Auch in Freiburg gibt es eine salafistische Szene, die um Jugendliche wirbt – wie darauf reagieren? Eine Tagung lieferte Informationen.
Salafisten, also radikale Vertreter des Islam, werben auch unter Freiburger Jugendlichen für ihre Weltanschauung. Was tun? Die Stadtverwaltung hat zusammen mit anderen Organisationen die Tagung "Jugend und Salafismus" organisiert. Am Dienstag kamen knapp 200 Lehrer, Studierende, Jugendarbeiter, Erzieher und Elternvertreter ins Bürgerhaus Zähringen, um sich zu informieren und Strategien zu entwickeln.
Eigentlich ist der Salafismus nur eine kleine Strömung innerhalb
des Islam – die zweitgrößte Weltreligion hat immerhin rund 1,6
Milliarden Anhänger von Indonesien bis Albanien. "Der Islam ist bunt und
vielfältig", sagt Benno Köpfer, Leiter der Analysegruppe
"Internationaler Extremismus und Terrorismus" beim Landesamt für
Verfassungsschutz. Der Salafismus jedoch sehe die Welt in Schwarz und
Weiß – und spreche mit einfachen, radikalen Botschaften vor allem
unsichere junge Menschen an. Und zwar nicht unbedingt von der Kanzel
herab, sondern per Twitter: "Das ist die weltweit größte Jugendbewegung,
neu und schnell, sehr mobil."
In ganz Baden-Württemberg, schätzen Köpfer und der ebenfalls zur Tagung
eingeladene Klaus Tscheres, Kriminalhauptkommissar im Bereich
Ermittlungen islamistischer Terrorismus beim Landeskriminalamt, gibt es
500 bis 600 Leute, die dem politischen Salafismus zuzuordnen sind und
die der Verfassungsschutz im Blick hat. Diese agitieren für ihre
totalitäre Ideologie, etwa mit Infoständen der "Lies!"-Bewegung, an
denen der Koran verteilt wird – so auch Anfang des Jahres mehrmals in
Freiburg. Und es gebe etwa 120 gewaltbereite Salafisten im Land.
Auch in Freiburg gebe es eine Salafisten-Szene, sagt Köpfer.
Anlaufstelle für Freiburger und auswärtige Salafisten sei die
Abdurrahman-Moschee an der Habsburger Straße, die vom Verfassungsschutz
beobachtet werde. Auf ein paar Dutzend Leute schätzt Köpfer diese Szene,
betont aber, dass das nur eine punktuelle Schätzung sei und sich diese
Zahl sehr schnell ändern könne. Um Jugendliche, die davon angesprochen
würden, müsse man sich kümmern, betont Klaus Tscheres: "Das ist eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe." Sie bräuchten Ansprache und
Anlaufstellen. In Flüchtlingswohnheimen gebe es noch nicht sehr viele
Fälle, in denen Salafisten rekrutieren, sagen die beiden Experten
übereinstimmend, "das ist kein großes Problem – vielleicht auch, weil
sich viele Ehrenamtliche dort um die Leute kümmern".
Auf der Tagung berichtete auch Ingrid Silber, Rektorin der
Schenkendorfschule in Haslach, über einen konkreten Fall. Ein
Jugendlicher sei dem Klassenlehrer und der islamischen Religionskraft
durch seine Äußerungen aufgefallen, auch außerhalb der Schule.
Schulleitung und Lehrer wurden aktiv, sprachen Experten an und
entwickelten Strategien für den Unterricht mit Filmen und Diskussionen.
Beim Informationszentrum Dritte Welt (IZ3W) in der Kronenstraße 16a
beschäftigt sich seit kurzem der Islamwissenschaftler Karim Saleh mit
einem Projekt zur Islamismus-Prävention, das er ebenfalls kurz
vorstellte. Hier werden Fortbildungen für Multiplikatoren wie Lehrer
oder Erzieher organisiert. Das IZ3W knüpft gerade ein Netzwerk mit
Moscheen und Jugendzentren und arbeitet an einer interreligiösen
Freiburger Stadtrallye für Jugendliche, alles in Kooperation mit dem
städtischen Migrationsbüro. Bürgermeisterin Gerda Stuchlik setzt auf
Aufklärung: "Wir haben keinen Grund, alarmiert zu sein, aber wir müssen
schwierige Situationen adäquat erkennen und handeln."
Das iz3w packtiert mit dem Verfassungsschutz
https://linksunten.indymedia.org/de/node/158394
Statement des iz3w zur Tagung „Jugend und Salafismus“ in FR
https://linksunten.indymedia.org/de/node/158965