Solidarität muss praktisch werden. Aber wie? Der Schanzenfestsalon verbindet Politik und Diskussion mit der Form eines Straßenfestes. Geflüchtete und antirassistische Gruppen berichten von ihren Kämpfen für Bleiberecht, von Hausbesetzungen, Protest gegen Lagerunterbringung und Abschiebung und der Vernetzung gegen das europäische Grenzregime. Ein Erfahrungsaustausch über politische Zielsetzungen, der Aktionsformen und Proteste beleben soll.
Sonntag 28. September im Hamburger Schanzenviertel
12 - 20 Uhr an der Sternstraße / Ecke Ludwigstraße
12 Uhr | Abschiebungen und Proteste Roma Thüringen und das Roma Center Göttingen berichten über die aktuelle Situation und Auswirkungen der Asylrechtsänderung
14 Uhr | Selbstorganisierung und Vernetzung Jugendliche ohne Grenzen, das Infomobil und Traces Back II berichten aus ihrer politischen Praxis.
16 Uhr | Women in Exile Geflüchtete Frauen stellen fest: Es gibt keine sicheren Herkunftsländer. Die neue Asylrechtsverschärfung bedeutet noch weniger Schutz.
18 Uhr | Hausbesetzungen & Solidarität Mit Aktivist_innen aus Hamburg, Berlin, Amsterdam, Wien und Zürich sprechen wir über deren Erfahrungen bei Besetzungen von Schulen mit Refugees und Unterstützer_innen, über Möglichkeiten der Solidaritätsarbeit, unterschiedliche Bedingungen und gemeinsame Bezugspunkte. Gäste und Referent_innen Roma Thüringen | 12 Uhr Roma Thüringen ist eine Gruppe. Sie kämpfen für Bleiberecht und gegen Rassismus gegen Roma.
Jugendliche ohne Grenzen | 14 Uhr Jugendliche ohne Grenzen (JOG) ist ein 2005 gegründeter bundesweiter Zusammenschluss von jugendlichen Flüchtlingen.Unsere Arbeit folgt dem Grundsatz, dass Betroffene eine eigene Stimme haben und keine “stellvertretende Betroffenen-Politik“ benötigen. Wir entscheiden selbst, welche Aktionsformen wir wählen, und auch, wie wir diese durchführen. Wir tagen stets parallel zu den Innenministerkonferenzen, wobei wir regelmäßig den „Abschiebeminister des Jahres“ wählen. Auch lokal organisieren wir viele Aktionen, dazu zählen die Teilnahme an Fachtagungen und Seminaren, die Organisation von Infoveranstaltungen für Presse und Schulen, das Herantragen von Forderungen an Politiker_innen, sowie öffentlichkeitswirksame Aktionen wie Demos, Kundgebungen und Mahnwachen. http://jogspace.net
Traces Back Part II | 14 Uhr Im August 2014 sind wir, zum zweiten mal, gemeinsam nach Lesvos gereist. Welcome to Europe und Jugendliche ohne Grenzen haben wieder ein Zusammentreffen organisiert: junge Menschen, die 2008/2009 in Griechenland angekommen waren und inzwischen in Deutschland oder Schweden ein Recht zu Bleiben erkämpft haben, kehrten an den Ort ihrer Ankunft in Europa zurück. Zwei Wochen lang wurden, mit anderen Aktivist_innen (von JoG und w2eu) und jungen Menschen die (noch) in Griechenland leben oder gerade angekommen waren, gemeinsame Proteste organisiert, z.B. vor dem Knast. Jeden Tag wurden neu angekommene Flüchtlinge Willkommen geheißen im selbstorganisierten Willkommenszentrum PIKPA. Jeden Tag am Hafen freigelassene Flüchtlinge getroffen und sie über die Situation in Griechenland informiert und auf ihnen damit ein Stück Kraft gegeben, die sie alle auf ihrer Weiterreise brauchen... Eine Reise der Solidarität, die alle Grenzen überwindet und bei der klar wird dass weder die Mauern der Knäste noch die Festung Europa uns in unseren weiteren Kämpfe verhindern kann! http://lesvos.w2eu.net
Infomobil Hamburg | 14 Uhr Das Infomobil Hamburg berät und begleitet jugendliche Flüchtlinge, die im Kinder- und Jugendnotdienst (KJND), Feuerbergstraße, untergebracht sind. Der KJND ist seit 2010 zuständig für die Erstaufnahme minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge (MUF), die dort zahlreichen Problemen ausgesetzt sind. Das beginnt mit der Altersschätzung, wenn Jugendliche keinen Altersnachweis nach ihrer Flucht vorlegen können, die bei der Erklärung zur Volljährigkeit (2013: 52% aller MUF in HH) zur völligen Aberkennung der Schutzrechte als Minderjährige führen. Bereits im Aufnahmegespräch werden Informationen verlangt, die für ein späteres Asylverfahren bedeutsam sein können, obwohl eine Weitergabe vertraulicher Daten aus dem Erstgespräch an andere Behörden rechtswidrig ist. Anerkannte MUF leiden im KJND unter problematischer Essensversorgung und überzogenen Sanktionen (z. B. tagelange Hausverweise), Übergriffen durch das Sicherheitspersonal und überlastetem Betreuungspersonal. Ein Höhepunkt der Skandale rund um KJND war kürzlich erreicht, als - auch über das Infomobil Hamburg – bekannt wurde, dass es einen Aufnahmestopp gab und schutzsuchende Jugendliche abgewiesen wurden. Das Infomobil wurde in 2009 von Café Exil, Flüchtlingsrat und anderen Aktivist_innen als mobile Beratungsstelle vor der Erstaufnahme in der Sportallee (seit diesem Jahr in der Poststraße in Harburg) gegründet und hat seit 2012 seinen Beratungsschwerpunkt zum KJND verlagert. http://cafe-exil.antira.info/infomobil-hamburg/
Women in Exile | 16 Uhr Women in Exile is an initiative of refugee women founded in Brandenburg in 2002 by Refugee Women to figth for their rigths. In 2011 we built the `Women in Exile& Friends group!` Together we conduct the campaign tittled „No Lager for Women! Abolish all Lagers!“ To date we work as volunteers visiting „collective accomodation“ in Brandenburg to offer support to refugee women from the perspective of those affected. We organize seminars and workshops for refugee women to improve their difficult living situations and develop perspectives to figth for their rigths in the asylum procedure and to defend themselves against sexualized violence,discrimination and exclusion. We demonstrate,give interviews to the media and speeches in meetings to let the society know of the problems faced by refugee women and their demands.
We are here | 18 Uhr We Are Here is a group of refugees in Amsterdam that is refused any housing provided by the government and is also not allowed to work, they therefore should live on the street. Their asylumrequests were rejected by the government and they are expected by the authorities to leave the Netherlands on their own. People of the group sometimes end up in prison for many months and are then kicked on the streets again. The group decided to make the crazy and inhumane situation that they have to live in visible, by no longer hiding, but showing the situation of refugees that are out of procedure. Many of them are actually trying to work on a new procedure. Thanks to the power of the refugees and the help of many supporters, the group exists already for 2 years. They started with a tentcamp (Sept 4 2012), that space was evicted after 3 months, then buildings were squated for them and by them. So far they have lived in 9 different squated buildings: vluchtkerk, vluchtpark, vluchtkantoor, vluchtgarage, etc. The city offered a part of the group shelter in a former prison for 6 months (trying to make them leave the Netherlands), that ended again in July. A devoted lawyer is working with the group and spends all his time on building up cases on the right to shelter, food and clothing*. We Are Here is currently in 3 different locations in Amsterdam and consists of around 250 people.
Autonome Schule Zürich | 18 Uhr Anfangs 2009 fanden auf Initiative einiger Sans-Papiers aus der Bleiberechtbewegung die ersten Deutschkurse der Autonomen Schule Zürich (ASZ) in einem besetzten Haus statt. Zehn Schulhäuser später ist daraus ein grosses und vielfältiges Projekt geworden, mit verschiedensten Kursen, Veranstaltungen und einem Kino. Das Schulhaus befindet sich zurzeit in einer legalen Zwischennutzung. In der ASZ verbindet sich der antirassistische Kampf mit dem Thema der freien, emanzipatorischen Bildung und dem Kampf für das Recht auf Stadt. Weitere Gäste und Gruppen werden aus Wien, Berlin, Göttingen und anderen Städten anwesend sein. Die Referent_innen auf den Diskussionen werden unterstützt aus dem Störtebekerfond und mit Queer-Feministischen-Fördermitteln von Café Libertad Kollektiv. www.cafe-libertad.de
Gäste aus Wien für die Talkrunde um 18 Uhr
Ende Juli 2013 wurden innerhalb von zwei Tagen acht Personen der selbstbestimmten Wiener Protestbewegung von Flüchtlingen (Refugee Protest Vienna) nach Pakistan und Ungarn abgeschoben. Diese hatten zuvor monatelang auf Mängel im österreichischen Asylsystem aufmerksam gemacht und sich in zahlreichen öffenlichkeitswirksamen Aktionen wie Märschen, Zeltcamps in der Stadt, Besetzungen und Kunstprojekten für Bewegungsfreiheit und eine Entkriminalisierung von Migration eingesetzt.
Ab dem zweiten Tag der Abschiebungen folgten die Festnahmen von insgesamt acht weiteren Refugees aus dem Umfeld dieser Protestbewegung. Unter dem Vorwurf, Mitglieder einer millionenschweren, gewalttätigen und internationalen Schlepperorganisation zu sein, wurden die im Wahlkampf für die Nationalratswahl 2013 stattfindenden Festnahmen von Innenministerium und Exekutive legitimiert. Seit März 2014 stehen diese 8 Refugees nun im sogenannten Fluchthilfeprozess vor Gericht und prozess.report, ein neues Kollektiv von Medienaktivist*innen und Journalist*innen, hat es sich zur Aufgabe gemacht diesen und andere Prozesse übersichtlich und in ihrer Komplexität nachvollziehbarer aufzubereiten und kritisch zu begleiten und nicht wie viele andere einfach weg zu sehen wenn versucht wird politisch aktive Menschen zu kriminalisieren.