[berlin] Zur S-Bahnbrandstiftung

Lower Class Magazine

[Szenetagebücher - Episode III] Hallo, wir sind´s, die Guten

Fährst du zur Arbeit, zünd´ ich Dir die S-Bahn an. Kritik einer völlig entgleisten Form von Militanz

 

Es ist nicht das erste Mal, dass einige Autonome meinen, einen Stromverteiler der S-Bahn anzünden zu müssen, um den "Normalbetrieb" zu stören. Bereits im Mai 2013 fand eine derartige Aktion statt, vorgestern nun wieder. Ich will zwei Dinge vorweg schicken: Erstens, ich finde Militanz für eine radikale Linke unerlässlich. Zweitens: Militanz hat gewisse Kriterien zu erfüllen, will sie beanspruchen können, ein ernstzunehmender politischer Akt zu sein. Diese Aktion tut das nicht. Die Aktion - und mit ihr ihre Begründung, die immer notwendig ein Teil der Aktion ist, ja ohne die (egal ob sie explizit geäußert wird, oder implizit in der "Tat" enthalten ist) die Aktion sinnlos ist - ist kontraproduktiv und schlecht begründet.

 

Sehen wir uns das "Bekennerschreiben" an. Die Aktion wird in den Kontext der Refugeeproteste gestellt, was allerdings eine äußerliche Bezugnahme ist, denn es geht den AkteurInnen schlichtweg darum, dass es zu wenig "Betroffenheit" gibt: "der pressesprecher der deutschen bahn drückte heute sein unverständnis über diese aktion aus und sprach davon, dass diejenigen, die getroffen wurden, die einfachen bürger*innen berlins und brandenburgs seien. diese sind es, die getroffen werden sollten. Getroffen deshalb, weil niemand mehr betroffen ist, weil wir in einer gesellschaft ohne verständnis und solidarität leben. es fehlt an betroffenheit für die dinge, die außerhalb der eigenen kleinen lebensrealitäten passieren. etwas, was dazu fehlen könnte, ist zeit." Deshalb wolle man jene, die "tagtäglich lethargisch in reih und glied [stehen], um auf ihre S-bahn zur arbeit, in die schule oder zum einkaufen zu warten", aus ihrer Lethargie reißen und gleichsam zur Betroffenheit zwingen.

 

Es funktioniert nicht. Man hätte das wissen können, denn man kannte die Reaktionen auf den Kabelbrand im Mai 2013. Die übergroße Mehrheit der Betroffenen reagierte nicht mit der erwünschten "Betroffenheit", sondern übernahm die Interpretationen, die die Massenmedien vorgaben: Ein Haufen ChaotInnen stört euch in eurem Leben. Euch, die ihr brav arbeitet, wollen die Faulenzer noch Steine in den Weg legen auf eurem ohnehin so harten Weg.

 

Das Bekennerschreiben suggeriert: Wir wollen den Fluß des kapitalistischen Alltags durchbrechen, damit die Leute innehalten und nun das "Macht- und Ausbeutungssystem" als solches (Begründung 2013) oder die beschissene Situation der Flüchtlinge (Begründung 2014) erkennen. Nun haben wir keinen Grund zu glauben, dass das damit je erreicht wurde. Aus persönlichen Gesprächen, Kommentaren im Internet und der Einschätzung wie wir selbst reagieren würde, wären wir als unpolitische Arbeiterin gerade um 7 Uhr morgens auf dem S-Bahn-Gleis und hätten Stunden blöd in der Gegend rumzustehen, nur um dann später in einen dafür umso stressigeren Arbeitstag entlassen zu werden, wissen wir: Der Effekt, der angeblich erwünscht ist, tritt nicht ein. Niemand wird durch so eine Aktion AntikapitalistIn, niemand beginnt über die Situation der Refugees nachzudenken, niemandem öffnet so eine Aktion die Augen über die kapitalistische Ökonomie der Zeit oder den Charakter von Lohnarbeit.

 

Einige Passagen in dem Papier der Gruppe, die ihre Aktion erläutert, weisen auch darauf hin, dass ihnen das egal ist. Jedenfalls aber zeigt die "Analyse" derer, die sie da treffen, dass das Weltbild, das sie antreibt, jedenfalls jede Menge Projektionsflächen und Klischees enthält.

 

In weiter Ferne das Übel

 

"wer nicht in der lage ist zu denken, zu reflektieren, wer nicht versteht warum die eigene situation in absolutem zusammenhang mit dem übel der menschen in „weiter ferne“ steht, um die ist es nicht schade (...)" - Die Passage lässt tief blicken. Wie die deutschen Romantiker des 19. Jahrhunderts das Gute in übergroßer Distanz vermuteten, so unsere autonomen Romantiker das "Übel". Ähnlich wie Charity-Shows und Betroffenheitssendungen im Massen-TV meinen sie offenbar, dass Ausbeutung und Unterdrückung nur weit, weit, weit weg, irgendwo im Trikont existieren. Hierzulande existiert dagegen nur eine träge Masse wohlstandssatter Profiteure, die man triezen und pieksen muss, wo es geht, damit sie die eigene Privilegierung einsehen. Die in der S-Bahn zur Arbeit Fahrenden sind für die sich Bekennenden ein homogener Block, Teil einer "reichen Gesellschaft". Gesellschaftliche Klassen gibt es in diesem Weltbild zumindest hierzulande keine.

 

An dieser Stelle etwas Empirie, wenn auch nur die Eingeschränkte meines persönlichen Blickes: Ich fahre jeden Morgen mit der S-Bahn in jene Scheisse, die man Lohnarbeit nennt. Ferner könnte man dem Reichtum dieser Gesellschaft zumindest hierzulande nicht sein. Putzfrauen, Büroangestellte, BauarbeiterInnen, manchmal Studenten, wenn sie früh dran sind, sitzen in diesen Bahnen. Und man wird sich wundern: Es ist nicht so, dass die Gespräche, die da geführt werden, von völliger Gedankenlosigkeit zeugen, wie das die BekennerInnen gerne hätten. Diejenigen, die nicht ohnehin noch halb schlafen oder in Erwartung eines weiteren sinnlosen Tages dahindämmern, reden über die viel zu hohen Mieten, über die Scheisse, dass man schon wieder in einen Job fährt, den man hasst, darüber, dass am Monatsende kein Geld mehr da ist, oder darüber, dass es einem schwer fällt der Tochter beim Studium zu helfen. Sicher gibt es da Leute mit Ressentiments und falschem Bewusstsein, sicher werden auch viele RassistInnen S-Bahn fahren. Aber die Menschen, die morgens zur Arbeit fahren, als homogene Masse verblödeter, zum Nachdenken unfähiger Maschinen zu stilisieren, die "ausschließlich (!!) rassistische stereotype" im Schädel haben, ist schon sehr verwegen.

 

Es kommt dabei etwas zum Ausdruck, was in weiten Teilen der Überreste der einstigen autonomen Bewegung verbreitet ist: Man sieht sich selbst als eine Art erleuchtete Gemeinschaft, die im Unterschied zur schwachköpfigen Masse der Menschen den Durchblick hat. Man müsse den "deutschen Mehrheitspöbel in seiner Gesamtheit als Feind betrachten", schreibt einE KommentatorIn auf Linksunten. Wir sind die Guten, die anderen sind die Dummen, zwischen uns und "denen" ist eine unüberbrückbare Kluft. Sie sind der Feind.

 

Sicher, es gibt ein Gefälle zwischen den Unterdrückten in Ländern des Trikonts und der Peripherie und jenen in den Metropolen des Kapitals. Das haben von Lenin bis hin zu den sympathischen Bankräubern der Blekingegade-Gruppe zahlreiche anarchistische und kommunistische TheoretikerInnen gesehen und unterschiedlich reagiert. Diese aus ökonomischen wie sozialen Ungleichzeitigkeiten stammende Asymmetrie aber zu einem absoluten Bruch zu stilisieren - die "reiche Gesellschaft" hier, das "Übel in weiter Ferne" da - ist nicht nur falsch, es hat auch folgenden Effekt: Es wird nicht mehr möglich, die Situation der ReinigungsarbeiterInnen und prekär beschäftigten SelbstausbeuterInnen auf der einen Seite und die der Geflüchteten oder immer noch in ihren Heimatländern darbenden Habenichtse des Trikonts auf der anderen Seite als (potentiell) Grundlage ein und desselben Kampfes zu verstehen. Die Schiebetür der S-Bahn trennt die Welten. Die kroatische Putzfrau, neben der ich jeden Tag zur Arbeit fahre, sitzt in der S-Bahn und wird ob sie will oder nicht zum Teil des dummen, unreflektierten, "reichen" und "rassistischen" Kollektivs. Der Refugee muss wie immer draußen bleiben, auch aus der S-Bahn, darf dafür aber zur Projektionsfläche einiger Autonomen werden.

 

Militanz mit Fundament

 

Militanz sollte dabei das genaue Gegenteil leisten und derartige Kämpfe im Rahmen eines allgemeinen politischen Konzepts miteinander vermitteln. Militanz kann Sinn machen, schon weil sie den Ohnmachtserfahrungen gegenüber einer übermächtigen Staatsgewalt den Aufschrei derer, die genug davon haben, entgegensetzt. Wenn sie überlegt ist, und nicht der Selbstbestätigung dient, kann Militanz vieles und es gibt ihrer viel zu wenig, egal ob als massenhafter Widerstand oder in Kleingruppenaktionen.

 

Aber: Die Erfahrungen von Gruppen, die wesentlich mehr getan haben, als wir uns derzeit erträumen könnten, zeigen auch, wo die Knackpunkte liegen. "Man darf dem Gegner nie den Ausgang einer Operation überlassen", erkannte die baskische ETA, nachdem sie "versehentlich" bei einem Anschlag auf einen Supermark Unbeteiligte getötet hatte. Klar, man hatte bei den Bullen angerufen und gesagt, das Gebäude muss geräumt werden. Die Bullen haben´s nicht gemacht. Also: Nie eine Aktion, die man nicht von vorne bis hinten in der Hand hat. Aber auch: Das, was man tut, muss denen, die man gewinnen will, denen man zeigen will, dass es Widerstand gibt, vermittelbar sein. Man kann eine Aktion selber noch so schön finden, wenn sie sonst keiner versteht - aus welchen Gründen auch immer - ist sie nicht mehr als Selbstbefriedigung. Man geht nachhause, stellt sich vor den Spiegel und sagt sich: Du geiler Typ, du bist der letzte Aufrechte.

 

Ich will nicht unsolidarisch sein: Die Leute, die hier an den S-Bahn-Kabeln gefummelt haben, nehmen ein großes persönliches Risiko in Kauf. Und sie setzen sich einer von Massenmedien genüsslich betriebenen Hetzjagd aus, die sicher auch kein Spaß ist. Ich will nicht in den Chor einstimmen, der sich jetzt gegen sie erhebt. Ich will lediglich sagen: Denkt nochmal über das theoretische Fundament dessen nach, was ihr da fabriziert habt. Vielleicht kommt ihr ja auch zu dem Schluss, das schon dieses Fundament bröckelig ist. Sartre hat einmal gesagt: Wer die Menschheit liebt, muss hassen, was sie unterdrückt. Den zweiten Teil des Satzes habt ihr schon verstanden, jetzt könnte man damit anfangen, den ersten zu verstehen, nämlich auch jene zu lieben, die um 7 Uhr morgens mit der S-Bahn zur Arbeit fahren müssen.

 

- Von Fatty McDirty

 

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profiler mitläufer und kohlaborateure, haltet die fresse! oder par aufs maul! und les vieleicht mal zwischen den zeilen! du bist schuld wenn du lohnarbeit machst und dich ausbeuten lässt und dir nicht nimst was einen zusteht, du brauchst keine bahn überleben tut man auch ohne! nur den ausbeutern bringt das was wenn du pünktlich auf arbeit kommst. begründug is immer nur pr-gesülze und dem entsprechent unrelevant die tatsachen zählen! vieleicht ist das nur ablenkung? war der d-day den deutschen vermittelbar?? wurde der denen erfolgreich vermitelt? war für arsch wa? nur idiotgen ärgeren sich wenn sie zu spät zur ausbäutung kommen! du verstehst die sache einfach nicht, was impliziert ist in dieser aktion, das war sicher nicht gegen dich! du armer kommst nich rechtzeitig zum sklawendienst das ist sehr schlimm.

"du verstehst die sache einfach nicht" - ich versteh die Sache, ich halte sie nur für falsch. Wer sie aber tatsächlich nicht versteht, sind 99 Prozent der Menschen in dieser S-Bahn. Und das muss man mit einkalkulieren, wenn man sowas macht. Darüber hinaus ist das Schreiben einfach unglaublich dumm, genauso wie dein Kommentar. Ich bin so toll, so radikal, alle anderen sind so scheisse, dieses Kleinbürgergeheule ist das einzige, was ich aus deinem siebenzeiler rauslesen kann. "begründug is immer nur pr-gesülze und dem entsprechent unrelevant die tatsachen zählen!" - wer sowas schreibt, kann im übrigen nicht äter als 16 sein.

 

Eine kleine inhaltliche Anmerkung: Diese Aktion löst ja den Arbeitsalltag derer, die nicht zur Arbeit kommen, nicht auf. Sie macht ihnen nur Unannehmlichkeiten. Du kommst später zur Arbeit, der Chef kackt dich an, du musst das einarbeiten, was du nicht geschafft hast, usw. Soviel zu " nur idiotgen ärgeren sich wenn sie zu spät zur ausbäutung kommen". Eine Kampfpeerspektive wird den Menschen - im Unterschied zu nem Streik oder ner militanten Aktion gegen nen Chef - auch nicht vermittelt, oder wozu ruft man sie auf: Geht alle jeden Tag in der Früh die S-Bahn anzünden, dann seit ihr so radikal wie ich? Dir kann man nicht mehr helfen, fürchte ich.

Hast du was bist du was hast du nichts bist du nichts.Der Leitspruch des Deutschen!Eine Gesellschaft die sich über ihren besitz definiert.Was glaubst du würde jemand tun der so wichtige Werte vertritt?Dagegen vor zugehen ist immer gerechtfertigt...

"du bist schuld wenn du lohnarbeit machst und dich ausbeuten lässt" - tatsächlich? Darf ich dich fragen, wie du dich ernährst, eine Wohnung mit Einrichtung finanzierst, oder auch nur das Internet bezahlst, von dem aus du deine schlauen kommentare schreibst?

das mit dem D-day is ja völlig ausm kontext mal erlich - ich geb dem artikelschreiber recht.

befreit euch selbst - und zuerst von der schranke im eigenen kopf - wir sitzen alle im selben boot und wennn du lieber schwimmen willst ist das dein bier aber lass" normale" ind arbeit fahren wenn se bock drauf haben - ich denke du hast kein wort vom artikel gelesen oder verstanden.

"wir sitzen alle im selben boot und wennn du lieber schwimmen willst ist das dein bier aber lass" normale" ind arbeit fahren wenn se bock drauf haben" - das wollte ich auch nicht sagen. A) ham die meisten und vor allem ich selber keinen Bock, b.) kann man schon was tun, damit nicht alle in einem Boot sitzen, das in den Untergang fährt. Aber die Frage ist, ob die Macher der Aktion das richtige getan haben, und da sind wir nicht einer Meinung.

Was Du denkst, was Dir zusteht, holst Du Dir von denen, die Du dafür verurteilst, dass Sie sich nicht einfach nehmen, was ihnen zusteht, sondern vorher fragen, da es ihnen nicht gehört.

 

Du bist nur ein Looser, der im Dreck liegt und nicht intelligent genug ist, um aufzustehn. Du bist nichts, weder links noch rechts. Weder oben noch unten. Nichts!

 

Ich verabscheue Dich noch nicht einmal, weil Du es nicht verdienst.

Kohlaborateur - der war gut, hat mir den Tag gerettet, danke.

sehr gut geschriebener Text, grandioser Satzbau, Fachbegriffe, korrekte Rechtschreibung, etc...; Schreib du doch das nächste mal einfach das Bekennerschreiben und lass die anderen die Taten machen; =)

Nee, ernsthaft, die Kritik ist tatsächlich angebracht, aber ich finde du hängst dich zu sehr an den "arbeitenden" auf; Mensch kann den gewählten Ort mit noch viel mehr in Verbindung bringen, als nur mit denen die diesen benutzen; Stadtpolitik, Öffentliche Verkehrsmittel, Kapitalmonopole, usw. Alles gerechtfertiger Weise angreifbar und sehr wohl mit der aktuellen Refugee-Thematik verknüpfbar; (wenn man wohlwollend und geschickt argumentiert); es wurde nur leider wirklich etwas banal begründet.

Ich hoffe deine Kritik unterstützt die Gruppe bei der Selbstreflektion

"Mensch kann den gewählten Ort mit noch viel mehr in Verbindung bringen, als nur mit denen die diesen benutzen; Stadtpolitik, Öffentliche Verkehrsmittel, Kapitalmonopole, usw. Alles gerechtfertiger Weise angreifbar und sehr wohl mit der aktuellen Refugee-Thematik verknüpfbar; (wenn man wohlwollend und geschickt argumentiert); es wurde nur leider wirklich etwas banal begründet." - Das würde ich nicht bestreiten, da hast du sicher recht. Aber die Begründung gehört einfach zur Aktion dazu, sie ist nichts, was äußerlich ist. Und wenn die Begründung schlecht ist, ist die Aktion schlecht. Mir liegt ja nichts ferner, als zu sagen: Seid nicht militant. Ich will höchstens sagen, wie ich mir das gelungener vorstellen kann.

fragt einfacch mal die Betroffenen, wenn ihr es eine Aktion macht

Seit langem mal wieder ein guter Artikel auf der Site hier.

und doch könntest du angesichts der kapitalistischen totalität genau so was über jede aktion schreiben. denn spätestens um drei ecken wird immer einer getroffen, der vielleicht nicht ganz so verstrickt ist. wer also deiner logik von vermittelbarkeit folgt, predigt in wahrheit nur sehr subtil das ende jeder "militanz". noch dazu, einer militanz die diesen namen ohnehin schon kaum verdient, wenn man sich anschaut, wie der soziale krieg gegen uns woanders beantwortet wird.
der arme unschuldige arbeiter, der jetzt mal eine auszeit nehmen muss soll uns also leidtun. wieso? er hat sich freiwillig entschieden, hirnloses rädchen im getriebe zu sein und die gleiche billige ausrede der angeblichen alternativlosigkeit gewählt wie millionen deutsche vor ihm. und überhaupt, bei jedem streik stehen mehr leute und länger rum. das ist der grundgedanke dahinter. druck machen, widersprüche verschärfen, die auf maximaler effizienz basierende kapitalistische gesellschaft aus dem takt bringen, einstellungsveränderung ist bonus, bzw. ergibt sich erst langfristig.
mir unverständlich, warum das so schwer zu kapieren ist. genau so wie diese mitschwingende romantisierung des arbeiters. dabei waren es schon immer diese kleinen unschuldsengel, die den ganzen scheiß erst möglich gemacht. damals, heute, morgen. wegschauen, schnauze halten, dulden, mitlaufen. diese leute sind an den verhältnissen genau so mitschuld wie unsere politkartelle. wer meint, den "kleinen mann" da raushalten zu können macht sich nur was vor und lebt in irgendeiner parallelwelt, die nichts mit dem zu tun hat, was sich tatsächlich abspielt. da nützen auch ein paar aufgeschnappte gespräche nichts, in denen ein paar betroffene bahnreisende sich über ihre zu hohe miete aufregen. auf einer der typischen 300 leute demos hat man diese leute deswegen jedenfalls noch nicht gesehen.
ganz ehrlich, ob die jetzt mal einen halben tag im stau stehenden jetzt sofort ihre meinung ändern ist letztlich egal. zu erwarten ist es nicht, aber welche art von militanz würde das auch. wichtig ist, dass sie einen tag lang gemerkt haben, dass ihre welt anfällig ist und warum es jemand getan hat.
und auch wenn es angesichts ohne murren ertragener zigmillionen unbezahlter überstunden jedes jahr lächerlich wäre, sollen sie sich über einen halben verlorenen tag doch aufregen. jemand, der sich auch sonst nicht um seine rechte kümmert, verdient es nicht besser.

Danke, sehr schön auf den Punkt gebracht: Der Hass der Menschen auf der 300-Leute-Demo auf den Rest der Welt - weil Sie nicht auf der Demo sind. Das ist die Politik der Autonomen, danke, ich weiß Bescheid.

Wenn sie schon nicht zur Demo gehen, könnten sie ja wenigstens ihr Wahlverhalten ändern. Aber das passiert ja auch nicht. Es geht uns halt noch viel zu gut. Auf Zustände wie in Griechenland kann man noch lange warten. Und selbst dort gehts wohl eher die verkehrte Richtung....hm

Finde ich kurz gedacht. Wer verbringt denn schon freiwillig den größten teil seines_ihres lebens mit lohnarbeit? Hast du wirklich noch nie davon gehört, dass es leute gibt, die arbeiten müssen? Zum beispiel, weil sie außer sich selbst noch ein paar kinder oder arbeitsunfähige verwandte zu versorgen haben? Oder weil sie aus dem alter raus sind, in dem mama und papa ihre wohnung bezahlen und sie nicht so gern im parkhaus oder auf ner bank im görlitzer park schlafen möchten? Oder gar nie in diesem alter waren, weil mama und papa dafür gar nicht das geld haben? Und hast du auch noch nie davon gehört, dass es viel mit dem bildungsstand zu tun hat, ob einem systemkritik überhaupt bekannt ist? Und dass der bildungsstand wiederum viel mit dem sozialen stand zu tun hat? Marx wird in der schule meistens nicht gelehrt und in zeitungen nicht zitiert, und die wenigsten menschen verbringen ihre freizeit zu hause am schreibtisch mit einem haufen kluger bücher über ökonomiekritik. Die freizeit und die kompetenz, sich selbstständig in das thema einzuarbeiten, müssen auch erst dasein. Ist sie bei vielen aber nicht und daran haben die keine schuld. Mensch alter, glaubst du echt es ist zufall dass die deutsche linke zum größten teil aus student_innen und akademiker_innen aus wohlhabenden elternhäusern besteht? Denk doch mal nach. Und hör auf, dich abwertend über leute zu äußern, weil sie lohnarbeit leisten.

Ob in Kreuzberg oder Friedrichshain, Geflüchtete sind nicht allein !

Refugees Welcome !

Demo: Sonntag, 31.08. 17 Uhr S + U Warschauerstr.

Sehr guter Text, auch wenn ich weniger Lohnarbeitenden-Fixiert wäre.

Ich finde in dem Bekennenden-Schreiben gibt es noch mehr inhaltliche Ungereimtheiten. Die Gruppe bezieht sich auf die Kämpfe der Geflüchteten in der Gürtelstraße. Doch während sie es angebracht findet eine Militante Aktion die sich faktisch gegen die S-Bahn-Pendler_Innen richtet durchzuführen fehlen im tatsächlichen Support der Geflüchteten-Kämpfe die Kräfte. Aber aus einer Widerstandslogik, die die autonomie der Kämpfe und ihrer Subjekte in den Mittelpunkt stellt und nicht für eine Bestimmte Form einen inhalt Sucht müsste sich doch ergeben, dass es grade Zentral ist die Geflüchten selbst so gut es geht darin zu Unterstützten selbst zu Sprechen, anstelle mit einer militanten Aktion und einen Bekennenden-Schreiben über sie zu schreiben und sie zu instrumentalisieren.

Die Antira-Bewegung in Berlin braucht grad tatsächlich wirklich alle. Kommt einfach in die Gürtelstraße. Tut euch mit Geflüchteten zusammen, die überall in der Stadt auf die Straße gesetzt wurden und organisiert gemeinsam den praktischen mit den Kämpfen und ihren Subjekten verbundenen Widerstand.