[FFM] Power durch die Mauer - Bericht der Knastkundgebung

Bengalow in der JVA Preungesheim

Um die 200 Aktivist*innen aus unterschiedlichen linken Gruppen Frankfurts und umliegender Städte kamen am Silvesterabend vor die JVA in Preungesheim. Seit über 10 Jahren gab es zum ersten Mal wieder ein Knastbeben zu Silvester mit Redebeiträgen und Grußbotschaften von und an die Gefangenen. Die angemeldete Kundgebung beschallte über 2 Stunden lang die Trakte des Frauengefängnisses und der U-Haft, in der auch Sonja Suder seit September 2011 eingesperrt ist. Während der gesamten Kundgebung flogen Raketen und Bengalows über die Mauern der JVA und beschallte die Anlage auch die bürgerliche Wohngegend. Ein gelungener Auftakt für mehr Knastbeben in Frankfurt am Main - nicht nur an Silvester. 


Bei mildem Wetter startete die Kundgebung vor dem Mutter-Kind-Trakt mit ersten über die Mauer geschossenen Raketen und jeder Menge guter Musik. Weiter ging es mit dem erfreulich lauten Lautsprecherwagen in Richtung U-Haft-Trakt der Frauen.   Dort gab es viele Redebeiträge und Grußworte, u.a. einen Beitrag zur Geschichte des Knasts Preungesheim von einer Genossin, die dort mehrere Jahre inhaftiert war und die von Widerstand und Solidarität der Frauen im Knast berichtete. Sie betonte, dass es zwar schwer sei, den Knastalltag gut zu bewältigen, dafür aber solidarische Aktionen wie Kundgebungen vor dem Knast von großer Bedeutung seien. Sie betonte weiter, dass die Zusammensetzung der Frauen im Knast in Frankfurt die gesellschaftlichen Auseinandersetzungslinien im internationalen Maßstab widerspiegeln: Es sitzen hier viele Frauen aus Mittel- und Südamerika sowie Osteuropa wegen kleiner Delikte ein, die sie begehen, um ein für sich und ihre Familien ein gutes Leben zu ermöglichen, das ihnen anders praktisch nicht möglich ist. Ihnen gehört unsere Solidarität.
Grußworte kamen von der Mumia Abu Jamal Gruppe, von Ya Basta Frankfurt und ABC Berlin. Solidaritätsgrüße wurden auch in Farsi und auf Spanisch über den Lautsprecherwagen verlesen, damit möglichst viele Frauen in Preungesheim den Grund unserer Kundgebung nachvollziehen konnten.
Grußbotschaften gab es von Sonja und von Deniz K., der vor einigen Wochen in Nürnberg zu 2,5 Jahren verurteilt wurde. Beide dokumentieren wir im Anhang. Nach den Beiträgen zogen wir noch eine halbe Stunde an der Knastmauer, den Frauen- und Männer-U-Hafttrakt entlang. Wir konnten mit Gefangenen Grüße austauschen, schossen jede Menge Raketen über die Mauer und viele Bengalos landeten auf dem Knast-Dach und zwischen den Häusern und sorgten drinnen wie draußen für Heiterkeit und gute Stimmung!

 

Der Prozess gegen Sonja und Christian geht am 4. Januar weiter. Am Folgetermin, 18. Januar, soll es unter anderem zur Befragung des Kronzeugen Hans-Joachim Klein kommen.


Aktuelles, Termine & Hintergründe zum Prozess gegen Sonja & Christian finden sich auf der Homepage des Solikommitees

 

 

Grußwort von Sonja:

„Es ist unmöglich, die Fackel der Wahrheit durch ein Gedränge zu tragen, ohne jemandem den Bart zu versengen.“
(Georg Christoph Lichtenberg)

Liebe FreundInnen und GenossInnen,

es tut mir leid, dass große Worte nicht gerade meine Stärke sind. Es geht aber eigentlich nicht darum, sondern mir sind die Worte einfach zu platt für die überwältigende Solidarität, die wir von euch bekommen. Diese Solidarität werden wir in Zukunft mehr denn je brauchen. Für Euren Besuch danke ich Euch auch im Namen vieler Frauen hier. Es ist ein gutes Gefühl, in Euren Rutsch ins Neue Jahr mit einbezogen zu sein.
Meine Grüße und Glückwünsche schicke ich auch allen FreundInnen und GenossInnen hinter Gefängnismauern in der ganzen Welt!


Grußwort von Deniz:

 

Liebe Genossinnen und Genossen, man kann uns einsperren, foltern, isolieren und unterdrücken, doch solange der Revolutionär nicht schweigt und weiter kämpft, kann man uns nicht besiegen. Der kapitalistische deutsche Staat versucht uns mit seinem Repressionsapparat abzuschrecken.
Wie immer trifft es Linke und Kommunisten, während faschistische Strukturen aufgebaut und unterstützt werden um sie gegen uns einzusetzen und die Klassengesellschaft aufrecht zu erhalten.
Mich beeindruckt ihre Repression nicht, ganz im Gegenteil, desto mehr sie versuchen mich fertig zu machen desto standhafter bin ich .
Der Staat, die Kapitalisten, die Polizei => sie können uns hassen, aber sie müssen auch lernen uns zu fürchten!
Für den Kommunismus!

Deniz, JVA Nürnberg

 

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"Es sitzen hier viele Frauen aus Mittel- und Südamerika sowie Osteuropa wegen kleiner Delikte ein, die sie begehen, um ein für sich und ihre Familien ein gutes Leben zu ermöglichen, das ihnen anders praktisch nicht möglich ist. Ihnen gehört unsere Solidarität."

 

hab gehört total viele leute sitzen da wegen unbezahlter bußgelder ein, z.b. wegen schwarzfahren. könnt ihr da was genaueres zu sagen? wäre ja auch spannend mal die vgf damit zu konfrontieren

Die meisten Frauen sitzen wegen Drogenschmuggels und Betrug ein ca.90%

 

solidarische Grüße an alle die dort waren

Woher hast du diese Zahlen? Aus der Polizei-Kriminal-Statistik oder veröffentlicht die Staatsanwaltschaft sowas in Hessen? Bitte verlinke deine Quellen.

War vor einigen Jahren in Preungesheim mit meiner damligen Studiengruppe. Bei einer Führung haben sie auch was zur Zusammensetzung der Gefangene erzählt, ob nun die Zahlen stimmen kann ich natürlich nicht sagen.

Ich gebe zu bedenken, dass es gängige Praxis von Behörden ist, Armutsdelikte als etwas anderes auszugeben.

 

Es ist wirklich erhellend, sich die jährlichen Kriminalstastiken der Polizei (PKS) oder auch Staatsanwaltschaften für die einzelnen Bundesländer anzuschauen. Die sog. "Armutskriminalität" ist seit Jahren der größte Prozentsatz der Anklagen, wenn mensch sich mal durch die verschiedensten Rubriken durch arbeitet.

hessen.de/irj/servlet/prt/portal/prtroot/slimp.CMReader/zentral_15/zentral_Internet/med/445/4453d101-d69f-8317-9cda-a2b417c0cf46,22222222-2222-2222-2222-222222222222,true.ppt

nachlesen und rechnen: veruteilungen 44709, davon grob gesagt sozial (keine gewaltdelikte usw) 35987, macht überschlagen 80,49 %. immer noch ganz schön stattlich, ist aber natürlich sehr vereinfacht, lediglich nach deliktsgruppen.. gibt besseres, hatte aber keinen bock den zahlenscheiß zu machen, hier findest du es:

statistik-hessen.de/Publikationen/bildung-kultur-rechtspflege/index.html

An die Teilnehmer_Innen der Kundgebung für die Freiheit von Sonja und Christian

- solidarische Grüße aus der Free Mumia Bewegung!

Wir alle kennen die Mauern der staatlichen Repression, wir alle wissen um die Hochsicherheits-Knäste, die Todestrakte und die Gefängnisindustrie, mit denen die Herrschenden weltweit die kapitalistische und andere Ausbeutung, patriarchale Gewalt und rassistische Konkurrenz durchsetzen.

Viele Menschen kämpfen gegen diese Unterdrückungsverhältnisse, zeigen Solidarität mit anderen und verweigern jegliche Kooperation mit staatlichen Unterdrückungsorganen – ihnen gilt unsere Solidarität. Freiheit für Sonja und Christian!

In den vergangenen Jahren haben wir jedoch den Kampf gegen staatliche Zwangsanstalten zu oft den sog. "Spezialist_Innen" überlassen. Die Rote Hilfe, lokale Ermittlungsausschüsse oder ABC Gruppen machen überall hervorragende Arbeit, um zu verhindern, dass einzelne Genoss_Innen von staatlicher Repression gebremst oder ihrer Freiheit beraubt werden.

Der Kampf gegen Repression kann jedoch darüber hinaus gehen - indem wir solidarische Verhältnisse zu Gefangenen aufbauen, ihre Kämpfe öffentlich machen und ihre Selbstorganisierung von außen unterstützen, können wir alle unseren Teil dazu beitragen, den von den herrschenden gewollten Abschreckungseffekt ihrer Gesetze zu überwinden und eine Befreiung für alle möglich zu machen.

Der politische Gefangene Mumia Abu-Jamal sagte vor wenigen Tagen in einer Grußbotschaft: "Die Herausforderung, die vor uns liegt, ist nicht nur, etwas auszusprechen, was angesprochen werden muss, sie liegt darin eine Bewegung aufzubauen, die Freiheit nicht nur möglich, sondern unausweichlich macht."

Bauen wir gemeinsam diese Bewegung auf!

Freiheit für alle! Knäste zu Baulücken - Für eine Gesellschaft ohne Gefängnisse!

Vor dem Knast wurde mehrfach und ausschließlich die Parole "Freiheit für alle politischen Gefangenen" gerufen. Egal wie mensch inhaltlich dazu steht, halte ich die Parole in dem Fall doch für unangebracht. Entweder sollte Freiheit für alle Gefangenen gerufen werden, oder nur mit politischen solidarisiert. Aber wenn mir als "normalen" Gefangenen zugejubelt würde und dann nur Freiheit für "politische" Gefangene gefordert würde, käme ich mir doch etwas verarscht vor. Und ob sich alle darüber bewusst sind, dass soziale Kriminalität natürlich auch politische ist, wage ich jetzt mal zu bezweifeln.

 

soli Grüße

Menschen, die Eigentumsdelikte begehen, stellen ca. 2/3 der Gefangenen - Tendenz steigend. Die finanziellen Beträge oder "volkswirtschaftlichen Schäden", die dabei entstehen, sind durchschnittlich sehr gering.

 

Andererseits sehen wir seit 2008 in der sog. "Wirtschaftskrise", wie einige hundert Konzernvorstände und deren Leitende Angestellte durch Spekualtionen weltweit die Existenz von Millionen anderer Menschen gefährden oder vernichten. In der Regel werden diese Mitglieder der herrschenden Klasse straffrei ausgehen. Fast niemand von diesen "Kriminellen" geht dafür in ein Gefängnis, egal ob in den USA oder der EU.

 

Gefängnisse sind schon immer dazu da gewesen, das Eigentum derer zu schützen, die viel davon haben. Insofern ist der Begriff der "sozialen Kriminalität" sehr irreführend. Ich schlage den Begriff "Armutsdelikt"als Alternative vor, da er besser erklärt, worüber wir hier reden.

U.a. wurde auch "Reißt die Mauern ein, holt die Leute raus!" und "Power durch die Mauer, bis sie bricht" gerufen. In den Redebeiträgen fand sich mehrfach die Forderung nach einer "Gesellschaft ohne Knäste".

Ansonsten brauchen wir nicht so zu tun, als wären uns alle Gefangenen gleich nah. Auch wenn viele Knackis wegen Eigentumsdelikten sitzen, gibt es dort möglicherweise auch Gefangene die schwere Körperverletzungen, Eifersuchtsbedrohungen und -morde, Vergewaltigungen begangen haben. Natürlich wird im Knast niemand ein besserer Mensch. Trotzdem fände ich es falsch, solche TäterInnen aus dem Knast zu entlassen, ohne dass sich die Gesellschaft wesentlich veraändert hat.