Deutsche Rente für spanische Faschisten

Blaue Division

Mitglieder der Blauen Division, dem franquistischen Freiwilligen-Bataillon, das während des 2. Weltkrieges mit den Nazis kollaborierte, erhalten seit mehr als einem halben Jahrhundert Pensions-Zahlungen von der Regierung der BRD. Die Zahlungen belaufen sich aktuell aus 100.000 Euro und werden gezahlt an 41 ehemalige Kämpfer, 8 Witwen und einen Waisen. Das steht in der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Fraktion Die Linke. Die linke Formation bezeichnet den Vorgang als „Skandal“.

 

Es geht um franquistische Militärs, die als spanische Freiwillige mit den Armeen der Nazis im 2. Weltkrieg gekämpft haben. Fast 50 von ihnen kassieren nach wie vor eine Rente von der bundesdeutschen Regierung für ihre Beteiligung in dem Angriffskrieg, den das Dritte Reich begonnen hatte. Die Zahlungen belaufen sich heute auf 107.352 Euro. Das steht in der Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage des Parlamentariers Andrej Hunko von der Partei Die Linke. Die Pensions-Zahlungen gehen an 41 „Betroffene“ (Originalton) der Blauen División (División Azul), einem militärsichen Verband, der aufgestellt wurde, nachdem sich Franco geweigert hatte, an der Seite von Hitler und Mussolini direkt in den 2. Weltkrieg einzutreten. (1)

 

Die Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage lässt offen, wer genau die Nazihelfer waren, die bis heute kassieren. Gleichzeitig lässt die Regierung von Angela Merkel keine Zweifel daran, dass sie nicht die Absicht hat, die Zahlungen an die ehemaligen faschistischen Kämpfer künftig zu unterlassen. Die Zahlungssumme teilt sich in monatliche Beträge von 8.946 Euro auf. 5.390 davon gehen an die 41 „geschädigten Personen“, also an die Freiwilligen der Blauen Division, die bei ihren Einsätzen irgendwelche Kriegsverletzungen erlitten hatten. 3.336 Euro gehen an acht Witwen, und 220 Euro an den einzigen Waisen, der von dieser besonderen Rente für die Blaue Division profitiert. Die Antwort der Regierung lässt offen, wie sich die Zahlungen über die Jahrzehnte entwickelt haben, angeblich, weil sich die entsprechenden Archive in Baden-Württemberg befinden.

 

Abkommen mit den Franquisten

 

Die Renten-Zahlungen gehen zurück auf ein Abkommen zwsichen der Bundesrepublik Deutschland und dem franquistischen Regime im Jahr 1962. Laut jenem Vertrag übernahm die BRD die Pensionen für die Exkämpfer der Blauen Division, sowie ihren Witwen und Waisen. Gleichzeitig verpflichtete sich das franquistische Regime, eine bestimmte Summe an die Witwen der Deutschen zu zahlen, die an der Legion Condor teilgenommen hatten. Diese Luftwaffeneinheit war Franco in seinem Aufstand zu Hilfe gekommen, spielte im Krieg eine entscheidende Rolle und war verantwortlich für eine Vielzahl von Massakern und Kriegsverbrechen, unter anderem für die Vernichtung der baskischen Stadt Gernika.

 

Hitler hätte es gerne gesehen, dass sich das faschistische Spanien nach dem militärischen Sieg im sogenannten „Bürgerkrieg“ den Achsenmächten angeschlossen hätte und in einer faschistischen Einheitsfront in den Krieg gezogen wäre. Von den Versuchen Hitlers, den spanischen Faschistengeneral in den Krieg zu ziehen, zeugen die Fotos vom Treffen zwischen den beiden Tyrannen, die am 23. Oktober 1940 in Hendaia (frz: Hendaye) gemacht wurden. Doch Franco wollte nicht, nach dreieinhalb Jahren Krieg wollte er zuerst die republikanische Linke vollends liquidieren und sich mit Repression in seinem Land eine stabile Machtbasis schaffen. Stattdessen wurde eine Division von spanischen „Kriegsfreiwilligen“ ins Leben gerufen.

 

Antikommunistische Division

 

So kämpften zwischen 1941 und 1944 ca. 47.00 Spanier im Freiwilligenverband der Blauen Division. Nach ihrer Auflösung blieb ein Bataillon der Division in der Ukraine, um gegen Partisanen zu kämpfen und wurde schließlich in die SS integriert, um am Schlusskampf um Berlin teilzunehmen. 22.000 Kämpfer wurden erfasst in der Kategorie „getötet, verwundet, krank oder verschwunden“. Zahlen darüber, wieviele Freiwillige über die Jahre hinweg die deutsche Pension kassiert haben, gibt es nicht.

 

Weitere Details der Pensions-Zahlungen bleiben ebenfalls im Unklaren. In ihrer Antwort an Die Linke schreibt die bundesdeutsche Exekutive, komplette Daten stünden ihr nur seit 1991 zur Verfügung, zwei Jahre nach dem Fall der Mauer. Sie weist darauf hin, dass nach 1998 alle Anträge aus Spanien überprüft worden seien mit dem Kriterium, ob „die Empfänger während ihrer Kollaboration mit den Nazis humanitäre oder rechtsstaatliche Prinzipien verletzt haben könnten“ (1). Es werden jedoch keine Angaben dazu gemacht, wieviele Anträge aus diesen Gründen abgelehnt worden seien. Im Gegenteil, die Regierung stellt fest, über keine Information zu verfügen, dass Mitglieder der Blauen Division irgendwelche Kriegsverbrechen begangen hätten.

 

„Es ist ein Skandal, dass Deutschland mehr als 70 Jahre nach Ende des Krieges nach wie vor 100.000 Euro jährlich an Nazi-Kollaborateure bezahlt. Diese Personen schlossen sich den deutschen Faschisten freiwillig an, um im Vernichtungskrieg gegen Osteuropa teilzunehmen. Es ist unbegreiflich, das die deutsche Regierung an diesen Zahlungen festhält, während andere Opfer dieses Krieges bis heute auf eine Entschädigung warten“, sagte Andrej Hunko gegenüber der Tageszeitung GARA. Die linksbaskische Koalition EH Bildu will die Angelegenheit umgehend vor das Europäische Parlament bringen.

 

Zweierlei Maß

 

Die Fürsorge, mit der die bundesdeutschen Nachkriegsregierungen die Freiwilligen Francos 50 Jahre lang behandelt haben, steht in krassem Widerspruch zum Verhalten, das dieselben Regierungen gegenüber den Opfern des Nazismus, zum Beispiel den Opfern der Legion Condor zeigten. In Griechenland und Italien werden nach wie vor Entschädigungs-Zahlungen eingefordert, im Fall von Gernika sind die deutschen Regierungen nicht über eine lauwarme Entschuldigung des ehemaligen Bundespräsidenten Herzog hinausgegangen, keine müde Mark floss je für die Menschenleben und die Schäden in der baskischen Stadt. Zu schweigen von vielen anderen baskischen, katalanischen und spanischen Städten, die Opfer wurden der Feldversuche der Nazis, die ihre Waffensystem für den kommenden großen Krieg auf Vordermann bringen wollten.

 

Die „Blaue Division“

 

Die Blaue Division (spanisch: División Azul), offiziell „División Española de Voluntarios“ (deutsch: „Spanische Freiwilligendivision“), war eine Infanteriedivision aus spanischen Freiwilligen, die unter der Führung der deutschen Wehrmacht als 250. Infanterie-Division von 1941 bis 1943 am Krieg gegen die Sowjetunion teilnahm. So beschreibt Wikipedia den Freiwilligenverband Francos. (2)

 

Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 kam es in Spanien zu großen Kundgebungen unter dem Motto: „Russland ist schuld!“ (gemeint war der „Spanische Bürgerkrieg“). Inwiefern diese Kundgebungen spontan stattfanden oder von interessierten Kreisen initiiert wurden, lässt sich heute nicht mit Sicherheit sagen. Fest steht, dass die Regierung die Begeisterung vor allem junger Falangisten nutzte, um noch am selben Tag an den deutschen Gesandten mit dem Angebot von Freiwilligenverbänden für den „Kampf gegen den Kommunismus“ heranzutreten. Nach kurzen Verhandlungen wurde beschlossen, eine Infanterie-Division aus Freiwilligen zu entsenden, die aus Kadern der Armee und Freiwilligen aus ganz Spanien bestehen sollte. Diese „División Española de Voluntarios“ bestand aus vier Infanterie-Regimentern und einem Artillerie-Regiment und besaß eine Stärke von 640 Offizieren, 2.272 Unteroffizieren und 14.780 Mannschaften. Gegenüber der Presse wurde der freiwillige Charakter der Einheit betont, tatsächlich aber wurden alle wichtigen Positionen mit Armee-Angehörigen besetzt, die regelmäßig ausgetauscht wurden. Neben antikommunistischen Motiven spielte bei den Offizieren vor allem die Verbesserung ihrer Karrierechancen eine wichtige Rolle für die freiwillige Meldung, so zählte z.B. die Dienstzeit in Russland doppelt. (2)

 

Aufstellung der Division

 

Am 13. Juli 1941 wurde die „Blaue Division“ von Madrid aus, unter dem Kommando von General Agustín Muñoz Grandes (im Range eines Generalleutnants der Wehrmacht), mit 17.909 Mann ins Deutsche Reich zur Grundausbildung verlegt. Die Dauer der Ausbildung wurde von drei Monaten auf nur fünf Wochen verkürzt. In Grafenwöhr wurde die Truppe zur 250. Infanterie-Division der Wehrmacht und am 31. Juli 1941 auf Adolf Hitler für den Kampf gegen den Kommunismus vereidigt.

 

Die Division verfügte über drei Infanterie-Regimenter, ein Artillerie-Regiment, eine Panzerjäger-Abteilung, eine Aufklärungs-Abteilung, ein Pionier-Bataillon und Divisionseinheiten. Ursprünglich war vorgesehen, die Division zu motorisieren, aber da unklar war, wer dafür zuständig sein sollte, Spanien oder Deutschland, wurde die Division mit Pferden aus Serbien ausgestattet. Da diese Pferde nicht den Anforderungen entsprachen und in der kurzen Ausbildung nicht genügend auf Pferdehandhabung eingegangen worden war, starben viele Tiere während des mehr als 1.000 Kilometer langen Marsches durch Russland. (2)

 

Als deutsche Einheit trugen die Angehörigen der Division die Uniform der Wehrmacht, jedoch mit einem Ärmelschild in den spanischen Farben, Rot und Gold, sowie der Aufschrift „España“. Benannt wurde die Blaue Division nach der Farbe der blauen Falange-Hemden, die anstelle der regulären Uniformhemden getragen wurden. Nach der Grundausbildung wurde die Division nach Russland in Marsch gesetzt. Ursprünglich war sie für die Heeresgruppe Mitte bestimmt, doch während des Marsches nach Smolensk wurde sie der Heeresgruppe Nord unterstellt und nach Wizebsk umgeleitet. Im Rahmen der 16. Armee wurde sie zur Sicherung der Flanke des Vorstoßes nach Leningrad entlang des Wolchow nördlich des Ilmensees eingesetzt. Da die deutsche Führung den Kampfwert der Division für gering hielt, nicht zuletzt wegen des „unsoldatischen Auftretens“ ihrer Angehörigen, wurde ihr keine große Beachtung geschenkt. Als die Spanier jedoch ihren Frontabschnitt gegen heftige Angriffe der Roten Armee verteidigten, wuchs die Anerkennung der Division genauso wie ihre Verluste. Im Sommer des darauffolgenden Jahres wurde die Division an die Front vor Leningrad verlegt, wo sie bis Oktober 1943 im Einsatz blieb. (2)

 

Auflösung der Divison

 

Auf starken außenpolitischen Druck hin beorderte Franco die Division 1943 zurück nach Spanien. Am 20. Oktober 1943 wurde sie offiziell aufgelöst. Zahlreiche Freiwillige blieben jedoch zurück und bildeten zunächst eine „Spanische Legion“ (Legión Española de Voluntarios) von bis zu 3.000 Mann Stärke, die noch bis 1944 an der Ostfront weiterkämpfte. Aus den schließlich noch verbliebenen Spaniern wurden zwei Freiwilligen-Kompanien der Waffen-SS aufgestellt. Beide Kompanien kämpften im Frühjahr 1945 bei der Verteidigung von Berlin gegen die Rote Armee. Die Gründe für die Auflösung der Division sind vor allem in der veränderten Kriegslage nach der Landung der Alliierten zu sehen, die eine direkte Bedrohung Spaniens implizierten. Aber auch die innenpolitische Lage hatte sich verändert, nachdem der deutschfreundliche Außenminister 1942 durch einen eher anglophil eingestellten abgelöst worden war. (2)

 

Empörung im Baskenland

 

Nach Bekanntwerden der Nachricht von der Zahlung von Pensionen an alte spanische Faschisten und ihre Familien haben sich Kollektive von Opfern des Franquismus zu Wort gemeldet und ihre Empörung zum Ausdruck gebracht. Von Euskal Herria aus wird außerdem die Dreistigkeit angeprangert, mit der gerade in der vergangenen Woche faschistische Gruppen Ehrungen für Kriegsverbrecher durchgeführt haben.

 

„Die Pensionen sind eine Schande. Anstatt die Opfer des internationalen Faschismus zu entschädigen wird Geld an die Faschisten bezahlt. Hier im Baskenland gibt es viele Beispiele, von zerbombten Orten wie Gernika, Durango, Elgeta und Elorrio, bis zu den Tausenden von zivilen Opfern. Nie wurden dafür Entschädigungszahlungen geleistet“, sagt Juan Ramon Garai im Namen der „Baskischen Plattform gegen die Verbrechen des Franquismus“, in der sich mehr als 20 Gruppen organisiert haben. Damit machte er die Entrüstung des Kollektivs deutlich, nachdem im Baskenland bekannt geworden war, das die deutsche Regierung nach wie vor Pensionen zahlt an Angehörige der franquistischen Blauen Division. „Das zeigt einmal mehr, dass wir es mit Pseudo-Demokratien zu tun haben“.

 

Dass die Berliner Regierung mehr als 50 Jahre lang Ausgleichszahlungen leistet an Leute, die sich den Nazis freiwillig angeschlossen haben, hat unter den baskischen Opfern des Faschismus Wut und Enttäuschung ausgelöst. Sie erinnern daran, dass die Angehörigen von Personen , die in den Konzentrationslagern der Nazis gestorben sind oder umgebracht wurden, als der französiche Staat von den Nazis besetzt war, zu keiner Zeit eine ähnliche Behandlung erfuhren.

 

Zu den Zahlungen der Merkel-Regierung, sagte Juan Ramon Garai, es seien „doppelte Zahlungen“, denn die Leute von der Blauen Division kassierten sowohl in Spanien alsauch in Deutschland. „Wir wissen nicht, wieviele Nazis-Kollaborateure Geld bekommen haben, und auch nicht, über welche Zeit hinweg das geschah. Denn die Bundesregierung machte in ihrer Antwort auf die Anfrage von Andrej Hunko im Bundestag dazu keine Angaben“. Gleichzeitig werden nach wie vor Ehrungen für die Legion Condor und für italiensiche Faschisten durchgeführt, ohne dass die Verantwortlichen Konsequenzen zu befürchten hätten. Gerade in der vergangenen Woche hätten solche Veranstaltungen stattgefunden.

 

Europa wird befragt

 

Die baskische Links-Koalition EH Bildu will erreichen, dass sich die Europäische Kommission zum Thema der deutschen Pension an spanische Faschisten äußert. Das sagte Josu Juaristi, der Abgeordnete der Koalition im EU-Parlament. Er sagte, derzeit würden die Fragen formuliert für ein Schreiben, in dem die Kommission gefragt werde, ob sie von den Zahlungen Kennnis gehabt habe. Die Kommission soll dazu Stellung nehmen, wie sie die Zahlungen sieht und ob diese in Einklang stehen zu den Abkommen der EU. Allerdings wird die Antwort Monate dauern.

 

In ihrer Antwort auf die parlamentarische Anfrage der Fraktion Die Linke im deutschen Bundestag versichert die Bundesregierung, sie habe nicht die Absicht, die 1962 verabredeten Zahlungen auszusetzen.

 

ANMERKUNGEN:

 

(1) Artikel „Berlin aún paga 100.000 euros anuales a exmiembros de la División Azul”, (Berlin zahlt jährlich 100.000 Euro an ehemalige Mitglieder der Blauen Division) Tageszeitung GARA, 2015-11-04 von Alberto Pradilla

 

(2) Blaue Division, Wikipedia (Link)

 

(3) Tageszeitung GARA 2015-11-06: “Indignación por el pago de Berlin a exmiembros de la División Azul” von Alberto Pradilla (Entrüstung für die Zahlungen von Berlin an Ex-Mitglieder der Blauen Division)

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Unglaublich was da alles im verborgenen schlummert. Solche Freischärler der SS auch noch ein Leben lang mit Rentenzahlungen einzudecken kann bei einem Menschen mit Politischem Bewusstsein nur auf Unverständnis stoßen.