Schon länger ist klar, dass unser jetzt herrschendes Gesundheitssystem eine bewusst gewollte Entwicklung der Politik ist. Und nicht etwa eine Aneinanderreihung von handwerklichen Fehlern.
Den nachfolgenden Bericht (liegt mir als Dokument
vor) veröffentliche ich mit der freundlichen Genehmigung des Autors Dr.
Jan Erik Döllein.
Ich bin 38 Jahre alt und Allgemeinarzt mit einer gut gehenden Hausarztpraxis in Neuötting, Oberbayern, geistig gesund und ein völlig normaler Bürger mit einer Lebensgefährtin und einem 15 Monate altem Sohn, bin seit 12 Jahren Gemeinderat und seit sechs Jahren Kreisrat der CSU, einer Partei, die sicherlich weit entfernt ist vom Ruf, linkspolitische und revolutionäre Gedanken zu pflegen. Es ist nicht meine Aufgabe, solche Texte zu schreiben und es gibt in Deutschland Tausende, die dies besser, packender und erheblich vollständiger schaffen und wenigstens einer von denen sollte das auch tun.
Ich
bin von tiefstem Herzen Demokrat und, wie mir in den letzten Tagen
bewusst geworden ist, ein hoffnungsloser Idealist. Ich habe nicht mehr
gemacht, als mir selbst die Frage zu beantworten, warum wir
niedergelassenen Ärzte, Hausärzte und Fachärzte aussterben sollen,
obwohl sich an der Charakteristik unseres Berufes und der Faszination
für die nachfolgende Generation nichts geändert hat; der Wunsch dazu
kam mit Sicherheit nicht aus der Bevölkerung, nicht von unseren
Patienten.
Dass wir zu teuer sind, kann man wirklich nicht behaupten und wertlos
sind wir erst recht nicht, denn mit jedem Krankenhaustag, den wir durch
unsere Arbeit vermeiden können, helfen wir den Krankenkassen sparen.
Am 30.1.2008 haben sich 7000 von 8000 Hausärzten zu einer
Protestveranstaltung in Nürnberg getroffen und diese war die größte und
eindrucksvollste ihrer Art seit Bestehen der GKV. Keine der großen
Boulevardzeitungen brachte meines Wissens einen adäquaten Artikel,
keiner der privaten und öffentlich-rechtlichen Sender ging tiefer und
nachhaltiger auf diese Veranstaltung ein.
Die allermeisten Hausärzte eines der reichsten und größten Bundesländer
drohen mit Widerstand und niemanden interessiert es. Nur uns Ärzte –
der Rest der Bevölkerung wird außen vor gehalten. Das machte mich
stutzig und ich begann, immer tiefer im Internet nach den Gründen zu
suchen, worauf ich stieß, hat meinen Glauben an den Rechtsstaat im Mark
erschüttert und erklärt uns allen die Frage, was hier wirklich passiert:
Man muss weiter ausholen, spätestens seit der Seehoferreform 1997 wurde
uns ja schon klar gesagt, dass die deutsche Bevölkerung immer mehr
überaltert, dass die Gesundheitskosten aus dem Ruder laufen sollen und
die Bezahlung immer weniger vom Solidarsystem übernommen werden könne.
Der Lösungsansatz lag neben den Einsparungen, unter denen sowohl die
Krankenhäuser als auch die Niedergelassenen leiden, in der
fortschreitenden Privatisierung von Teilen unseres Gesundheitssystems.
Nur allzu gern nahmen viele kommunale Träger die Möglichkeit wahr, ihre
defizitären Krankenhäuser an Klinikkonzerne zu verkaufen. Die schlechte
Einnahmensituation der Häuser war ein Produkt der Reformen.
Grundsätzlich ist diese Tendenz in allen Bereichen unserer Gesellschaft
zu finden, der Staat zieht sich aus wichtigen staatlichen Aufgaben
zurück und verkauft sein Eigentum, mit dem immer auch eine
Sicherstellungsaufgabe verbunden ist, an private Hände. Man kennt dies
von der Bahn, von der Post, von der Stromversorgung und zahlreichen
anderen Bereichen. Auf der Homepage des Bundestages findet man zu dem
Schlagwort Privatisierung über 2000 Einträge aus den letzten fünf
Jahren.
Aktuell diskutiert man gerade die Privatisierung des
Gerichtsvollzieherwesens. Schleichend geht damit aber auch ein
zunehmender Machtverlust der Regierung einher und der Bürger ist in
allen Bereichen häufig der Willkür der Konzerne ausgesetzt. Grundlage
dieser Denkrichtung ist der so genannte Neoliberalismus, der eine
Entstaatlichung und eine Übernahme gemeinschaftlicher Felder durch “die
Bürger“ propagiert, womit allerdings keine Bürgervereinigungen gemeint
sind, sondern nur die großen Konzerne.
Zurück zu unserer Entwicklung im Gesundheitssystem: Es entstanden also
vier große Klinikketten, namentlich Rhönklinken, Asklepios, Sana und
Fresenius, die miteinander im Jahr 2007 sieben Milliarden Gewinn
erzielt haben, wohl gemerkt, der Klinikmarkt ist noch längst nicht
komplett aufgeteilt, sondern befindet sich noch zu großen Teilen in den
Händen der Kommunen.
Es ist aber zu Zeiten der politisch gewünschten DRG-Abrechnung zu
erwarten, dass die stetig größer werdenden Defizite die Landkreise
immer mehr zwingen werden, sich von der Schuldenlast zu befreien, ihre
Krankenhäuser den interessierten Klinikketten zu verkaufen. Die
Gewinnerzielung läuft, auch wenn das stetig verneint wird, über eine
Personalkostenreduzierung, indem man aus dem BAT-Tarif aussteigt und
Haustarife anbietet, denen die Mitarbeiter zustimmen müssen.
Zitat aus der Homepage der Rhönkliniken:
„Wir würden den Versuch, uns auf BAT-Niveau binden zu wollen, als Angriff auf die Zukunft unserer Krankenhäuser betrachten.“
Auch die Synergieeffekte wie gemeinsamer Einkauf, Labor etc. der
Klinikketten helfen, dass sich vormals rote Zahlen bald in Gewinne
verwandeln. Über kurz oder lang werden sich die meisten Krankenhäuser
mittelbar oder unmittelbar im Besitz der großen Vier befinden.
Was geschieht nun bis 2020 mit den niedergelassenen Ärzten in
Deutschland? Die werden einfach aussterben. Die Ursache ist ja leicht
erklärt, auch im ambulanten Sektor ist die Honorierung so schlecht
geworden, dass sich für einen jungen Arzt das Risiko in die
Selbstständigkeit einfach nicht mehr lohnt.
Alle Gesundheitsreformen der letzten Jahre hatten nur ein Ziel, nämlich
die gesamten Leistungserbringer derart in finanzielle Misslage zu
bringen, dass man sich förmlich nach einem Heilsbringer in Form eines
professionellen Großbetriebes sehnt, der einem die Last der stetigen
Existenzbedrohung von den Schultern nimmt. Durch die Reformen wurde
sicherlich auch Geld für die Krankenkassen gespart, aber das war nur
der nachrangige Sinn, in Wahrheit wurde hier die komplette
Privatisierung der gesamten Gesundheitsversorgung unserer Bevölkerung
vorbereitet.
Man gründet heute MVZ (Medizinische Versorgugs-Zentren), weil
argumentiert wird, dass der Zusammenschluss die Kosten senkt und die
Patienten kürzere Wege haben. Dem kann man nicht widersprechen, aber in
Wirklichkeit liefern die, derzeit häufig noch in den Händen von
einzelnen Ärztegenossenschaften liegenden, Einrichtungen die ideale
Basis für eine Übernahme durch die großen Konzerne.
Ab einer entsprechenden Summe wird sicher jeder schwach. Es wird dann
fortwährend angestrebt, die, in der Region übrigen Arztsitze allmählich
billig aufzukaufen, denn andere Interessenten gibt es kaum. Sollte dann
der gleiche Konzern auch noch das entsprechende Krankenhaus besitzen,
liegt das Monopol der Gesundheitsversorgung einer ganzen Region in den
Händen eines einzelnen Privatunternehmens.
Ab dann würden nicht mehr die Krankenkassen den Preis diktieren,
sondern der Monopolist, denn niemand anderes kann die Sicherstellung
der medizinischen Versorgung garantieren. Die Gelder der Beitragszahler
werden reichlich in die Taschen der Besitzer fließen und der mündige
Bürger wird in seiner Versorgung komplett auf die Bestimmungen des
jeweiligen Konzerns angewiesen sein.
Rechte wie die freie Arztwahl will ich hier gar nicht erwähnen, man
wird froh sein, dass sich überhaupt noch jemand der Bürger annimmt.
Unsere breit gefächerte Arztlandschaft soll also ganz bewusst umgebaut
werden zu einer reinen Monokultur, die nur der Gewinnerzielung dient
und den einzelnen Patienten als Wertschöpfungsfaktor und nicht als
Mensch behandelt.
Mit Sicherheit entstehende Mehrkosten für die Versicherten müssen die
Patienten aus der eigenen Tasche bezahlen. Man bezahlt auch, denn man
hat ja keine Behandlungsalternative. Ab diesem Zeitpunkt sind übrigens
auch Strukturen wie Kassenärztliche Vereinigungen, Krankenkassen oder
Ärztekammern völlig unsinnig geworden, denn einem Alleinanbieter redet
niemand mehr drein. Berufsständische Gebote wie Schweigepflicht,
Ehrenkodex, Werbungsverbot werden ebenfalls keine Geltung mehr haben,
der Arzt ist ein reiner angestellter Dienstleister für den
Profitkonzern. Bis 2020 ist alles abgeschlossen.
Diese ganze Entwicklung ist verursacht allein durch die von unserem
Staat veranlassten Gesundheitsreformen und man muss sich natürlich
fragen, wie können unsere gewählten Volksvertreter diesen Ausverkauf
der Persönlichkeit und der Intimität seiner Bürger nicht nur zulassen,
sondern sogar auslösen wollen? Wie kann ein Staat bewusst seine
Mitglieder zu gläsernen Wirtschaftsgütern machen?
Bewusstes Handeln möchte ich den meisten gar nicht unterstellen, denn
durch die Nomenklaturen, Umfragen, scheinbaren Kompliziertheiten und
angeblichen Komplexitäten wissen die allermeisten unserer
Bundestagsabgeordneten überhaupt nicht mehr Bescheid, welche
Konsequenzen die Reformen langfristig auslösen werden.
Auch die Gesundheitsministerin Ulla Schmid sieht in den MVZ offenbar
immer noch eine großartige Wiedererweckung der alten Polikliniken aus
Ostdeutschland, wobei sie einen entscheidenden Unterschied vergisst, in
der DDR bestand natürlich eine Kostenstabilität durch den Staatsbesitz,
während MVZ in den Händen monopolistischer Konzerne die
Gesundheitsausgaben sicher ans Limit treiben werden und auch mit den
Patientendaten noch Geschäfte gemacht werden.
Die ganzen Ziele dieser entsolidarisierten Übernahme der Bevölkerung
werden den Politikern von den Initiatoren angepriesen mit den Begriffen
Vernetzung, Qualitätssteigerung, Kommunikationssteigerung und so
weiter. Ich glaube fest daran, dass viele unserer Politiker insgesamt
davon überzeugt sind, es richtig zu machen, denn die Daten, die sie
erhalten, bestärken sie.
Die Initiatoren, die still und heimlich unsere Politiker derart
stark beeinflusst haben, dass sie zufrieden und mit reinem Gewissen die
Grundfesten unseres Staates auf den Markt werfen, sind klar zu nennen:
es handelt sich um Liz und Reinhard Mohn, unterstützt von ihrer
Freundin Frieda Springer.
Sie haben diese Namen fast noch nie gelesen, sie halten sich
weitestgehend aus den Medien heraus und doch werde ich Ihnen erklären,
dass es nahezu niemand anderes ist, der das deutsche Gesundheitssystem
zur Ernte für Investoren vorbereitet hat. Das Ehepaar Mohn besitzt, als
reiner Familienbetrieb, sowohl die Bertelsmann AG, als auch die
Bertelsmann Stiftung, ein geniales Steuersparmodell, denn die Stiftung
ist derzeit immer noch als gemeinnützig anerkannt, obwohl sie zu 75%
Besitzer der Aktien der AG ist, 25% der Aktien befinden sich in
direktem Familienbesitz.
Durch die Gemeinnützigkeit muss die Stiftung die Dividendenausschüttung
erheblich begünstigter versteuern, als es die Familie Mohn müsste, wenn
sie als privater Eigner Steuern zahlen würde. Die Einsparungen liegen
in Milliardenhöhe, denn beispielsweise im Jahr 2006 kursiert ein Gewinn
der Bertelsmann AG von 9,7 Mrd. Euro und der Umsatz des Konzerns war
2005 mit 16,8 Milliarden Euro so hoch wie der der nächsten zehn
Medienkonzerne zusammen.
Ein „global player“, der insgesamt in über 60 Ländern vertreten ist und
sich vor allem über die Vermarktung von Kommunikation im weitesten
Sinne finanziert. Unter anderem gehört der Bertelsmann AG sowohl die
RTL Group, als auch der Gruner + Jahr Verlag, aber auch die, auf
breiter internationaler Ebene agierende Arvato, die sich auf alle
Kommunikationsplattformen zwischen Bürger und Staat spezialisiert hat.
Insgesamt gehört dieser unglaublich mächtige Konzern einer einzigen
Familie, der Familie Mohn. Frieda Springer, die Witwe von Axel Springer
besitzt die Hauptanteile des Springerkonzerns und die beiden Damen
sitzen häufig bei einem Plausch bei ihrer Freundin Angela Merkel. Ob
sich unsere Kanzlerin diese Freundschaft allerdings frei wählen konnte,
ist angesichts der Medienallmacht von Liz Mohn und Frieda Springer, die
übrigens einen ausgesprochen sympathischen Eindruck machen, mehr als
fraglich. Ein Kaffeekränzchen regiert unser Land.
Die politische Einflussnahme erfolgt über die Bertelsmann Stiftung,
eine Institution, die sich vom Steuersparmodell schnell zum größten und
durch den Medienhintergrund mächtigsten Think Tank der Republik
gewandelt hat. Obwohl man in den Medien kaum den Namen Bertelsmann
hört, ist es doch erklärte Politik, die Gesellschaft zu verbessern, zu
reformieren und zu perfektionieren, vorwiegend in den Hinterzimmern der
Macht. Übrigens relativ klar formuliert von Reinhard Mohn selbst, der
wohl auch aufgrund seines Alters mittlerweile die personelle Führung in
die Hände seiner Ehefrau gelegt hat.
Ich muss gestehen, dass mich der extrem apodiktische Anspruch und die
verlockenden Heilsbotschaften leider an die Ideen von Scientology
erinnert haben, jedoch habe ich bei allen Recherchen keine Verbindung
entdecken können und behaupte dies auch nicht. Letztendlich ist dies
aber wohl auch der Grund, warum auf zahlreichen Internetseiten von der
„Mohn-Sekte“ gesprochen wird und gerade wir Deutschen müssen immer
hellhörig werden, wenn jemand für sich allein den Anspruch proklamiert,
zu wissen, was eine bessere Welt ist.
Eine Frage, die sich mir ständig stellt, ist, wie verfassungskonform
ein Lobbyismus ist, bei dessen Nichtbeachtung unsere Volksvertreter
fürchten müssen, über die Vernichtung in den Medien ihren Job zu
verlieren. Wenn ein Beruf, wie der des Politikers so stark von der
öffentlichen Meinung abhängt und diese Meinungsbildung in den Händen
zweier netter Damen liegt, wie viel ist dann eigentlich unsere
Demokratie noch wert?
Nun zurück zum Gesundheitssystem: Die Bertelsmann Stiftung berät, aus
natürlich nur idealistischem Grund die gesamte Bundesregierung, aber
natürlich auch viele andere Konzerne mit Fakten, Demographie,
Benchmarks und Qualitätskriterien. Sie schafft Diskussionsforen und
Kongresse, bei denen ausgewählte Referenten Bertelsmannpositionen
vertreten und fortwährende, subtile Meinungsbildung aus einem Guss
erfolgt. Dabei hat die Stiftung in Deutschland aufgrund ihrer
„Uneigennützigkeit“ gerade in Politikerkreisen eine außergewöhnlich
große Reputation erlangt.
Der Volksvertreter muss, um richtige Entscheidungen treffen zu können,
wissen, mit welcher Sachlage er konfrontiert ist, was die Bevölkerung
will und welche Risiken bestehen. Diese Daten liefert Bertelsmann,
gleich kombiniert mit den entsprechenden Lösungsansätzen. Die Macht der
Demographie und Demoskopie ist überragend. Wenn mir jemand sagt, ich
solle meine Praxis renovieren, habe ich die Möglichkeit, frei zu
entscheiden, wenn mir aber jemand sagt, 87% der Bürger unserer Stadt
finden die Einrichtung und die Farbwahl meiner Praxis schrecklich, wie
sehr gerate ich dann bei meiner Entscheidung unter Druck?
Deshalb kann man den Politikern letztendlich gar keine Vorwürfe machen,
denn sie meinen ja, ihre Reformentscheidungen für das Volk zu treffen.
Anprangern könnte man höchstens, dass sich viele schon so weit vom
Bürger entfernt haben, dass sie ihn nicht mehr selbst befragen können.
Ähnlich verhält es sich auf alle Fälle mit dem Gesundheitssystem,
ständig wird von Bertelsmann kritisiert, die Kommunikation und die
Zusammenarbeit zwischen den ambulanten und den stationären Ärzten ist
schlecht, die Qualitätskriterien werden nicht beachtet, man kann unsere
Arbeit nicht messen und statistisch erfassen. Die Medien beschränken
sich in der Berichterstattung nur auf Fehler und Versäumnisse unseres
Berufsstandes, die tägliche Arbeit um die Gesundheit unserer
Bevölkerung findet keine Erwähnung.
So sturmreif geschossen, glauben viele Politiker, an dieser „desolaten“
Situation etwas ändern zu müssen, zumal, ich gestatte mir zu sagen
angeblich, das Geld immer weniger wird.
Heilsbringer sind hier wieder die privaten Träger, die dem chaotischen
System der Einzelpraxen mit einer Fülle an Controlling,
Effizienzsteigerung, Qualitätsmanagement, Benchmarking und
repräsentativer Außenwirkung entgegentreten. Das ist der Anspruch, der
von der gemeinnützigen Stiftung in die Köpfe der Bundespolitiker
geimpft wird, das ist alles so schön nachvollziehbar und welcher
Politiker möchte nicht im Gesundheitssystem Qualität und messbare
Größen? Doch wird menschliche Nähe und soziale Wärme jemals
quantifizierbar sein?
Offensichtlich bemerken Viele nicht, auf welche Gefahr wir zusteuern:
wenn das System der Einzelpraxen dem Monopolismus einiger weniger
Konzerne weicht, wie groß ist dann deren Macht? Was Bertelsmann davon
hat, unsere Bürger zu vermarkten? Nun, Frau Liz Mohn sitzt im
Aufsichtsrat der Rhön Kliniken AG, dem größten privaten Klinikbetreiber
in Deutschland. Und ich bin überzeugt, dass es noch tausend anderer
gewinnversprechender Gründe gibt, mit denen sich die Bertelsmann AG
dieses völlig neue, bisher geschützte Wirtschaftsfeld erschließen wird.
Sei es durch Schriftmedien, Kommunikationsplattformen Fernsehprogrammen
etc.
Interessant, fand ich auch die Rolle des Herrn Frank Knieps, der noch
2003 als AOK-Geschäftsführer vor einer Privatisierung der
Gesundheitswirtschaft warnte, weil diese über kurz oder lang die Kosten
in die Höhe schnellen lasse. Mittlerweile steht er auf der
Referentenliste jeder Bertelsmannveranstaltung und sitzt im
Bundesgesundheitsministerium als Verantwortlicher für die Umsetzung der
Reformen.
Ich kann mir ein Zitat aus einem Interview von 1999 mit den
„Verbrauchernews“ einfach nicht verkneifen, es ging um die Forderungen
der Reformkommission Soziale Marktwirtschaft, gesponsert von der
Bertelsmannstiftung: „Die Kommission ruft zur Abkehr von den tragenden
Strukturprinzipien der sozialen Krankenversicherung auf… Gesundheit
soll von den wirtschaftlichen Möglichkeiten des Einzelnen abhängig
gemacht werden. … Die Vorschläge der Kommission enthalten keine neuen
und schon gar keine brauchbaren Gedanken zur politischen und
finanziellen Stabilisierung der Krankenversicherung. Sie sind
Blendwerk, weil sie Gesetze der Marktwirtschaft im Gesundheitswesen
einführen wollen, die dort gar nicht gelten können.“
Bewundernswert, soviel fällt mir dazu ein, wie schnell gut dotierte
Referentengehälter die Meinung nahezu um 180 Grad drehen können.
Nett ist auch die Geschichte mit der E-card, die von den
Stiftungsgremien immer als Weg aus der Intransparenz und dem
angeblichen Mangel an Kommunikation zwischen den medizinischen
Leistungserbringern hochgehalten wird. Obwohl sich alle Ärzteverbände
dagegen aussprechen, weil die E-card eindeutig ein Eingriff in die
ärztliche Schweigepflicht und die Individualität des einzelnen Bürgers
ist, betreibt das Bundesgesundheitsministerium weiter deren Einführung.
Beauftragt, für ein Volumen von vorrausichtlich 1,9 Milliarden Euro ist
der Konzernteil Arvato. Es ist übrigens müßig zu nennen, dass dieses
Unternehmen zusammen mit dem Verlag Gruner + Jahr und dem Springer
Konzern das modernste Druckzentrum Europas Prinovis hält. Je tiefer man
sucht, desto öfter findet man die Verquickung der selbsternannten
Eliten, die uns in Wirklichkeit regieren.
Ich gebe zu, gar nicht tiefer gestöbert zu haben, denn eigentlich
wollte ich ja nur die Frage klären, warum unsere Situation ist, wie sie
ist. Ich habe auch bei Frau Springer und ihrem ganzen Konzern keine
offizielle Beteiligung an den großen Klinikkonzernen gefunden, deshalb
kann ich mir letztendlich nur vorstellen, dass entweder entsprechender
Aktienbesitz oder die multiplen Verwebungen mit dem Bertelsmann Konzern
der Grund sind, warum sich die Springerpresse so mitschuldig macht an
der Vernichtung der ambulanten Patientenversorgung durch
niedergelassene Ärzte.
Abschließend möchte ich noch einmal kurz zusammenfassen:
- Krankenhäuser machen politisch gewollte Defizite, werden an Klinikketten verkauft.
- Niedergelassene Ärzte verdienen politisch gewollt so wenig, dass der Nachwuchs ausbleibt. Sie werden durch MVZ ersetzt, die zu guter letzt ebenfalls den Klinikkonzernen gehören werden.
- Die medizinische Versorgung unseres Landes liegt dann nicht mehr in der Verantwortung von Ärzten, sondern von Konzernen.
- Monopolstrukturen und die Lenkung der Patientenströme garantieren bei einer überalterten Bevölkerung eine geradezu utopische Ertragssituation.
- Ärztliche Standestraditionen werden dem reinen Streben nach Ertrag geopfert werden. Die gesundheitspolitische Landschaft wird sich von Grund auf radikal verändern und entsolidarisieren.
- Die Ursache liegt nicht in dem Wunsch der Bevölkerung, sondern in der geschickten Manipulation der Regierung durch hochpotente Lobbyisten, die die Macht haben, über das Schicksal der Politiker zu verfügen.
Ich weiß, dass ich Ihnen hier viele Fakten und Daten zugemutet habe,
aber ich verspreche Ihnen, dass es sich hierbei nur um die absolute
Spitze des Eisberges handelt. Ich
könnte die Entstehung der Hochschulgebühren oder die Beeinflussung der
Schulpolitik nennen, ich könnte die Agenda 2010 der rot-grünen
Regierung nennen, die in all ihren Details nahezu komplett aus der
Feder der Bertelsmannstiftung stammt.
Ich empfehle Ihnen nur einmal, in Ihre Suchmaschine die zwei
Schlagwörter „Bertelsmann“ und „Kritik“ einzugeben und Sie finden eine
derartige Fülle an Informationen, wie dieser Konzern Deutschland fest
im Griff hat und seine Bevölkerung zu Schafen degradiert, deren Wolle
reichlich Gewinn abwirft. Dabei ist es völlig unwichtig, ob man ein
Arbeitsschaf, ein Landtagsschaf oder ein Bundestagsschaf ist, die
gesamte Bevölkerung trägt dazu bei, den Nachschub an Wolle zu liefern.
Ich weiß nicht, wie wir alle es verhindern können, dass Gesundheit zu
einer profitablen Beute für die mächtigen Konzerne werden wird, nur
haben wir Ärzte generell eine nicht kontrollierbare
Kommunikationsplattform, nämlich unser Wirken vor Ort, bei den Bürgern.
Informieren Sie sich erst mal selbst, machen Sie sich ein eigenes Bild,
bevor Sie mir alles glauben.
Betrachten Sie die Medien einmal unter dem neu gewonnenen Aspekt der
Unfreiheit und Manipulation. Wenn wir uns der Hintergründe bewusst
werden, sieht man auch, wie unwichtig eigentlich die Streitereien der
Berufsverbände sind, wie sensationell allerdings der Protest der
Hausärzte in Bayern war.
Ich habe noch so viele Fragen, die ich Sie alle bitte zu beantworten,
z.B. welche Rolle spielen die Krankenkassen? Ich kann mir nicht
vorstellen, dass diese sehenden Auges in eine Zwangssituation laufen
wollen, in der sie ausgemolken werden wie nie zuvor. Auch ist es doch
höchst fragwürdig, ob man überhaupt dann noch Krankenkassen benötigt:
wenn ohnehin die Versorgung monopolistisch in den Händen der großen
Konzerne liegt, ist es wohl zu erwarten, dass man seinen
Krankenversicherungsbeitrag unmittelbar dorthin überweisen wird.
Das ist in letzter Instanz das System des amerikanischen Konzerns
Kaiser Permanente, mit dem unsere, hoffentlich getäuschte
Gesundheitsministerin durchs Land zieht und das auf allen
Internetseiten des Bundesgesundheitsministeriums so überzeugt
angepriesen wird.
Wie ist das mit Healthways, sind die so klug, dass sie die Vermarktung
unserer Republik bereits erkennen und ähnlich einem Bohrteam die besten
Pfründe sichern wollen? Oder besteht hier eine Übereinkunft mit der
Bertelsmann AG, für die es ein leichtes wäre, die Bevölkerung gegen
diesen potentiellen Gegner aufzubringen? Geben Sie mal „Atlantikbrücke“
in ihre Suchmaschine ein, erweitert den Horizont erheblich.
Ich habe Angst vor dieser ganzen Verstrickung und erst recht vor dem
Gedanken, in einem Land zu leben, das längst in den Händen von
Konzernen ist. Ich kann nur diese Ergebnisse meiner Recherche
darstellen und allen verantwortungsvollen Bürgern erklären, in der
Hoffnung, dass dadurch eine Diskussion angeregt wird, in allen
Bereichen des täglichen Lebens.
Ich kann als Arzt Menschen nicht verändern, ich kann als Arzt aber die
Menschen informieren über Gefahren, die in ihrem Verhalten gründen,
kann sie warnen und versuchen, über die Risiken und Nebenwirkungen
aufzuklären. Das Internet scheint mittlerweile der einzige Weg,
Informationen noch ungefiltert austauschen zu können. Ich lade Sie alle
ein, mitzusuchen, mitzustöbern, die Geschichte publik zu machen.
Zeigen Sie diese Zusammenfassung gerne allen interessierten Menschen,
Journalisten und Entscheidungsträgern, die sich längst fragen, woher
das Gefühl kommt, in diesem Staat nur noch ein Wirtschaftsgut zu sein,
die sich tagtäglich die Frage stellen, warum das Leben hier immer
weniger schön ist. Zeigen Sie diese und Ihre eigenen Erkenntnisse den
Menschen, die Macht und Einfluss haben, diskutieren Sie, ob diese
Allmacht gewollt ist, oder so schleichend entstanden ist, dass sie
einfach übersehen wurde. Vertreten Sie ein Menschenbild, das mehr ist,
als die RTL-Vision von Superreichen und armen Bürgern, die sich bei
DSDS für uns zum Idioten machen.
Die weitestgehende Anspruchslosigkeit unseres Medienangebots zeugt
meiner Meinung nach deutlich von dem Respekt, den die Regierenden vor
uns haben. Wenn wir nach all den Gesprächen dann gemeinsam erkennen
sollten, dass diese Entwicklung unveränderbar ist und in Zukunft der
Weg unserer Gesellschaft in diese Richtung führen soll, muss jeder
selbst wissen, ob er dort leben will oder nicht. Nur wissen sollte
jeder, warum alles so abläuft.
Hinterfragen Sie, warum ein Mann wie Horst Seehofer, obwohl er die
Türen geöffnet hat für diese Politik, heute in der Passauer Neuen
Presse als scharfer Kritiker des Neoliberalismus zitiert wird und
erinnern Sie sich, bei aller Fragwürdigkeit, warum er gerade vor der
Bewerbung zum CSU-Vorsitz durch die Medien geprügelt worden ist. Dieses
Schicksal droht allen Abtrünnigen und natürlich habe auch ich
persönlich echte existentielle Angst vor den Auswirkungen dieses
Dossiers.
Die Lösung des Problems der Rettung unseres Gesundheitssystems wäre
einfach: würde man den Beruf des selbstständigen Arztes wirklich wieder
attraktiver machen, würde diese Berufsgruppe immer ein mächtiges
Kontrollorgan und einen Gegenpol zu der Konzernpolitik darstellen,
zumindest solange, bis man uns auch korrumpiert hat.
Die grundsätzliche Beurteilung der derzeitigen Lage unserer Nation
überlasse ich sehr gerne anderen, denn die werden dafür bezahlt. Es ist
wichtig, dass der Staat sich wieder seiner Verantwortung für den
einzelnen Bürger bewusst wird und nicht für den Bürger in der
Definition des Neoliberalismus.
Machen Sie sich Gedanken und, was mich freuen würde, überzeugen Sie
mich, dass ich mich irre, dass alles, was ich heute hier verfasst habe
nicht wahr ist und das Hirngespinst eines Spinners, Sie könnten mir
keine größere Freude machen.
Der Artikel steht zur freien Verfügung und darf unter Nennung des Autors verwendet werden.
Bisherige Kommentare hierzu zum Beispiel auf:
http://www.duckhome.de/tb/archives/6665-Was-derzeit-wirklich-geschieht-T...
http://juliehamburg.wordpress.com/2009/06/06/was-derzeit-wirklich-geschieht-–-teil-1/
Teil 2 hier
https://linksunten.indymedia.org/en/node/7905
"[...]
Wenn es Anfang Februar 2008 noch so war, dass ich mir eine Türe aufgeschlossen habe und panikartig eine erste Meldung an alle Betroffenen ausrufen wollte, so sitze ich nun seit Wochen starr vor dem gesamten Blick in einen Raum, den ich nicht vollständig beschreiben kann. Seit Wochen weiß ich, dass ich diesen Text verfassen muss, aber während ich im Bezug auf unser Gesundheitswesen noch relativ klar die paar Fakten ordnen konnte, fällt es mir umso schwerer, Struktur in die Ausmaße der Entdemokratisierung in Deutschland zu bekommen.
[...]"