Nördliche Stadtteile: Flugblätter auf dem Waldhof sorgen für Aufruhr / Polizei und Kommunalpolitiker beschwichtigen
Wer Anfang des Jahres nichtsahnend auf dem Waldhof einkaufen ging, dürfte empört, verwirrt, vielleicht sogar geschockt wieder nach Hause gekommen sein. Gleich zwei rechtspopulistische Vereinigungen hatten dort in Supermärkten Flugblätter verteilt, in denen sie offen Stimmung gegen Einwanderer und die deutsche Politik machen und vor "Entdeutschung" oder Entmündung warnen.
Schon beim Neujahrsempfang im Kulturhaus Waldhof hatte der Vorsitzende des Kulturvereins Waldhof, Stefan Höß, auf die Gefahr aufmerksam gemacht, die von solchen Aktionen ausgehe. Er forderte die Bürger auf, wachsam zu sein, damit sich die braunen Kräfte nicht im Mannheimer Norden etablieren könnten.
Doch wie steht es eigentlich im Moment um die rechte Szene in den nördlichen Stadtteilen? Die Schönauer Stadträtin Andrea Safferling ist zufrieden mit dem derzeitigen Zustand. "Momentan ist es ruhig. Das war früher mal mehr. Flugblätter gibt es zwar immer mal wieder, aber konkrete Aktionen gibt es nicht. Zum Glück, ich brauche so was hier nicht."
Schon länger keine Aufmärsche
Bekannt ist jedoch, dass auf der Schönau einige NPD-Mitglieder wohnen, die auch immer wieder für den Gemeinderat kandidieren. Zu größeren Versammlungen kam es jedoch seit neun Jahren nicht mehr. Damals hatten sich Rechtsextreme auf der Schönau zusammengefunden. Auch auf der Blumenau war es vor einigen Jahren bei einer Demonstration gegen die US-Amerikaner in der Coleman-Kaserne zu einem Aufmarsch von rechten Kräften gekommen.
Eher als Problem sieht Safferling derzeit den mitunter zunehmenden Rechtsradikalismus unter Fußballfans. Auch die Anhänger des SV Waldhof waren diesbezüglich immer mal wieder in Verruf geraten. Doch auch hier ist die Entwicklung positiv, findet die Stadträtin: "Da hat sich beim Waldhof schon viel getan."
Auch die Polizei sieht im Mannheimer Norden keine erhöhte Gefahr von rechts. "Obwohl die Stadtteile dort teilweise mit starken sozialstrukturellen Spannungen behaftet sind, konnten sich dort keine festen rechten Strukturen bilden", teilt der Pressesprecher der Polizei Mannheim, Holger Ohm, mit.
Auch Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund verzeichnete die Polizei in der Vergangenheit kaum. Lediglich zu einigen sogenannten Propagandadelikten war es gekommen. Darunter würden beispielsweise Hakenkreuz-Schmierereien fallen. Wobei Ohm einschränkt: "Diese stellen zwar objektiv eine Straftat aus dem rechten Spektrum dar, müssen aber nicht zwingend von Angehörigen dieser Szene verübt worden sein."
Safferling fordert Wachsamkeit
Generell empfiehlt die Polizei aber, dass Bürger, denen Flugblätter mit rechtsextremem Inhalt auffallen, dies sofort der Polizei melden und ihr wenn möglich auch ein Exemplar übergeben, damit anschließend eine Auswertung erfolgen kann.
Auch Stadträtin Andrea Safferling mahnt die Bürger im Mannheimer Norden weiter zur Wachsamkeit. Auch wenn dort momentan kein rechtes Problem besteht: "Man muss Augen und Ohren offen halten. Sonst passiert ruck, zuck wieder was."
Von unserem Redaktionsmitglied Jan Zurheide
© Mannheimer Morgen, Mittwoch, 20.02.2013