[Le] Feministischer Angriff auf einen Küchenladen

Scherben

In der Nacht vom 23. auf den 24. März haben wir das Küchengeschäft "Küchenfuchs" in der Leipziger Innenstadt direkt am Martin-Luther-Ring besucht- und angegriffen. Wir hinterließen Farbe und kaputte Scheiben.

 

Warum ein Küchengeschäft?

Konkret ging es uns um eine ca. 1,50 m große Holzskulptur direkt in dem Geschäft. Abstrakter gesehen ging es jedoch ebenso um die Thematisierung radikal feministischer Kämpfe gegen das kapitalistisch patriarchale HERRschaftssystem als deren Teil wir uns ansehen.


Der internationale Frauen*kampftag ist schon eine Weile her- unser Widerstand gegen dieses System darf sich jedoch nicht auf ein einmaliges auf-die-Straße-gehen an diesem Tag beschränken- sondern muss alltäglich sein.

Also Besitzende des „Küchenfuchs“ Küchengeschäfts:
schmeißt die Holzpuppe raus, sonst tun wir es. Unsere Ideen sind Vielfältig.
Wie wäre es zum Beispiel damit, die Puppe vermummt auf die Fahrbahn zu stellen und sie mit einem Bengalo zu versehen? Sie würde ein wenig die städtische Infrastruktur lähmen und zugleich ein Symbol sein für den Widerstand gegen das Patriarchat. Unser Widerstand ist alltäglich.


Eine Holzskulptur...

Die enorme Sexualisierung dieser Gesellschaft ist geprägt durch klare Wert- und Normvorstellung. Halb nackte, stets perfekt geformte und makellose Frauenkörper finden wir auf etlichen Werbeplakaten in den Straßen, im Fernsehen- und eben auch auch in den Räumen besagten Küchengeschäfts. Ja,richtig gelesen.
Die ca. 1,50 m hohe Holzskulptur kniet in dem Laden, direkt hinter dem Schaufenster, mit Blickrichtung Straße in einer unterwürfigen und zugleich willigen Pose. Nackt, versteht sich von selbst. Als kleines  „Extra“ können Kund*innen Kleinigkeiten auf dem Hintern der Skulptur abstellen. Die Figur dient in diesem Zusammenhang als Werbung. Die Botschaft ist klar. Ich bin geil, komm rein, kauf eine Küche. Ist doch klar, oder?

Oder nicht? So richtig klar ist uns der Zusammenhang zwischen nackten knienden Frauen und Küchen dann doch nicht. Ein solches Bild kann nur dem Gedankenkonstrukt einer Gesellschaft entspringen, die zutiefst an den Bedürfnissen des "Mannes" und dessen Vorstellungen (von zum Beispiel der perfekten Hausfrau*) orientiert ist. „Der“ Hausfrau* wird nicht der Status eines  eigenständigen Subjekts zugesprochen. Sie dient lediglich als Objekt zum angeblichen Äquivalent -des Subjekts Mann. Im Kapitalismus zeichnet sich dieser durch Verwertbarkeit, Produktivitätssteigerung und Rationalität aus, das Weibliche hingegen- und nein, das ist nicht längst veraltet, für das Natürliche, echte Gefühle und eben Irrationalität.

In der Erziehung der Kinder, die nicht nur historisch sondern eben auch noch ganz aktuell eine Frauen*aufgabe ist, zeigt sich dieses Verhältnis. Ebenso in der Fürsorge zum "Mann", der nach einem stressigen Arbeitstag zu Hause auch mal "schwach" sein darf oder dessen sexuelle Bedürfnisse befriedigt werden müssen.
Die sogenannte Carearbeit ist notwendig für das Funktionieren einer kapitalistischen Produktionsweise. Und es ist sogar notwendig, dass diese Arbeit schlecht bzw. nicht bezahlt wird. Soll heißen: wenn es niemanden gibt der Kinder erzieht, gibt’s es auch keine neuen (nach gesellschaftlicher Norm erzogenen) Arbeiter*innen. Wenn es niemanden gibt, der sich um den Mann zu Hause kümmert, wird dieser sich vielleicht früher dazu entscheiden müssen therapeutische Hilfe nach z.B. einem Burnout anzunehmen oder schlicht aufzuhören Lohnarbeiten zu gehen.

Zwar ist es Frauen* (zumindest mit deutschem Pass) in der BRD mittlerweile erlaubt zu arbeiten, zu wählen und für sich selbst zu sorgen- die Mechanismen des Patriarchats sind jedoch noch immer bei Weitem nicht verschwunden. Die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen als Offensichtlichkeit sollte eigentlich jede* und jeden mit der Nase in die Scheiße drücken. 

 

 

… legitimiert Sachschaden!

Einer Gesellschaft die seit Jahrhunderten auf der Unterordnung des "Weiblichen" aufbaut kann nicht einfach nur mit guten oder auch kritischen Worten begegnet werden. Gewalt war und ist "notwendig" um der (Haus)frau* diesen / ihren Status zuzuweisen.
Als Antwort darauf, dass dieses Geschäft auch weiterhin versucht daraus Profit zu schlagen, steht der von uns verursachte Sachschaden.
Wer Symbole der Unterdrückung als verkaufsfördernd ansieht und nutzt um die immer noch männlich geprägte Brieftasche zu öffnen, darf sich nicht wundern, wenn Scheiben zu Bruch gehen.

Wir wehren uns.
Für alle, die von den gesellschaftlichen (Körper-)Normen gequält werden;
die aufgrund ihres (angenommenen) Geschlechts Leiden erdulden müssen.
Für Alle, die auf Grund ihres Geschlechts niedrigere Löhne erhalten; unter der Doppelbelastung aus Lohn- und Reproduktionsarbeit leiden.
Alle, die zum Sexobjekt erniedrigt werden und sexualisierter Gewalt in der Öffentlichkeit und im Privaten ausgesetzt sind.
Verbünden wir uns und reißen das Patriarchat nieder!

Wir begrüßen die Auseinandersetzung um militanten Feminismus. Beispielsweise in der im letzten Jahr zum internationalen Frauen*kampftag erschienenen Ausgabe der Interim zu eben jenen Thema. Auch der Aufruf sächsischer Feminist*innen zu kreativen Aktionen rund um den diesjährigen Frauen*kampftag hat uns erfreut und motiviert.

Wir wollen eine erkennbare Linie ziehen. Damit meinen wir nicht das Einteilen in "gut" gegen "böse", "wir" gegen "euch".
Sondern eine Linie die aufzeigen soll, von welchen Standpunkt aus wir agieren und was unsere politischen Anliegen sind.
Es geht uns um das Umwerfen der Verhältnisse.
Jener Verhältnisse, die das Patriarchat stärken und vom diesem profitieren.

Wir kämpfen aus der Position der Unterdrückung.

Deshalb wissen wir auch, das "unser" Feminismus ebenso antirassistisch ist und sich nicht vereinnehmen lassen darf von politischen Diskursen die letztlich auf die Spaltung der globalen Unterdrückten im Interesse der Macht zielt.

Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat!



P.S. Für den Schreiberling der LVZ: Werde deiner journalistischen Ethik doch mal gerecht und zitier etwas ausführlicher.

RZ
Rosa-lila Zerstörung

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Cool, das erzähl mal nen Hartz 4 er. Irgendwie funny.

es hat sich gefälligst immer alles dem Hauptwiderspruch unterzuordnen oder wie?

 

Wie oder warum konkret soll die Aktion irgendeinem Arbeitslosen schaden?

gibts auch bilder von dieser ach so sexistischen puppe?

ähnlich klassizistisch wie die bekannten, sexistischen Darstellungen von Apoll oder Mars ^^

 

Ganz im ernst: Sind auf den ersten Blick gesund ("schön") ausschauende Männer (mit freiem Oberkörper) weniger häufig dargestellt, als eben solche Frauen? Im Vergleich zur/m Durchnittsfrau/-mann?

 

Wohl nicht.

 

Komplexe sind diskutierbar.

!

ich will auch opfer sein als mann!

 

alter so deutsch

Hey, coole Aktion, danke dafür. Endlich mal wieder ein kraftvoller Widerstand. Und ein <3 für die Abkürzung RZ!

feministische kritik ist auch heute noch angebracht. aber der dreck, den ihr hier zusammengekackt habt gehört nicht dazu. "Die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen als Offensichtlichkeit sollte eigentlich jede* und jeden mit der Nase in die Scheiße drücken." der angebliche "paygap" (im sinne von "eine fau verdient für die gleiche tätigkeit weniger als ein mann") ist längst widerlegt (http://www.iwkoeln.de/presse/pressemitteilungen/beitrag/beschaeftigungsp...), die gebetsmühlenartige wiederholung von lügen ist nicht zielführend, warum muss ich jetzt hoffentlich nicht weiter ausführen.

 

auf den quatsch mit der puppe will ich garnicht erst eingehen. lächerlich - nein, nein, nein das ist nicht der feminismus!

Du zitierst aus einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft.

 

"Die publizistischen und PR-Aktivitäten des Instituts werden in der Institut der deutschen Wirtschaft Köln Medien GmbH (IW Medien) gebündelt, zu der auch die Redaktionen des Instituts gehören. Tochtergesellschaften des Medienhauses sind der Kölner Universitätsverlag GmbH (KUV) und die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft GmbH (INSM), eine vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall finanzierte PR-Initiative. Die IW Medien bietet unter dem Motto "Kommunikation für die Wirtschaft" zugleich Dienstleistungen für die Öffentlichkeitsarbeit der Verbände und Unternehmen an. Die IW Medien gibt unter anderem wöchentlich den iwd, Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft, mit arbeitgebernahen Informationen und Statistiken zur wirtschaftlichen Lage heraus."

https://de.wikipedia.org/wiki/Institut_der_deutschen_Wirtschaft

 

Im Präsidium des IW Köln sitzen 11 Personen, davon Männer: 11. Im Vorstand sitzen 28 Personen, davon Männer: 28. Muss man noch irgendwas zu deinem Kommentar sagen? (http://www.iwkoeln.de/institut/personen-und-gremien/gremien)

Gender Pay Gap: Wie groß ist der Unterschied wirklich?

Für die gleiche Arbeit erhalten Frauen in Deutschland ein wesentlich geringeres Gehalt als Männer. Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) legt den Eindruck nahe, dass Frauen das als völlig gerecht empfinden.

 

zum kompletten text...

 

Eine aktuelle Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern hierzulande wesentlich größer ist als bisher angenommen.

 

zum kompletten text...

richtig gute aktion, danke dafür!

Super Aktion. Davon muss es viel mehr geben. Der öffentliche Raum ist zugeschissen mit sexistischen Stereotypen. Und die gehören angegriffen!

 

Dennoch fände ich ein Foto der Schaufensterpuppe gut. Ich glaube zwar nicht wie ein Kommentar über mir, dass sie "ähnlich klassizistisch wie die bekannten, sexistischen Darstellungen von Apoll oder Mars" aussieht, würde mich dennoch interessieren.

Gute Aktion!

Die vielen ablehnenden Kommentare verdeutlichen umso mehr, dass

es noch viel Arbeit bedarf, um auch in linken Kreisen ein Problembewusstsein

für den sexistischen Normalzustand zu entwickeln.

 

Unter dem Link habe ich ein google streetview-Foto von der Schaufensterfigur hochgeladen:

 

blob:https://share.riseup.net/0cbbd5b7-f594-4c87-97cc-32e8af869614

google street view

 

Otto-Schill-Straße/Martin-Luther-Ring

 

Also auf den Ring "fahren" und dann durch die Schaufensterscheibe schauen.

sexistische skulptur bei küchenfuchs leipzig

ich hätte diese schreckliche Figur und den manifesten Sexismus dieses Küchenstudios sonst schlicht übersehen...

Love it!

Schönes Ding! ♡

... an die aktivist*innen!

sowas muss öfter passieren und endlich zur alltäglichen praxis werden. ich finds sehr erschreckend und gleichzeitig bezeichnend, dass eine solche militante aktion gegen eine so offensichtlich sexistische propaganda mit so viel negativen und stumpf antifeministischen/ mackermäszigen kommentaren beantwortet wird. wenns sonst wo knallt und brennt wirds eher gefeiert (hauptsache es richtet sich irgendwie gegen nazis oder staat/bullen). aber bei ner explizit feministischen aktion müssen erstmal begründung, objekt des widerstands und aktionsform angezweifelt und gedisst werden. scheisz macker und antifeministen, haltet  die fresse!

Gewalttätige Aktionen gegen Rechts und Nazis gehören genauso wenig gefeiert wie diese Aktion. Ab dem Punkt ab dem Gewalt ausgeübt wird, disqualifiziert man sich für eine sachliche Diskussion.

 

Das Schlimmste daran ist, dass solche Aktion überhaupt rein garnichts bewirken und dem ernstzunehmenden Feminismus letzen Endes nur Schaden zufügen. Der Besitzer der Figur erstattet Anzeige bei der Polizei und wird erst Recht nicht mehr gesprächsbereit sein. Das Gros der Nicht-Feminist*innen sehen eine (aus ihrer Sicht) unnötige/nervige/unsachliche/etc. Protestaktion und werden wieder nur weiter in eine Antifeministische Haltung gedrängt. Der*die Einzige der*die einen Vorteil davon hat, sind die Aktivist*innen, die sich selbst das Gefühl vermitteln etwas Sinnvolles vollbracht zu haben.

Keineswegs, siehe zum Beispiel die Diskussion hier.

Du sagst: "Ab dem Punkt ab dem Gewalt ausgeübt wird, disqualifiziert man sich für eine sachliche Diskussion."

 

Ich finde, Gewalt gegen Sachen ist nicht das Gleiche, wie Gewalt gegen Menschen.

Ich finde aber, dass diese Darstellung eines Frauen*körpers durch diese Puppe

die bestehende Gewalt in der Gesellschaft gegen Frauen* und ihre Körper (also Menschen) ausdrückt.

D.h. Menschen, die solche Gegenstände aufstellen, üben Gewalt aus (nach meiner Argumentation)

und müssten sich so (nach deiner Argumentation) für eine sachliche Diskussion disqualifizieren.

 

Ich finde, "die Gesellschaft" bzw. die einzelnen Individuen müssen nicht Schritt für Schritt mit viel Liebe

über jeden Missstand aufgeklärt werden, der eigentlich derart ins Auge springt.

Das wäre sicherlich schön, aber dann wird es noch seeeeeehr, seeeeeehr lange dauern, bis derart sexistische Darstellungen

aus dem öffentlichen Raum verschwunden sind.

 

Ich finde, Feminismus ist pluralistisch. Feminismus muss nicht immer lieb, freundlich und verständnisvoll sein.

Natürlich lassen sich durchschnittlich mehr Menschen mit Liebe, Freundlichkeit und Verständnis erreichen.

Aber auf diese Weise zu zeigen "Es reicht! Wir machen das nicht mehr mit, mit diesem Alltagsseximus, der unser Leben vergiftet."

finde ich in dieser alltäglich gewaltvollen Gesellschaft mehr als gerechtfertigt.

 

Zur fehlenden Einsichtsfähigkeit des Ladengeschäftsführers noch ein Zitat:

Zitat aus dem Artikel vom 28.03.2016: https://linksunten.indymedia.org/de/node/173986

"

„Küchenfuchs“-Geschäftsführer Jens Hanitzsch hält diese Argumentation für völlig überzogen. „Im weitesten Sinne ist das doch Kunst“, sagt er. „Vor zwölf Jahren ist uns die Holzfigur durch Zufall in die Hände gefallen. Genau genommen, handelt es sich ja um ein Stuhl.“ Nur mit dem kleinen Unterschied, dass die Rücklehne einen weiblichen Körper darstelle.

 

„In der Regel sorgt die Skulptur für großes Aufsehen und Erstaunen“, sagt Hanitzsch. „Da kommen Leute zu ins Studio, die sich nur mal mit ihr fotografieren lassen wollen. Nur einmal gab es eine Kundin, die bei uns eine Küche kaufen wollte und wegen der Figur dann auf die Bestellung verzichtete.“

"