Der Meißner Jens Löffler war im Internet Zielscheibe von Pegida-Organisatoren. Nun gibt er Flüchtlingen Deutschkurse. Aus Trotz.
Von Ulrich Wolf
Alles passt: geboren in Meißen, Facharbeiter, zur Wende arbeitslos, dann als Selbstständiger in der Finanzanlage- und Immobilienbranche tätig. Das geht schief, Insolvenz, Hartz IV. Seit gut einem Jahr schlägt er sich als Kleinstunternehmer mit Partyservice und Anhängervermietungen durch.
Mit diesem Lebenslauf hätte Jens Löffler wunderbar gepasst ins Organisationsteam von Pegida, damals im Oktober 2014. Der Großteil der Mitglieder war beruflich ebenso erfolglos wie Löffler. Auch sein Alter hätte gestimmt, um dem Chor der Wütenden und Unzufriedenen beizutreten. Doch der 44-Jährige, der sogar mit der FDP liebäugelte, hatte sich schon Ende 2012 entschlossen, in die Piratenpartei einzutreten. „Weil ich zumindest in der Meißener FDP nichts Liberales mehr entdecken konnte“, sagt er.
Mit der digitalen Revolution, mit der die Piraten die Welt freier machen wollen, hält Löffler sich auffallend zurück. Er ist nicht bei Facebook, er twittert nicht und auch bei Google sind kaum Spuren von ihm zu finden. Bei den Kommunalwahlen im Mai 2014 setzt er sich für eine kostenlose Schülerbeförderung ein, für mehr Lehrer und Polizisten, er will die Feuerwehr stärken. Mit 757 Stimmen landet er auf Rang sechs unter den 108 Kandidaten. Dass es trotzdem nicht reicht für den Meißener Stadtrat, liegt am Wahlrecht.
Auch zur Landtagswahl im August wirbt Löffler für seine Partei. Nicht im Internet, sondern mit einem Plakat an seinem Wohnhaus. Darauf steht: „Sachsen hat Platz für 1 Million neue Bewohner aus aller Welt.“ Die Bürger müssten doch begreifen, dass wir Zuzug benötigen, um unseren Wohlstand zu sichern, sagt der Vater von drei Töchtern. Wohl keine populäre Botschaft. Er holt nur 1,4 Prozent, fast vier Prozentpunkte weniger als der Kandidat der NPD und gar zehn weniger als der AfD-Bewerber im Wahlkreis Meißen 3.
Was Löffler zunächst nicht mitbekommt: Bereits zwei Wochen vor dem Urnengang wird sein Plakat zur Zielscheibe bei Facebook. Der heutige Pegida-Sicherheitschef, der in Meißen eine Pension betreibt, kommentiert: „Durchaus sachlich richtig, wenn die Piraten nicht (...) Ziegenliebhaber meinen würden, die über Generationen zu Transferleistungsempfängern werden.“ Auch der spätere Pegida-Gründer Lutz Bachmann schreibt zwei Monate vor seiner ersten Demonstration Klartext: „Gelumpe lockt Gelumpe an.“ Als dann ein Radebeuler Selbstständiger anmerkt, man möge die Million Zuwanderer in dem Haus stapeln und anschließend die Tür zumachen, postet Bachmann: „Streichhölzer nicht vergessen!“ Löffler indes wird erst zur Hochzeit von Pegida im Winter auf diese Äußerung aufmerksam gemacht. Er erstattet im Dezember Anzeige gegen Bachmann durch Störung des öffentlichen Friedens wegen Androhung von Straftaten. Die Dresdner Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren Ende März ein. Danach wollte sich Löffler ganz aus dem öffentlichen Leben Meißens zurückziehen, „auch wegen meiner Familie“. Als nun aber im Juni ein Haus in Meißen brannte, in das Flüchtlinge einziehen sollten, entschloss er sich, die Geschichte seines Zuwanderungs-Plakates doch noch öffentlich zu machen. „Schließlich sind es die Pegida-Geister, die solchen Taten in meiner Heimat den Weg bereiten.“ Löffler will einen anderen Weg gehen. Er startet in dieser Woche seinen ersten Deutschkurs für Flüchtlinge in seinem Partyraum.
ein gutes Beispiel
für sinnvoll umgewandelte Wut. Wünsche ihm Erfolg und ein paar Mitstreiter auf seinen mutigen Weg.
*.GIDA lässt sich wohl nicht verhindern, aber vielleicht von unten austrocknen. Die Nazis bleiben die selben, aber wenn einer aus der "Mitte" praktische Solidarität zeigt, findet es ausser den ganzten Frust-Trotteln vielleicht doch ein paar Nachdenkliche.
viel Erfolg !