Wir haben in den frühen Morgenstunden des vergangenen Sonntags (30.07) 12 Häuser in Leipzig kurzzeitig besetzt. Unsere Solidarität gilt dem Räumungsbedrohten Black Triangle. Trotz diverser Probleme mit einzelnen Besetzer*innen hoffen wir auf gemeinsamen Widerstand!
Zudem zeigen wir uns wütend, dass der frisch besetzte Wagenplatz in der Saalfelderstr. geräumt wurde.
Finger weg von unserem Freiraum!
Bilder unten und hier: https://www.flickr.com/photos/157201436@N07/
Hier unsere Pressemitteilung zur Aktion:
Leipzig der 30.07.
Besetzt!
Wir haben in den frühen Morgenstunden des Sonntags 12 Gebäude in Leipzig für kurze Zeit besetzt. All diese Häuser und Hallen haben gemein, dass sie seit Jahren leer stehen und entweder saniert werden sollen oder weiterhin ungenutzt verfallen. Entgegen der Pläne von Spekulant*innen und Investor*innen, möglichst viel Kapital aus den Objekten zu schlagen und im Zweifelsfall Jahrzehnte zu warten, bis der stetig steigende Mietspiegel aufwändige Renovierungsarbeiten zulässt, haben wir uns diese Räume angeeignet. Da Besetzer*innen allerdings mit massiver Repression rechnen müssen, haben wir die Gebäude nach kurzer Zeit wieder verlassen. Mit diesem Akt der temporären Aneignung möchten wir auf die Entwicklungen auf dem Leipziger Wohnungsmarkt aufmerksam machen, vor allem aber zu einem alternativen Blickwinkel auf das räumungsgefährdete Black Triangle beitragen.
Die Entwicklungen der letzten Jahre auf dem Leipziger Wohnungsmarkt zeigen deutlich, dass das gesellschaftliche Zusammenleben nicht von Menschen innerhalb einer Gemeinschaft gestaltet wird, sondern von den Interessen der Großeigentümer*innen bestimmt ist. Ganze Straßenzüge werden von großen Investmentunternehmen aufgekauft und "aufgewertet". Statt bezahlbarem Wohnraum, an dem es ohnehin schon mangelt, werden Luxusimmobilien geschaffen. Eine Erhöhung des Mietspiegels und die Verdrängung aller, die nicht mit den rasant steigenden Kosten Schritt halten können, in die Außenbezirke der Stadt, sind die Folge. Gleichzeitig stehen unzählige Häuser und Wohnungen in Leipzig leer. Dabei spielt die Stadtverwaltung eine entscheidende Rolle. Neben der Idee, sich zum lukrativen Wirtschaftsstandpunkt zu entwickeln, also den Zuzug von Unternehmen und ihren führenden Angestellten zu fördern, verdient sie am Verkauf von städtischem Eigentum. In ihrem Besitz befanden sich vor einigen Jahren noch viele ungenutzte, teils denkmalgeschützte Gebäude. Investor*innen versuchen, solchen Leerstand aufzukaufen, solange noch kein Interesse an der betreffenden Gegend besteht, und spekulieren auf die Aufwertung des betreffenden Viertels. In der Eisenbahnstraße können beispielsweise in renovierten Wohnhäusern Mieten bis zu 70% über dem bisherigen Mietspiegel verlangt werden. Auch in anderen Stadtteilen, von Reudnitz über Plagwitz bis Connewitz, sehen wir diesen Prozess der Gentrifizierung. Die damit einhergehende Verdrängung von Niedrigverdiener*innen und gesellschaftlich prekarisierten Gruppen sowie langjährigen Anwohner*innen in die äußeren Stadtgebiete stellt dabei einen gewollten Nebeneffekt dar.
In Kritik an den oben skizzierten Verhältnissen wurde ein altes, seit über 20 Jahren verfallendes Betriebsgelände der Deutschen Bahn wieder mit neuem Leben gefüllt. Die Arno Nitzsche-Str. 41 wurde zum Zuhause für einige Menschen. Zugleich wurde Raum für Kulturveranstaltungen wie Vorträge, Konzerte, Kino und Workshops, von Gartenbau bis IT-Technik, geschaffen. Auch gebaut wurde fleißig. So konnten neben Wohnräumen auch eine Sauna, ein Fitnessraum, Bandproberäume sowie eine Bar eingerichtet werden.
Nun fürchten die Bewohner*innen des Black Triangle um das Projekt.
Nach zahlreichen Hinweisen soll die Arno-Nitzsche-Str. 41 in der kommenden Woche geräumt werden. Denn wenn sich eine Gruppen von Menschen zusammenschließt und ein seit Jahrzehnten vergessenes Gebäude wieder salonfähig macht, scheint der einzige Umgang von Seiten der Stadtverwaltung und des Landes Sachsen die Räumung unter Nutzung eines wahrscheinlich martialischen Polizeiaufgebotes zu sein.
Der Räumungsforderung und der darauf folgenden Zerstörung des selbst geschaffenen Lebensraumes muss eine klare Absage erteilt werden.
An diesem Beispiel, das uns alle betrifft, wird eine Frage ersichtlich: Gehört diese Stadt denen, die vor Jahren großflächig Eigentumsrechte erworben haben oder denen, die hier wohnen und leben? Die Antwort ist eindeutig. Der Bedarf an Wohnraum darf nicht dem Profit einiger Investor*innen dienen. Priorität sollten nicht finanzielle Interessen haben, sondern die direkte Lebenssituation aller Bewohner*innen der Stadt. Wenn wir wollen, dass unsere Viertel bunt, vielfältig und belebt sind und bleiben, muss der kritischen Auseinandersetzung mit der oben gestellten Frage solidarischer, aktiver Widerstand folgen. Gegen Entmietung für Luxussanierungen, gegen ständig steigende Mieten:
Wir fordern Akzeptanz für Hausbesetzer*innen und Interesse an emanzipatorischen Kritiken. Freiräume wie die Rote Flora, das Black Triangle oder unsere Wagenplätze müssen erhalten bleiben um am Miteinander ohne Unterdrückung zu arbeiten. Neue Freiräume sollten geschaffen und von der Gesellschaft gestützt werden anstatt sie auf reaktionäre Forderungen hin zu schließen.
Desweiteren rufen wir dazu auf, sich an den Protesten gegen die Räumung des Black Triangle zu beteiligen. Neben der Kundgebung, die vor den Toren angemeldet sein wird, gibt es viele weitere Wege, Solidarität zu bekunden und Kritik an den Räumenden zu üben - ob Stadtverwaltung, Polizei oder Deutsche Bahn.
Mit der Räumung ist ab Montag dem 31.07 ab 4:00 Uhr an der Arno-Nitzsche-Str. 41 zu rechnen. Aktuelle Informationen finden sich auch während der Räumung hier:
"selbst geschaffenen Lebensraumes"
Völlig falsch. Ein Haus zu besetzen heißt sich in ein gemachtes Nest zu setzen. Und nicht was "selbst zu schaffen".
Take it back!
Bullshit. Besetzen heißt wieder aneignen. Kaufen, um Profit zu machen, heißt sich ins gemachte Nest zu setzen. Denn dann kommt jemand daher, scheißt auf die Bedürfnisse der Menschen und macht Kohle. Mit einem von Arbeiter*innen gebauten Haus - dem gemachten Nest. Besetzung durchbricht die Kapitallogik von der Entfremdung der Arbeit.
Grüße an Baggerfahrer Willibald!