Der Konflikt zwischen Staatsmacht und jenen, die die Rigaer Straße mit Leben füllen und in ihr einen rebellischen Bezugspunkt sehen, hat sich in den letzten Wochen erneut verschärft.
Nordkiez: Gefahrengebiet reloaded
Der Konflikt zwischen Staatsmacht und jenen, die die Rigaer Straße mit Leben füllen und in ihr einen rebellischen Bezugspunkt sehen, hat sich in den letzten Wochen erneut verschärft. Der Belagerungszustand durch patroullierende Mannschaftswagen und ausspähende Zivis ist wieder eingesetzt. Vor allem nachts stehen an strategischen Punkten wie dem Dorfplatz, direkt vor den Haustüren der Projekte Rigaer 94, Liebig 34 sowie auf Höhe Fischladen / Rigaer 78 Bullen abgeparkt, die Menschen durch ständige Kontrollen und Platzverweise schikanieren. Geisels Schlägertruppen sind dabei auf Konfrontationskurs. Ohne Vorwarnung werden Menschen brutal verprügelt und festgenommen, Kinder angegriffen oder es wird mit Zivis auf Menschenjagd gegangen.
Das Gefahrengebiet wird heute gezielt individualisierter von staatlicher Seite umgesetzt, als es im Winter 2016 der Fall war. Damals erklärte Henkel noch alle Bewohner*innen der Straße zum Feind. Die rot-rot-grüne Regierung versucht sich nun in einer anderen Strategie, was sie umso gefährlicher macht, da es immer noch jene gibt, die in ihrem Glauben an den Rechtsstaat auf das Spiel der Demokratie hereinfallen. „Teile und herrsche“ ist die Vorgabe, um die Kontrolle über diesen Stadtteil zu erlangen, der durch ständigen Widerstand und ein vielfältiges Straßenleben ein Dorn im Auge jeglicher Regierung ist. Erst dann, wenn in unserem Handeln und Denken eine absolute Ablehnung dieses gewalttätigen Systems und jeglicher Vertreter*innen desselben inne wohnt, wird ein Kiez, eine Stadt, eine Straße oder auch ein Moment zu einem Ort, an dem wir wirkliche Solidarität und Selbstverwaltung schaffen können.
Hamburg: Moment der Revolte
Während der massenhaften Ausschreitungen, dieser momenthaften Revolte, am Freitagabend im Schanzenviertel brachten unzählige Menschen ihre Wut gegen die Enteignung ihrer Leben zum Ausdruck. Freund*innen aus ganz Europa und darüber hinaus, Jugendliche aus den Vierteln, Menschen, die vielleicht zum ersten Mal einen Stein in ihre Hand nahmen oder noch nie zuvor aus einem Supermarkt das mitnahmen, was ihnen eh zusteht, solidarische Umherstehende oder Schaulustige – sie alle schafften ungeregelt einen Moment des kollektiven Ausbruchs. Es entstand ein Raum für einige Stunden, in denen die Staatsmacht keinen Zugriff hatte und keine*r mehr von oben legitimiert wurde, jemand anderen zu dominieren und vorzuschreiben, was zu tun sei. In solchen Momenten tun sich Widersprüche auf, Wut bricht sich spontan und unkontrolliert seine Bahn. Und dann können wir aber Verantwortung für uns selbst und mit anderen übernehmen, miteinander diskutieren, intervenieren und voneinander lernen.
Wie auch schon einige anonyme Freund*innen (hier oder hier) es vor uns getan haben, wollen wir einige Worte von crimethinc dazu zitieren: „Some have criticized the rioters who barricaded the Schanze district and drove out the police for hours as being “apolitical,” engaging in “mindless chaos.” On the contrary, nothing is more political than creating such a space like this, in which we may once again become the protagonists of our own social and political lives rather than letting the authorities impose their order on us.“ und „Next time people open up a police-free zone, let’s fill it with the lives we all deserve."
Welcome to reality – you can‘t control resistance and
rage
Kaum war die Schanze durch die Truppen Duddes militärisch zurückerobert und unter Kontrolle gebracht, liefen sich schon die Mühlen der Empörung über die Gewalt der Straße heiß. Und einige tun genau das, was der Spaltung eines erfolgreichen Widerstandes in „gut“ und „böse“ verhilft – sie geben der Hetze nach und lassen sich auf das Spiel der Distanzierungen ein. Wer sich, wie Beuth oder Blechschmidt, als „Sprecher der Autonomen“ bezeichnet, meint den „größten schwarzen Block Europas“ unter dem Motto „welcome to hell“ hinter sich zu haben, davon aber bestenfalls nur die „gemäßigten Autonomen“ und die Geschehnisse von Freitagnacht dann als „sinnentleerte Gewalt“ bezeichnet, dessen Gerede können wir jenseits von jeglicher Aberkennung seiner „Autorität“ nicht ernst nehmen. Und wer auf der anderen Seite meint, Sprecher_innen vorschicken zu müssen, um die eigene Stimme abzugeben und gleichzeitig Tausende freie Individuen vereinnahmt, gibt seine*ihre Autonomie ab.
Auch als am 16. Juni ein Hip-Hop Konzert auf der Rigaer Straße zum Anlass dutzender Menschen wurde, die Straße zu verbarrikadieren, sie gegen die Bullen zu verteidigen und dabei einige Kleinwägen abbrannten, reagierten Presse und Politik mit einer Hetzkampagne gegen die Gewalt in der Rigaer Straße. Obwohl in solchen Momenten die erste Reaktion oft das Verfassen einer Erklärung ist, entschieden wir uns als Rigaer Straßenplenum nichts dazu zu veröffentlichen. Wir wollen nicht die Deutungshoheit über bestimmte Aktionen für uns beanspruchen und bestimmen, was richtig oder falsch ist oder irgendeinem hoheitlich festgesetztem Sinn entspricht. Wir entschieden uns dazu, die betroffenen Nachbar_innen ausfindig zu machen, die Unterstützung wünschen und gemeinsam Lösungen zu finden, ohne die Solidarität zu einer Inszenierung zu machen.
Ein autonomes Projekt wie die Flora sollte sich nicht von selbsternannten oder – noch schlimmer - gewählten Sprechern und hegemonialen Diskursen von Recht und Ordnung dominieren lassen. Wir brauchen keine Sprecher*innen, die uns die Stimme nehmen, die wir uns im Schein der Barrikaden doch gerade zurückerobern. Unser Widerstand lässt sich nicht in wohl formulierte, angepasste Worte pressen. Wofür braucht ihr die Position eines*r Sprechers*in, wenn ihr gegen Macht und Herrschaft steht? Wenn wir diese Position akzeptieren, ist es ein Fehler von allen, die sich von solchen Leuten vertreten lassen und dadurch keine Verantwortung übernehmen, sondern sie bequem abschieben.
Wie schon 2007 nach dem G8-Gipfel in Rostock werden die Sprecher*innen binnen kürzester Zeit in der Unbedeutsamkeit verschwinden. Damals war es der Chef der ALB, der sich von den utopischen Zahlen der verletzten Bullen zu Distanzierungen verleiten lassen hat. Glücklicherweise gibt es auf dieser Welt aber auch vernünftige Menschen. Nach ihm kräht heute kein Hahn mehr und die Steinhagel auf die bewaffneten Schlägertrupps wurden zu einem wichtigen Bezugspunkt für einen neue Generation, die zehn Jahre später wieder ihren Weg in den Norden fand und Grundsteine für die Revolte legte. Jetzt schon zeichnet sich ab, dass die anfängliche Aufgeregtheit weicht und zu einer längst überfälligen konstruktiven Debatte in der deutschen Linken führt. Die letzten zehn Jahre zeichnete sich diese deutsche Linke in erster Linie dadurch aus, jegliche Entwicklung zu ignorieren und in alten Mustern festzusitzen. Das Hamburger Ereignis scheint das Potential zu haben, wieder Anschluss an gesellschaftliche Prozesse zu finden und damit aus der deutschen linken Identität auszubrechen. Die Revolte und der Aufstand sind jetzt auch hier möglich. Und das beste ist, dass schon jetzt kein repressiver Schlag mehr etwas daran ändern kann.
Die Revolte politisch verteidigen
Dennoch sehen wir uns in der Verantwortung, die Revolte politisch zu verteidigen. Die Gefangenen müssen langfristig unterstützt werden. Eine breite Kampagne gegen den medialen Angriff sollte auch die Menschen erreichen, die wenig Zugang zu Szenemedien haben. Ebenso muss der Umgang mit Parteien und Gruppen neu diskutiert werden, die sich zunächst gegen die Revolte positionieren. Zum Beispiel Recht auf Stadt: „Wir sind entsetzt über die enorme Brutalität, die sich über Stunden ungehindert Bahn brechen konnte.“
Es sind Debatten, die auf globaler Ebene geführt werden, aber auch von lokaler Bedeutung sind. Dass die Ausschreitungen in einem für uns symbolträchtigen aber eigentlich gentrifizierten Kiez stattfanden, haben ihre Art und Weise beeinflusst. Dass REWE und Budniskowski von der Presse zur Kiezstruktur stilisiert werden, zeigt einerseits das Inklusions-Potential unserer „solidarischen“ und „rebellischen“ Kieze. Gleichzeitig wird das ganze aber offensichtlich peinlich und beliebig. Spielt sich dann noch die „Hochburg der Autonomen“ als Schutzmacht der Ordnung auf, dann müssen wir uns fragen, wieso nicht auch die kleinen Yuppie-Läden mit ihren jämmerlichen „Spare our store – NO G20“-Schildern in den Auslagen zerlegt wurden. Wenn die Schanze weiterhin ein Symbol für ein solidarisches Leben im Kiez bleiben soll darf es keine Distanzierung von solidarischen Bewohner*innen oder anderen solidarischen Strukturen geben. Im Gegenteil muss der Widerstand gegen die Unterdrückung und Verdrängung (-im Zweifelsfall auch mit Gewalt-) weiter gehen. Ansonsten gehen die Riots so in die Geschichte ein: Autonome aus ganz Europa haben zusammen mit Jugendlichen aus Reihenhaussiedlungen und feierlustigen Touristen ein Schicki-Micki-Viertel verwüstet.
Denn Gewalt ist niemals sinnentleert sondern hat gerade hier seinen Grund gehabt. Ob es bessere Ziele gegeben hätte ist diskutierbar aber in diesen Momenten der Entfesselung ist es gerade kennzeichnend, dass die Kontrolle verloren geht. Die Kontrolle der Staatsmacht, die Kontrolle, die die Individuen klein macht.
Kein Frieden mit den bestehenden Verhältnissen
Auch in der Rigaer Straße muss den Menschen klar gemacht werden, dass die Strukturen, die an der Hamburger Revolte beteiligt waren, bereit sind, auch unseren Kiez zu verteidigen. Der Preis, den wir bisher fast täglich bezahlen ist der Verzicht auf Ruhe, Frieden und ein leicht zu vermarktendes Image. Dazu gehört scheinbar sinnlose Sachbeschädigung, ein gewisses Maß an Straßengewalt und die Anfeindung mit der Politik, welche uns die Gentrifizierung und Bullen gebracht hat. Zum Beweis für einen solidarischen Kampf kamen im letzten Jahr mehrere tausend Menschen auf die Demos für unseren Kiez und während der Belagerung der Rigaer94 haben sie in zahlreichen Städten hunderte teils riskante Solidaritätsaktionen durchgeführt. Solche Menschen sind es, die in Hamburg waren und auch in Berlin, die gemeinsam mit uns kämpfen – auf allen Ebenen und in der Form, die für sie passt. Je konsequenter wir uns hier zusammen tun und auch die lokalen Kämpfe Anderer unterstützen, desto mehr werden wir zu einer Bewegung, die der herrschenden Ordnung etwas entgegensetzen kann.
Dieses Potential gilt es im Nordkiez wie in den vergangenen zwei Jahren zu vermitteln. Die neue Strategie der Berliner Innenpolitik, die hier im Kiez darum bemüht ist, ihr Image der Besatzungsmacht zum Image einer Schutzmacht zu transformieren, bringt aber neue Herausforderungen mit sich. Zwar haben wir auch die Zeit, auf unvermeidliche Fehler der Bullen zu warten, die dieses Image sabotieren. Doch reicht es nicht sich nur auf Widerstand gegen die ausführende Staatsgewalt in Form von Bullen und Innensenator zu beschränken. Gentrifizierung, soziale Spannungen aufgrund Benachteiligung und Ungerechtigkeit hat andere Ursachen. Die Lösung unserer Probleme Wissenschaftlern, selbsternannten Experten oder sogenannten Führungspersönlichkeiten zu überlassen ist ein fataler Fehler. Pseudobeteiligungen wie „Bürgerbeteiligung“ oder „Runde Tische“ geben dem Staat die scheinbare Legitimation. Die mögen geübt darin sein, mit einer Mischung aus angeblicher Mitbestimmung und mehr oder weniger offensichtlicher Gewalt die Bevölkerung ruhig zu stellen. Was sie jedoch niemals verstehen werden, ist die undifferenzierte Wut gegen die bestehenden Verhältnisse. Und genau deshalb können wir aus Hamburg lernen.
Solidarische und kämpferische Grüße an die Menschen, die Risse in die Stadt der Reichen treiben – zum Beispiel mit Straßenblockaden, bei der Platte (alte Teppichfabrik) in Alt-Stralau, dem Black Triangle in Leipzig, dem Kampf gegen den Google-Campus in Kreuzberg; an all jene, die tagtäglich gegen die bestehenden Verhältnisse kämpfen.
Das waren erfolgreiche Tage!
Wenn wir uns jetzt öffentlich zertreiten oder selbst zerfleischen haben Grote und Dudde gewonnen! Eine Front gegen die Reaktion!
Das Interview von Andreas und Andreas war ein Fehler, beide bedauern das zutiefst! Weitere Interviews wird es nicht geben und es wird auch nichts weiter dazu zu sagen sein! Die Aufarbeitung erfolgt intern, die Presseerklärung der Flora ist bekannt! Auch viele "Dementis" von Gruppen wie "Recht auf Stadt" werden heute schon intern kritisch diskutiert. lasst die Zeit zur internen Aufarbeitung! Konzentrieren wir uns auf das Gemeinsame nicht auf das Trennende!
Für uns ist es jetzt wichtig die Dynamik des Kampfes und der Mobilisierung für den Fortbestand der Revolte zu nutzen! Wenden wir uns gemeinsam gegen die Projekte der CG-Gruppe, verteidigen wir den Nordkiez mit allen seinen Projekten, das Black Triangle und die Rote Flora gegen die Repression! Beteiligt euch am Tag X zur Verteidigung der Flora!
Von Selbstkritik oder VV leider nichts gehört
Klar ist "eine Front gegen die Reaktion" das Ziel und ein "selbst zerfleischen" kontraproduktiv, aber nach den öffentlichen Distanzierungen muss zumindest die selbstkritische Aufarbeitung in irgendeiner Form "szeneöffentlich" sichtbar sein, damit wir solidarisch miteinander "eine Front", auch zur Verteidigung aller antikapitalistischen Zentren und für die Freilassung u. a. der G20-Gefangenen, sowie für künftige gemeinsame Kämpfe bilden können.
Und dies ist nicht der Fall.
Noch zur Richtigstellung: es gab eine Verlautbarung von Andreas als sog. Flora-Sprecher, die später, z. B. auch auf der AnwohnerInnenversammlung (die der Einladung nach explizit Presse ausschloss, aber dann ebenso explizit duldete, nur zitieren dürften sie nicht, woran sie sich natürlich nicht hielten) von diesem A., als abgesprochene Stellungnahme einiger Rot-Floristen in der Annahme, REWE sei (trotz Wohnungen darüber) in Brand gesetzt worden (was nicht der Fall war, soweit auch A.) bezeichnet wurde. Damit war für mich zwar nachvollziehbar, dass dieser Andreas nicht nur für sich sprach (gleichwohl nicht für die ganze Flora) und weshalb er etwas sagte, aber der Inhalt der Stellungnahme, die sich eben nicht nur auf reale (vermeintliche) Gefahren für BewohnerInnen bezog, sondern global eine sog. rote Linie zog, wurde nicht infrage gestellt. Wenn ich es richtig verstanden habe, wurde die Flora von A. sodann auch als Stadtteilzentrum (und nicht als autonomes Zentrum) dargestellt. (Zur AnwohnerInnenversammlung, auf der trotz gegenteiliger Einladung Presse ansonsten andernorts, anderes Thema). Einige Zeit später gab es eine Werbeaktion eines Online-Pflanzenhändlers mit sog. Friedenstauben "statt Gewalt"an der der Flora, und A. bestätigte zunächst gegenüber den Lokalmedien, dass die Hauptaktivistin Teil einer Flora-Gartengruppe sei, bevor er (wie der andere Andreas) nicht mehr für die Presse erreichbar waren.
Von Andreas als sog. Sprecher der "gemäßigten" Autonomen gab es nicht nur ein, sondern verschiedene Interviews, in denen versuchte, seine "unglückliche", missverstandene (m. E. unpolitische und nur emotional erklärbare) Äußerung zum Vergleich Schanzenviertel/Pöseldorf, nach dem erwartbaren süffisanten und repressiven Reagieren von Politik, Anwaltskammer, Medien pp. in eine allgemeine Distanzierung von durch ihn nicht erwartbaren Aktionen von durch ihm nicht eingeladener Menschen aus dem internationalen Umfeld umzumünzen, wohlbemerkt, nicht als Privat-Meinung, sondern als die eines Sprechers.
Auf der oben erwähnten Stadtteilversammlung ist auch dieser A. an das Mikro getreten, um die Repression gegen ihn und sein Empörung darüber, als Verräter beschimpft zu werden, ebenso kundzutun wie seine Solidarität mit der Flora. Von Selbstkritik habe ich, abgesehen von der "unglücklichen" Äußerung zu Schanzenviertel/Pöseldorf nichts gehört. Auch nicht "intern".
Die (zugegeben differenziertere) Presseerklärung der Flora kann da nicht als szeneöffentlicher vorläufiger Abschied des Diskurses mit dem Anspruch, "beteiligt Euch am Tag X zur Verteidigung der Flora"angesehen werden.
In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, dass ich auf den bisherigen Kundgebungen für die G20-Inhaftierten (z. T. aus dem Ausland) weder die beiden A.'s noch einen Beitrag der Flora wahrgenommen habe, das zur Verfügung Stellen eines Raumes für ein Café mit Gefangenen-Infos ist etwas wenig. Wir erinnern uns auch, vor G20 gab es Vollversammlungen dazu, jetzt nicht mehr, soweit mir bekannt, nicht einmal eine gemeinsame Stellungnahme des "Wellcome to hell" Bündnisses.
Außerdem sind auch hier in Hamburg, andere, vielleicht weniger publizierte Zentren, wie z. B. die B5, bei der real am 08.07. eine Razzia lief, bedroht, bitte keine Fokussierung auf die Flora! Alle Zentren verteidigen und alle G20-Gefangenen (und nicht nur die...)müssen raus!
Noch privat emotional:
Es gab hier in Hamburg verschiedene, z. T. diffamierende und seitens einger "Autonomer" dem Staatssschutz in die Hände arbeitende Auseinandersetzungen zwischen denen, die Israel als einzig akzeptablen Staat (asonsten ist mensch antinational) anerkennen, jede Kritik daran, auch am dortigen kapitalistischen Gesellschaftssystem als antisemitisch bezeichnen und denen, die sich mit dem palästinensischen Volk solidarsierten und Israel als Apartheid-Staat bezeichneten, natürlich lagen dahinter noch wesentlich weitreichendere ideologische Auseinandersetzungen. Aber, wie ganz früher Autonome und Antiimps, gab es bei vielen Menschen aus beiden Spektren, denen einfach gemeinsam war, dass sie das kapitalische Herrschaftssystem ablehnen, Solidarisierungen, und abgesehen von einigen "Antideutschen" war immer klar, wo der Feind steht. Ganz früher wurde auf dieser Ebene die Hafenstraße durchgesetzt, manche antifaschistische "Schlacht" geschlagen und z. B. am 21.12.2013, für die-Lampedusa-Gflüchteten, gegen Gentrifizierung und für die Flora waren alle gemeinsam auf der Straße, auch die, die zuvor von Teilen der Flora diffamiert wurden.
Einige Tage vor G20 war eine VV in der Flora, in der u. a. bekannt wurde, dass die Camps systematisch verboten wurden und zudem Razzien bei Menschen der Gruppe Roter Aufbau stattfanden. Die überwiegende Mehrheit der Anwesenden war dafür, eine Demo für die Camps zu machen und sich mit einer Demo gegen die Repression gegen den Roten Aufbau zusammenzuschließen. Ich persönlich habe mich, obwohl es zusammen wohl nur ein paar Hundert Menschen waren, stark und super vorbereitet auf G20 gefühlt, als die Demos sich trafen. (Kein allg. Erfahrungsbericht, daher jetzt zu Freitag Nacht).
Freitag Nacht, als in den Medien klar wurde, dass die Polizei das Schanzenviertel stürmt, bin ich von der Seite Altonaer Straße aus hingegangen, weil ich irgendwie zwischen den hier wenigen angetrunkenen Schaulustigen sowas wie beobachtende Öffentlichkeit in dem zunehmend gespenstischen Szenario, wo faktisch kein Einblick wegen Wasserwerfern pp. ins Schulterblatt möglich war, zumindest dann, wenn Festgenommene abtransportiet würden, sein wollte. Nachdem das nicht verifizierbare Gerücht kam, sie würden die Flora stürmen, habe ich da viele Stunden verbracht, in der Angst, sie würden die Flora stürmen, Festnahmen und Verletzte, das Gebäude plattmachen. Irgendwann, als nichts davon zu merken war, bin ich nachhause.
Auf der Demo am 08.07. habe ich dann gegrinst, als es hieß "trotz Differenzen" solidarsieren wir uns mit den GenossInnen von der B5, wo eine Razzia stattfand, und ich habe mich gefreut, dass trotz aller Entsolidarisierungskampagnen (auch dieser Spalter-Demo Hamburg steht auf o. ä. mit Lienen u. a.) so viele Menschen da waren, trotz der Angst um die Flora einige Stunden zuvor und der heftigen körperlichen Verletzung einer mir nahestehenden Person fand ich bis dahin die Proteste gegen den Gipfel als einen super solidarischen Zusammenhang der verschiedensten Spektren, gekrönt von der Blockade von Frau Trumps Begleitprogramm, insgesamt sicher: nicht der Gipfel, sondern die Kämpfe dagegen kommen in den Medien. Und ich war glücklich, dass ca. 76.000 Menschen der Medienhetze widerstanden haben, auf der Demo habe ich keine Distanzierungen, auch nicht von Attac oder "der Linken", wahrgenommen.
Logisch zuhause, TV, und nach den üblichen sog. politischen Zahlen der Demo vom Staatsschutz und im Zusammenhang mit einer (nicht beispiellosen - sowas kennen wir z. B. seit Brokdorf) Hetzkampagne über (angebliche) Zerstörungen u. Angriffe kam dann der Spruch von A. , über Schanzenviertel/Pöseldorf, die mich zeitgleich politisch fassungslos machte wie ich wusste, damit bekommt er mächtig Ärger v. Justiz u. RA-Kammer ( wobei ich die öffentliche Diskriminierung seitens der RAK, zudem auf eine nicht als Anwalt erfolgte Äußerung, so dann auch nicht erwartet hätte), und dann die Erklärung von A. (Flora) und ich habe dan am Sonntag, auf der Anti-GeSa-Demo, erstmal gefragt, ob eigentlich ich spinne, mit meiner Wahrnehmung der Distanzierungen? Nein, das haben viele ähnlich gesehen. Und waren ebenso wie ich maßlos enttäuscht von den A.
Das, und alles was danach kam, hat so weh getan, dass es mir schwer fällt, wieder in eine Front usw. zu vertrauen. Es geraten andere Dinge in das Blickfeld, z. B., was ich erst am Sonntag, als "Hamburg räumt auf" mit "Schwarzer Block go away", und Blümchen stattfand, wahrnahm: das absolut überragende Transpi an der Flora war "Gegen jeden Antisemitismus", m. E. im Kontext mit G20 nicht gerade naheliegend, historisch eher eine Abgrenzung gegem Israel-kritische Personen, als rein antifaschistisch...
Natürlich werde ich auch wieder auf die Straße gehen, wenn es z. B. Durchsuchungen in der Flora gibt, weil ich weiß, dass ein solcher Angriff jeder widerständigen Politik gilt. Aber das Gefühl, die Flora ist ein Teil meiner Identität, ich vertraue darauf, dass sie letzlich auf der Seite aller steht, die für eine anti -kapitalistische, -sexistische, -rassistische Gesellschaftsordnung kämpfen, kann nur dann wieder kommen, wenn die Flora das deutlich macht, durch praktische Aktivitäten, nicht nur die Akzeptanz eine monatlichen Cafés zu den G20-Gefangenen.
Eine Möglichkeit wäre eine VV zur Nachbereitung von G20, mit der Möglichkeit verschiedener Arbeitsgruppen zur Vertiefung und Konsensbildung, mit einfließender Selbstkritik z. B.: Solidarität mit den (internationalen) Gefangenen, Zusammenarbeit von Stadtteil- u . antikapitalistischen/internationalen Zentren hier und international, Austausch Erfahrungen/Interventionsmöglichkeiten bei Riots...
Don't believe the Hype!
Auch wenn es die Medien, einige von euch und auch einige selbsternannte Sprecher (bewusste Männlichkeitsform, denn es sind z.Zt.nur cIs-Typen, die sich das Label anheften bzw denen das Label angeheftet wird) anders sehen, die Flora hat keine gewählten Sprecher*innen! A. Beuth ist nie der Sprecher der Autonomen oder der Flora gewesen. Er hat lediglich als Anwalt für das Projekt gewirkt. Das macht ihn aber noch lange nicht zum Sprecher oder gar Chef. Richtig ist : Es stehen seit einigen Jahren einige Personen im Vordergrund, die auf der Basis vom Haus- Konsens versuchen, politische Inhalte allgemein- kompatibel zu vermitteln. Pressearbeit erfordert leider eine gewisse Personifikation, um zu funktionieren. Das sollten die meisten inzwischen aber auch wissen. Die Rezeption bürgerlicher Medien macht diese dann zur Verantwortlichen. Den Schuh sollten wir, die die politische Arbeit machen, uns aber nicht anziehen.
Einfach mal die Klappe halten!
Ein Rat den wesentlich mehr Projekte und Personen wieder beherzigen sollten. Ob nun echte oder vermeintliche Sprecher, die Rigaer nimmt ebenso eine solche Rolle mit ihrem Text hier ein, wie die kritisierte Rote Flora, nur aus anderer Perspektive und nicht personalisiert.
Es wird versucht eine hegemoniale Deutung der Ereignisse darzustellen. So was kann mensch sich ins Poesiealbum heften für emanzipatorische Bewegungsprozesse bringt es nichts außer der eigenen narzistischen Selbsterhöhung.
Alle Projekte haben eigene Realitäten. Ob Leute mit Presseerklärungen, Texten auf Indymedia oder anderen Mitteln der Gegenöffentlichkeit arbeiten entscheiden sie selbst. Eine Bashing von anderen Projekten über Indymedia ist dabei aber unsolidarisch und destruktiv. So schafft mensch Spaltung und keinen solidarischen Umgang.
Alle die auf der Straße haben eigene Erlebnisse gemacht. Übrigens auch Anwohner*innen die in Todesangst über die Dächer geflüchtet sind weil im Erdgeschoß Feuer gelegt wurde. Auch so eine Realität. Es braucht jetzt weder von Gruppen noch von Einzelpersonen Texte die versuchen die Vielzahl von Erfahrungen zu vereinhaltlichen.
Die Stärke der Proteste in Hamburg war sich nicht in den eigenen Wahrheiten einzumauern, sondern gegensätzliche Positionen zuzulassen und das Gemeinsame in der Differenz zu suchen. Insofern braucht es mehr Differenz und Streitkultur statt Revolutionslyrik um Verrat und den scheinbar einzig wahren Weg zur Revolte.
Wünschenswert wäre allerdings auch, dass nicht alles und jeder denkt sich über Texte oder Medien öffentlich äußern zu müssen. Wo ist eigentlich die altmodische Art und Weise geblieben Dinge untereinander zu klären. Distanzierungen sind überflüssig und schädlich, in jede Richtung. Kein Ruhmesblatt was die Beteiligten aller Seiten hier abliefern.
Anwohner in Todesangst
war ja auch Bürgerkrieg, ne.
Moin Moin
Wahnsinn welche Argumentationsmuster bemüht werden um die Losung "noch mehr Kampf = mehr Freiheit" hochzuhalten. Das erinnert mich an die anarchistischen Zines die immer wieder kursieren und tatsächlich versuchen, einen abgebrannten (Bullen- oder Klein-)Wagen als wichtigen Schritt hin zu Selbstbestimmung und Revolution zu verklären.
Ich bin mein halbes Leben in der Rigaer Str. unterwegs und mir ist klar, dass die Rigaer Str. einer der letzten Flecken Subkultur in Berlin ist. Als der Stress vor zwei Jahren einen voläufigen Höhepunkt erreichte, sah auch ich mich als Teil der Aktiven, die sich für die Rigaer und gegen Bullenschikane einsetzten. Aber ich sehe keine Perspektive in der krampfhaft inszenierten Militanz. Ein paar brennende Mülltonnen am Dorfplatz entlocken den Bullen nicht mehr als ein müdes Lächeln und das letzte Mal das es im Kiez ein schönes Chaos und funktionierende Barris gab ist m.E. rund zehn Jahre her. Die Szene ist geschrumpft und inzwischen sind noch ein paar wenige Häuser übrig. Zeiten ändern sich aber einige junge (und das sage ich aus eigenen Beobachtungen) Genoss*Innen ignorieren das fleißig und träumen noch von der autonomen Szene der 80er.
Ich stelle die Frage in den Raum, weshalb die Rigaer erhalten bleiben möchte. Warum sollen Anwohner*Innen der Meinung sein, dass das was dort läuft, erhaltenswert ist und sich dafür einsetzen? Ist die Rigaer ein Ort um in szeneästhetischen maroden Hausprojekten zu wohnen oder ist sie ein Ort lebendiger Kultur? Ein solcher muss offen sein für viele Leute, d.h. mehr als die üblichen 5-8 Gestalten in der Kneipe der Vereinsräume. Und welche Möglichkeiten gibt es, Freiräume zu erhalten? Bringt es mehr Freiheit, jede Woche wieder von den Bullen auf den Deckel zu kriegen, während die nur ihre Einsatztaktiken verbessern? Oder gibt es stressfreiere Wege, die weniger Repression und verpuffte Energie bedeuten würden, dafür aber anschlussfähiger für Anwohner*Innen und andere, nicht permanent schwarz gekleidete und auf Konfrontation ausgerichtete Linke wären?
Unser Ziel muss es sein, unser emanzipatorisches Handeln an den Erfordernissen der Zeit zu orientieren und nicht in Endlosschleifen unsere Misserfolge in der direkten Konfrontation mit Staat und Macht zu beweinen. Wir müssen unsere Räume anders strukturieren. Leider sieht es derzeit ziemlich schlecht aus, politisch gewollte Räumungen blockieren zu können.
Solidarische Grüße!
öhm
da ist im allgemeinen sicher einiges wahres dran an dem was du schreibst, aber das du grade diese krikit nun ausgrechnet auf die rigaer straße anwendest ist doch überraschend: rigaer als beispiel für verpuffte energie und repression??? ich glaub da eher ans gegenteil.
diese überhebliche und verkennende behauptung es gäbe da nichtsmehr außer die brennende mülltonne auf dem dorfplatz ist auch etwas weit gefehlt, aber vielleicht wohnst du da ja auch einfach nicht mehr. es ist die straße von der du allwöchentlich in der zeitung lesen darfst, weil ein nazi nach bärgida am anderen ende der stadt beim nachhauseweg die falsche abbiegung genommen hat oder der bauarbeiter mit steinar-pulli sich vormittags vorm steinhagel in einen hausfluhr retten muss. oder pro deutschland vormittags beim plakatieren ihre leiter einbüßte. oder es die leute frühmorgens schon in unterzahl mit einer nazisponti aufnehmen. oder wo rechte verschwörungstheoretiker beim videodreh flüchten müssen und doch nicht ganz unbeschadet wegkommen. steht doch ständig in der zeitung, und das waren nur paar beispiele mit antifa-bezug aus 1-2 jahren. musst nur nachlesen.
https://chronik.blackblogs.org/?p=411
https://linksunten.indymedia.org/en/node/138254