Kritik an solidarity4all.gr aus Griechenland

Kritik an solidarity4all.gr aus Griechenland

Wir dokumentieren hier zwei Übersetzungen von zwei Erklärungen aus Griechenland die eine Kritik an dem Projekt-Website “Solidarität für alle” // solidarity4all.gr formulieren.

 

Aber zunächst ein paar sehr wenige Worte dazu warum wir überhaupt auf die Idee kamen diese Texte schnell zu übersetzen:

 

In den letzten Wochen ist uns aufgefallen, dass das Projekt “Solidarität für alle” immer mehr Menschen in der breiten Linken in Deutschland erreicht. Es taucht bei diversen Veranstaltungen auf (z.B. cross-solidarity.net In Wuppertal) und die deutsche Übersetzung der Broschüre die die Initiative präsentiert (http://www.solidarity4all.gr/sites/www.solidarity4all.gr/files/deutsch.pdf) wird fleißig geteilt. Womöglich wird das Projekt auch eine Rolle spielen bei den kommenden Blockupy-Aktionstagen und sonstigen Krisenprotesten. Die Grundideen hinter dem Projekt “Solidarität für alle” befürworten wir: die Vernetzung von selbstorganisierten Strukturen, bessere Koordination und die Herstellung der Sichtbarkeit über die gesellschaftliche Gegenmacht die sich grade in Griechenland aufbaut.

 

Wir fragen uns aber ob dies das wirkliche Ziel dieser Initiative ist? In der Broschüre wird gesagt „,Solidarität für Alle‘‘ steht in direktem und konstantem Kontakt mit Soldaritäts-Basisgruppen im ganzen Land und unterstützt sie auf Anfrage materiell. „ Dieser Satz machte uns stutzig: Steht diese Initiative wirklich in konstanten Kontakt mit so vielen Basisgruppen wie behauptet wird?

 

In einem ersten Blick auf die Seite entdeckten wir dass manche Strukturen die da aufgelistet werden (oder wurden) sie z.B. gar nicht mal mehr gibt (sozialer Raum Buenaventura in Thessaloniki – mittlerweile entfernt) oder aufgehört haben sich zu treffen (seit 2011 die offene Versammlung von Sykies). In einem zweiten Schritt kontaktierten wir uns bekannte Strukturen in Griechenland, die auch dort aufgelistet worden sind, ob sie von dem Projekt gehört haben. Die Antwort in allen Fällen war, dass sie nie gefragt worden sind ob sie da mitmachen wollen. Schließlich tauchten dann im Internet die ersten zwei Texte auf, einer aus Athen und einer aus Thessaloniki, die sich mit den Projekt auseinandersetzen.

 

Was wir fordern? Keine Sabotage sondern eine kritische Auseinandersetzung mit den Fragen wen und was wir in Griechenland unterstützen.

 

Einige autonome Aktivist*innen

 

P.S. Die zwei Texte wurden sehr eilig übersetzt. Wir denken aber, dass die zentrale Message rüberkommt. Freuen uns aber dennoch über Korrekturvorschläge.

 


 

1. Erklärung der offenen Versammlung der Einwohner*innen von Petralona, Thisio und Koukakiou

 

http://laikisineleusipetralona.espivblogs.net/2013/04/01/εμείς-θα-μιλάμε-για-εμάς/

 

 

Wir werden über uns reden

Während es vier Jahre her ist, seitdem wir in die letzte Phase der kapitalistischen Krise gekommen sind, beobachten wir eine starke und anhaltende Bewegung seitens der Bosse für die Integration und Assimilation der selbstorganisierten Initiativen von unten.

 

Wir identifizieren diese Bewegung in Parteien, bei NGOs (und die Unschärfe, die ihren Inhalt und Ziele begleitet) und in Programme finanziert durch EU-Mitteln (z.B. die ESPA, die die Schaffung von Arbeitskooperativen oder die Arbeit in sozialen Stadteilläden, sozialen Arztpraxen usw. finanziert)

 

Unser Text, auch wenn er sich auf einen bestimmten Parteiapparat fixiert, ist das Produkt einer allgemeineren Reflexion und einer Diskussion, die sich entwickelt in der Versammlung der KXY und sich oft in unseren Publikationen wiederspiegelt. In naher Zukunft werden wir eine analytischere und umfassendere Sicht auf das Thema präsentieren.

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Wir werden über uns reden

Letzte Woche haben wir Reportagen und Interviews gelesen, die das Kollektiv “Solidarität für alle” vorstellten. In der Pressekonferenz, die Menschen des Kollektivs gegeben haben (ein Teil davon ist auf left.gr veröffentlicht), erfahren wir folgendes: dass „Solidarität für alle” durch Menschen, die an verschiedenen Bewegungen und Solidaritätsstrukturen teilnehmen und im Rahmen der Verkündung von SYRIZA zur Entwicklung und Stärkung der Bewegung sozialer Solidarität, entstanden ist.

 

Ein paar Monate früher, im Dezember 2012, lasen wir in einer Ausgabe der Zeitung “Avgi” wie Tasos Koronakis (Mitglied des koordinierenden Sekretariats von SYRIZA) sagt: “Die Strukturen der Solidarität haben das Ziel die Folgen der Politik des Memorandums zu bewältigen. Gerade jetzt gibt es tausende Menschen im Land denen die grundlegenden Güter fehlen die zum Überleben notwendig sind, wie Essen, Obdach und Medikamente. SYRIZA versucht nicht “seine eigenen” Strukturen aufzubauen, aber die Kommunikation und Koordination zu vereinfachen und somit die schon existierenden zu unterstützen.”

 

Und weiter unten erfahren wir: die Initiative “Solidarität für alle” zielt auf die Stärkung aber auch auf das Angebot von organisatorischen und finanziellen Ressourcen für die etwa 3.000 Solidaritätsstrukturen, die überall in Griechenland verstreut sind.

 

Und wir fragen uns also: was hat ein selbstorganisiertes Projekt zur Gesundheit – wie der soziale Raum für Gesundheit der LS Petralona, Thisio und Koukakiou – in einem Zweig einer Parteistruktur verloren? Für uns wird der Begriff „Selbstorganisierung“ von dem Ziel begleitet, unser Leben und unsere Entscheidungen in unsere eigenen Händen zu nehmen. Ohne Vertreter, ohne Zwischenhändler, außerhalb und gegen hierarchische Strukturen. Hat der Schirmherr dieser Initiative, also SYRIZA, irgendeine Beziehung zu diesen Werten? Vielleicht...

 

Und wir fragen uns auch, wer eine Parteienstruktur bevollmächtigt hat, die „Vereinfachung der Kommunikation zwischen den Strukturen” zu übernehmen. Letztes Jahr zu dieser Zeit zerbrachen sich Hunderttausende von uns den Kopf darüber, wie eine koordinierende Struktur der Stadteilversammlungen zu errichten ist. Es war eine Initiative, die auf direkten Kontakt in den Amphitheatern und der Suche nach Gemeinsamkeiten beruhte. Wir fragen uns: diese „koordinierende Initiative” der „Solidarität für alle”, auf welchen Kontakt und Beziehungen basiert sie eigentlich? Vielleicht die der Parteienbeziehungen?

 

In dem Artikel der “Avgi” (den wir weiter oben zitierten) spricht Koronakis auch über die Stärkung der zerstreuten Solidaritätsstrukturen mit finanziellen Ressourcen. Sollen wir etwa annehmen, dass die Tatsache, dass wir in den “Solidaritätsstrukturen” der Homepage aufgenommen sind, eine offene Einladung darstellt für so eine finanzielle Unterstützung? Und weil sich eine „Unschärfe” darum herstellt, ob wir „Geld von SYRIZA nehmen”, haben wir ein paar einfache und verständliche Kleinigkeiten zu äußern.

 

Unser Projekt bleibt autonom, selbstorganisiert, ein Versuch der Selbstverwaltung über die Fragen der Gesundheit. Es hat nichts mit parteilichen oder kommunalen Mechanismen (oder deren Ableger) zu tun. Es hat nichts mit der Kirche, NGOs, mit Zuschüssen aus europäischen und anderen Fonds zu tun. Und als solches wird es weitermachen.

 

Wir haben schon vor einiger Zeit die internen Richtlinien an die lokalen Organisationen von SYRIZA, in Solidaritätsstrukturen und Stadteilversammlungen „durchzudringen“, gelesen. Wir haben auch von den Mitteln zur Unterstützung von Solidaritätsstrukturen gehört die von den zentralen Büros der Koumoundourou (Zentrale von SYRIZA) abgestellt worden sind. Wir vermuteten schon, dass sich angesichts einer ungeduldigen Linksregierung viele Initiativen in ein Wählerreservoir verwandeln würden. Und wir warteten (und warten), dass dieser Versuch der Assimilation und Integration sich fortsetzt. Ihr seht, die Linke der Macht blendet.

 

Wir beabsichtigen aber nicht zu schweigen. Für uns ist selbstverständlich, dass die Struktur unseres sozialen Raums für Gesundheit von der Website “Solidarität für alle” entfernt wird. Wir haben die Möglichkeiten, haben Beziehungen aufgebaut, haben auch den Mut gefunden über uns, unser Projekt und seine Inhalte zu sprechen.

 

http://laikisineleusipetralona.espivblogs.net/2013/04/01/εμείς-θα-μιλάμε-για-εμάς/

 


 

2. Erklärung vom sozialen Zentrum „Micropolis“ über eine Verwirrung, die es selbst nicht ausgelöst hat

 

http://micropolis-socialspace.blogspot.de/2013/05/blog-post.html


Das Netzwerk „Solidarität für alle”, Parteiorgan von SYRIZA mit professionellen Funktionären, wird finanziert von den 20% der Einschnitten der Parlamentsmitglieder.

 

Das ist nichts verwerfliches für eine Partei der Linken, die in der Krise einen Teil ihrer staatlichen Zuschüsse für seine soziale Durchdringung verwertet. Nichts weiter außer der eigentlichen Tatsache der Unterschlagung öffentlicher Gelder zum Nutzen der Parteien auf Basis des Gesetzes und der Zustimmung der überwältigen Mehrheit der Wähler.

 

Aber die Dinge werden komplizierter, weil kein „Gesetz” und kein Konsens dazu geführt hat, dass auf der Website der „Solidarität für alle” die Seiten selbstorganisierter Räume und Bewegungen aufgenommen werden, die keine Beziehung zu SYRIZA, keiner parteilichen Logik oder Sponsor haben. Und wenn wir die Eile der Macher dieser Website berücksichtigen, Räume aufzunehmen, die es mittlerweile nicht mehr gibt (z.B. das Buena Ventura, das 2010 aufgehört hat), erkennen wir das Ausmaß der Schlamperei.

 

Was uns angeht, ist die Nennung unserer Projekts auf dieser Webseite passiert, ohne uns überhaupt zu fragen, so wie auch bei vielen anderen. Da das Internet chaotisch und global ist, war die Verwirrung durch solch eine Zwangsregistrierung zu erwarten. Das mussten wir durch unsere internationalen Kanäle auch selber feststellen.

 

Wir kennen den Drang vieler Parteifunktionäre von SYRIZA, die Bewegungen von unten zu kapitalisieren und die selbstorganisierte Projekte für ihre eventuelle Regierungsplanung zu nutzen.

 

Weil die Initiativen von unten die andere Welt möglich machen; nicht durchführbar über die Gewinne, aber existent über die Gewinne hinaus. Weil sie eine Vielfalt direktdemokratischer Strukturen sozialer Gleichheit und Solidarität ohne Repräsentation schaffen. Weil sie nicht selbstreferentielle und opportunistische Kollektive sind. Weil, mit anderen Worten, die Dinge ernst geworden sind, wird dieser Drang immer lästiger, und auch die eigenen Mitglieder an der SYRIZA-Basis sind diesem Drang aussetzt. Andere verfallen in ihrem Leninismus, andere bleiben eher ehrlich, weil sie sich in einer schwierigen Lage befinden.

 

Wir wissen, dass SYRIZA das Dach für Hunderttausende von Wählern geworden ist, verraten vom klientelistischen Staat, der diese miserable Beziehung “Gesellschaftsvertrag” nannte. Etwas anderes ist aber die Repräsentation und etwas ganz anderes die Selbstorganisierung. Gesellschaftsvertrag mit oder ohne Anführungszeichen kann nicht zwischen uns existieren, auch kein Dach, was über uns ist, ohne dass nicht die Repräsentation entfernt wird, sondern nur die Selbstorganisierung. Auch wenn SYRIZA sich minimal für Selbstorganisierung interessiert und in seinen Parteiorganen ein ganzes Feld, wo sie diese realisieren kann, hat. Das betrifft uns nicht und sie eher auch nicht. Uns betrifft aber die willkürliche Verbindung zum parteilichen Netzwerk „Solidarität für alle”.

 

Das Projekt „Micropolis“, wie auch viele andere selbstorganisierte Räume, hat seine eigene Mittel und seine eigene Wege der Vernetzung, wie es das schon über Jahre getan hat.


Für unsere eigene Vorteile oder Defizite haben wir uns nie auf irgendeine Partei zur Unterstützung oder Befürwortunggestützt. Wir fordern die Verantwortlichen der Seite „Solidarität für alle” auf, die Wahrheit wiederherzustellen und die Verwirrung (die sie verursacht haben) aufzuheben,, indem sie unseren Text auf ihrer Seite veröffentlichen und die Verlinkung zu uns entfernen.

 

Sozialer Raum für die Freiheit „Micropolis“

 

P.S. Wir appellieren an all diejenigen, die von solchen Ereignissen betroffen sind, angemessen zu reagieren, damit die Gutmenschen die klare Message erhalten, dass die Bewegung der Selbstorganisierung weder einen “Vater”, noch “Experten” zur Koordination sucht und braucht.

 

http://micropolis-socialspace.blogspot.de/2013/05/blog-post.html

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auch in der Solidarischen Krankenstation Thessaloniki gibt es Syriza-Übernahmeversuche. Deshalb sind in den letzten Wochen 11 GenossInnen ausgetreten. Ihre kritische Ausstiegserklärung wird in der nächsten GWR erscheinen.

Selbst wenn Solidarity4all von SYRIZA initiiert würde, was wäre daran schlecht? Glaubt ihr denn, dass selbstbestimmte Gruppen, NGO's, Anarchisten etc. irgendeine Überlebenchance haben unter einer Mitte-Rechts-Regierung mit Golden-Dawn Backup? Ihr begeht die selben Fehler wie die KKE: Die Verweigerung der Kooperation mit linksliberalen und reformistischen Kräften. Die Konsequenz könnt ihr in Deutschland bewundern, wo die Linke völlig bedeutungslos geworden ist und jedwede gesellschaftliche Veränderung zum Positiven auf den Sanktnimmerleinstag verschoben wurden. In Griechenland gab es letztes Jahr die historisch einzigartige Chance auf einen Wechsel durch Wahlen, der wurde von der KKE blockiert und somit verhindert. Der obigige vermeintlich "kritische" Text blässt ins selbe Horn - er könnte genausogut von einer Troyka nahestehenden Lobby-Agentur verfasst worden sein. Wirklich "kritisch" wäre eine differenzierte Solidarität mit allen linken & oppositionellen Kräften. Ich kann sehr gut mit einem kleinen Scheißhaufen koalieren um den weitaus größeren zu beseitigen. Was danach kommt steht sowieso auf einem anderen Blatt und alles andere ist Theorie.

Hoch die glorreichen Führer der geeinten Gegenmacht, welche tatschlich und irrevesibel dazu  befähigt wurden die Weisheit der Ausrottung der bürgerlichen Klasse im revolutionärem Akt zu erzwingen.Hoch die GenossInnen der kommunistischen Partei, welche auch für dich Prolet, kämpfen!

 

Für die Internationale Revolution!