Polizist wegen mutmaßlicher Zusammenarbeit mit Freitaler Terrorgruppe suspendiert

Patrick Festing (rechts) beim Training im Wald (Quelle: Facebook)

Einem Bericht des Spiegels zufolge hatte Timo Schulz, einer der mutmaßlichen Rädelsführer der „Gruppe Freital“, bereits vor einem Jahr bei Vernehmungen ausgesagt, Informationen aus den Reihen der sächsischen Bereitschaftspolizei bekommen zu haben. Im August 2016 bestätigte der Mitangeklagte Patrick Festing in seinen Vernehmungen ebenfalls, Details zu bevorstehenden Einsätzen von einem langjährigen Bekannten aus Freital bekommen zu haben. Obwohl der Name des Beamten spätestens im August auch der Staatsanwaltschaft bekannt gewesen sein muss, richteten sich die Ermittlungen wegen des Vorwurfs der Verletzung von Dienstgeheimnissen zunächst gegen „unbekannt“.

 

Der Mann soll jedoch nicht nur Dienstgeheimnisse verraten, sondern sich darüber hinaus auch mit Teilen der von der Generalbundesanwaltschaft als „terroristisch“ eingestuften Gruppe an einer Tankstelle in Freital getroffen haben. Inzwischen wurde er wegen der Ermittlungen suspendiert.

 

„Die bloße Nennung eines Namens in einer Beschuldigtenvernehmung ohne unmittelbaren Bezug zu strafrechtlich relevantem Verhalten“ reiche für einen Tatverdacht nicht aus, begründete ein Justizsprecher vor wenigen Tagen das Vorgehen gegenüber der Sächsischen Zeitung. In der Zeit hatte der stellvertretende Leiter des Dezernat 13 des Bayerischen Landeskriminalamts, Peter Burghardt, davon gesprochen, dass sowohl die während der ersten Vernehmung von Schulz anwesenden Beamten, als auch die Staatsanwältin verpflichtet seien, dem Vorwurf nachzugehen:

 

„Wenn der Verdacht einer Straftat vorliegt, gibt es keinen Ermessensspielraum“. In ihrer Anklage wirft die Generalbundesanwaltschaft den insgesamt acht Mitgliedern der Gruppe versuchten Mord in vier Fällen und die Bildung einer terroristischen Vereinigung vor. Der Prozess soll voraussichtlich im März 2017 vor dem Dresdner Oberlandesgericht beginnen.

 

Angesichts der immer neuen Enthüllungen forderte der Landtagsabgeordnete Valentin Lippmann (Die Grünen) die Staatsregierung auf, die bestehenden Verbindungen der sächsischen Polizei zu einzelnen Mitgliedern der rechten Gruppe „schonungslos“ aufzuklären: „Je länger Innenminister Markus Ulbig und Justizminister Sebastian Gemkow bei der Unterrichtung des Parlaments und der Aufklärung des Sachverhalts mauern und sich ausschweigen, umso mehr erhärtet sich der Verdacht, dass sie vertuschen und verschweigen. Wenn konkreten Hinweisen nicht nachgegangen wird, dass Polizisten Dienstgeheimnisse verraten, steht ganz klar der schwere Verdacht der Strafvereitelung im Amt im Raum – das betrifft die nicht ermittelnden oder vertuschenden Polizeikollegen genauso wie die Staatsanwälte.“

 

Er sei es leid, „jede Woche über neue Ermittlungspannen rund um die sog. Terrorgruppe Freital aus der Zeitung zu lesen, während den Parlamentariern im Ausschuss Märchen erzählt werden. Dieses Agieren der Staatsregierung ist unerträglich. Wir GRÜNEN wollen endlich Klarheit darüber haben, worüber die Rechtsextremen von Polizisten informiert wurden, warum gegen die Polizeibediensteten gar nicht oder erst spät ermittelt wurde und welche Maßnahmen getroffen wurden, um solcherlei Unterstützungshandlung durch die Polizei künftig zu unterbinden. Außerdem sind uns beide Minister eine Erklärung schuldig, warum sie den Landtag nicht bereits in den Sondersitzungen des Verfassungs- und Rechtsausschusses über diesen Sachverhalt informiert haben.“

 

„Sollte sich herausstellen, dass die Verbindungen von Polizei und Rechtsextremen so eng sind, dann hat nicht nur Sachsen ein Problem mit Rechtsextremismus, sondern auch die Staatsregierung.“ Pressemitteilung von Valentin Lippmann nach Bekanntwerden der Vorwürfe

 

Auch von Seiten der Linken im Sächsischen Landtag kam Kritik. Ihr innenpolitischer Sprecher, Enrico Stange, sprach von einer „schwerwiegenden Vertrauenskrise“. „Ulbig und sein Landespolizeipräsident sind schließlich in Sondersitzungen des Verfassungs- und Rechtsausschusses des Landtags detailliert zu den Kontakten von Polizei und Verfassungsschutz zu der Gruppe befragt worden. Zugleich wäre dann auch klar, dass sie nur bereit sind, das Parlament über bereits öffentlich bekannte Sachverhalte zu informieren. Sie könnten so keine Partner mehr in einer vertrauensvollen Zusammenarbeit in wichtigen sicherheitspolitischen Fragen für das Parlament, aber auch für die sächsische Gesellschaft sein.“

 

Erst vor wenigen Wochen war bekannt geworden, dass es in den Reihen der Freitaler Gruppe seit Oktober 2015 einen Informanten des Sächsischen Verfassungsschutzes (LfV) gegeben haben soll. Das hatte die Auswertung eines Handys durch das Bundeskriminalamt (BKA) ergeben. Auch in diesem Fall hatte Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) die Information in einer Sondersitzung des Verfassungs- und Rechtsausschusses im Sächsischen Landtag zunächst zurückgehalten, da dem Zeugen Vertraulichkeit zugesichert worden sein soll. Erst als sich später herausstellte, dass er ebenfalls an dem Angriff auf ein alternatives Wohnprojekt in Übigau beteiligt gewesen sein soll, war dieses Zugeständnis im Juli 2016 durch die Generalbundesanwaltschaft wieder aufgehoben worden.

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