Auch in Stuttgart gab es am 17. Juni eine Großdemo im Rahmen des
Bildungsstreiks. Es haben sich nicht nur viele SchülerInnen und
Studierende, sondern auch Leute aus den Gewerkschaften und weitere
UnterstützerInnen beteiligt. Die Demo war groß, bunt und über weite
Strecken recht kämpferisch. Als kleine Nebenaspekte wurden Parolen
gesprüht, Farbbeutel geworfen, ein Polizeiauto attackiert und
Luftballons steigen gelassen. Die Proteste gingen und gehen natürlich
auch nach der Demo weiter...
In Stuttgart beteiligten sich an der Großdemonstration im Rahmen des
Bildungsstreiks etwa 20 000 Menschen. Sie war damit nach Berlin die
zweitgrößte in der BRD. Es beteiligten sich nicht nur SchülerInnen,
Studierende, Auszubildende und Lehrkräfte, sondern auch sich ebenfalls
im Streik befindende ErzieherInnen und UnterstützerInnen der Proteste.
Im Mittelpunkt der Forderungen der Demonstration standen die
Abschaffung von Studiengebühren, des G8-Abiturs und des dreigliedrigen
Schulsystems, stattdessen wurden mehr Mitbestimmung und ein soziales
Bildungssystem mit gleichen Chancen für alle gefordert. Die aktuelle
Diskussion um die Abschaffung der geisteswissenschaftlichen
Studiengänge an der Universität Stuttgart wurde ebenfalls thematisiert,
ebenso die Situation von Auszubildenden.
Im Vorfeld der Demo
gab es in verschiedenen Stadtteilen kleinere Demozüge, die vor Schulen
zogen, dort die SchülerInnen aufforderten sich anzuschließen und Vielen
so die Beteiligung am Streik erleichterten. Die Demo durch die
Innenstadt war schließlich unüberschaubar groß, bunt und über weite
Strecken kämpferisch. Für Stimmung hat unter anderem eine Durchsage des
Moderators im Auftrag der Polizei gesorgt, dass das Werfen von
Farbbeuteln auf Bankgebäude bitte unterlassen werden soll... Am Rande
der Demo gab es auch kleinere Sprühereien und Steinwürfe auf ein
Polizeifahrzeug. Die Polizei ging, ganz im Gegensatz zu Demonstrationen
bei denen sie sich in der Lage sieht die Beteiligten anzugreifen, nicht
gegen DemoteilnehmerInnen vor.
Auch nach der Demonstration
hielten die Protestaktionen an. Umstritten waren jedoch die Proteste
gegen eine Senatssitzung am Nachmittag, bei der es um die Streichung
von geisteswissenschaftlichen Studiengängen an der Stuttgarter Uni
ging. Geplant war, die Sitzung zumindest nicht vor einem
Abstimmungsergebnis, das evtl. gegen die Streichung hätte ausfallen
können, zu stören. Stattdessen wurde davon ausgegangen, das Ergebnis
der Sitzung im Nachhinein in jedem Fall für weitere Protestaktionen
nutzen zu können. Wohl in Unkenntnis dieser Planungen, aber sicher auch
um die vielfach zu harmlose Protestkultur der Stuttgarter StudentInnen
zu überwinden, wurde die Sitzung dennoch von mehreren AktivistInnen,
darunter insbesondere Schülerinnen und Schüler „gestürmt“. Zwar kann
bei der vermeintlichen „Stürmung“ nicht ernsthaft von Gewalt gesprochen
werden – tatsächlich wurde die Sitzung noch nicht einmal groß
beeinträchtigt – sie wurde aber als Vorwand zum Abbruch des Treffens
genutzt und dies medienträchtig skandalisiert. Der AK Bildung der
Stuttgarter Uni sah sich sogar genötigt umgehend eine Distanzierung zu
veröffentlichen, die – kaum weniger „undemokratisch“ als die entgegen
Absprachen vollzogene „Stürmung“ – gleich mit „Studierende der
Universität Stuttgart“ unterzeichnet wurde.
Es bleibt zu hoffen
und darauf hinzuwirken, dass die sicher zu diesem Zeitpunkt
unangebrachte Aktion, die vor allem zu Streitereien und Problemen
innerhalb der Bewegung geführt hat, konstruktiv diskutiert wird. Statt
Distanzierungen und Vorwürfe gegen die übermotivierten AktivistInnen zu
formulieren, ist eher nach Kommunikations- und Vermittlungsproblemen zu
suchen und muss versucht werden diese zu lösen. Auch die in der Regel
viel zu defensiven und immer auf Kompromisse ausgelegten Aktionsformen
müssen hinterfragt werden. Eine opportunistische Praxis ist schließlich
in der Regel das Vorspiel zu vereinzeltem, oftmals dann nicht
vermitteltem und situationsbedingt taktisch unklugem Aktionismus. Die
Diskussionen dazu werden auf den nächsten Treffen im Rahmen der
Bildungsproteste fortgesetzt.
Auch nach der Demo am Mittwoch
halten die Proteste an: neben verschiedenen Aktionen in der Stadt und
einem Camp auf dem Unigelände, gibt es noch ein Straßenfest und
Veranstaltungen im Rahmen der alternativen Vorlesungswoche. Die
Proteste sollen aber natürlich auch nach der aktuellen
Bildungsstreik-Woche weitergehen – eine Beteiligung an den
verschiedenen Treffen und Bündnissen ist also nach wie vor angesagt!
Bilder gibt es hier:
http://revolutionaereaktionstuttgart.fasthoster.de/200906_bildungsstreik...
Mehr Bilder aus Stuttgart gibt es hier:
http://www.trueten.de/gallery2/v/PolitikundGesellschaft/Jugend/Bildungsstreik17062009/
Linksradikaler Aufruf zu den Protesten:
http://revolutionaereaktionstuttgart.fasthoster.de/200906_bildungsstreik.htm
Programm der alternativen Vorlesungswoche:
http://www.faveve.uni-stuttgart.de/ak-bildung/material/avv_12062009.pdf
Weitere Berichte und News vom AK Bildung Stuttgart:
http://www.faveve.uni-stuttgart.de/ak-bildung///wp/
Guter Bericht
Wir alle begrüßen diesen Bericht. Insbesondere die Stellungnahme zur Stürmung der Senatssitzung hat uns wieder zur Vernunft gebracht und wir werden zukünftig etwas sachlicher an die Sache herangehen - keine Panikstimmung, konstruktive Herangehensweise, solidarischer Umgang innerhalb der Bewegung auch bei Fehlern einzelner Punks etc.
Das Studium der Schriften Lenins werden wir vertiefen, dort ist u.a. zu lesen, dass Fehler menschlich und unvermeidbar sind, es also vor allem darauf ankommt die Folgen zu beheben und daraus zu lernen (dies haben wir zu wenig berücksichtigt).
Etwas vorschnell hat ein Teil von uns (alle Studierenden aus Stuttgart) eine Presseerklärung herausgebracht, diese wird hiermit zurückgenommen, kann aber hier nochmals eingesehen werden:
http://www.faveve.uni-stuttgart.de/ak-bildung///wp/wp-content/uploads/20...
gezeichnet
Alle Studentinnen und Studenten an den Universitäten in Stuttgart und dem Rest der Welt