An.nette.r Wagenplatz" nennen.
Offen
bleibt uns nur noch die Frage, nach der von ihnen dem Runden Tisch
gegenüber zugesicherten Unterstützung bei der Einrichtung einer
komfortablen Infrastruktur. Wir sind uns aber sicher, dass wir auch
in diesem Punkt auf sie zählen können und haben, um sie zu
entlasten, ein Dixi-Klo bestellt. Über die Erschließung des
Geländes, die Einrichtung eines W-lan-Netzes und den Anschluss an
das Straßenbahnnetz können wir uns gerne in den nächsten Tagen
unterhalten.
An dieser Stelle soll auch Platz für Selbstkritik
sein, da unsere Zusammenarbeit meist nicht von Entgegenkommen sondern
eher von Misstrauen unsererseits geprägt war. Hierfür möchten wir
uns aufrichtig entschuldigen. Ihr jetziges Verhalten straft unsere
Vorbehalte gegenüber ihren Zusicherungen und guten Worte Lügen. Wir
hoffen sie akzeptieren eine Entschuldigung.
Nun bleibt nichts
mehr zu sagen außer einem großen DANKESCHÖN.
Gerne heißen wir
sie und ihre Familien zum Eröffnungsbrunch am Sonntag den 28.08.2011
ab 10.00 Uhr auf dem "An.nette.r Wagenplatz"
willkommen.
Hochachtungsvoll
die Wagenbewohner_innen von
Gegenüber“
Während hier die Badische Zeitung in ein weitreichendes Schweigen verfallen ist, obwohl bald täglich die Bullen ausrücken müssen, berichten unsere Medien weiterhin. In den kommenden Wochen wird es sicherlich weitergehen mit Aktionen und Repressionen. Gestern hatte die Verwaltung das G19-Straßenfest durch Straßensperren und Bullen verhindert. Bereits am gleichen Abend und amSonntagmorgen fanden weitere Proteste statt. Den Bullen scheint viel daran gelegen zu sein, unsere Aktionen zu verhindern. Bald kommt der Papst, wozu es mehrere Demonstrationen geben wird. Unter anderem soll es am 29. Oktober eine größere Demo gegen Gentrifizierung geben. Die Kampagne „Deconstructing Green City“ hat sich zum Ziel gesetzt, die verlorenen Räume inhaltlich und materiel zurückzuerlangen...