Kurioses Interview: Deutscher Reporter würgt NSU-Opferanwalt ab

Erstveröffentlicht: 
18.05.2014

Ein NSU-Opferanwalt hat in einem Interview mit Deutschlandradio Kultur den mangelnden Aufklärungswillen des Verfassungsschutzes beklagt. Das war offenbar zu viel des Guten für den Reporter des Senders. Prompt brach er das Interview ab.


Der NSU-Opferanwalt Mehmet Daimagüler beklagt sich seit Beginn des NSU-Prozesses über den mangelnden öffentlichen Willen, die Türken-Morde aufzuklären. Nun kam es in einem Interview mit dem Deutschlandradio Kultur zum Eklat.

Der Reporter Christopher Ricke hatte eigentlich vor, ein Gespräch mit Daimagüler zu führen. Doch das fiel sehr kurz aus und wurde von Ricke nach 2:22 Minuten abgebrochen.

Ricke unterstellte, dass die Behörden aus den Türken-Morden gelernt hätten. Es seien Konsequenzen gezogen worden und nun könne Daimagüler als „Bürger dieses Landes eben getrost ins Bett gehen“, so der Reporter. Daimagüler stellte die Gegenfrage: „Da frage ich mal zurück: Welche Konsequenzen wurden denn gezogen? Was hat sich denn geändert?“ Ricke nahm dann die Verfassungsschutz-Ämter in Schutz. Denn da gäbe es Reformen und eine Aufarbeitung.

Das weitere Interview:

„Daimagüler: Nein, ernsthaft, welche Reform haben wir denn beim Verfassungsschutz?

Ricke: Herr Daimagüler – kurz zur Rollenverteilung: Sie sind Vertreter der Nebenklage, ich stelle hier die Fragen – einverstanden?

Daimagüler: Nein. Sie machen ja keine Fragen, sondern …

Ricke: Okay. Dann danke ich Ihnen ganz herzlich für dieses Gespräch!“

Auf der Homepage von Deutschlandradio Kultur bemerkt die Redaktion, dass Ricke sich im Nachhinein bei Daimagüler telefonisch entschuldigt habe. Ein kluger Schachzug. Denn er möchte ungern als Buhmann dastehen.

Doch der Verlauf des Interviews verdeutlicht, dass es der Öffentlichkeit nicht um eine Aufklärung ankommt. Die Türken-Morde sollen möglichst bald in Vergessenheit geraten. Unklar ist auch, warum sich so viele Menschen erstaunt über die Morde zeigen.

Denn es sind die deutschen Medien und die Politik, die immer noch eine permanente Türken-Hetze in diesem Land betreiben. Da darf sich keiner wundern, wenn den Worten Taten folgen. Schließlich gibt es eine Menge Menschen in Deutschland, die Deutsch-Türken instinktiv als vogelfrei einstufen.

Übrigens glauben die Deutsch-Türken nicht an die These, dass das NSU-Trio die Morde im Alleingang geplant und ausgeführt hat.

Diese Kritik wird offenbar auch von der SPD-Frau Eva Högl geteilt. „Wir glauben nicht, dass der NSU aus nur drei Personen mit einem kleinen Helferkreis bestand“, zitiert die Rundschau Südwest-Presse Högl. Auch der Polizisten-Mord an Michele Kiesewetter könne kein Zufall gewesen sein (mehr hier).

Sie sei „beunruhigt, weil ich das Gefühl hat, viele Hintergründe, Fragen und Zusammenhänge werden nicht weiter ermittelt und auch im Prozess in München nicht ausreichend erörtert“, sagte Högl auf einer Veranstaltung in Hall.

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Das Interview und "Anmerkung" des D.R.K. auch zum Hören, ziemlich Unverschämt und Dümmlich dieser Reporters.

 

Anmerkung der Redaktion:

Nach der Sendung wurde intern lange über die Interviewführung diskutiert. Auch aus der Redaktion gab es heftige Kritik an der Gesprächsführung. Der Moderator Christopher Ricke bedauert sein nicht überzeugendes Vorgehen. Wir bemühen uns stets, einem hohen journalistischen Anspruch gerecht zu werden, was Objektivität und Professionalität betrifft. Am Dienstagmorgen haben wir unserem eigenen Anspruch nicht vollends genügt. Der Moderator hatte inzwischen Gelegenheit zu einem ausführlichen Telefonat mit Herrn Daimagüler. Herr Ricke hat sich persönlich für den Verlauf des Gesprächs entschuldigt. Redaktion und Herr Daimagüler haben einvernehmlich vereinbart, bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit erneut ein Telefoninterview zum NSU-Prozess im Deutschlandradio Kultur zu führen.

 

http://www.deutschlandradiokultur.de/justiz-ein-jahr-nsu-prozess.1008.de...