Am 02. November wird es in Burg eine Demonstration geben, die sich gegen staatliche Repression und Naziterror richtet. Maya aus der Vorbereitungsgruppe gab uns ein kleines Interview, welches die Herausforderungen für linksradikale Politik in der Provinz thematisiert. Einige Dinge kommen uns in Mecklenburg-Vorpommern sicherlich bekannt vor.
KomFort: In Burg scheint relativ viel zu gehen. Relativ heißt, wenn man sich anschaut, dass der Ort keine 25.000 Einwohner hat und dennoch viel von sich hören lässt. Macht ihr einfach nur gute Öffentlichkeitsarbeit oder steckt da mehr dahinter?
Maya: Ich denke das liegt daran, dass es gerade in Kleinstädten oder allgemein in der Provinz einfach notwendig ist gegen Nazis vorzugehen. Im ländlichen Raum stellen Nazis eine alltäglichere und häufig auch eine unmittelbarere Bedrohung dar, als dies vielleicht in Großstädten der Fall ist. Anders als in Berlin ist man mit denen an den Bahnhöfen, beim Einkaufen oder beim Spazieren gehen konfrontiert. Dazu kommt, dass es zumindest in Burg keine weiteren, relevanten Strukturen gibt, die dagegen vorgehen. Man ist eben oftmals auf sich allein gestellt und hat daher nur zwei Möglichkeiten: Entweder man wehrt sich oder zieht weg.
KomFort: Kurz gesagt: Man macht aus der Not eine Tugend. Mal abgesehen von der direkten Bedrohung durch Nazis, die in ostdeutschen Kleinstädten sicherlich eine völlig andere Dimension hat, welche Nachteile hat man als Provinzler noch im Vergleich zu einer Großstadtzecke?
Maya: Puh! Da gibt es so viel! Das fängt eigentlich schon beim Geld an und erstreckt sich bis hin zu festen Treffpunkten. So gibt es beispielsweise in Burg derzeit keine Möglichkeit öffentliche Veranstaltungen, Konzerte oder Partys durchzuführen, um Menschen über politische Arbeit zu informieren oder diese zu finanzieren. Darüber hinaus ist es mit Schwierigkeiten verbunden im öffentlichen Raum zu agieren, denn durch die geringe Einwohnerzahl kennt jeder jeden und das macht es auch den Repressionsorganen leichter gegen antifaschistische Strukturen vorzugehen.
KomFort: Man kennt sich halt – Freund wie Feind. Wie habe ich mir denn Repression in einer Kleinstadt vorzustellen?
Maya: Denk’ nur an eine Demonstration. Da es nur einen Bahnhof gibt ist es leichter für die Polizei diesen zu kontollieren. Hinzu kommt, dass diese nur eine kleine Gruppe von Menschen observieren müssen und diese umso einfacher kriminalisieren können, da sie wissen, dass es kaum weitere Strukturen gibt und somit auch wenig Widerstand und Solidarität erwartbar ist.
KomFort: Gegen Repression macht ihr ja nun am 02. November eine Demonstration. Glaubt ihr, dass sich die staatlichen Behörden dadurch zukünftig davon abhalten lassen?
Maya: Wohl kaum. Vielmehr soll die Veranstaltung dazu genutzt werden, schon im Vorfeld auf die derzeitige Repression aufmerksam zu machen. Am selbigen Tag wollen wir zugleich unsere Solidarität mit den Menschen und Strukturen, die von staatlicher Repression betroffen sind, kraftvoll zum Ausdruck bringen und zeigen, dass wir uns weder einschüchtern, noch unsere Genossinnen und Genossen im Stich lassen.
KomFort: Und außerdem will man sicher ein Happening für die lokale Szene gestalten, welches umso besser wird je mehr Leute kommen. Ist das auch ein Grund warum ihr so martialisch mobilisiert?
Maya: Ich weiß gerade nicht was du mit “martialisch mobilisiert” meinst?
KomFort: Ich beziehe mich auf die Symbolik eures Mobilisierungsplakats: das Foto von den Ausschreitungen. Spielt das nicht eher den Behörden in die Hände, um die Demonstration bereits im Vorfeld zu kriminalisieren?
Maya: Auf dem Foto sind Polizeibeamte zu sehen, die sich in der Defensive befinden und das Motto der Demo ist halt “In die Offensive!”. Ob dies jetzt den Repressionsorganen in die Hände spielt oder nicht lässt sich nicht sagen. Letzlich ist es auch egal, wie wir unsere Demo bewerben. Wir könnten auch mit Blumen im Haar und im Ringeltanz aufkreuzen. Für die sind alle die sich gegen Nazis wehren und was an dem kapitalistischen Normalzustand auszusetzen haben sowieso alles ExtremistInnen. Insofern bringt es nichts auf Blumenkind zu machen. Befreit von solch taktischen Spielchen dem Staat zu gefallen, machen wir es eben dann so wie es uns gefällt.
KomFort: Im Jahr 2011 gab es schon ein ähnliches Event in Burg zu dem es auch eine Anreise aus MV gab. Diesmal gibt es zwei Veranstaltungen in Rostock und Greifswald zur Mobilisierung. Können sich die Leute auf ein ähnlich verlaufendes Ereignis einstellen?
Maya: 2011 ging es zwar auch gegen Naziterror und
Repression auf die Straße, jedoch hat sich die Situation, gerade was
die staatliche Repression betrifft, gravierend zum Negativen entwickelt.
Deshalb rechnen wir auch am 02. November mit einem noch größeren
Polizeiaufgebot und vielen Provokationen. Auch verlief die damalige
Demonstration aus unserer Perspektive nicht ganz reibungslos. Wir werden
in diesem Jahr genau darauf achten, welche Musik aus Lautsprecherwagen
schallt und gegen sexistisches Gehabe vorgehen.
KomFort: Was ist denn damals vorgefallen?
Es kam uns so vor, als ob viele TeilnehmerInnen im Laufe der Veranstaltung mal ihren eigenen USB-Stick in den Lauti gaben, um ihre Lieblingsmusik zu hören. Das klingt jetzt zwar etwas lustig, doch das war es sicher nicht. Dass wir dort nicht eingriffen war unser Fehler und lag auch zum Teil daran, dass wir mit dem Polizeiaufgebot und deren Übergriffen auf die Demo ziemlich überfordert waren.
Entscheidend aber ist: Es gibt in diesem Jahr eine besser geplante Demonstration, in deren Vorfeld wir aus den vergangen Fehlern gelernt haben und nun auf alle möglichen Szenarien vorbereitet sind. Aktuelle Informationen gibt es dazu auf www.offensiv-handeln.tk
KomFort: Und natürlich auch bei den beiden Infoveranstaltungen. Kommenden Montag in Rostock (Cafe Median – 19:30 Uhr) und einen Tag später in Greifswald (Infoladen Analog – 19:00 Uhr).
Kombinat-Fortschritt: http://kombinat-fortschritt.com/
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