Am Morgen des 28. Februar 2017 durchsuchten Beamte des Berliner Staatsschutzes mindestens zwei Wohnungen in Kreuzberg und Berlin-Mitte und versuchten dabei zwei Beschlüsse zur DNA-Entnahme zu vollstrecken. Im Raum steht der Vorwurf der gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung. Laut Durchsuchungsbeschluss soll der Sänger einer Neonaziband im Dezember 2015 in Berlin-Kreuzberg »diverse Prellungen« erlitten haben. Eineinhalb Jahre nach der Auseinandersetzung haben die Behörden keinerlei Beweise gegen die Beschuldigten zur Hand: So geht aus einer internen Ermittlungsnotiz der Staatsanwaltschaft hervor, dass ein DNA-Abgleich nicht dazu geeignet ist, die Frage der Täterschaft zu klären. Trotzdem bestehen die Behörden weiterhin auf einen erheblichen Grundrechtseingriff und weigern sich, entlastenden Ermittlungsansätzen nachzugehen.
Ein Betroffener verweist darauf, dass die Ermittlungsbehörden ein Alibi seiner Arbeitsstelle nicht überprüft haben und spricht von einem gezielten Versuch, Aktivisten der sozialen Bewegungen durch die Erfassung ihrer DNA nachhaltig einzuschüchtern. Er hat sich dem Zugriff der Behörden entzogen. Als Unterstützungsgruppe der von den Maßnahmen Betroffenen, fordern wir die Einstellung der Verfahren und rufen am Montag, den 22. Mai 2017 um 12 Uhr, zur Kundgebung vor dem Amtsgericht Tiergarten (Turmstraße 91, 10559 Berlin) auf.
Pressehandy & Kontakt zu involvierten Rechtsanwält*innen auf Anfrage.
Hintergründe:
13.4.2017: DNA – Worthless or Almighty? – Zur Kritik am „genetischen Fingerabdruck“
Anlässlich eines aktuellen Falles zweier DNA-Entnahmen gegen Antifaschisten aus Berlin, möchten wir uns in dem folgenden Beitrag näher mit den gesellschaftspolitischen und kriminalistischen Hintergründen, den Dunkelfeldern der Debatte und dem repressiven Potential dieser vergleichsweise noch recht jungen Ermittlungsmethode auseinandersetzen. Immerhin machen unterschiedlichste Behörden mittlerweile schon reichlich davon Gebrauch, und die kritische Debatte hierüber führt abseits traditioneller Antirepressions- und Bürgerrechtsstrukturen noch immer ein Schattendasein.
27.3.2017: DNA um jeden Preis – Ermittlungsbehörden verschleppen Alibi
Einen Monat nach den Durchsuchungen bei Berliner Antifaschist_innen ist die zuständige Staatsanwaltschaft noch immer keinen entlastenden Spuren nachgegangen. Statt das Alibi eines Beschuldigten zu überprüfen, hält sie daran fest, weitere Zwangsmaßnahmen zu initiieren. Um sich vor weiteren Übergriffen zu schützen, musste sich der Betroffene dem behördlichen Zugriff zwischenzeitlich bis auf Weiteres entziehen. Vier Wochen nach dem Bekanntwerden der Ermittlungen, geben wir nun einen aktuellen Überblick zum Stand des Verfahrens.
15.3.2017: DNA-Entnahme verweigert - Interview mit einem Beschuldigten
Am Morgen des 28. Februar drangen Beamte des Berliner Staatsschutzes in mindestens zwei Wohnungen in Mitte und Kreuzberg ein. Neben Durchsuchungsbeschlüssen wurde auch eine DNA-Entnahme umgehend vollstreckt, eine weitere scheiterte daran, dass der Beschuldigte zum Zeitpunkt der Durchsuchung nicht zu Hause war. Den Betroffenen der polizeilichen Maßnahmen wird vorgeworfen im Dezember 2015 in Berlin-Kreuzberg in eine Auseinandersetzung mit einem Neonazi verwickelt gewesen zu sein. Wir haben mit einem der Beschuldigten im jüngsten Verfahren gesprochen. Er schildert seinen Umgang mit den bisherigen Ermittlungen und legt dar, weshalb er den Aufforderungen zur DNA-Entnahme bis auf Weiteres nicht nachkommen wird.
28.2.2017: Nach Auseinandersetzung mit Neonazi - Hausdurchsuchungen in Berlin
Heute morgen drangen Beamte des Berliner Staatsschutzes in mindestens
zwei Wohnungen in Kreuzberg und Mitte ein. Im Raum steht der Vorwurf der
gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil des
Neonazis Peter Brammann. Brammann, Sänger der Neonaziband Deutsch, Stolz, Treue
(D.S.T.), soll laut Durchsuchungsbeschluss im Dezember 2015 in der
Köpenicker Straße »mittels eines gefüllten Strumpfes (…) diverse
Prellungen« erlitten haben.
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„Ein klassisches Szenario politisch motivierter Verfahren“
aus DNA – Worthless or Almighty? – Zur Kritik am „genetischen Fingerabdruck“:
whentheykick.blogsport.de, 13. April 2017