Seit Anfang des Jahres marschieren unter dem Label “Pegida Dreiländereck” bzw. “SBH-Gida” in unregelmäßigen Abständen immer wieder teils überregional angereiste Nazis und Rassisten in Villingen-Schwenningen auf. Von Beginn an gab es jedes Mal direkte Gegenproteste. Neben Karlsruhe war VS lange Zeit die einzige Stadt in Baden-Württemberg, in der Pegida-Aufmärsche stattfanden. Für den 17. Mai mobilisiert Pegida Dreiländereck erstmals nach Stuttgart anstatt nach Villingen-Schwenningen.
Stark und entschlossen: Die bisherigen Proteste
Angesichts der Tatsache, dass die Pegida-Aufmärsche kontinuierlich in
einem recht kurzen Abstand von ein bis drei Wochen stattfinden, stellt
sich für uns die Frage, wie damit umzugehen ist.
An den Protesten gegen den ersten Pegida-Aufmarsch in Villingen am 12.
Januar beteiligten sich insgesamt etwa 1.000 Menschen. Dem Aufruf zu
direkten Gegenprotesten des Offenen Antifaschistischen Treffens VS (OAT)
auf dem Münsterplatz folgten bis zu 400 Menschen. An der Kundgebung des
bürgerlichen Bündnisses NoPegida nahmen etwa 600 Personen teil. Schon
bei den Protesten gegen den zweiten Aufmarsch von SBH-Gida, sank die
Anzahl der GegendemonstrantInnen auf insgesamt “nur” noch 300 Menschen.
Die Tatsache, dass sich ausgesprochen viele Menschen für ein einmaliges
bzw. erstmaliges “Event” mobilisieren lassen, ist dabei keine neue
Erkenntnis, sondern hat sich auch in der Vergangenheit schon an anderen
Punkten gezeigt. Darum bewerten wir es als Erfolg, dass es stets gelang
mit 100 bis 200 Menschen, die TeilnehmerInnenzahl bei den vom OAT
organisierten Gegenprotesten auf einem relativ hohen Niveau zu halten.
Dies gelang zum einen durch eine stete Thematisierung der Notwendigkeit
des Protests und einer immer wieder intensiven Mobilisierung, regional
wie überregional. Zum andern durch mehrere Veröffentlichungen
unsererseits zu den Personen die hinter SBH-Gida stehen und die
Aufmärsche organisatorisch mittragen.
Ein Teil von Mehr: Antifaschismus ist Abwehrkampf
Bis zum dritten Aufmarsch von Pegida überlagerte die Arbeit und
Mobilisierung zu den Gegenaktionen nahezu alle anderen linken
Politikfelder.
Hier stellte sich für uns die Frage, nach der Richtigkeit der mit einem
solch großen Aufwand betriebenen Gegenmobilsierungen zu den
Pegida-Aufmärschen. Denn gerade weil die Rechten versuchen, mit ihrer
Hetze und kontinuierlichen öffentliche Aktionen an die bestehende Ängste
unter anderen vor dem sozialen Abstieg in der Bevölkerung anzuknüpfen,
ist es wichtig unsere Antworten auf die gesellschaftlichen Problemen der
Menschen zu geben. Antimuslimischen und rassistischen Vorurteilen, die
seit Jahren unter dem Label der Integrationsdebatte geschürt werden,
müssen wir eine klare Absage erteilen und unseren Entwurf eines
solidarischen Miteinanders entgegenstellen. Das schaffen wir nicht, wenn
wir uns nur an den Aufmärschen der Rechten abarbeiten. Wir können den
antifaschistischen Kampf ein Stück weit nutzen, um die Hintergründe der
reaktionären Hetze zu thematisieren und uns politisch zu verankern.
Ab dem vierten Aufmarsch von Pegida stießen wir einen anderen Umgang mit
der rassistischen Mobilisierung an. Weg von einer nur kurzfristigen
Intervention in Form der direkten Gegenproteste hin zu einer breiteren
und langfristig ausgelegten Gegenarbeit, deren Ziel die Stärkung der
antifaschistischen Bewegung vor Ort ist. Konkret bedeutet dies die
Schonung der eigenen Kräfte sowie das Hauptaugenmerk auf die Darstellung
der antifaschistischen Kräfte vor Ort und die Außenwirkung der Proteste
zu legen. Gleichzeitig heißt das auf der Straße im Rahmen des
Kräftverhältnisses und der damit gegebenen Möglichkeiten spontan zu
handeln.
Ebenso plädierten wir dafür, sich auf den Charakter des Antifaschismus
als Teilbereich linker Politik zu besinnen. Antifaschismus ist in erster
Linie ein Abwehrkampf. Um als Linke dauerhaft erfolgreich zu sein und
reaktionären Hetzern das Wasser abzugraben, darf die bloße
“Anti-Nazi-Arbeit” nicht dauerhaft andere Bereiche linker Politik
überlagern. Auf dieser Grundlage begannen wir, auch die Arbeit gegen
Pegida weniger intensiv zu gestalten, um wieder Raum für andere
Politikfelder freizugeben.
Egal wann: Der rechten Hetze entgegentreten
Doch trotz alledem, dürfen wir der rechten Hetze von Pegida keineswegs
die Straßen dieser Stadt überlassen. Bisher machten die
antifaschistischen Proteste jedes Mal die Ablehnung der rechten Hetze
deutlich. Bei jedem Aufmarsch musste sich SBH-Gida von einem massiven
Polizeiaufgebot beschützen lassen. Jedes Mal aufs neue waren große
Polizeieinsätze notwendig, die Kundgebungen von Pegida waren nur in
einem weiträumig abgesperrten Käfig aus Hamburger Gittern möglich.
Im Vorfeld des Aufmarschs kam es vielfach zu Blockaden der Zugänge und
Anreisewege auf den Münsterplatz. Immer wieder setzten sich Gruppen von
Antifaschistinnen und Antifaschisten von den vor Beginn des Aufmarschs
stattfindenden Kundgebungen ab, um die Anreise der Rechten zu stören.
Die Rassisten und Faschisten kamen vielfach nur über enge Gassen zu
ihrem Aufmarschort, teilweise mussten sie sich sogar die direkten
Zugänge von der Polizei freiprügeln lassen, nur um dann abgeschottet von
Passantinnen und Passanten und ohne jede Außenwirkung ihren, von weit
her angereisten, Hasspredigern zu lauschen.
Immer wieder wurden Nazis und Pegida-Anhänger vor und nach ihrem
Aufmarsch in der Stadt von engagierten Antifaschistinnen und
Antifaschisten angegangen.
So gelang es, die Teilnahme an den Aufmärschen so unattraktiv wie
möglich zu gestalten. Viele Pegida-Sympathisanten schreckt ein solches
Szenario von einer Teilnahme ab.
Auch ist wichtig klar zu machen, dass rechte Aufmärsche keineswegs
normal sind. Angesichts des massiven Aufgebots der Polizei, wird es auch
zukünftig kaum möglich sein, einen solchen Aufmarsch komplett zu
verhindern. Doch es gilt diese nicht zur Normalität werden zu lassen.
Ohne massive Gegenproteste, stünde Pegida irgendwann unwidersprochen und
ohne Absperrungen und Polizeiketten in der Villinger Innenstadt. Die
Nachricht die hiervon ausgehen würde, wäre aber keineswegs “Hier wird
Rassismus die kalte Schulter gezeigt” sondern vielmehr “Rechte Hetze ist
normal und bleibt unwidersprochen”.
Darum ist es notwendig, dass es auch in Zukunft immer wieder Proteste und Widerstand gegen jeden Pegida-Aufmarsch gibt.
Vielfältig und solidarisch: Breiter Widerstand gegen Pegida
Natürlich bedeutet linke antifaschistische Politik dabei, dass wir auch
mit bürgerlichen AntifaschistInnen solidarisch zusammenarbeiten wo und
soweit das möglich ist. Auch wenn wir mit den OrganisatorInnen von
NoPegida in VS nicht viel teilen, was unsere gesamtgesellschaftlichen
Ziele angeht, war dies mit einigen davon möglich. Denn uns eint die
Überzeugung, gegen Rassismus und Faschismus aktiv werden zu müssen.
Wichtig ist und bleibt, dass Pegida einen möglichst breiten
gesellschaftlichen Widerspruch erfährt.
Immer wieder: Widerstand!
In den vergangenen Monaten haben wir einen Umgang mit den regelmäßigen
rassistischen Aufmärschen gefunden, der kontinuierlich möglich ist. Wir
dürfen zum einen Pegida nicht die Straße überlassen, zum andern müssen
wir aber auch selbst mit unseren Ansätzen für eine solidarische Welt in
die Gesellschaft hineinwirken. Das bedeutet, dass wir auch weiterhin
jedes Mal vielfältigen Widerstand organisieren und unterstützen werden.
Seien es die Proteste auf dem Münsterplatz, Blockadeaktionen im Vorfeld
oder Infotische.
Selbstverständlich bedeutet das nicht, dass eine Weiterentwicklung
unserer Proteste nicht notwendig ist - im Gegenteil - aber
grundsätzlich haben wir einen Umgang mit Pegida gefunden, an dem die
antifaschistische Bewegung wächst.
Beteiligt euch an allen Aktionen gegen die Aufmärsche von Pegida!
Keine Basis für rechte Hetze!
Antifaschistische Aktion [O] Villingen-Schwenningen im Mai 2015
StopPegida: Fahrt am Sonntag mit nach Stuttgart
Das Umschwenken der Pegida-Organisatoren von Villingen-Schwenningen nach Stuttgart geschieht nicht aus einem Moment der Stärke heraus. Weder durch Pegida Dreiländereck, noch durch die Verlegung ihrer Aufmärsche von Monatg auf Sonntag, noch durch immer prominentere Redner, wie zuletzt Lutz Bachmann, gelang es die Teilnehmerzahlen merklich zu erhöhen.
Nach sieben Aufmärschen in Villingen-Schwenningen ist SBH-gida dabei sich totzulaufen.
Bereiten wir ihnen in Stuttgart eine weitere Niederlage!
Pegida Dreiländereck und SBH-gida haben weder bei uns, noch in Stuttgart was zu suchen!
Treffpunkt zur gemeinsamen Anreise:
Sonntag, 17. Mai, 11 Uhr, Schwenningen Bahnhof