Eine Woche bevor die Reclaim the Cape Aktionswoche losging wurde die strategisch günstig gelegene und unglaublich schöne Wiese im Wald mit seinen moosigen, felsigen Plateus besetzt. Erste Infrastruktur wurde aufgebaut und das Camp vorbereitet.
Am Abend vor dem offiziellen Aktionswochen Start findet ein Orga-treffen statt, verschiedene Aufgaben die im Campalltag anfallen wurden benannt und Listen die die Selbstorganisierung erleichtern sollen wurden im Infopunkt aufgehägt. ToDos für den nächsten Tag wurden gesammelt und Menschen übernahmen Verantwortung.
In der Nacht fanden erste Aktionen statt und ein Bagger auf einer Fennovoimabaustelle zerstörte sich in Vorfreude auf die kommende Woche.
Aufgrund besonderen Wunsches einer Aktionsgruppe wurd das Frühstück schon für 6 Uhr vorbereitet. Aktionsgruppen machten sich auf den Weg in den Wald & warteten gut getarnt im Unterholz auf das Eintreffen unseres Transporters. Da ist er! Alle los, jede_r weis so ungefähr was zu tun ist und wir machten uns ans abladen, doch wohl noch von der Nacht aufgeschreckt raste ein Polizeivan heran und ein überdrehter Staatsdiener sprang heraus und begann sein Pfefferspray zu versprühen. Das Aussteigen des zweiten Bullen konnte durch blockieren seiner Tür verhindert werden – er griff kurz zur Pistole, entschied sich aber dann doch dagegen sie zu ziehen.
Mit dieser Überreaktion hatte niemensch gerechnet, viel Verwirrung entstand und in all dem Kuddelmuddel wurde auch noch trotz zehnfacher Überzahl die Mutter einer der Aktivisti auf die Polizeiwache verschleppt und erst nach vielen Stunden wieder freigelassen.
In den nächsten Tagen wurde das Camp weiter ausgebaut in Erwartung der anstürmenden Horden an Aktivisti für den Aktionstag. Weitere Kompostklos, Großzelte und Hängematten wurden aufgebaut. Die Küchencrew versorgte das Camp dreimal täglich mit erstklassiger veganer Kost. Die Zufahrtsstraße zum Camp wurde mit Barrikaden versehen – für Lastwagen die Kies zur Kraftswerksbaustelle bringen wollen, Polizei und Securitys war kein Durchkommen mehr möglich.
Es gibt ein übervolles Programm mit generellen Infos zur Atomkraft, Erfahrungen aus Antimilitaristischen & Antiatomkraft Widerstandsgruppen wurden ausgetauscht. Verschiedene Blockadetechniken erklärt und gebaut (Lock-Ons, Tripod) und die Clownsarmy rekrutierte für den großen Tag.
Am Aktionstag waren alle früh auf den Beinen, einige Reporterteams waren schon seit dem Abend zuvor da und letzte Vorbereitungen wurden getroffen.
Mit nur wenig Verspätung setzte sich ein bunter Zug von Menschen (40-50) in Bewegung zur Constructionroad. Dort startete die Demo Richtung Baustelle. Erste Eintreffende Bullenfahrzeuge wurden blockiert und erst durch das auf Leute Zurasen schaffen sie es durchzubrechen und vor den Demonstrationszug zu kommen. Ein paar Versuche die Polizeikette auf der Brücke zu durchdringen um weiter zukommen scheitern und die Polizei setzte Pfefferspray und Schlagstöcke ein – erste Festnahmen. Den ganzen Tag kreisen zur Überwachung Hubschrauber des Grenzschutzes und ein kleines Flugzeug am Himmel.
Es geht nun nicht mehr weiter aber die einzige Zufahrtsstrecke ist durch Demo und Bullen blockiert – Ziel erreicht!
Die Stimmung beruhigt sich, die Clowns machen Clownssachen, Parolen werden gerufen, Lieder gesungen, Schilder und Transparente werden gezeigt. Auf diese Weise wurde der Weg über 5 Stunden blockiert.
In der Zwischenzeit sind autonome Kleingruppen durch den Wald, Sumpf und Zaun auf die Baustelle gelangt um dort ihre Arbeit zu tun. Maschienen wurden sabotiert, der Zaun eingerissen, einzelne Maschienen wurden besetzt.
Noch durch die Straßenblockade abgelenkt verzögerte sich das dortige Eintreffen von TeamBlau und so werden nur drei Menschen aus den Kleingruppen verhaftet – der Rest verschwindet unerkannt.
Die Demo wird nun Stückchen für Stückchen aufgelöst – immer wieder reist die Polizei Einzellpersonen durch die Kette und verschleppt sie zur Wache. Die letzten Menschen die sich zu einer Sitzblockade formiert hatten werden auch geräumt.
Auf dem Nachhauseweg bahnte sich TeamBlau noch einen Weg durch die Barrikaden welche aber dank großer Unterstützung direkt hinter ihnen wieder aufgebaut werden konnten.
Nach dem leckeren Abendessen gab es eine gemeinsame Nachbesprechung des Tages und viel Freude über das gute Zusammenspiel der verschiedenen Aktionsformen.
Leider fiel nach dem Zusammentreffen eines respektlosen Reporters und den fliegenden Steinen überreizter Aktivisti das Presseecho trotz eigenem Mediateam nicht so rosig aus. Grinsend blieb der Reporter weiter am filmen, scheinbar genau die Bilder bekommend die er sich erhofft hatte.
Die anschließenden Tage waren voll mit Infos, Krafttanken, Barrikadenausbau & Abschiednehmen von Freund*innen die deportiert werden sollten.
In der Nacht zum 28. April brannten die Kabel der Stromzufuhr der beiden Kieswerke sodass ein weiterarbeiten vorerst nicht mehr möglich war.
Am 28. April wurde der dritte Versuch gestartet die Constructionroad mit Lock-ons zu blockieren und diesmal klappte es besser! Zwei mit Beton & Autoreifenteilen & Metallschrott gefüllte Fässer wurden auf die Straße gerollt und 4 Menschen ketteten sich zwischen die beiden Fässer sodass eine Reihe aus aneinandergeketten Menschen die Straße versperrte. Unterstützend wurden noch Barrikaden gebaut um die Räumung zu erschweren.
Das erste was die Polizei machte als sie nach drei Stunden ankam war den Pressebeobachter, den Sanitäter und die Kontaktpersonen festzunehmen. Die Polizei die mit der Situation sehr überfordet war wusste sich (mal wieder) nicht anders als mit Gewalt zu helfen. Sie malträtierte die Menschen in den Lock-ons bis zwei ihre Ketten lösten und flexten dann das letzte Metallrohr auf. Der letzten Person im Fass quetschten sie die Nerven durch das Zerren an ihrem Arm wodurch sie die nächsten drei Tage ihre Hand nicht mehr bewegen konnte. Erst zu diesem Zeitpunkt holte die Polizei sich die Feuerwhr zur Hilfe.
Im Anschluss begann TeamBlau unter Einsatz von Pfefferspray und Gummigeschossen die Barrikaden zu stürmen. Es wurde versucht sie mit Stein- und Flaschenwürfen abzuwehren doch mussten sich die Aktivisti schnell zurückziehen da die Bullen auch auf Kopfhöhe schossen was leicht tödlich sein kann. Schon fast am Tripod angelangt sprinteten alle schnell zurück zu ihren Autos – eines hatte sich wohl aus lauter Einsamkeit selbst entzündet. Als das Feuer unter ihrer Kontrolle war holten sie sich (vorerst) die Kontrolle über das Cape zurück. Der Tripod stellte für sie eine große Herausforderung dar – durch horizontale Balken am oberen Ende (Beginn einer Plattform) konnten sie ihn nicht einfach auseinanderziehen. So kletterte ein eifriger Staatsdiener nach oben und begann nacheinander die Knoten durchzuschneiden. Als er den Balken löste auf dem er selbst saß bemerkte er seinen Fehler und kletterte wieder zu Boden. Dann zogen sie die Beine auseinander. Sie stellten zum Verschnaufen das eine Bein in einer wackligen Barrikade ab! Auf gut zwei Meter Höhe kippte der Tripod und die Person fiel zu Boden (landete zum Glück auf den Beinen!) der Tripod landete auf der Schulter/Kopfpartie eines Bullen und schleuderte ihn - sehr zum Gelächter seiner Kollegen - in einen Wassergraben.
Im Anschluss begannen sie das Camp zu räumen. Einige konnten sich in die Wälder flüchten und wurden mit Hundestaffeln und Helikoptern gejagt. Sie steckten alle Leute derer sie habhaft werden konnten in Gewahrsam und zertrümmerten alles im Camp. Anschließend machten sie Fotos und veröffentlichten diese mit dem Zusatz das wir soviel Müll in der Umwelt hinterlassen würden.
Am nächsten Tag räumten sie das Basiscamp und zerschlugen auch dort alles.
Nach ein paar Tagen waren fast alle bis auf sechs Aktivisti wieder frei. Ein Aktivisti sitzt noch immer im Gefängnis.
Doch der Widerstand wird weiter gehen keine*r drinnen wird vergessen!
Kommt vorbei, macht Soliaktionen, organisiert Geld für Prozesskosten und sorgt für ein Ende des kapitalistischen Atomstaats!
Mehr und aktuelle Informationen zu der Situation vorort:
Danke für den Bericht!
Ich finde, es braucht viel mehr subjektive (Aktions-/Alltags-/VA_/...)Berichte auf indy. braucht ja nicht alles auf twitter und fb landen. dennoch wäre e wunderbar, wenn basic infos genannt werden:
bei der aktionswoche ging/geht es darum, den bau eines AKWs in Pyhäjoki/Finnand zu verhindern. Es gibt dort schon seit 2015 ein permanentes Protestcamp. Die Aktionswoche fand in der letzten Aprilwoche statt.
mehr infos hier