Derzeit fährt das Kollektiv des Kiezladens Friedel54 nochmal so richtig was auf, um gegen die für Donnerstag (29.6.) geplante Räumung zu protestieren
Ein kleiner Rückblick generell:
Den Kiezladen gibt es als solidarische, selbstverwaltete Struktur bereits seit über 13 Jahren in der Friedelstraße54 in Berlin-Neukölln. Eine größere, über den Kiez hinausgehende, Außenwirkung hat dieses undogmatische, offene und dennoch radikale soziale Zentrum vor allem seit den vergangenen zweieinhalb Jahren. Die Citec Immo Invest GmbH hat zu diesem Zeitpunkt das Mietshaus, in dem sich im Erdgeschoss der Kiezladen befindet, aufgekauft und den Bewohner*innen des Hauses Modernisierungen mit entsprechenden Mieterhöhungen angekündigt, die zur Verdrängung vieler Mieter*innen geführt hätten. Da dies natürlich nicht hinnehmbar war und die Citec auch sonst sehr respektlos und zum Teil auch gesetzeswidrig vorgegangen ist, haben sich die Mieterinnen und Mieter des Hauses zu einer kämpferischen Hausgemeinschaft zusammengetan, die - stark unterstützt von der Kiezladenstruktur- ihre Verdrängung letztlich verhindern konnte und sogar soweit ging, ihr eigenes Haus im Mietshäusermodell selbst kaufen und verwalten zu wollen. Das hätte auch beinahe geklappt, wenn die Citec - nachdem sie die Hausgemeinschaft schon während eines Runden Tischs mit Hilfe eines AfDlers über ebendiesen gezogen und erpresst hatte - das Haus nicht einfach hinterrücks der luxemburger Briefkastenfirma Pinehill Sarl verkauft hätte. Da der damalige korrupte neuköllner Baustadtrat Blesing und die (noch) Bezirksbürgermeisterin Giffey (beide SPD) in voller Absicht auf die Wahrnehmung des bezirklichen Vorkaufsrechts verzichteten, konnte der Verkauf mitsamt einiger pikanter vertraglicher Klauseln zur Verwirklichung einer Räumung des auf Investorenseite verhassten Kiezladens von der Hausgemeinschaft nicht verhindert werden. Nach einigem juristischen Geplänkel wurde Ende Mai der Räumungstermin für den 29.6.2017 festgesetzt...
Das vergangene Wochenende:
Zum Auftakt der Aktionstage gegen den Räumungsversuch gab es am Freitag, den 23.6., ein großes Konzert auf dem Reuterplatz mit einigen, z.T. sehr bekannten Acts (Terrorgruppe, KIZ, PTK, FeeLaHaft+a_lazy_cat, Punkrock MC). Zwar teilten sich über manche der Musiker*innen durchaus die Geister, was man ihnen aber lassen muss ist, dass sie allesamt ohne Gage und aus politischer Solidarität aufgetreten sind und zudem auf dem Reuterplatz eine sehr vielfältige Mischung an Menschen mit sehr verschiedenen Hintergründen, Geschlechtern, Herkünften und aus Altersgruppen zwischen 1 und 80 Jahren zusammenkamen. Insgesamt mögen es über den Tag verteilt zwischen 2000 und 5000 Menschen gewesen sein, die sich die Bands, Acts und Redebeiträge anhörten und zum Teil an den Infoständen über den aktuellen Stand der Friedel54 und andere politische Themen informierten.
Am Samstag, den 24.6., ging es dann mittags mit einem Umsonstflohmarkt vor der Friedelstraße54 weiter, der einmal mehr viele Menschen im Kiez erreichte, zu vielen Gesprächen führte und inhaltlich auf andere mögliche Formen der Ökonomie aufmerksam machte. Parallel gab es noch ein kleines, aber feines Straßenfest vom benachbarten "Unser-Block-bleibt!",ebenfalls mit inhaltlicher Beteiligung des Kiezladens (und vieler anderer netter Kiezinitiativen).
Abends ging es dann ab 20.30 mit einer großen Demonstration weiter. Diese startete am Oranienplatz, führte an der ebenfalls bedrohten Änderungsschneiderei ORA35 in der Oranienstraße und anderen Hot-Spots der aktuellen Verdrängungsklassenkämpfe vorbei (Lause10 u.a.) in die Friedelstraße, wo die sehr laute, sehr schnelle und sehr wütende Demonstration von Nachbarn des Kiezladens und mit einem kleinen Feuerwerk freudig empfangen wurde. An dieser Veranstaltung nahmen zwischen 1000 und 1500 Menschen teil. Die Demo endete mit einer Festnahme am Reuterplatz.
Am Sonntag,den 25.6., gab es dann schließlich einen von z.T. starkem Regen begleiteten Kiezspaziergang. Dieser war konkret auf den nordneuköllner Reuterkiez bezogen und führte wiederrum vorbei an Orten der Verdrängung und des Widerstands dagegen. Es nahmen etwa 150 Menschen daran teil.
Die kommenden Tage:
Heute, am Dienstag, den 27.6., wird es ab 20.30 Uhr ein Videoscreening vor der Friedel54 mit anschließender Diskussion geben.
Morgen am Mittwoch (28.6.) wird unter Anwesenheit des Regisseurs ab 20:30 Uhr der Film "Mietrebellen" gezeigt. Anschließend wird diskutiert über die Frage: "Wie verhindern wir die Räumung unseres geliebten Kiezladens am nächsten Tag?"
Der Räumungstermin am Donnerstag, den 29.6.2017:
Der Gerichtsvollzieher hat sich für 9:00 morgens angekündigt. Erfahrungsgemäß sperrt die berliner Polizei immer gerne schon einige Stunden den Ort des Geschehens ab. Es wird an diesem Tag verschiedene Anlauf- und Blockadepunkte geben. Bereitet euch angemessen darauf vor und lasst uns alle gemeinsam dafür sorgen, dass diese ungewollte Räumung NICHT durchgesetzt werden kann! Und falls die skandalumwogene berliner Polizei diese Räumung nicht wegen fehlender Verhältnismäßigkeit oder ähnlichen guten Gründen doch noch absagt, sorgen wir dafür, dass der für diesen Einsatz hauptverantwortliche Innensenator Geisel (bekannt auch durch die Korruptionsaffaire vom Potsdamer Platz - dann "wegbefördert") zur politischen Verantwortung gezogen wird! Und vergessen wir auch nicht, dass diese Räumung nicht geschehen könnte, wenn Frau Giffey vor etwa einem Jahr die Vorkaufsoption des Bezirks zu Gunsten der Bewohner*innen und Nutzer*innen des Hauses gezogen hätte. Auch sie trägt politische Verantwortung im Falle einer Räumung. Die Koalitionsparteien "Grüne" und "Linke" müssen sich ggf. die Frage gefallen lassen, wie eine ach so soziale "R2G"-Koalition solch eine undemokratische Räumung mittragen kann. Eine Räumung, die von den Nachbarn, über die Kiezversammlung bis hin in hohe elitäre politische Ebenen niemand möchte, ist demokratisch -oder sonst irgendwie- schlichtweg nicht legitimiert, sondern spiegelt vielmehr eins wieder:
Die Diktatur des Kapitals in unserer Stadt.
Kiezladen verteidigen, Stadt von unten aufbauen!
Polizei ist früher da
Halteverbotszonen, wie an anderer Stelle bereits erwähnt, weisen darauf hin, dass die Polizei das Areal großräumig ab frühen Morgen (4-5 Uhr) absperren wird. Früher Vogel verhindert Räumung oder dezentrale Aktionen beschäftigen Polizei und Feuerwehr !!!