1. Aufruf zur Unterstützung Grüner Ziele beim Bauprojekt der Freiburger Stadtbau in der Johann-Sebastian-Bach-Straße in Herdern:
„Wir wollen bezahlbaren Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten erhalten, Entmischungen von Stadtteilen vermeiden, gleichzeitig den Gebäudebestand energetisch sanieren und barrierefrei bzw. altersgerecht umbauen.“
2. Kaufantrag der Baugruppe „Wem gehört die Stadt?“ für die Häuser und das Erbbaurecht der Stadtbau in der Johann-Sebastian-Bach-Straße
Sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger der Stadt Freiburg,
wir bitten Sie herzlichst um Ihre Unterstützung: Wir alle wollen helfen, die oben genannten städtebaulichen Ziele der Grünen, wie sie auf der Bundesdelegiertenkonferenz im November 2010 in Freiburg beschlossen wurden, in Freiburg zu verwirklichen und beim Bauvorhaben in der Johann-Sebastian-Bach-Straße in Herdern modellhaft umsetzen.
Auch wenn die meisten von uns keine Mitglieder der Partei der Grünen sind, können wir diese Ziele doch Satz für Satz unterschreiben.
Um die Verwirklichung dieser Ziele zu ermöglichen, wollen wir das Erbbaurecht und die Gebäude in der Johann-Sebastian-Bach-Straße der jetzigen Eigentümerin, der Freiburger Stadtbau GmbH, abkaufen. (Das Grundstück bleibt weiter im Eigentum der Heiliggeist-Spitalstiftung.)
Herdern Hartz-IV-freie Zone?
Denn durch das Bauvorhaben, wie es die Stadtbau unverändert plant, wird die soziale Entmischung des Stadtteils Herdern nicht vermieden, im Gegenteil. Die geringverdienenden Mieterinnen in den bestehenden Häusern, überwiegend betagte RentnerInnen, werden in andere Stadtteile westlich der Bahnlinie (Beurbarung, Landwasser, Weingarten) umgesetzt. Der Wohnungsbestand wird abgerissen, in den Neubauten sollen hochpreisige Eigentums- und Mietwohnungen entstehen. Der Geschäftsführer der Stadtbau Herr Klausmann nannte beim Bürgergespräch eine Kostenmiete in Höhe von 15 €/m² und eine Mietspiegelmiete von 11,50 €/m² („bei dem Standard, den wir bauen“). Keine Geringverdienerin und kein Harz-IV- Empfänger wird hier einziehen können.
Wirtschaftlichkeit – für wen?
Wenn Herr Klausmann erklärt, „eine Sanierung der Wohnungen sei vollkommen unwirtschaftlich“, müsste nach den Kriterien der Stadtbau Dreiviertel aller Wohnbauten nicht nur im Musikerviertel in Herdern, sondern in ganz Freiburg abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden. Das mag durchaus in der Logik einer renditeorientierten Wirtschaftlichkeit liegen, die – wie wir aus der jüngsten Vergangenheit zu gut wissen – in unregelmäßigen Abständen zu Finanzkrisen, ökologischen und sozialen Desastern führt.
Nicht nur in den Projekten des Mietshäuser Syndikats gibt es zahlreiche passende Beispiele, dass eine Sanierung, die an die baulichen Gegebenheiten und sozialen Ziele angepasst ist, ausgesprochen wirtschaftlich sein kann; und ökologisch, wenn auch nicht der Passivhaus-Standard eines Neubaus erreicht wird, sondern „nur“ der eines Energieeffizienzhauses 100. Aber damit werden wohl auch Grüne ÖkologInnen leben können, wenn dadurch der sozialen Segregation der Stadtteile entgegen gewirkt werden kann.
Wir werden ihnen helfen!
Nicht erst die Hausbesetzung vom 1.-6. April und das öffentliche Bürgergespräch am 4. April in Herdern haben gezeigt, dass die Geschäftsführung der Stadtbau entweder überfordert oder nicht Willens ist, bezahlbaren Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten zu erhalten, Entmischungen von Stadtteilen zu vermeiden, gleichzeitig den Gebäudebestand energetisch zu sanieren und barrierefrei bzw. altersgerecht umzubauen, wie es die Grünen fordern.
Bürgerbeteiligung 2.0
Deshalb wollen wir zusammen mit anderen engagierten Freiburger
Bürgerinnen und Bürgern die Dinge selber in die Hand nehmen und nach
dem Modell des Mietshäuser Syndikates und mit dessen Unterstützung ein
Unternehmen gründen, das diese Häuser erhält, ausbaut und sozial
bewirtschaftet, wie in unseren Eckpunkten (siehe Anlage) skizziert
wird. Dafür bitten wir Sie um Ihre Mitarbeit und Unterstützung.
Unser erstes Konzept mit Entwurfsideen und Finanzierungsrechnungen wollen wir in einer Veranstaltung direkt nach den Osterferien vorstellen und diskutieren:
Mittwoch 4. Mai um 20.00 Uhr
Fabrik, Habsburgerstr. 9 Hauptgebäude ehem. Café 1. OG
Mit freundlichen Grüßen
Baugruppe „Wem gehört die Stadt?“
Im Auftrag
gez. Stefan Rost, Regina Maier, Helma Haselberger
Anlage zur Presseerklärung vom 15.4.2011
Baugruppe „Wem gehört die Stadt“, c/o Aktion Sperrminorität, Adlerstraße 12 - Freiburg
Soziale, ökologische und ökonomische Eckpunkte
Bauprojekt J.S.Bach-Straße
1. Keine weitere Verdrängung der wenigen verbliebenen Mietparteien
2. Alle ehemaligen Mietparteien können falls gewünscht wieder einziehen
3. Erhalt der Begegnungsstätte; Mehrgenerationenhaus
4. Bezahlbarer Mietwohnraum für Leute mit niedrigen Einkommen
5. Einige große Wohnungen für große Flüchtlingsfamilien aus den Lagern
6. Ausbau und Modernisierung angepasst an die Altbauten in überschaubaren Abschnitten unter Berücksichtigung der Mietsituation
7. Ausbau der Dachböden mit großen Dachgauben; durch Zusammen-legung von Wohnungen keine zusätzlichen Stellplätze erforderlich
8. Energetische Sanierung mindestens als Energieeffizienzhaus 100, mit Blockheizkraftwerk
9. Erbbaurecht der Heiliggeistspitalstiftung, ggf. verminderter Erbbauzins
10. Erwerb der Gebäude symbolisch für 1 €, ggf. zum Gutachterwert
11. Günstige KfW-Fördermittel, Förderkredite des Sozialen Wohnungsbaus
12. Eigenkapitalbeschaffung durch einen Kreis von UnterstützerInnen:
Der zukünftige Bauverein „Wem gehört die Stadt?“ wirbt Direktkredite
ein.
13. Genossenschaftsähnliche Trägerorganisation wie beim Mietshäuser
Syndikat; Selbstverwaltung durch die MieterInnen wird angestrebt
14. Eigenbauunternehmen mit Möglichkeiten der Selbsthilfe („Muskel-hypothek“) und regulärer Beschäftigung während der Bauphase
15. Dauerhafte Sozialbindung und Verkaufssperre nach dem Modell des Mietshäuser Syndikats
16. Solidartransfer zur Unterstützung neuer Hausprojekte für MieterInnen mit niedrigem Einkommen
Recht-auf-Stadt Tagung in Freiburg im Mai
Auseinandersetzungen um Fragen der Stadtplanung, der Wohnraumversorgung und alternativer Wohn- und Lebensformen können in Freiburg auf eine lange Geschichte zurückblicken. Eine lebendige Hausbesetzungsbewegung und Proteste gegen Prestige- und Verkehrsprojekte waren prägend für verschiedene Bewegungen der 1970er bis 1990er Jahre. Auch in den letzten Jahren gab es Aktivitäten für quartiersbezogene Partizipation, Auseinandersetzungen um selbstbestimmte Freiräume und den erfolgreichen Widerstand gegen die Privatisierung kommunaler Wohnungen.
Damit zusammenhängende stadtpolitischen Fragen wurden bisher meist unter dem Stichwort Umstrukturierung zum Anknüpfungspunkt von städtischen Bewegungen. Seit einiger Zeit bilden nun die Aufwertung innerstädtischer Viertel und die damit einhergehenden Verdrängungen ärmerer Menschen den Ausgangspunkt, Fragen nach städtischer Teilhabe neu zu stellen. In der Regel geschieht dies im Zusammenhang mit dem Begriff Gentrifizierung.
In den letzten zwei Jahren haben sich, ausgehend von Hamburg, in mehreren Städten Recht auf Stadt-Netzwerke gegründet, so auch im März 2011 in Freiburg. Durch sie hat die Debatte um eine gerechtere Stadtentwicklung neuen Schwung erhalten.
Viele der Initiativen wehren sich gegen verstärkte soziale Ausgrenzungen im Zuge eines neoliberalen Stadtumbaus. Andere wichtige Themen sind die Konflikte um städtische Großprojekte und die Schaffung bzw. den Erhalt von alternativen Freiräumen.
Was verbirgt sich hinter dem Begriff Gentrifizierung und welche verschiedenen Auswirkungen lassen sich mit ihm beschreiben? Welche Möglichkeiten bestehen für verschiedene Akteure einer sozialen Stadtpolitik? Was zeichnet die Initiativen in den Städten aus und welches Potential für gesellschaftliche Veränderung können sie entfalten?
Diesen und anderen Fragen wollen wir im Rahmen einer Tagung nachgehen. Neben der Diskussion um die Analyse aktueller städtischer Veränderungen ist uns die Verknüpfung mit den lokalen Bedingungen, Entwicklungen und Ansatzmöglichkeiten ein besonderes Anliegen.
Programm:
Freitag, 20.5.2011:
18.00-19.30 Einführung, Vorstellung des Recht auf Stadt Netzwerks Freiburg
20.00-22.00 Andrej Holm (Berlin/Oldenburg): Gentrifizierung und Wohnungspolitik
Samstag, 21.5.2011:
09.30-11.00 Susanne Frank (Dortmund): Gentrifizierung und Geschlecht
11.30-13.00 Elfriede Müller (Berlin): Die unwirtliche Stadt und der öffentliche Raum
13.00-14.00 Mittagspause
14.00-16.30 Peter Birke (Hamburg): Soziale Bewegungen in der neoliberalen Stadt
16.00-18.00 Stadtführung zur Bewegungsgeschichte Freiburgs / Workshops
18.00-20.00 Abendessen
20.00-22.00 Diskussionsrunde “Was tun gegen Gentrifizierung?”
Sonntag, 22.5.2011
10.00-12.00 Abschlussrunde mit lokalen Initiativen und Akteuren zum Thema “Wie weiter in Freiburg?”
Tagungsbeitrag 10,- Euro / ermässigt 8,- Euro, beinhaltet den Besuch aller Veranstaltungen, der Arbeitsgruppen und der Stadtführung. Für Verpflegung zum Selbstkostenpreis wird gesorgt.
Die Anzahl der TeilnehmerInnen ist begrenzt. Wir bitten um frühzeitige Anmeldung:
* per Post an: Grether Öffentlichkeitsarbeit – Adlerst. 12 – 79098 Freiburg
* in der Buchhandlung Jos Fritz (Wilhelmstr. 15 in Freiburg)
* im Grether-Info-Büro (Adlerstr. 12 in Freiburg)
Voranmeldungen können leider nur bei gleichzeitiger Bezahlung des Tagungsbeitrages (Bargeld oder Briefmarken) berücksichtigt werden.
Soweit Plätze frei sind, können einzelne Veranstaltungen zum Preis von 3.- Euro (ermäßigt 2.- Euro) besucht werden.
veranstaltungsaufwertung/pöbelverdrängungsgebühr
sehr schön dass es so eine tagung gibt, auch mit guten vorträgen und spannenden referenten und referentinnen. aber wäre es nicht besser die beteiligten um spenden zu bitten und so solidarisch die unkosten zu decken. schade um das gute projekt es wieder in form einer dienstleistung auf den markt zu werfen. ist nicht genau das die vorstellung von recht auf stadt die wir vermeiden wollen, oder ist eine 20% ermäßigung für weniger bemittelte wie eine art sozialticket gedacht? wann gab es eigentlich in den letzten jahren bezahl-tagungen oder kongresse in der linken szene hier vorort? ich weiss es wird argumentiert werden "die unkosten sind aber hoch", die kommen von weit weg... sorry, aber ich finde pauschalbepreisung echt kacke, v.a. in einem sozialpolitischen zusammenhang. das ist wie die strandi-"vokü", in der jedes gericht 3,50 euro kostet und ich ne essensmarke vorzeigen muss, damit die "ausgabenkontrolle" auch funktioniert. ich finde das diese politik einen sehr unangenehmen rattenschwanz hat. solidarität und stadt für alle, statt ökonomisierung von bildung und kultur oder "recht" auf stadt! :-(
ganz deiner meinung
sehr schöne antwort auf den beitrag von "squattyeah"
Was nichts kostet, ist nix wert ;-)
Ja, ja, alles für alle und zwar umsonst.
Und die Argumente "die unkosten sind aber hoch", die kommen von weit weg..." lassen sich ja mit einem "Sorry, ich finde aber..." wirksam entkräften.
Mal ehrlich, hier verlangt keine/r, dass Du Deinen Computer oder Dein Fahrrad verkaufst. Klar, sind 10 und auch 8 Euro ermäßigt für viele Leute gutes Geld, aber wenn ich wirklich Interesse an der Veranstaltung habe, fallen mir auf Anhieb ein paar Optionen ein, mit dem Problem umzugehen:
1) Ich melde mich bei den VeranstalterInnen und vermittle denen glaubhaft, dass ich Probleme hab, die Kosten aufzubringen, aber gerne dabei wäre. Überzeugend wird das Ganze auch, wenn ich meine Bereitschaft zeige, wenn auch nicht den regulären Preis, so doch einen Betrag im Rahmen meiner Möglichkeiten zu zahlen. Es mag überraschen, wie wirksam miteinander Reden manchmal ist.
2) Ich sprech das Problem in meiner politischen Gruppe an, die GenossInnen schmeißen zusammen und "deligieren" mich zu der Tagung, wo ich Inputs aus der Gruppe zum Thema einbringe und die Ergebnisse zurück in meine Gruppe trage.
3) Ich frag Oma, Opa, Mama, Papa, Tante, Onkel, Bruder, Schwester, Freund, Freundin, MitbewohnerIn, NachbarIn,... (Unzutreffendes bitte streichen)
...
Was ich gar nicht leiden kann, ist das abstrakte Gejammer, das nix an der Tatsache ändert, dass entstehende Kosten bis auf Weiteres gedeckt werden müssen, und ich finde es absolut nachvollziehbar und überhaupt nicht unsolidarisch, wenn Leute, die etwas auf die Beine stellen, einen verbindlichen Beitrag verlangen, da es sonst halt häufig darauf hinaus läuft, dass die OrganisatorInnen auch noch draufzahlen. Cruel World.
Ansonsten können ja alle, die finden, es wäre "besser die beteiligten um spenden zu bitten und so solidarisch die unkosten zu decken", demnächst auch mal eine Tagung durchführen. Von einem Überangebot sind wir diesbezüglich ja noch ein Stück entfernt.
Sorry, ich finde aber...
Von abstraktem Gejammer kann nicht die Rede sein, es wurden ja sogar Vorschläge gemacht wie möglicherweise zu verfahren sei: nicht pauschal bepreisen sondern solidarisch zusammenwerfen. Cruel world haben wir in Freiburg gar nicht: Es gibt massiv Strukturen und Institutionen die solche Veranstaltungen finanziell "abfedern" können. Es geht vielmehr um die Vorstellung "freie Bildung" zu organisieren, was ja nicht dagegen spricht darüber zu reden wie das ganze finanziert wird. Die Kosten "privatisieren" d.h. den weniger Bemittelten/die weniger Bemittelte dazu zu zwingen "ihre Oma anzuschnorren" geht völlig in die falsche Richtung. Es geht nicht um ein plakatives "alles für alle und zwar umsonst", selbst wenn ich mit so einer Forderung unter bestimmten Voraussetzungen stark sympatisieren würde. Es geht eher drum Probleme wie Resourcen-ORganisierung zu kollektivieren und solidarisch zu lösen. Bestimmt sind die VeranstalterInnen "verhandlungsbereit" und "die paar Euro" sind nicht "die Welt". Vor allem sollte es im entstehenden "Recht auf Stadt"-Netzwerk darum gehen Leute aus Haslach und Weingarten, KleinrentnerInnen aus der JSB-Straße usw. Mit einer kleinen Tagung in der Stadtmitte die "Eintritt" kostet erreichen wir die "stabil-situierte alternative bildungspolit-Szene". Schöne Sache die Tagung. Allerdings wird es mehr brauchen um hier eine "Recht-auf-Stadt-Bewegung" zu beflügeln.
Was nichts kostet ist nichts wert! Das sagte mal mit einem grinsen Bildungsminister Frankenberg in der alten Stadthalle. Damals ging es um die Entsolidarisierung und Ökonomisierung im Bildungswesen.
In Freiburg gibt es wahrlich kein Überangebot an Kongressen und Tagungen. Allerdings gibt es auch solche Treffen wie den Freiraum-Kongress vergangenen Mai, internationale Samba- und Antirepressionsgruppen-Tagungen mit output, bei denen die "Kohle-Frage" genau anders herum angepackt wird. Möglich scheint's zu sein. Zur Not würde ich lieber auf eine Umsonst-Tagung setzen und dafür eine Soliparty machen.
Lieben Gruß und sei nicht so gepisst :O)
Wer kein Geld hat, soll auch kein Recht auf Stadt haben
Genau das ist das Problem: Du hast kein Geld? Du brauchst dich nur zu erniedrigen, dann darfst du dich auch bilden. Aber schön, dass ihr euren politischen Anspruch von Anfang an klar macht.