Brauner Hass und Hetze auf Zweibrücker Straßen
Einiges ist geschehen, vor zwei Wochen, am 8. August in Zweibrücken. Zum zweiten Mal innerhalb eines halben Jahres hatten NPD und Kameradschaften einen Aufmarsch durch Zweibrücken angekündigt, und leider gelang es ihnen erneut, ihre hasserfüllten, gegen ein friedliches Miteinander gerichteten Parolen auf die Straße zu tragen.
Dabei hätte es schon für ein Verbot des Aufmarsches kaum bessere Gründe geben können. Nicht allein, dass die Faschist_innen an einem für sie symbolischen Tag die maximale Provokation suchten, ihre Ideologie auf dem (einst nach Hitler benannten) Schlossplatz in Angesicht des Oberlandesgerichtes nach außen zu tragen. Und zwar als Propaganda für die bevorstehenden Wahlen.
Wichtiger noch: es ging ihnen von Anfang an darum, Menschen muslimischen Glaubens einzuschüchtern. Die Drohungen galten diesen und anderen Menschen mit Migrationshintergrund ganz konkret. Sie galten und gelten zugleich aber auch allen anderen Menschen, die dem nationalfaschistischen „deutschen Regelfall“ nicht entsprechen: Menschen, die anders aussehen, anders denken, anders glauben, anders leben oder anders lieben.
Die leider zu erwartenden Einschüchterungen und Drohungen stellten die rund 80 Neonazis nicht allein bei ihrer Kundgebung am Schlossplatz ganz offen zur Schau. Von frühmorgens bis zum Abend verbreiteten durch die Stadt umherziehende gewaltbereite Neonazis Unsicherheit, insbesondere viele Migrant_innen konnten sich nur mit äußerster Vorsicht und mulmigem Gefühl in der Stadt bewegen.
Dass es sich dabei nicht um leere Worte handelt, sondern dem ausländerfeindlichen NPD-Schlachtruf „Gute Heimreise“ durchaus auch Taten folgen können, zeigte sich auch in den darauffolgenden Tagen in der Hetzjagd auf den aus Angola stammenden Integrationsbeauftragten der Thüringer CDU. Über eine offizielle Pressemitteilung hatte die Landes-NPD angekündigt, das „direkte Gespräch mit dem CDU-Quotenneger Zeca Schall“ in einer Gasse seiner Heimatstadt zu suchen, um ihn zur „Rückkehr in seine Heimat Angola“ zu animieren. Und schon tags darauf reiste ein brauner Mob an, um dem seitdem unter Polizeischutz lebenden Hildburghausener tatsächlich auf die Pelle zu rücken.
Einschüchterungen und Drohungen von Rechten sind leider auch hierzulande durchaus alltäglich – meist sind jedoch keine Politiker betroffen, die sich öffentlich wehren können. Auch hier in der Pfalz werden immer wieder Menschen mit Migrationshintergrund bedroht, drangsaliert, körperlich angegriffen und wie zuletzt in Ludwigshafen schwer verletzt.
Widerstand längst nicht breit und entschlossen genug
Die – sich gerade in der Pfalz weiter ausbreitende – faschistische Propaganda kann ebensowenig weiter hingenommen werden wie die konkrete Bedrohung durch rechte Gewalt. Es war daher richtig und wichtig, dass sich am 8. August immerhin 150 Menschen entschieden haben, sich dem braunen Mob entgegenzustellen!
Schön auch, dass diesmal längst nicht nur engagierte Antifaschist_innen direkt vor Ort waren, sondern sich auch zahlreiche Zweibrücker Bürger_innen aus den unterschiedlichsten Zusammenhängen beteiligt haben. Solidarität macht stark, und so mussten die Nazis immerhin zweimal umgeleitet werden. Zugleich muss man feststellen, dass auch diesmal insgesamt zu wenige Menschen das Gebot der Stunde erkannt und sich den Nazis in den Weg gestellt haben.
1.500 Bürger_innen, wie sie zuletzt sogar im deutlich kleineren Friedberg (Hessen) auf der Straße standen, hätten zweifelsohne ein ganz anderes Signal ausgesendet. Aber auch schon 300-500 entschlossene Gegendemonstrant_innen hätten für den Erfolg einer Blockade durchaus ausreichen können.
Die Entwicklung der letzten Monate stimmen immerhin hoffnungsfroh, dass dies zumindest beim (leider zu erwartenden) nächsten Mal erreicht werden kann – immerhin hat es sich mittlerweile in der ganzen Stadt herumgesprochen, dass Wegschauen nichts bringt, und nur aktiver Widerstand gegen Rechts tatsächlich Wirkung zeigt. Freilich muss im Vorfeld mehr und auch schneller miteinander kommuniziert werden, um dann auf der Basis klarerer Absprachen deutlich mehr Menschen aus Zweibrücken ebenso wie aus der Region für ein gemeinsames Vorgehen gegen Neonazis und andere Faschist_innen zu gewinnen.
Wenn das gelingt – und es ist durchaus realistisch – dann wird auch die „braune Bastion“ Zweibrücken endlich fallen.
Naziaufmarsch auf Biegen und Brechen durchgesetzt – Polizei spricht von einer „runden Sache“
Während die mit Hassparolen provozierenden Nazis von der Polizei nicht nur in Ruhe gelassen, sondern begleitet und beschützt wurden, mussten friedliche Gegendemonstrant_ innen erneut außergewöhnlich heftige Repressionen seitens der Polizei beklagen.
Von Anfang an machten die Staatskräfte deutlich, den Nazi-Aufmarsch bei Bedarf mit allen Mitteln durchzuprügeln. Und bald darauf folgten – wie schon am 14. März und auch in den Vorjahren – die ersten Szenen unbändiger Polizeigewalt. Fotoaufnahmen zeigen aggressive, hochgerüstete Polizist_innen, sie zeigen grinsende Polizist_innen während einiger der unzähligen Festnahmen. Augenzeugen sprechen von Schlagstockeinsätzen, Beleidigungen, Erniedrigungsszenen.
So wurden ohne jeden zwingenden Anlass und jenseits jeder Verhältnismäßigkeit insgesamt zehn Festnahmen, zwei Ingewahrsamnahmen und 28 Platzverweise durchgeführt, teils brutal, teils respektlos, in allen Fällen unnötig. Alles in allem war unter den Gegendemonstrant_innen etwa jede_r Vierte unmittelbar von Repressionen betroffen.
In Anbetracht dieser Eskalation klingt die öffentliche Stellungnahme der Polizei, es sei eine „runde Sache“ gewesen, wie blanker Hohn. Solche Äußerungen sind nicht unbedingt geeignet, den Eindruck zu entkräften, dass einige Polizist_innen durchaus ihren Spaß dabei hatten, gegenüber den Gegendemonstrant_innen mal „so richtig die Sau rauszulassen“ und zu zeigen, wer hier den Schlagstock trägt.
Breites Unverständnis über polizeiliche Gewaltorgie
Diesmal erregte die Polizeigewalt ein besonders großes Aufsehen und war tagelang Stadtgespräch Nr. 1. Dies sicherlich auch daher, weil die Polizeirepressionen diesmal Alt und Jung, Zweibrückener und Auswärtige, Menschen aus den unterschiedlichsten Zusammenhängen gleichermaßen trafen.
Der völlig außer Rand und Band geratene Polizeieinsatz wurde in allen Medien und quer durch die Bevölkerung, vom Ausländerbeirat bis hin zum Einzelhandel heftig kritisiert. Auch eine breite Koalition der Stadtratsfraktionen von SPD und Grünen bis hin zu CDU und FDP thematisierte die Polizeigewalt und stellte sie in den Kontrast zur ebenso legitimen wie gewaltfreien Gegendemonstration.Dies zeigt, wie offensichtlich das Fehlverhalten der Polizei war.
Nicht nur die Betroffenen und Augenzeugen der Polizeirepressionen vom 8. August, sondern auch alle Zweibrückenerinnen und Zweibrückener sollten dies zum Anlass nehmen, gegen Rassismus ebenso Farbe zu bekennen, wie gegen die für viele Bürger_innen zuvor unvorstellbare Polizeigewalt.
Dies nicht zuletzt, um unsere Solidarität mit den besonders stark betroffenen Demonstrationsteilnehmer_ innen deutlich zu machen, für die das Thema nach diplomatischen Besänftigungen am „Runden Tisch“ eben nicht gegessen ist, sondern denen nun noch gerichtliche Konsequenzen bevorstehen. Auch wenn die Vorwürfe noch so abstrus sein mögen – wer wegen seines engagierten Auftretens gegen den Faschismus verfolgt wird, kann in einer solchen Situation jede Unterstützung brauchen.
Die gegen das friedliche Zusammenleben von Menschen gerichtete Propaganda nicht hinzunehmen, ist nicht nur legitim. Es ist notwendig, um eine weitere Verbreitung rassistischen und faschistischen Gedankenguts zu verhindern!
Machen wir also Gebrauch von unserem Recht auf Meinungsäußerung!
Bekennen wir in aller Ruhe, aber deutlich und entschlossen Farbe gegen Nazis und andere Rassisten, aber zugleich auch gegen die Polizeigewalt.
Machen wir den staatlichen Behörden gegenüber deutlich, dass wir das Vorgehen der Polizei am 8. August nicht billigen! Nehmen wir keine weiteren Schikanen gegenüber denjenigen, die sich der faschistischen Gefahr entgegenstellen, mehr hin!
Zeigen wir, dass wir eine freiere Welt wollen, im friedlichen Miteinander, ohne Gewalt und Unterdrückung!
Samstag, 29. August 2009 um 10:00 Uhr
Treffpunkt: am Hallplatz.
Danach geht's nach Ludwigshafen
Für alle, die mittags noch zur Demo gegen die Residenzpflicht nach Ludwigshafen/Mannheim wollen:
Wir trödeln nach der Demo nicht lang herum, so dass alle noch rechtzeitig nach Ludwigshafen kommen!
Bildet am Besten Fahrgemeinschaften mit dem Auto. Wenn das nicht geht, meldet Euch am Besten per eMail bei uns - ab Zweibrücken können wir evtl. noch ein paar Leute mit dem Auto nach Ludwigshafen mitnehmen. eMail-Adresse (und PGP-Key) unter zwantifa.blogsport.de.
Aktelles zur Demo am Samstag
Trotz der recht kurzfristigen Mobilisierung haben wir zu unserer Demo am kommenden Samstag viel positive Rückmeldung bekommen, vor allem vor Ort! Aktuelle Infos über die angemeldete Route findet Ihr auf unserem Blog.
Wir alle wünschen uns ein deutliches Signal gegen jede Art von Rassismus und gegen Polizeigewalt, und dazu wäre es wichtig, dass am Samstag viele, viele Menschen sich unserer gemeinsamen Demonstration anschließen! Helft uns daher bitte alle bei der Mobilisierung – sprecht Bekannte an, verteilt Flyer, verschickt eMails etc. p.p.! Danke!