Am 13.Mai, dem sogenannten Vatertag, letzten Jahres kam es in Hannovers
Nordstadt zu einer Auseinandersetzung zwischen AntifaschistInnen und
Nazis die trinkend einen Pub belagerten und zuvor durch Pöbeleien sowie
körperliche Bedrohungen gegen einen Migranten aufgefallen waren.
Dieser
Vorfall zieht mittlerweile immer weitere Kreise: Gegen drei Personen,
die nach dem Vorfall von den Bullen in der Nordstadt aufgegriffen
wurden, wurden die Ermittlungen mittlerweile eingestellt, doch für Sven,
Stefan und Tim, die die Nazis mittels einer Bildvorlage erkannt haben
wollen, wird die Lage zusehends ernst: Die Anklage wegen gefährlicher
Körperverletzung in gemeinschaftlicher Begehung ist raus, der erste
Verhandlungstermin ist bereits angesetzt.
Politische, finanzielle und persönliche Unterstützung ist spätestens jetzt notwendig.
Was passiert ist…
Am 13. Mai 2010 wurde eine 15-20 Personen große
Gruppe stadtbekannter Nazis in Hannover nach Eigenaussagen von mehreren
vermummten Personen angegriffen und verletzt. Die Nazis Patrick Heise
und Marc Oliver Matuszewski wollen erst im Nachhinein nach einer
Fotovorlage durch die ermittelnden Bullen drei Personen identifiziert
haben. Die belasteten Antifaschisten sind der rechten Szene seit
geraumer Zeit bekannt: Als politische Gegner, Aktive im Kampf gegen
Rassismus und Faschismus.
Neonazis und ein Besuch in der Nordstadt…
Die
hannoversche Nordstadt gilt als ein alternativer Stadtteil. Übergriffe
durch Nazis auf Wohnungslose, Migrant_innen, Homosexuelle, Juden und
Jüdinnen oder Linke sind hier bisher eine Seltenheit geblieben. Am
„Vatertag/Himmelfahrt“ 2010 besuchte eine 15-20köpfige Gruppe Neonazis
die Kneipe „Dani´s Pub“ am Rande der Nordstadt. Die betrunkene
Männergemeinschaft verklebte Naziaufkleber, schmierte Anti-Antifa-/
NS-Graffiti und bedrohte ungestört Passant_innen in der Umgebung der
Kneipe: Ein gezielter Versuch in der Nordstadt Boden gut zu machen und
Angst unter Andersdenkenden und in ihren Augen „Andersartigen“ zu
schüren. Erst ein konsequentes Eingreifen seitens Antifaschist_innen
beendete an diesem Tag das neonazistische Treiben und macht es möglich,
dass Besuche dieser Art zumindest in der Nordstadt Einzelfälle bleiben.
Polizei, Staatsschutz und…
Am
Tatort konnte niemand festgesetzt werden. Dafür griff eine
Polizeistreife in der Nähe des linken Jugendzentrums UJZ Kornstraße drei
junge Erwachsene auf und nahm diese zur „Erkennungsdienstlichen
Behandlung“ fest. Das Verfahren gegen diese drei Personen musste von den
Bullen fallen gelassen werden. Allerdings schaltete sich umgehend der
Staatsschutz in die Ermittlungen ein und legte drei der Nazis eine
Fotosammlung mit ca. 30 Menschen vor, die der politisch linken Szene
Hannovers zugerechnet werden. Konnte direkt im Anschluss an dem Vorfall
vor der Kneipe keiner der Anti-Antifa-Aktivisten eine Aussage zu den
vermeintlichen Täter_innen machen, gaben diese nach der Sichtung der
Bilder an, nun drei Antifaschisten identifizieren zu können. Vor dem
Hintergrund, dass die drei Betroffenen durch ihr antirassistisches und
antifaschistisches Engagement über Jahre den Nazis bekannt sind, ist
diese Identifikation wenig verwunderlich: Sven wurde bereits 2009 auf
der Homepage der NPD-Hannover mit Namen, Beschreibung der Person, sowie
Wohnort geoutet. Er hatte an Protesten gegen einen NPD-Stand
teilgenommen. Es ist brisant mit welcher Selbstverständlichkeit Polizei
und Staatsschutz den Nazis Fotos von Linken präsentiert und sie damit
einer erheblichen Gefahr aussetzt.
Anti-Antifa…
Bei der
Gruppe Nazis handelt es sich um Personen aus der Kameradschaft Celle 73,
Besseres Hannover, der NPD Hannover sowie weiteren Personen, die der
gewaltbereiten Kameradschaftsszene aus Schaumburg, Bückeburg und
Hannover zugerechnet werden können. Ein überwiegender Teil der
anwesenden Neonazis fiel in den vergangenen Jahren immer wieder durch
gewalttätige Übergriffe auf Antifaschist_innen und Migrant_innen auf.
Immer wieder tauchten auch konkret Namen der Beschädigten in der Presse
und bei Gerichtsterminen auf. In der Silvesternacht 09/10 wurde ein
Achtzehnjähriger von einer größeren Gruppe Nazis, unter anderem aus dem
Umfeld der Freien Kräfte Hannover-Umland am Kröpcke angegriffen. Dabei
erlitt der linke Jugendliche Verletzungen am Kopf: In der Bahn gingen
die Schläger erneut auf den jungen Mann los und verprügelten ihn.“
(Hannoversche Allgemeine Zeitung 14.01.2010) Die Polizei sicherte nicht
die Bänder der Überwachungskameras und verunmöglichte eine Benennung
weiterer Täter. Ebenfalls ging aus diesen Reihen ein Überfall auf linke
Demonstrant_innen nach dem Naziaufmarsch in Hildesheim hervor, der
jedoch erfolgreich abgewehrt werden konnte (HAZ 06.06.2010.). Die
meisten Täter entkamen. Über diese gewalttätigen Aktionen hinaus wurde
der Personenkreis durch die Verbreitung neonazistischer Inhalte an
hannoverschen Schulen bekannt: “Unter dem Titel „Bock – das Sprachrohr
der Gegenkultur“ verbreiten Angehörige der rechtsextremen Szene ihre
Thesen und wollen damit offenbar gezielt Jugendliche ansprechen“ (HAZ
14.03.2010).
Konsequenter Antifaschismus…
Nazis sind an
allen Orten der Gesellschaft eine Gefährdung für Menschen, die nicht in
das menschenverachtende Weltbild passen. Diese wenigen Beispiele aus dem
Raum Hannover allein im Vorjahr zeigen, dass der Kampf gegen Nazis
nicht Sache der Staatsmacht sein kann: Gerichte weisen den Nazis ihren
„legitimen“ Spielraum zu, der von der Polizei durchgesetzt und gegen
antifaschistisches Engagement geschützt wird. Neonazistische Ideologien
von Nation, Rasse und Sozialchauvinismus werden durch ein Verbot auf
rechtlicher Ebene nicht aus der Welt verschwinden. Sie knüpfen sowohl an
die Existenzängste an, die viele Menschen in der auf Arbeitszwang
beruhenden Konkurrenzgesellschaft haben, als auch an Phänomene aus der
selbst ernannten Mitte der Gesellschaft, wie die Vorstellung eines
gesunden Nationalismus. Um neonazistischen Ideologien und Taten ein Ende
zu bereiten, müssen die gesellschaftlichen Grundlagen wie der Staat,
Nation oder die Kapitalherrschaft überwunden werden. Gerade in Zeiten,
in denen die Extremismustheorie wieder aus der Mottenkiste geholt wird,
welche aus der vermeintlichen „Mitte der Gesellschaft“ faschistische und
emanzipatorische Praxis am Maßstab der Legalität auf „das Gleiche“
zusammenkürzt, ist es wichtig, an der grundlegenden Kritik festzuhalten,
die für den konsequenten Antifaschismus wichtig ist. Antifaschistischer
Selbstschutz ist unumgänglich, notwendig und legitim: Es braucht aktive
Menschen, die sich bewusst und tatkräftig gegen Nazis zur Wehr setzen.
Dass genau diese auf Grundlage von Aussagen neonazistischer Gewalttäterr
unter Beihilfe von Polizei und Staatsschutz sich nun einer
Kriminalisierung ausgesetzt sehen, ist beschämend und kränkend für alle,
die Gewalt von Nazis ausgesetzt sind und dagegen auf die Straße gehen.
Spenden könnt ihr für die drei angeklagten Genossen unter:
Rote Hilfe e.V.
Kontonummer: 0010808858
BLZ: 76010085
Verwendungszweck: Vatertag
Zudem
wird es in Hannover am 16.04.2011 eine Demonstration unter dem Motto:
„Antifaschismus ist NOTWENDIG, nicht kriminell!“ geben!
Weitere Informationen dazu folgen bald...
Aktuelles erfahrt ihr unter www.antifasoli.blogsport.de
Für einen konsequenten Antifaschismus!
Betroffen sind Einige, gemeint sind wir alle!
Meinungen durchprügeln
Ich kann das ehrlich gesagt nicht nachvollziehen, vielleicht kann mir jemand meinen Denkfehler aufzeigen:
Ich finde es grundsätzlich falsch, irgendeine Meinung mit Gewalt durchzusetzen oder zu unterdrücken. Unabhängig davon, wie evidentt bzw. falsch diese Meinung scheinbar ist, reproduziert man damit eines der größten Probleme unserer Gesellschaft, die Macht der "Stärkeren".
Wenn jemand scheiß verzapft, kann ich ja eine Gegendarstellung machen und wenn dieser jemand seinen Scheiß nicht sehr diskursiv sondern eher populistisch unter Ausnutzung der "Existenzängste, die viele Menschen in der auf Arbeitszwang beruhenden Konkurrenzgesellschaft haben" verzapft, dann gilt es langfristig diese Ursachen, also die Existenzänste und den Arbeitszwang zu "bekämpfen". Aber es hört doch niemand auf Nazi zu sein, nur weil er verprügelt wird, oder?
Auch wenn mich die Meinungen der Leserinnen und Leser hier interessieren würden, will ich hier nicht in erster linie rumtrollen (d.h. eine möglichst große Diskussion vom Zaun brechen). Mich würde vor allem interessieren, ob es in der Antifa-Szene vielleicht schon in irgendeiner Form Diskussionen darüber gab, die dokumentiert sind, und wie man an die ran kommt.
Es geht nicht darum die Meinung durchzuprügeln
Dein Denkfehler liegt darin dich auf eine im Kopf des Einzelnen liegende Meinung zu beziehen. Politische und soziale Kämpfe finden aber nicht im Kopf und nur zum Teil auf dem Papier statt. Kapitalismus, Arbeitszwang und Naziumtriebe sind keine Meinung sondern ein ganz praktisches Problem. Wenn Polizisten Demonstrationen angreifen, Nazis Migranten und Andersdenkende verprügeln und die Bundeswehr Ziilisten erschiesst helfen die besten Argumente nicht. Handfester Widerstand -ob als antifaschistischer Selbstschutz oder militante Intervention- wird notwendig.
Natürlich wäre es schöner gleich den ganzen Kapitalismus in die Tonne zu treten und eine Welt des Friedens und der Freiheit zu schaffen, dass ist nur leider nicht ganz so einfach...
Debatten und Diskussionen zur Notwendigkeit von Militanz gab es in der Linken zuhaufe. Beispielweise die "Militanzdebatte" in der Szenezeitschrift Interim (teilweise online zu finden unter https://mirror.so36.net/home.arcor.de/dokumentationX/texte/debatte.html) oder die Publikationen rund um einen ähnlichen Fall in Stuttgart (http://antifaprozess.blogspot.com/). Am besten du schaust einmal in dem Infoladen um die Ecke vorbei und lässt dich kompetent beraten.