Am 4. Juni 2011 demonstrierten etwa 50 Personen im Hof des Bundessitzes der
reaktionär-konservativen Piusbruderschaft im Stuttgarter Stadtteil Feuerbach.
Anlass war das zur Verfügung stellen von Räumlichkeiten für einen rassistischen
Kongress des Netzwerkes „PI-News“. Nachdem die
Demonstranten nicht freiwillig das Gelände verließen, wurden sie gekesselt und
sollten zur Polizeiwache verbracht werden.
Die angeklagten Antirassistinnen solidarisierten sich mit den Gekesselten. Eine
der nun Angeklagten versuchte, aufgrund der signalisierten Notwendigkeit aus
dem Kessel, Hygieneartikel dorthin zu übergeben.
Um dies zu unterbieten wurde sie durch einen Zugführer der Stuttgarter
Einsatzhundertschaft rabiat beiseite geschoben. Als sie hiergegen protestierte
wurde sie brutal festgenommen. Die andere Angeklagte eilte ihr hieraufhin zur
Hilfe.
In der gestrigen Gerichtsverhandlung erläuterte der Verteidiger der Angeklagten
ausführlich die Hintergründe des Verfahrens. So ging er auf das reaktionäre
Weltbild, den Antisemitismus und die Homophobie der Piusbrüder ein.
Anhand der Bilder und Videomaterialien sah sich selbst der Richter zu der
Aussage gezwungen, dass er das Vorgehen der Polizei durchaus für „bisschen
fragwürdig“ halte. Der als Zeuge vorgeladene Zugführer der Polizei konnte wenig
Konkretes zu dem vorgeworfenen Tathergang beisteuern. Es sei zu einem „wilden
Furiengefuchtel“ gekommen, so dass er in eine Hecke geraten sei und sich den
Daumen verdreht habe.
Der Verteidiger wies in einer Stellungsnahme zur Beweisaufnahme auf etliche
Widersprüche in den Akten hin und regte eine Einstellung des Verfahrens an. Von
Seiten der Staatsanwaltschaft wurde dies mit der Begründung abgelehnt, dass
dies ohne Schuldeingeständnis der Angeklagten nicht denkbar wäre.
Der
Staatsanwalt führte in seinem Plädoyer aus, dass „Selbstverständlich der Grund
des Aufenthalts der Angeklagten ehrenswert“ sei und es „durchaus wünschenswert
ist gegen die Piusbrüderschaft zu demonstrieren“. Jedoch hätten die beiden
Antirassistinnen „ein ernsthaftes Problem sich an das Recht zu halten“. Den
vorgeworfenen Tatvorwurf sah er als erwiesen an und beantragte eine Geldstrafe
von jeweils 50 Tagessätzen zu verhängen.
Der Anwalt der beiden Antirassistinnen legte in seinem Pladoyer dar, dass es
einen Unterschied macht ob eine Person Schmerzen hat oder Widerstand gegen eine
Festnahmen leisten wolle. Außerdem stellte er klar, dass hier ein „Polizist
falsch reagiert hat, sonst würden wir nicht hier sitzen“. Folglich beantragte
er die beiden Antirassistinnen freizusprechen.
Der Richter verurteilte die beiden Aktivistinnen zu jeweils 30 Tagessätzen
Geldstrafe à 25 Euro. Dieses Urteil zeigt wiedereinmal, dass die Stuttgarter
Justiz auch bei Lappalien unbedingt eine Verurteilung anstrebt. Positiv war es,
dass trotz der Vielzahl an Verfahren in den vergangenen Monaten sich viele GenossInnen
im Gerichtssaal mit den Angeklagten solidarisierten.
Der Repression zum Trotz gilt es weiterhin rassistischen und faschistischen
Umtrieben entschlossen entgegenzutreten!
Weitere Infos:
Flugblatt der Roten Hilfe Stuttgart zu den Verfahren
Bericht und Bilder von der Aktion
Beamte habens nicht leicht
Eier Verurteilung ist selbstverständlich Scheisse, an er hey, im Prinzip war selbst der Staatsanwalt auf unserer Seite. Ist halt ein Beamtenschisser. Besser so, als wenn solche Jobs an Faschos gehen.