Spontandemonstration für das autonome Jugend- und Kulturzentrum Kulturschock Zelle in Reutlingen

kulturschock zelle

Am Abend des 21. März gegen 19 Uhr versammelten sich ungefähr 50 Unterstützer_innen des autonomen Jugend- und Kulturzentrums Kulturschock Zelle bei der Nikolaikirche in Reutlingen um ihrem Unmut über das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen in der Auseinandersetzung zwischen der Reutlinger Stadtverwaltung und der Zelle um die vorgebliche Notwendigkeit einer Gaststättenerlaubnis Ausdruck zu verleihen.

 

Das Gericht hat die Verfügung der Reutlinger Stadtverwaltung bestätigt, die der Zelle den Verkauf alkoholischer Getränke verbietet, wenn die Zelle keine Gaststättenkonzession beantragt. Die Demonstrant_innen die laut, bunt und kraftvoll durch die Reutlinger Innenstadt zogen, machten deutlich, dass sie nicht bereit sind, sich von der Stadtverwaltung oder dem Gericht die Selbstverwaltung der Zelle einschränken zu lassen. Der folgende Text wurde auf Flugblättern verbreitet und an interessierte Passant_innen verteilt.


Prozess verloren - der Kampf geht weiter

Die Zelle stand vor Gericht, aber nicht etwa als Angeklagte, sondern als Klägerin. Gestern, am 20. März 2013, fand der Prozess statt, indem darüber entschieden wurde, ob die Galerie Zelle e.V., besser bekannt als Kulturschock Zelle, wie eine gewöhnliche Gaststätte zu behandeln ist oder nicht. Die Zelle hatte bereits im Herbst 2011 gegen eine Verfügung der Reutlinger Stadtverwaltung Klage erhoben, in der der Zelle verboten wurde, weiterhin alkoholische Getränke zu verkaufen, da die Zelle gewerblich handle und deshalb eine Gaststättenkonzession benötige.

Wir, die Zellis, waren von Anfang an entschlossen, diesen Angriff auf unsere Selbstverwaltung und Unabhängigkeit unter keinen Umständen hinzunehmen. Denn die Zelle war nie eine Gaststätte und wird nie eine sein. Diese Maßnahme ist unserer Ansicht nach eindeutig politisch motiviert und soll die Zelle der Kontrolle der Stadtverwaltung unterwerfen.

Die Zelle ist ein Jugend- und Kulturzentrum, in dem junge Menschen seit 45 Jahren ehrenamtlich und unentgeltlich unkommerzielle Kultur, Bildung und Politik in Selbstverwaltung organisieren und leben. In der Zelle haben Jugendliche und junge Erwachsene die Möglichkeit gemeinschaftlich und in basisdemokratischer Organisation eigenverantwortlich und ohne Kontrolle durch Eltern, Lehrer_innen, Vorgesetzte oder Sozialarbeiter_innen ein ihren Interessen entsprechendes Programm zu gestalten.

Dabei ist es unser Ziel, Kunst und Kultur für alle zu bieten, weit ab von Kommerz und Einheitsbrei. Das bedeutet, dass die Eintritts- und Getränkepreise niedrig sind, dass jede_r sich aktiv bei Veranstaltungen einbringen und diese mitgestalten kann und dass alle willkommen sind, solang sie die Grenzen anderer respektieren.

Die Zelle ist aber nicht nur strukturell nicht mit einer Gaststätte zu vergleichen, sie verfolgt auch andere Ziele. So hat die Zelle entgegen den Behauptungen der Stadtverwaltung nicht die Absicht Gewinn zu erzielen, sie ist lediglich bemüht ihre Unkosten zu tragen.

Leider und für uns unverständlich ist das Verwaltungsgericht Sigmaringen in seinem Urteil heute der Rechtsauffassung der Reutlinger Stadtverwaltung gefolgt. Wenn die Stadtverwaltung nun erwartet, dass wir nach dieser Niederlage aufgeben würden, hat sie sich getäuscht. Wir werden es nicht zulassen, dass die Reutlinger Bürokraten uns in unserer Selbstverwaltung einschränkt, was die direkte Folge einer Gaststättenkonzession wäre. Einzelne Personen müssten – wie der Wirt/die Wirtin einer Gaststätte – die gesamte Verantwortung übernehmen. Spontanes Mitarbeiten und hierarchiefreie Veranstaltungsorganisation wären durch die bürokratischen Auflagen nicht mehr möglich. Wir werden weiterhin Widerstand leisten, vor Gericht und auf der Straße! Wir werden unmissverständlich klar machen, das es die Zelle auch weiterhin geben wird– ohne Konzession. Wie das gehen kann, muss sich noch zeigen, aber es wird gehen.

Frau Bosch, Herr Rist, Herr Keppler, hier noch mal zum Mitschreiben: Die Zelle ist nicht durch einen Verwaltungsakt der Stadt Reutlingen entstanden und sie wird auch nicht durch einen solchen verschwinden!!!

Wo wir sind, bleibt eine Zelle!!!

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das schreibt die lokalzeitung:

 

Urteil - Verwaltungsgericht weist Klage des Vereins »Galerie Zelle« gegen Verfügung der Stadt Reutlingen ab. Jugendclub will Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegen

»Wir wollen die Zelle nicht strangulieren«

VON CHRISTOPH B. STRÖHLE

SIGMARINGEN/REUTLINGEN. Weiterer Rückschlag für die »Zelle«: Wie am Donnerstag bekannt wurde, hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die Klage des Vereins gegen die Stadt Reutlingen abgewiesen, gleichzeitig aber die Möglichkeit der Berufung zugelassen. Damit bleibt die amtliche Verfügung der Stadt wirksam, wonach die Jugendeinrichtung entgegen der bisher geübten Praxis für den Getränkeausschank zukünftig eine Gaststättenlizenz vorweisen soll.

Für die Stadt Reutlingen erklärte Pressesprecher Wolfgang Löffler, das Urteil sei »erwartungsgemäß ausgefallen«. Die Rechtsposition der Stadt Reutlingen sei gestärkt worden. »Jetzt wird sich weisen, ob dieses Urteil rechtskräftig wird oder ob die Zelle dieses juristische Rad weiterdrehen will.«

Die Stadt sei »weiterhin« zu konstruktiven Gesprächen bereit. »Wir haben nie gesagt, dass wir die Zelle strangulieren wollen«, so Löffler. Vielmehr gehe es darum, klare Verantwortlichkeiten – etwa für den Thekendienst – herzustellen und auf die Einhaltung bestimmter Regeln zu pochen.

Die Zelle will sich noch nicht geschlagen geben. Man werde in Berufung gehen, kündigte der Rechtsbeistand des Vereins, Axel Oswald, an. Dass dieses Rechtsmittel zugelassen worden sei, zeige, »dass das Verwaltungsgericht da offenbar eine grundsätzliche Rechtsfrage zu klären sieht«. Allerdings habe den Richtern »wohl etwas der Mut gefehlt, von der eher konservativ-administrativen Entscheidung abzuweichen« und im Sinne der Zelle zu entscheiden, sagte er.

Über die Gründe für die Abweisung der Klage durch die erste Kammer des Verwaltungsgerichts unter Vorsitz von Richter Otto-Paul Bitzer kann derzeit nur spekuliert werden. Wie bei solchen Verfahren üblich, hat das Gericht zunächst nur einen Tenor verkündet. Bis die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt, dürften noch Wochen oder Monate ins Land ziehen. Wie es scheint, ist es der Zelle nicht gelungen, stichhaltig genug zu begründen, warum sie zur Aufrechterhaltung selbstverwalteter Jugendarbeit einen Getränkeausschank mit gaststättenüblichen Preisen braucht, sich aber gegen die Beantragung einer Gaststättenkonzession stemmt.

Zelle-Vorsitzender Simon Bauer und Rechtsanwalt Axel Oswald hatten bei der mündlichen Verhandlung am Mittwoch in Sigmaringen betont, dass die Zelle keinerlei Gewinnerzielungsabsicht verfolge und folglich auch nicht als Gewerbebetrieb anzusehen sei. Mit den erzielten Überschüssen aus dem Getränkeverkauf werde direkt die inhaltliche Arbeit des Vereins als anerkannter Träger der außerschulischen Jugendbildung finanziert. Die städtischen Zuschüsse reichten dafür bei Weitem nicht aus. (GEA)

den artikel mit bild gibts unter

 

http://www.gea.de/region+reutlingen/reutlingen/+wir+wollen+die+zelle+nic...

 

@mods: ists möglich das bild in den artikel einzustellen? thx

Artikel und Bild sind auch im Pressearchiv auf linksunten zu finden:

»Wir wollen die Zelle nicht strangulieren«

 

Hier nochmal das Bild in hoher Auflösung (anklicken und auf "Download" klicken):

Demo nach Zelle-Urteil

vom lokalfernesehen gibts auch was:

 

http://www.rtf1.de/nachrichten/

der internet tream auf der startseite ab minute 9:07