In Rotterdam wurde gestern, nach mehr als 3 Jahren, das Urteil im Barchem-Prozess verlesen. Die 4 Angeklagten wurden schuldig befunden für:
- Den angeblich verursachten Schaden an einem Teil des Zaunes der Nerzfarm, welcher wirtschaftlichen Schaden für den Nerzzüchter darstellt.
- Die Befreiung von 5.000 Nerzen aus ihren Käfigen.
Die Anwälte der AktivistInnen hatten, angesichts der Tatsachen, dass die Polizei während der laufenden Ermittlungen nicht veröffentlichte sowie illegale Observierungsmethoden benutzte, Freispruch beantragt; diese Anträge wurden vom Richter, der die Methoden als akzeptabel einstufte, abgelehnt. Während der zu den Verhaftungen führenden Ermittlungen wandte die Polizei über Monate Überwachungsmethoden an, indem etwa Telefonate abgehört und GPS-Ortungsgeräte an Autos installiert wurden.
Die Staatsanwaltschaft beharrte darauf, dass dieses Überwachungsniveau den AktivistInnen gegenüber gerechtfertigt war. Als Grundlage wurde die Annahme, die involvierten Personen würden gemeinsam mit anderen eine kriminelle Vereinigung bilden, um Tierrechten zuzuordnende Straftaten zu begehen, vorgeschoben.
Der Richter erklärte ebenfalls die Tatsache, dass alle Zeugen (welche alle Polizeibeamte waren) anonym bleiben, als gerechtfertigt. Dieser Gesichtspunkt wurde von den Anwälten während des Prozesses hinterfragt.
Nach Meinung des Richters mußte diese Vorsichtsmaßnahme getroffen werden, da die 4 AktivistInnen eine "Bedrohung" für die Sicherheit der PolizistInnen darstellten. Die Tatsache, dass den PolizistInnen während des Prozesses nichts passiert ist, führte der Richter auf eben diese Vorsichtsmaßnahme des anonymbleibens zurück. Eine absurde Erörterung, um die Umstände der unverhältnismäßig angewendeten Polizeimethoden, welche genutzt wurden um den Fall zu konstruieren, zu rechtfertigen.
Das Urteil besagt auch, dass die Aktivisten ausschließlich aus ihren "Überzeugungen für das Wohlergehen der Tiere handelten, ohne sich Gedanken über die finanziellen und emotionalen Konsequenzen für den Besitzer der Pelzfarm, seine Familie und die Mitarbeiter der Pelzindustrie zu machen. Diese Aktion führte bei dem Besitzer der Pelzfarm und seiner Familie zu einer erschreckenden Erfahrung, die sie so schnell nicht vergessen werden."
Trotz der illegal angewendeten Überwachungsmethoden sowie der mangelhaften Einsichtmöglichkeiten in die Ermittlungsakten durch die Angeklagten und ihre Anwälte wurden die 4 dennoch verurteilt.
Das finale Urteil besagt je 120 Tage Gefängnis für alle 4 Personen, von denen die bereits durch 3 von den 4 AktivistInnen in Haft verbrachte Zeit abgezogen wird. Für alle Angeklagten wird die restliche Zeit nur im Fall einer Verletzung der Bewährungsauflagen, welche für einen Zeitraum von 2 Jahren festgesetzt ist, als Gefängnisstrafe erzwungen. Mit anderen Worten unterliegen alle 4 AktivistInnen einer Probezeit von 2 Jahren, während dieser sie den restlichen Teil ihrer 120tägigen Haftstrafe im Gefängnis verbringen müssen, wenn sie gegen ihre Bewährungsauflagen verstoßen.
Der Richter erklärte, dieser "niedrige" Strafsatz sei durch den langen Zeitraum, der zwischen Begehen der Straftat bis jetzt vergangen ist, bestimmt. Gleichwohl befand er die Straftat als derart schlimm, dass zusätzlich soziale Dienste geleistet werden müssen: 3 der 4 Aktivisten haben gemeinnützigen Dienst von 180 Stunden zu leisten, während der vierte Aktivist 240 Stunden zu leisten hat. Wenn die BewährungshelferInnen den Eindruck gewinnen, dass die Dienste nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden, wird eine 90tägige Haft durchgesetzt.
Der Betreiber der Nerzfarm hat während des Prozesses Schaden von € 101.104 reklamiert, welcher an der Farm und dem Zuchtbetrieb entstanden sein soll. Dieser Anspruch ist aus dem Verfahren ausgeschlossen und wird zu einem späteren Zeitpunkt in einem Zivilverfahren behandelt.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch unklar, ob die Angeklagten das Urteil anfechten werden.
Wir bedanken uns bei allen Gruppen, Kampagnen und Einzelpersonen, die durch Worte und Taten die Barchem 4 Angeklagten unterstützt haben. Ohne eure Hilfe und Solidarität wäre so eine effektive und aktive Unterstützung nicht möglich gewesen. Bitte behaltet eure Aufmerksamkeit bei diesem Fall, um weiterhin zu verfolgen, wie wir unsere GenossInnen von nun an unterstützen können!
Weitere Neuigkeiten über den Fall folgen in Kürze. Bleibt dran.
"Barchem 4 Support Group und SVAT"
Das Urteil kann auf Niederländisch unter diesem Link abgerufen werden:
http://zoeken.rechtspraak.nl/detailpage.aspx?ljn=BZ2267&%3Bu_ljn=BZ2267
Weitere Infos zur Repression gegen die Tierbefreiungsbewegung...
gibt es hier:
http://totalliberation.blogsport.de/