D/Kempen: Bericht zum NonCitizen-Residenzpflichtprozess

NonCitizen-Residenzpflichtprozess

Antirassistische Kundgebung vor dem Amtsgericht Kempen - 25 Demonstrant*innen zeigen Solidarität mit Non-Citizen-Aktivist

Das Amtsgericht Kempen veurteilte heute einen Aktivisten der Non-Citzen-Bewegung zu einer Geldstrafe von 300 Euro wegen eines Verstoßes gegen die rassistische Residenzpflicht, die Asylsuchende in ihrer Bewegungsfreiheit einschränkt. Etwa 25 solidarische Menschen begleiteten den Angeklagten zum Amtsgericht und hielten eine Protestkundgebung ab, bei der u.a. die Prozesserklärung des Angeklagten verlesen wurde (siehe unten). Die Versammlung wurde von einem absurd großen Polizeiaufgebot begleitet (Komplette Hundertschaft in der Stadt, ca. vier Beamte in Zivil, Beweissicherungswagen, Hamburger Gitter(!), etliche Einsatzfahrzeuge), welches auch bei vielen Kempener Bürger*innen großes Unverständnis auslöste. Bereits am Kempener Bahnhof wurden die Aktivist*innen von der Polizei in Empfang genommen.

 

Die Teilnahme am öffentlichen Prozess selbst, wurde für viele Teilnehmer*innen durch vollkommen überzogene Einlasskontrollen unmöglich gemacht. Personalausweise wurden kontrolliert, Daten überprüft, Taschen und Rucksäcke mussten komplett ausgeräumt werden - sogar Lebensmittel und Wasserflaschen mussten vor den Augen der Beamt*innen verkostet werden, Flyer und Kopfhörer durften nicht mit rein. Nur drei Personen konnten rechtzeitig in den Gerichtssaal gelangen und der kurzen Verhandlung beiwohnen. Der Rest der Gruppe stand noch vor den Kontrollschleusen, als der Prozess bereits beendet wurde. Als Reaktion auf die repressiven Maßnahmen von Justiz und Polizei führten die Kundgebungsteilnehmer*innen eine spontane Demonstration durch die Kempener Innenstadt durch.

 

Wir unterstützen die Forderungen dieser Bewegung. Einige der Forderungen sind:

 

1) Die Anerkennung aller Asylsuchenden als politische Geflüchtete

2) Den Stopp aller Abschiebungen

3) Die Abschaffung der Residenzpflicht, welche den Asylsuchenden verbietet, ihren von den Behörden ausgesuchten Aufenthaltsort zu verlassen

4) Die Abschaffung der Lagerpflicht, welche den Asylsuchenden verbietet, ihren Aufenthaltsort selbst auszuwählen

 

Weitere Informationen finden sich auf den Webseiten der NonCitizens:
www.refugeetentaction.net und www.refugeestruggle.org.

 

Politische Erklärung des Angeklagten zur Residenzpflicht:


Die Existenz von Geflüchteten sorgt für das Aufdecken der ungeheuerlichen internationalen Gesetze, welche grundsätzlich darauf basieren, Grenzen zu konstruieren und diese bedingungslos zu verteidigen. Grenzen, die den Wohlstand und Fortschritt der Menschen in den Metropolregionen ("Erste Welt") nur durch dieUnterdrückung der Menschen in der Peripherie ("Dritte Welt") aufrecht hält.Geflüchtete sind Menschen, die die Grenzen von Ländern einenach der anderen trotz aller Gefahren hinter sich gebracht haben. Sie müssen für den Erhalt dieses Systems kontinuierlich farbloser und unsichtbarer gemacht werden, um ihrepolitischen Erfahrungen nicht in die sogenannten freien Länder der Metropole zu tragen. Ihre Erfahrungen resultieren aus ihrem Leben und dem unverzerrten Erleben der Fundamente dieser globalen Problematik. Ein Problem, das den Widerspruchzwischen Demokratie und den neoliberalen Menschenrechten sichtbar macht. Der Zustand von Asylsuchenden beinhaltet Unterdrückung und Diskriminierung. Es ist eine ständige Erniedrigung, rassistische und soziale Diskriminierung und dieUngewissheit zwischen Sein und Nicht-Sein.Ein unmenschlicher Zustand, in dem Einzelschicksale Gesetzen überlassen werden, deren Inhalte und Art der Ausführungin dem Rahmen eines neoliberalen Geschwätzes von modernen Menschenrechten, auf dem Prinzip der Drei Heiligen basiert: Nation, Land und Staat. Die Unterdrückung derer, die sich gegen das dadurch konstruierte Schicksal und die herrschenden Bedingungen wehren, dient dem Schutz des Systems. Das sind die Funktion von Gerichten, Grenzen und Gesetzen! Eins dieser Gesetze ist die Residenzpflicht, welche zur Isolation und dem Fernhalten einer Problematik dienen soll, die die Asylsuchenden sein sollen. Die Asylsuchenden sind jedoch das Produkt von Kapitalismus und Imperialismus. Innerhalb derherrschenden Verhältnisse, wo all unsere Menschenwürde von Gesetzen gekidnappt wurde, bleibt nur ein Aufstand gegen diese Gesetze um unsere Würde wiederzuerlangen. Das Gerichtsurteil, das am 19. November 2013 aufgrund des Brechens der Residenzpflicht ausgesprochen wird, hat nicht die geringste Bedeutung! Wenn wir nicht bereit wären, für das Erreichen unserer "Freiheit" einen Preis zu zahlen, hätten wir es nie gewagt, dieses Wort auszusprechen.

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