Arbeit im Nationalsozialismus – Die Arbeits- und Leistungsideologie als blutige Herrschaftsform

kritikimhandgemenge

Der Na­tio­nal­so­zia­lis­mus war un­trenn­bar mit einer Ar­beits­ideo­lo­gie ver­bun­den, die in dem fol­gen­den Text dar­ge­legt wird. Aus die­ser Ana­ly­se her­aus, be­nö­tigt es die Über­win­dung der Not­wen­dig­keit seine Ar­beits­kraft zu ver­kau­fen und über die Ar­beits­leis­tung aus­ge­beu­tet zu wer­den durch die Auf­he­bung der Lohnar­beit als Gan­zes. Der Zwang zur (Lohn)Ar­beit als auch die Iden­ti­fi­ka­ti­on durch einen Ar­beits­platz waren im his­to­ri­schen NS in­ner­halb der da­ma­li­gen Welt­an­schau­ung und in den Sicht­wei­sen der Be­völ­ke­rung ver­an­kert. Die Ar­beit in den Mit­tel­punkt des Le­bens zu stel­len und Men­schen zur Ar­beit zu nö­ti­gen sind immer noch ein Teil des heu­ti­gen ka­pi­ta­lis­ti­schen Sys­tems. Al­ler­dings exis­tie­ren, zu­min­dest in Deutsch­land, trotz re­pres­si­ven Drucks keine Mas­sen­ver­nich­tung und Er­mor­dung von „le­bens­un­wer­ten“ Per­so­nen, so dass zwi­schen den bei­den Wirt­schafts­ord­nun­gen prak­ti­sche er­leb­ba­re Un­ter­schie­de gibt.

Ein­zel­ne Kern­ele­men­te des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus be­fin­den sich in der heu­ti­gen Ge­sell­schaft wie Ras­sis­mus, Na­tio­na­lis­mus, An­ti­se­mi­tis­mus und So­zi­al­chau­vi­nis­mus nach wie vor. Ge­ra­de die Sicht­wei­sen ge­gen­über Per­so­nen­grup­pen be­züg­lich ihrer Ver­wer­tung und die Be­hand­lung von Men­schen nach wirt­schaft­li­chen Nut­zen sind re­ak­tio­nä­re an­tih­u­ma­ne Sicht­wei­sen, die so­zi­al­dar­wi­nis­ti­sche Züge auf­wei­sen und ein Ein­falls­tor für bar­ba­ri­sche Zu­stän­de sein kann.
Der Text ver­sucht, in sei­ner Kürze und sei­ner Länge, einen Über­blick über die da­ma­li­gen Zu­stän­de zu geben und kon­zen­triert sich auf ei­ni­ge .​An der ein oder an­de­ren Stel­le kann es zu Ver­kür­zun­gen kom­men, die le­dig­lich auf­grund der Länge des Tex­tes ge­schul­det sind. Ei­ni­ge ge­sell­schaft­li­che, wirt­schaft­li­che und po­li­ti­schen Er­schei­nungs­for­men als auch in­ten­si­ve psy­cho­lo­gi­sche und so­zio­lo­gi­sche Ana­ly­sen, die tie­fer in die Ma­te­rie gehen und den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus in sei­ner Ganz­heit­lich­keit er­klä­ren, wur­den des­halb aus­ge­klam­mert.
Wich­tig ist noch an­zu­mer­ken, dass in dem Text die Selbst­be­zeich­nung des „Na­tio­nal­so­zia­lis­mus“ und nicht der Be­griff des Fa­schis­mus ver­wen­det wird. Auf­grund der Sin­gu­la­ri­tät der Shoah, des gra­vie­ren­den An­ti­se­mi­tis­mus und dem ideo­lo­gi­schen Be­zugs­punkt zur Par­tei neben einer Füh­rungs­per­sön­lich­keit gibt es im Ver­gleich zu den eu­ro­päi­schen Fa­schis­men ei­ni­ge Un­ter­schie­de, die je nach Stand­punkt in­ner­halb der Fa­schis­mus-​For­schung zu der An­sicht ge­führt haben, dass der Na­tio­nal­so­zia­lis­mus nicht die deut­sche oder eine be­son­de­re Form des Fa­schis­mus son­dern eine ei­gen­stän­di­ge Welt­an­schau­ung war und ist.

 

Keine Lie­bes­be­zie­hung – Die Ar­bei­ter*in­nen­be­we­gung und der Ka­pi­ta­lis­mus

Die Ideo­lo­gie und die Pro­pa­gan­da des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus ent­warf das Bild eines so­zia­len wie na­tio­na­len Deutsch­lands ohne das Wirt­schafts­sys­tem, was da­mals Ar­beits­lo­sig­keit und Mas­sen­ar­mut aus­lös­te, in Frage zu stel­len. Die Wirt­schaft, be­son­ders die In­dus­trie und das Fi­nanz­we­sen, un­ter­stütz­te und ar­ran­gier­te sich mit der Na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ar­bei­ter­par­tei (NSDAP) und der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Re­gie­rung. Die Par­tei er­hielt be­reits vor dem Jahr 1933 fi­nan­zi­el­le Zu­wen­dun­gen von ver­schie­de­nen Kon­zer­nen und deren In­ter­es­sen­ver­bän­den um die Struk­tu­ren der Par­tei auf­bau­en zu kön­nen. Ihr ge­mein­sa­mes Feind­bild war die SPD, die KPD und die auf­be­geh­ren­de Ar­bei­ter*in­nen­be­we­gung. Diese soll­ten als Ge­fahr für die deut­sche Wirt­schaft be­sei­tigt wer­den. Ver­tre­ter*innen aus die­sen Krei­sen wur­den früh­zei­tig ver­haf­tet und be­sei­tigt.
Al­ler­dings stand hin­ter der NSDAP eben nicht nur das Ka­pi­tal: Neben der Pak­tie­rei zwi­schen Par­tei und Wirt­schaft, be­nö­tig­te es einen Boden um die re­ak­tio­nä­re Zu­sam­men­ar­beit fruch­ten zu las­sen, indem die Ge­sell­schaft die Vor­stel­lun­gen ak­zep­tier­ten und be­jah­ten. Die Er­folgs­pa­ra­me­ter brach­ten große Teile der Be­völ­ke­rung in Form von der Sehn­sucht nach einem au­to­ri­tä­ren Cha­rak­ter, ras­sis­ti­schen und so­zi­al­chau­vi­nis­ti­schen Über­zeu­gun­gen, an­ti­de­mo­kra­ti­sche Mon­ar­chie-​ und Dik­ta­tur­wil­len und durch Kir­che, Par­tei­en und Po­li­tik ge­för­der­te an­ti­se­mi­ti­sche Ver­schwö­rungs­theo­ri­en selbst ein, so dass der Na­tio­nal­so­zia­lis­mus auf­grund der Zu­stim­mung vie­ler „Volks­deut­schen“ sich in einer zwölf­jäh­ri­gen Schre­ckens­herr­schaft er­stre­cken konn­te.
Im 25-​Punk­te-​Pro­gramm der NSDAP, dem Par­tei­pro­gramm von der Re­gie­rungs­bil­dung, kam es zu Dro­hun­gen ge­gen­über der Ar­bei­ter*in­nen­schaft und der De­mo­kra­tie. Eine viel­fäl­ti­ge Ge­sell­schaft und Ar­beits­welt wurde aus­ge­schlos­sen. Die Be­völ­ke­rung habe die Staats­pflicht zu ar­bei­ten und sich dem wirt­schaft­li­chen Zweck der Ge­mein­schaft un­ter­zu­ord­nen. In­ner­halb der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Be­we­gung gab es kein gro­ßes In­ter­es­se, die Le­bens­si­tua­ti­on der ar­bei­ten­den Be­völ­ke­rung zu ver­bes­sern.
Selbst­stän­di­ge und klei­ne und mit­tel­stän­di­sche Un­ter­neh­mer*innen im Hand­werks­be­reich und im Han­dels­ge­wer­be, die nicht einen vom Staat fest­ge­leg­ten Um­satz er­wirt­schaf­ten, wur­den ge­zwun­gen ihre Fir­men zu schlie­ßen und in den Fa­bri­ken ar­bei­ten. Der Um­satz und Ge­winn und die Markt­an­tei­le des Groß­han­dels und der In­dus­trie nahm, be­son­ders durch die an­ti­se­mi­ti­sche Ari­sie­rung, die mas­sen­haf­ter Zwangs­ar­beit, die Ver­nich­tung der Kon­kur­renz und den Maß­nah­men der Re­gie­rung, zu. Die Pro­duk­ti­ons­mit­tel wurde ent­ge­gen der Selbst­be­zeich­nung im Par­tei­na­men („So­zia­lis­mus“) nicht ver­staat­licht oder ver­ge­sell­schaf­tet. Eine be­merk­ba­re Len­kung der Wirt­schaft er­folg­te le­dig­lich für die Kriegs­gü­ter­pro­duk­ti­on.

 

Ar­beit als So­zia­lis­mus – Die Er­klä­rungs­mus­ter des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus

Die NSDAP be­nutz­te den Be­griff am­bi­va­lent und mit einem po­si­ti­ven Bezug zur Ar­beit ohne eine so­zia­lis­ti­sche Wirt­schafts­ord­nung an­zu­stre­ben. Die Be­rufs­welt wurde durch die Spra­che mi­li­ta­ri­siert. Be­schäf­tig­te wur­den als „Sol­da­ten der Ar­beit“ be­zeich­net, das Ab­leis­ten von Über­stun­den wur­den als „So­zia­lis­mus der Tat“ ver­klärt und die zu er­brin­gen­de Ar­beits­leis­tun­gen wur­den als „Kampf­ein­satz für Volk und Na­ti­on“ he­roi­siert. Die Be­rufs­be­zeich­nun­gen des Ar­bei­ters, Bau­ers und des Sol­da­ten wur­den ver­wen­det, um diese Schich­ten für das Sys­tem zu ge­win­nen, einen so­zia­len Auf­bruch zu si­gna­li­sie­ren und diese soll­ten die Basis der neuen Ge­sell­schafts­ord­nung wer­den. Trotz der Glo­ri­fi­zie­rung der ar­bei­ten­den Klas­se als ge­sell­schaft­li­che Schicht, waren diese im Laufe der Dik­ta­tur schwach in der NSDAP ver­tre­ten.
Der 1. Mai wurde im Drit­ten Reich ab 1933 als „Tag der na­tio­na­len Ar­beit“ um­ge­wid­met, um die Tra­di­ti­on der Ar­bei­ter­be­we­gung zu ad­ap­tie­ren, diese na­tio­na­lis­tisch auf­zu­la­den und Sym­pa­thi­en von den Werk­tä­ti­gen zu be­kom­men.
So­zia­lis­tisch wurde in­ner­halb des na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Welt­bil­des häu­fig mit dem Be­griff der So­zi­al­po­li­tik ver­knüpft, die wie­der­um auf Pro­duk­ti­vi­tät und Ar­beit fo­kus­siert war. So war bei­spiels­wei­se nach dem NS­DAP-​Po­li­ti­ker Gö­ring die Ar­beits­welt im Drit­ten Reich so­zia­lis­tisch, weil es das Recht und be­son­ders die Pflicht zur Ar­beit gäbe. Eine wei­te­re De­fi­ni­ti­on des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus war, dass die Ent­las­sung von Men­schen des jü­di­schen Glau­bens in den Be­trie­ben und die Ver­trei­bung die­ser aus der Wirt­schaft durch Ge­set­ze und Ari­sie­run­gen ein so­zia­lis­ti­sches Vor­ge­hen sei.
Wir sind das Volk: Die Ar­beits­ideo­lo­gie der Volks­ge­mein­schaft
Die Ar­beits­po­li­tik war eine Ar­beits­ideo­lo­gie, in der schöp­fe­ri­sche wie kör­per­li­che Auf­op­fe­rung für die Na­ti­on sinn­ge­bend war. Der Be­griff der Ar­beit wurde mit At­tri­bu­ten wie Kampf, Fleiß und Auf­op­fe­rung be­legt, denn diese Be­zeich­nun­gen soll­ten Dy­na­mik sowie Fort­schritt ver­mit­teln. Die Ar­beit und Leis­tungs­fä­hig­keit an­statt die Men­schen rück­ten in den Mit­tel­punkt des ge­sell­schaft­li­chen Selbst­ver­ständ­nis­ses.
Die kör­per­li­che Leis­tungs­fä­hig­keit wurde als er­stre­bens­wert und eh­ren­haft an­ge­se­hen wäh­rend Be­hin­de­run­gen und kör­per­li­che Schwä­chen wie chro­ni­sche Krank­hei­ten wur­den als Ab­wei­chun­gen von der Norm ein­ge­stuft.
Eine er­folg­rei­che Ar­beits­markt­po­li­tik war für die Macht­er­hal­tung des Re­gimes sehr be­deu­tend, da sie in den Wahl­kämp­fen Mas­sen­be­schäf­ti­gung ver­spro­chen hat­ten und diese eine Grund­be­din­gung für die kriegs­vor­be­rei­ten­de Auf­rüs­tung war. In­ner­halb der ers­ten vier Jahre der Dik­ta­tur sank die Ar­beits­lo­sen­quo­te von sechs Mil­lio­nen auf eine Mil­lio­nen durch Ar­beits­be­schaf­fun­gen in der In­dus­trie, dem be­grenz­ten Ein­satz von tech­ni­schen Ge­rä­ten und dem ver­mehr­ten Ein­satz von Men­schen­mas­sen im Bau­ge­wer­be, der Au­to­mo­bil­bran­che, dem Ei­sen­bahn­we­sen und be­son­ders in der Rüs­tungs­in­dus­trie.
Ab Juni 1935 gab es eine sechs­mo­na­ti­ge Ar­beits­dienst­pflicht und eine all­ge­mei­ne Wehr­pflicht so dass be­son­ders Män­ner, aber auch Frau­en be­schäf­tigt wur­den. Die freie Be­rufs­wahl wurde ein­ge­schränkt. Die Ar­beits­si­tua­ti­on der An­ge­stell­ten war von Leis­tungs­druck und Ar­beits­ver­dich­tung ge­prägt. Nacht­ar­bei­ten und Über­stun­den waren zu voll­brin­gen, Lohnab­zü­ge zu ak­zep­tie­ren und Ge­hor­sam zu leis­ten. Ar­beits­un­fäl­le nah­men auf­grund man­geln­der Ar­beits­si­cher­heit zu und wur­den durch die Pro­pa­gan­da als un­ver­meid­li­che „Opfer der Ar­beit“ be­zeich­net.
Ein Ziel des NS-​Staa­tes war die Ab­schaf­fung und Be­en­di­gung des Klas­sen­kamp­fes durch die Schaf­fung einer Volks­ge­mein­schaft. Der Be­griff der Volks­ge­mein­schaft be­deu­te­te, dass das deut­sche Volk, ex­pli­zit nicht die Be­völ­ke­rung in Deutsch­land, als Glau­bens-​ und Wil­lens­ge­mein­schaft fern­ab aller so­zia­len Wi­der­sprü­che ge­mein­sam zu­sam­men leben soll­te. Diese Kon­zep­ti­on leug­ne­te In­ter­es­sen­kon­flik­te zwi­schen Un­ter­neh­men und Mit­ar­bei­ter*innen sowie dem ein­zel­nen In­di­vi­du­um und dem Kol­lek­tiv. Wich­tig war nach ras­sis­ti­schen sowie an­ti­se­mi­ti­schen Ge­set­zen die Zu­ge­hö­rig­keit zur deut­schen „Rasse“ und zum deut­schen Volke und nicht der Beruf, der ge­sell­schaft­li­che Sta­tus oder die Bil­dung. Durch diese völ­ki­sche Kon­zep­ti­on wur­den Per­so­nen in der und durch die Be­völ­ke­rung aus­ge­schlos­sen. Für be­stimm­te Per­so­nen­krei­sen war die Volks­ge­mein­schaft eine In­klu­si­ons­form, für ver­schie­de­ne Be­völ­ke­rungs­grup­pen be­deu­te­te es Aus­gren­zun­gen, Stig­ma­ti­sie­run­gen, Re­pres­si­on und Ge­walt.

 

Be­leg­schaft er­wa­che – Die na­tio­na­le Be­triebs­ge­mein­schaft

Durch das Ver­bot der Ge­werk­schaf­ten am 02. Mai 1933 fehl­ten den Ar­beit­neh­mer*innen die In­ter­es­sen­ver­tre­tun­gen und Mit­be­stim­mungs­mög­lich­kei­ten in den Be­trie­ben. Die be­trieb­li­chen In­ter­es­sen­kon­flik­te zwi­schen den Lohn­ab­hän­gi­gen und den Ar­beit­ge­ber*innen wur­den nicht ge­löst son­dern re­pres­siv be­en­det. Ab dem 06. Mai 1933 er­folg­te die Grün­dung der Deut­sche Ar­beits­front (DAF) als Mas­sen-​ und Zwangs­or­ga­ni­sa­ti­on und die ar­bei­ten­de Be­völ­ke­rung wurde durch diese ent­rech­tet und gleich­ge­schal­tet. Die DAF war also keine In­ter­es­sen­ge­mein­schaft für die ar­bei­ten­de Be­völ­ke­rung. Die Mit­glied­schaft war ver­pflich­tend und der Mit­glieds­bei­trag wurde au­to­ma­tisch vom Lohn ab­ge­zo­gen. Die Deut­sche Ar­beits­front, der Name mi­li­ta­ri­sier­te den Be­griff der Ar­beit und stell­te die­sen als Krieg dar, hatte die Funk­ti­on die Mas­sen an die Ideo­lo­gie zu bin­den und diese soll­ten sich der Volks­ge­mein­schaft fügen.
Durch die Ein­füh­rung des „Ge­set­zes zur Ord­nung der na­tio­na­len Ar­beit“ am 20. Ja­nu­ar 1934 wurde das Füh­rer­prin­zip von der Po­li­tik auf die Un­ter­neh­mens­for­men über­tra­gen. Die Be­triebs­an­ge­hö­ri­gen hat­ten Ge­folg­schaft zu leis­ten und Be­feh­le zu fol­gen. Die Pro­duk­ti­ons­stät­ten wur­den zur Be­triebs­ge­mein­schaft er­klärt, in der die Ar­beit­neh­mer*innen kein Mit­spra­cherecht hat­ten, rechts­ver­bind­li­che Treue ver­spre­chen muss­ten, zur Ar­beit ge­zwun­gen wur­den und ab­wei­chen­des Ver­hal­ten sank­tio­niert wurde. Die Ar­beit­neh­mer waren dem Ge­hor­sams und der Treue des Kon­zern­lei­ters, also dem Be­triebs­füh­rer ver­pflich­tet. Die Un­ter­neh­men wur­den als Be­triebs­ge­mein­schaft ge­se­hen und dar­ge­stellt, in der die Un­ter­neh­mer*innen ohne Mit­spra­cherecht und Ein­fluss der Be­leg­schaft die Fir­men lei­te­ten. Auf­grund der Ar­beits­lo­sig­keit und Ar­beits­platz­ver­lust ent­po­li­ti­sier­te sich das Pro­le­ta­ri­at und nahm durch Abbau der Ar­beits­lo­sig­keit und Si­che­rung einer Grun­d­exis­tenz die Ent­wick­lun­gen hin. Eine Fest­le­gung der Löhne er­folg­te durch die Reichs­ar­beits­lei­tung. Die Wirt­schaft muss­te keine Lohn­stei­ge­run­gen hin­neh­men und die Be­schäf­tig­ten hat­ten keine Mög­lich­kei­ten diese zu for­dern. Durch eine Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen Ar­beits­amt, Ge­sta­po und DAF wur­den Ar­beits­kräf­te or­ga­ni­siert und unter Druck ge­setzt.

 

Für Volk und Va­ter­land am Herd

Die Frau­en­po­li­tik und vor allem das Frau­en­bild in­ner­halb des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus waren kon­ser­va­tiv und tra­di­tio­nell, wobei im Laufe der Zeit die Po­si­tio­nen zur Rolle der Frau auf­grund öko­no­mi­scher Ent­wick­lun­gen auf­ge­weicht wur­den. Die Frau hatte wich­ti­ge öko­no­mi­sche sowie so­zia­le Funk­tio­nen zu er­fül­len, wurde aber nicht gleich­be­rech­tigt be­han­delt. Sie soll­te sich auf die Tä­tig­kei­ten im Haus­halt und die Kin­der­er­zie­hung kon­zen­trie­ren und da­durch dem Volk und dem Va­ter­land die­nen. Ihre ge­sell­schaft­li­che, so­zia­le und per­sön­li­che Rolle wurde ganz klar auf die Re­pro­duk­ti­on fest­ge­legt und eine Selbst­ver­wirk­li­chung durch eine be­ruf­li­che Tä­tig­keit soll­te ihr ver­wehrt blei­ben.
Durch die Ge­burt neuer „Volks­deut­sche“ soll­ten diese das Fort­be­ste­hen des deut­schen Volkes si­chern und spä­ter im Mi­li­tär-​ wie Ar­beits­dienst der Na­ti­on die­nen. Durch Dar­le­hen soll­ten Frau­en zur Ehe­schlie­ßung und Fa­mi­li­en­grün­dung ge­drängt wer­den. Die Aus­gren­zung ging so­weit, dass 5,4 Mil­lio­nen ver­hei­ra­te­te Frau­en nicht ar­bei­te­ten durf­ten. Die Ar­beit in un­ter­schied­li­chen Bran­chen durch die Aus­übung von qua­li­fi­zie­ren­den Be­ru­fen wurde ihnen ver­wehrt und der An­teil von aus­ge­bil­de­ten Frau­en sank. Die Aus­übung von aka­de­mi­schen Be­ru­fen wurde ihnen sogar ver­bo­ten.
Ab 1938 wur­den ein Pflicht­jahr zur Ar­beit in der Land­wirt­schaft ein­ge­führt und die ideo­lo­gi­schen Be­schäf­ti­gungs­ver­bo­te wur­den im Laufe der zu­neh­men­den Auf­rüs­tung, da Ar­beits­plät­ze zu be­set­zen waren, auf­ge­weicht. Denn die Wirt­schaft be­nö­tig­te un­qua­li­fi­zier­te und kos­ten­güns­ti­ge Mas­sen­ar­beits­kräf­te, um die Pro­duk­ti­on zu si­chern und Ge­win­ne zu ma­xi­mie­ren. Die Zahl des weib­li­chen Per­so­nals stieg dar­auf wie­der an. Wäh­rend des Krie­ges wur­den le­di­ge Frau­en, die keine Fa­mi­lie zu ver­sor­gen hat­ten, zur Ar­beit ver­pflich­tet. Eine so­zia­le Un­ter­schei­dung fand statt, da es mehr­heit­lich Frau­en aus den un­te­ren so­zia­len Schich­ten waren, die in der Dienst­leis­tungs­bran­che und den Rüs­tungs­be­trie­ben tätig waren. Die Frau­en wur­den nicht auf­grund ihrer in­di­vi­du­el­len Fä­hig­kei­ten oder be­ruf­li­chen Er­fah­run­gen in den Fa­bri­ken und Fir­men ein­ge­setzt son­dern weil die Ar­beits­plät­ze zu be­setz­ten waren. Nicht Re­spekt und An­er­ken­nung der Leis­tungs­mög­lich­kei­ten von Frau­en son­dern Druck, wirt­schaft­li­che Sach­zwän­ge und Aus­beu­tung waren die aus­schlag­ge­ben­de Grün­de.

 

So­zi­al ist, was Ar­beit schafft? – So­zi­al­po­li­tik und Se­lek­ti­on

Die So­zi­al­po­li­tik in­ner­halb des na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Re­gimes war haupt­säch­lich ein In­stru­ment der Aus­gren­zung und Aus­son­de­rung. Le­dig­lich we­ni­ge Men­schen wur­den in die Ge­sell­schaft durch die Er­fül­lung von um­fas­sen­den Kri­te­ri­en in­te­griert und un­ter­stützt. Na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche So­zi­al­po­li­tik war eng mit der Ar­beits­po­li­tik ver­bun­den, denn Men­schen wur­den nach ihrer Ar­beits­fä­hig­keit be­wer­tet und dem­ent­spre­chend als voll­wer­ti­ge und zu un­ter­stüt­zen­de oder als min­der­wer­ti­ge und zu ver­nach­läs­si­gen­de Le­be­we­sen ein­ge­teilt. Woh­nungs­lo­se, Men­schen mit Al­ko­hol­sucht und bet­teln­de Men­schen waren nicht Teil der Ar­beits­ge­mein­schaft, wur­den als aso­zi­al sowie ar­beits­scheu be­zeich­net und aus der Öf­fent­lich­keit ver­trie­ben oder ver­folgt. Nur Per­so­nen, die ar­bei­te­ten oder ver­wert­bar für den Ar­beits­pro­zess waren, wur­den so­zi­al­po­li­tisch un­ter­stützt. Durch die er­höh­te Nach­fra­ge nach ar­beits­fä­hi­gen Men­schen, ver­grö­ßer­te sich der po­li­ti­sche und psy­chi­sche Druck auf Men­schen, die nicht ar­bei­te­ten. Diese wur­den in Haft­an­stal­ten weg­ge­sperrt, ab 1938 wur­den sie in Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger ver­schleppt. Durch die Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen Ar­beits­äm­tern und der Po­li­zei wurde der Zwang zur Ar­beits­su­che ver­stärkt. Men­schen wur­den ver­haf­tet, wenn sie sich nicht dem Ar­beits­diensts füg­ten konn­ten oder woll­ten. Eine Ein­tei­lung und be­son­ders eine Aus­gren­zung be­züg­lich der de­fi­nier­ten und pro­pa­gier­ten Zu­ge­hö­rig­keit für die Volks­ge­mein­schaft waren in der So­zi­al­po­li­tik be­deu­tend. Die NSDAP be­trieb eine aus­gren­zen­de So­zi­al­hil­fe, in dem vor­sor­gen­de Maß­nah­men wie Sach- und Geld­spen­den nach ras­sis­ti­schen Maß­stä­be le­dig­lich für „ari­sche und leis­tungs­fä­hi­ge“ ar­beits­lo­se Deut­sche, „erb­ge­sun­de“ fi­nan­zi­ell schwa­che Fa­mi­li­en und be­stimm­te Hilfs­be­dürf­tig­te vor­ge­se­hen waren. Be­völ­ke­rungs­grup­pen, die nicht als form­bar und leis­tungs­fä­hig gal­ten, er­hiel­ten keine Hil­fe­leis­tun­gen, wur­den ge­sell­schaft­lich aus­ge­grenzt und durch po­li­ti­sche An­ord­nun­gen er­mor­det.
Die So­zi­al­po­li­tik und das „Ge­sund­heits­we­sen“ baute um­fas­send auf dem Kon­zept der aus­gren­zen­den Volks­pfle­ge auf, denn Men­schen, die nicht in die so­zi­al­dar­wi­nis­ti­sche Über­le­bens-​ und Leis­tungs­ideo­lo­gie pass­te, wur­den se­lek­tiert und um­ge­bracht. Die so­zi­al­chau­vi­nis­ti­schen und bio­lo­gis­ti­schen Sicht­wei­sen wur­den aktiv durch Zwangs­ste­ri­li­sa­ti­on von Men­schen mit Be­hin­de­run­gen und der Um­set­zung der Eu­tha­na­sie durch­ge­führt.
Die Haupt­auf­ga­be der So­zi­al­po­li­tik war die Be­en­di­gung der Ar­beits­lo­sig­keit durch die Schaf­fung von mas­sen­haf­ten Ar­beits­plät­zen in­ner­halb der Rüs­tungs­in­dus­trie, dem Mi­li­tär­dienst und dem Ar­beits­diens­tes. For­de­run­gen an den Leis­tungs­wil­len und den Ar­beits­ein­sat­zes des Volkes an­statt För­de­rung von be­nach­tei­lig­ten Men­schen war der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche An­satz. Die So­zi­al­hil­fe ver­schob sich von recht­li­chen An­sprü­chen zu pri­va­ter und will­kür­li­cher Un­ter­stüt­zung. Men­schen mit Be­hin­de­run­gen, Blind­heit, Epi­lep­si­en und Ge­hör­lo­sig­keit wur­den, als ar­beits­un­fä­hig und Kos­ten­fak­to­ren ein­ge­stuft, ein­ge­sperrt und ver­gast.

 

Ar­beit als To­des­form – Zwangs­ar­beit und Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger

Men­schen des jü­di­schen Glau­bens wur­den früh­zei­tig aus der Ge­sell­schaft ver­drängt und ihre Exis­tenz­be­din­gun­gen ent­zo­gen. In den ers­ten Jah­ren wur­den Ge­schäf­te und Be­trie­be von Jü­din­nen und Juden durch die an­ti­se­mi­ti­sche Be­völ­ke­rung an­ge­grif­fen und zer­stört oder boy­kot­tiert. Ihre Ar­beit wurde als ne­ga­tiv be­wer­tet, da ihnen un­ter­stellt wurde, auf­grund ihres Glau­bens würde ein Ge­winn­stre­ben be­son­ders im Mit­tel­punkt ste­hen. Des Wei­te­ren dien­ten diese Po­gro­me dazu, von der Ver­schlech­te­rung der all­ge­mei­nen Ar­beits­si­tua­ti­on ab­zu­len­ken und die Schuld auf eine Per­so­nen­grup­pe zu len­ken.
Im Laufe der Zeit wur­den Men­schen des jü­di­schen Glau­bens ge­zielt ver­folgt und aus der Volks­ge­mein­schaft aus­ge­schlos­sen. Zahl­rei­che Ge­schäf­te von jü­di­schen und aus­län­di­schen Un­ter­neh­mer*innen wur­den durch die In­dus­trie und den Mit­tel­stand ent­eig­net. Durch die so­ge­nann­ten Ari­sie­run­gen wur­den die Per­so­nen fi­nan­zi­ell und wirt­schaft­lich ent­rech­tet, da ihre Le­bens­grund­la­gen und Ar­beits­plät­ze weg­ge­nom­men wur­den.
Un­lieb­sa­me Per­so­nen wur­den in Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger und Zwangs­ar­beits­la­ger de­por­tiert und zur Ar­beit ge­zwun­gen. Die Ge­fan­ge­nen wur­den zur Ar­beit se­lek­tiert, wer nicht zur Zwangs­ar­beit ge­eig­net war, fiel di­rekt der Er­mor­dung zum Opfer. Auf­grund von Ar­beits­man­gel in der Wirt­schaft wur­den die Ge­fan­ge­nen für den Ar­beits-​ und Pro­duk­ti­ons­pro­zess be­nö­tigt und aus­ge­beu­tet. Auch in der Land­wirt­schaft und im Berg­bau wur­den aus­län­di­sche, jü­di­sche und po­li­ti­sche Häft­lin­ge zur Schwerst­ar­beit ge­zwun­gen. Sie soll­ten sich durch Er­schöp­fung zu Tote ar­bei­ten.
Wäh­rend des Krie­ges muss­ten die Häft­lin­ge in den Kon­zen­tra­ti­ons­la­gern kriegs­wich­ti­ge Waren pro­du­zie­ren, Ber­gungs-​ und Auf­räum­ar­bei­ten in den Städ­ten leis­ten und Spreng­kör­per ent­schär­fen. Be­son­ders in der Rüs­tungs­in­dus­trie wur­den sie ein­ge­setzt. Die Ver­sor­gung und Be­hand­lung war mi­se­ra­bel, da sie als bil­li­ge Ar­beits­kräf­te be­han­delt und aus­ge­beu­tet wur­den.

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... da die Leistungsideologie thematisiert wird – als Brücke dient im Kapitalismus der Ableismus: ±die Bewertung von Menschen nach ihren Fähigkeiten und damit auch Leistung

http://de.wikipedia.org/wiki/Ableismus

 

Eine der größten angelegten Mordaktionen der Nazis gegen behinderte Menschen ist die "Aktion T4":

http://de.wikipedia.org/wiki/Aktion_T4