Zu Beginn dieser Woche drehte sich eine ausgiebige Diskussion auf
unserer Seite um den antifaschistischen Protest, den angereiste
AktivitInnen in Tröglitz auf die Straße trugen. Dort hatten
Rechtsextremisten zuvor über Wochen ein rassistisches und
demokratiefeindliches Klima geschaffen und eskaliert.
Nach dem Terror gegen politisch Andersdenkende war zunächst der
Oberbürgermeister zurückgetreten und anschließend eine geplante
Asylunterkunft in Flammen aufgegangen. Eine dramatische
Entwicklung, die deutlich machte, wie schnell ein gesellschaftlicher
Diskurs organisierten Rechtsextremisten zum Opfer fallen kann...
#nopegida (facebook.com/hashtag/nopegida) #watch (facebook.com/hashtag/watch) #freital (facebook.com/hashtag/freital) #protest (facebook.com/hashtag/protest) #drecksnest (facebook.com/hashtag/drecksnest)
Zum 1. Mai veranstaltete eine antifaschistische Gruppe dort eine
Demonstration, vor der ein Fronttransparent mit der Aufschrift "Scheiß
Drecksnest" hergetragen wurde.
LeserInnen und AnwohnerInnen waren
gleichermaßen empört über die "kollektive Verunglimpfung einer ganzen
Gemeinde" und stellten die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solchen
Aktion.
Natürlich kann jeder seine Zweifel haben, ob nicht diese
radikale Form mit dem Ort ins Gericht zu gehen am Ende für dessen
Positionierung kontraproduktiv sein könnte. Aber geneigte
BeobachterInnen kamen nicht umhin sich zu fragen, wie es eigentlich sein
kann, dass dieses Maß an Empörung ausgerechnet hier an den Tag gelegt
wird und sich bei den tatsächlichen besorgniserregenden Vorgängen doch
vergleichsweise in Grenzen hielt.
So kam es, dass die Meldung im
gleichen Text, von einem gewalttätigen Angriff von Neonazi-Schlägern mit
mehreren Verletzten, glatt übergangen wurde. Die Empörung drehte sich
bemerkenswerterweise fast ausschließlich um das "Scheiß Drecksnest".
Interessant dabei ist: Die Menschen, die dadurch so aufgerüttelt
wurden, haben die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Protestform eben
damit selbst beantwortet.
Für uns liegt die Situation eigentlich ziemlich klar auf der Hand:
Sind alle Einwohner solcher Orte Rassisten oder sind sie alle
gleichgültig gegenüber rassistischen Übergriffen? Natürlich nicht.
Aber ist die Dorf-/Stadtgesellschaft diesen Entwicklungen effektiv entgegengetreten? Offenkundig nicht.
Aus unserer Sicht ist es wichtig solche Aktionen als das zu begreifen,
was sie sind: Die gezielte Provokation einer ansonsten indifferenten
Gemeinde und Gesellschaft.
Denn lasst uns alle bitte nicht
vergessen: Insbesondere der ländliche Raum ist zu einer Art
Rückzugsgebiet für rassistische Wortergreifung geworden. In viel zu
vielen kleinen und mittleren Gemeinden gehören Neonazis und Faschisten
mittlerweile wie selbstverständlich zum Straßen- und Meinungsbild, in
einigen Gegenden dominieren sie dieses sogar.
Rassismus und Faschismus aber sind keine legitimen "anderen Meinungen". Sie sind offene Angriffe gegen uns alle!
Wer diesen nicht entgegentritt, der akzeptiert ihre Präsenz zumindest passiv...
Diese Zustände müssen(!) offensiv benannt werden und offenbar sind in
vielen Städten und Dörfern die Bürger nur noch dann zu erreichen, wenn
Gefahr für den wertvollen "Ruf ihrer Stadt" besteht.
Freital in
Sachsen ist für uns das beste Beispiel. In dieser Kleinstadt, ca. 3 km
vor Dresden, gelingt es einem kleinen Teil der vermeintlichen
"Bürgerschaft" mittlerweile seit Wochen, eine ekelhafte Atmosphäre des
Hasses und der Fremdenfeindlichkeit zu erschaffen. Dies aber, wird von
einer Mehrheit der Gesellschaft vor Ort einfach hingenommen.
So
lange solche Zustände nicht von sich aus korrigiert werden, so lange ist
es nicht nur legitim, sonder absolut notwendig, dass dieser
"Burgfrieden" von außen symbolisch angegriffen wird.
Ist es nett daraufhin diese Gemeinde als "Drecksnest" zu bezeichnen? Sicher nicht.
Jedoch reagiert ein signifikanter Teil der "Bürger" offenbar nur noch
auf deutliche Angriffe gegen den eigenen Lokalpatriotismus und so lange
das so ist, so lange stehen wir persönlich hinter dieser Aktionsform.
Jede/r einzelne dieser AktivistInnen ist uns tausendmal lieber als
Menschen, die hinter ihren Gardinen sitzen und sich einen Sche*ß für die
Lösung der Probleme und das Schicksal der Menschen vor Ort
interessieren. Menschen, die täglich belästigt, beschimpft. ausgegrenzt
und angegriffen werden, wie in Freital.
Lasst uns in diesem
Sinne am Freitag die Stimmung in der Kleinstadt Freital ins Wanken
bringen! Lasst uns zeigen, dass es nicht hinnehmbar ist, wenn die
Refugees mit Steinen und Feuerwerkskörpern attackiert werden, wenn sie
auf Schritt und Tritt von Nazi-Fotografen verfolgt werden, immer auf der
Suche nach dem nächsten "Skandal" um die fremdenfeindliche Stimmung
weiter anzufachen, wenn nahezu jeden Tag ein Mob vor der Unterkunft
steht, der nur eines sagen will: "Ihr seid nicht willkommen"
Wenn Freital das widerspruchslos akzeptiert, ja, dann ist es in der Tat ein "Scheiß Drecksnest"...
Irren wir uns Freital? Stellt es unter Beweis! Zeigt, dass die Menschenfeinde nicht für diese Stadt sprechen!
Wir freuen uns darauf, Euch am Freitag zu treffen, wenn es heißt: #RefugeesWelcome (facebook.com/hashtag/refugeeswelcome)!
PEGIDA#watch (facebook.com/pegidawatch?fref=photo)
Unfassbar kontraproduktiv
Was ihr macht ist absolut kontraproduktiv. Es spielt doch den Faschos und Rassisten in die Hände, wenn "die Antifa" durch's Dorf demonstriert und die EinwohnerInnen beleidigt.
Was ihr damit erreich ist keineswegs eine gesellschaftliche Debatte über die stillschweigende Toleranz faschistischer Umtriebe. Die Zeitungen schreiben doch nur über euch, weil ihr euch einen groben Verstoß gegen "die guten Sitten" geleistet habt. Das ist natürlich per se nicht zu verurteilen, aber eure Inhalte bocken dann die meisten EinwohnerInnen schlichtweg nicht mehr.
Selbst wenn, die Grundursache der ganzen Misere, nämlich rechte Hetze, Rassismus usw. benennt ihr ja nicht mal.
Unterstützung und Aufbauarbeit von ländlicher Antifaarbeit durch Großstadtantifagruppen ist natürlich absolut spitze und notwendig. Aber das erreicht man nicht, indem man etliche Großstadtantifas für eine solche Möchtegern-Black-Block-Demo in ein Dorf mobilisiert und Parolen rufen lässt á la "Wir sind hier aus purer Feindschaft gegen eure Dorfgemeinschaft". Dann kann man zwar "schicke" Fotos auf Indymedia posten und sich dran aufgeilen, dass die Lokaljournalie sich darüber aufregt, gewonnen ist dabei aber nichts - im Gegenteil.
Antifaarbeit auf dem Dorf sollte, wie überall sonst auch, die Ursachen benennen und - gerade wenn es, wie meist, keine lokalen Strukturen gibt - die Menschen ermutigen und bemächtigen, selbst aktiv zu werden.
Konkret könnte das z.B. so aussehen:
1. Wenn möglich Kontakt mit Menschen suchen, die vor Ort (oder evtl. auch im Nachbarkaff) leben und aktiv werden wollen gegen Faschos. Mit ihnen planen, was man machen will (z.B. Filmvorführung, Demo, Kundgebung, Info-/Diskussionsveranstaltung...) und versuchen mehr Leute aus der Gegend zu motivieren mitzumachen.
2. Ein sinnvolles Motto wählen, das benennt worum es geht, anschlussfähig ist und ermutigt aktiv zu werden. Z.B. "Gegen Rassismus - Aktiv werden gegen Nazigewalt" o.ä.
3. Einen kurzen Text schreiben in dem die Ursachen für die gesellschaftliche Misere benannt werden, gezeigt wird, dass MigrantInnen daran nicht schuld sind und Faschos und deren Hetze darauf keine Antwort geben. Natürlich auch sagen, dass es darum wichtig ist, dagegen aktiv zu werden und aufzustehen.
4. Den Text auf einen Flyer drucken, Datum, Ort und Uhrzeit für die gewählte Aktion drauf und an alle Haushalte im Dorf und den Nachbardörfern verteilen.
5. Die Aktion durchführen, mit den Leuten ins Gespräch kommen und versuchen ihnen zu vermitteln, dass Nazis Scheisse sind, Rassismus nichts bringt und die Ursachen für gesellschaftliche Probleme im Kapitalismus liegen und nicht Flüchtlinge daran Schuld sind, sondern sie vielmehr unter den bestehenden Verhältnissen noch vielmehr zu leiden haben.
6. Weitermachen: Mehr Leute gewinnen, die Aktiven unterstützen, Öffentlichkeitsarbeit machen und natürlich gegen die vorhandenen Nazis entschlossen vorgehen.
Das ist vielleicht ein wenig mehr Arbeit, mühseliger und es gibt nacher nicht ganz so viele möchtegernmilitante Bilder die man auf indymedia posten kann. Aber es ist effektiver (bzw. vor allem nicht kontraproduktiv) und nachhaltiger. So kann man den Brandstiftern, Hetzer, Bombenbauern und Schlägern tatsächlich ihre Basis entziehen.
Ihr Tröglitz braucht man sowas im übrigen erstmal nicht mehr versuchen. Durch das was ihr da veranstaltet habt, hat "die Antifa" jetzt so einen miesen Ruf, dass euch KeineR mehr ernstnimmt oder was von euch wissen will. Bzw. das ist immer noch der richtige Weg, den man auch versuchen kann, aber es wird - wenn's überhaupt noch geht - sehrsehr langwierig und anstrengend.
Word!
absolute Zustimmung!