Heilbronner Nazi- Outing- Prozess Teil 2

Repression

Nachdem am 25. Januar 2011 ein junger Heilbronner Antifaschist wegen angeblicher Teilnahme an einer Outing-Aktion gegen einen NPD- Kader vom Amtsgericht Heilbronn verurteilt worden war, fand nun am 11. April 2011 die Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Heilbronn statt.

 

Nicht nur der Angeklagte, sondern auch die Staatsanwaltschaft war in Berufung gegangen, da sie eine Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht erreichen wollte.

Für den Beschuldigten endete die rund 8- stündige Verhandlung mit einem Erfolg: Er wurde vom Vorwurf des Landfriedensbruches freigesprochen, da nicht nachgewiesen werden konnte, dass er bei der Aktion im Mai 2010 beteiligt gewesen war.  Wie beim Prozess vor dem Amtsgericht wurde der Beschuldigte von solidarischen ProzessbeobachterInnen begleitet.

Der geoutete 23- jährige NPD- Aktivist Marcel Müller war wieder als Zeuge geladen und wiederholte seine waghalsigen Aussagen, die er bereits beim ersten Prozess im Januar zum Besten gegeben hatte:
Er behauptete, den Angeklagten "vom Sehen her" und dessen Vornamen durch Anti- Antifa- Recherche zu kennen, denn "man will ja wissen, wer so bei der Gegenseite ist".

Dann hätte er ihn beim Outing im Mai 2010 unter der Menge der ca. 20 mit Sturmhauben vermummten und einheitlich in schwarz gekleideten Antifas auf eine Entfernung von 15- 20 Meter anhand seiner "hellen strahlenden Augen" und seiner "schlanken Figur" erkannt. Aus den "strahlend blauen Augen", an die sich Müller im ersten Prozess zu erinnern glaubte, waren mittlerweile nur noch "strahlend helle Augen" geworden, da klar geworden war, dass der Angeklagt gar keine blauen Augen hat.

 

Müller gab an, den Vornamen des Angeklagten noch am Abend des Outings an die Polizei weitergegeben zu haben. Allerdings war dies weder im Polizeiprotokoll vermerkt, noch konnte sich der vernehmende Polizist daran erinnern. Im Protokoll des vernehmenden Beamten stand vielmehr, dass der geoutete Nazi keinerlei Angaben über eventuelle Täter machen konnte. Daraufhin behauptete Müller, den Namen "ganz sicher" einer Polizeibeamtin gesagt zu haben. Doch auch diese extra in der Mitttagspause herbeigerufene Polizistin konnte sich daran nicht erinnern. Wie dann überhaupt der Namen des Angeklagten ins Spiel gekommen war, wurde bei der erneuten Vernehmung einer bei der Outing- Aktion zufällig anwesenden Mädchen- Clique klar:

Eines der Mädchen kannte die Namen und den Wohnort einiger "Punks" bzw. "eher linksgerichteter" Jugendlicher und spekulierte in der Vernehmung durch die Polizei, ob vielleicht von denen jemand dabei gewesen sein könnte. Sie habe allerdings niemanden erkannt. Auch im Gespräch mit Marcel Müller hatte das Mädchen den Namen des Angeklagten erwähnt.

Daraufhin pickte sich offensichtlich die Polizei einen der eher beiläufig genannte Namen heraus und leitete gegen den Angeklagten Ermittlungen ein. Am 1. Juni kam es bei ihm deswegen zu einer Hausdurchsuchung und er wurde an seinem Ausbildungsplatz aufgesucht. Dabei wurde allerdings nichts gefunden, was auf eine Teilnahme an der Aktion gegen Marcel Müller hindeuten würde.

Neben dieser äußerst dubiosen "Namen- Quelle" war ein weiteres zentrales "Indiz" gegen den Angeklagten, dass angeblich sein Auto in der Nähe des "Tatorts" gesehen worden war. Für die Richterin am Amtsgericht war dieses Auto neben den "glaubwürdigen Aussagen von Macel Müller" ein Hauptgrund gewesen, den Angeklagten zu verurteilen. Der Zeuge, der kurz nach dem Outing ein Auto gesehen hatte, sagte allerdings wie im Januar auch, dass es nicht das auffällige Auto des Angeklagten gewesen sei. Die Richterin zitierte aus den Vernehmungsprotokollen der Polizei, wonach angeblich ein "Auto mit Aufklebern und Graffitti" gesehen worden sei. Der Zeuge, der das gesehen haben soll, war darüber äußerst überrascht und versicherte, so eine Aussage niemals gemacht zu haben.

Nachdem auch weitere Zeugen nichts aussagen konnten, was auf den Angeklagten hindeutete, war die Richterin offensichtlich vom "unsauberen" Ermittlungsstil der Polizei nicht angetan. Auch obskure Kleinigkeiten warfen ein merkwürdiges Licht auf die Ermittlungsbehörden. Z.B. wurde bekannt, dass der ermittelnde Staatsschutzbeamte den NPD- Kader Müller duzt und dass Müller ihn am Abend des Outings auf seinem Handy anrief und um Hilfe bat.

Die Staatsanwältin hielt unbeirrt daran fest, dass der Angeklagte zu verurteilen sei und wiederholte in ihrer Begründung fast wörtlich ihre Ausführungen vom Prozess vor dem Amtsgericht. Letztlich wurde der Angeklagte vom Vorwurf des Landfriedensbruches freigesprochen.
Aufgrund eines bei der Hausdurchsuchung gefundenen Gegenstandes wurde er allerdings wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu einer Geldstrafe von 900 Euro verurteilt.

Der Freispruch im Bezug auf die Outing- Aktion war juristisch zu erwarten und ist für den Angeklagten und seine Familie  sicherlich eine große Erleichterung nach der Hausdurchsuchung im Elternhaus, dem Aufsuchen im Ausbildungsbetrieb und der skandalösen Verurteilung durch das Amtsgericht. Zusätzlich wurde der Beschuldigte von den Heilbronner Nazis ins Visier genommen, an seinem Auto wurden nachts alle 4 Reifen aufgeschlitzt.

Für uns zeigt der Ablauf der Ermittlungen und des Prozesses einiges. Die Heilbronner Polizei und Staatsanwaltschaft wollen hart gegen antifaschistische Strukturen vorgehen und dabei ist ihnen jedes Mittel recht. Zeugenaussagen und "Ermittlungsergebnisse" werden so überarbeitet und zusammengefasst, dass sie passen und weitere Maßnahmen rechtfertigen, NPD- Kader erhalten persönliche Beratung vom Staatsschutz. Bedingungslose Rückendeckung bekommen die Heilbronner Ermittler dabei anscheinend vom Amtsgericht und es braucht juristische Schritte und höhere Instanzen wie das Landgericht, um dagegen vorgehen zu können.

Vor allem aber ist es jetzt wichtig, sich durch diese staatliche Anti- Antifa- Arbeit nicht einschüchtern zu lassen und weiter unsere Seite, den antifaschistischen Widerstand, aufzubauen. Und dass unsere Seite wächst, zeigt die große und erfolgreiche Mobilisierung gegen den Großaufmarsch der Faschisten am 1. Mai. Tausende werden sich den Nazis in Heilbronn entgegenstellen - und wir werden natürlich nicht nur am 1.Mai selbst solidarisch zusammenhalten, sondern auch danach wieder alle begleiten und unterstützen, die von Repression und Kriminalisierung betroffen sein werden.

Solidarität ist eine Waffe!

Anti- Repressions- Gruppe Heilbronn

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Z.B. wurde bekannt, dass der ermittelnde Staatsschutzbeamte den NPD- Kader Müller duzt und dass Müller ihn am Abend des Outings auf seinem Handy anrief und um Hilfe bat.

heißt das nicht, dass der staatsschutzbeamte ein "kamerad" von müller ist?

Schwachsinn..

das heißt nur das der Staatschutz bei den auch versucht auf gut Freund zumachen