Wie bereits in verschiedenen Medien berichtet, erschien der 18.11. für den Lübecker Neonazi Jörn Lemke ein guter Tag zur Selbstdarstellung zu sein, wurde er doch von 2 vermummten Menschen mit Dachlatten angegriffen (ohne dabei verletzt zu werden) und konnte sich so als vermeintliches Opfer „linker Gewalt“ darstellen.
Immerhin hatte besagter Jörn Lemke erst kurz zuvor Drohungen in die Richtung eines Lübecker Antifa-Aktivisten geäußert:
„Nicht nur vermeintliche Nazis haben Namen und Adressen, auch Personen, wie [...], der als Geschäftsführer eines Spielwarengroßhandels arbeiten und als Anmelder unzähliger Demonstrationen aufgetreten ist, sind längst keine Unbekannten mehr. Und sollten die Behauptungen über die gewalttätigen Neonazis auch nur ansatzweise stimmen, wäre Herr [...] gut beraten, sein Wohnhaus nicht mehr zu verlassen.“
(Interpunktionsfehler im Original).
Kurz nach Erstellung einer Strafanzeige (und einer von den lokalen Medien ignorierten Presseerklärung des zivilgesellschaftlichen Bündnisses „Wir können sie stoppen“) konnte nun Lemke verkünden, er sei „Opfer eines linksextremen Übergriffs geworden“.
Nun ja, offenkundig hatte allerdings die lokale Presse durchaus Drohungen aus den eigenen Reihen auf dem Schirm, nach denen Lemke bereits im Frühjahr von einer „nationalsozialistischen Störungsgruppe“ als Agent des VS bezichtigt wurde und die mit den Worten enden:
„Wir kennen Dein Leben Jörn, wir kennen Deine Geheimnisse und Gelüste. Vielleicht haben wir sogar Zugriff auf Deinem PC, zu Deiner Wohnung, oder sogar zu Deinem Pkw. Vergiss nicht: Wir sind wie der Schatten in der Nacht!“
(Grammatikfehler im Original. Deutsch wollen und Deutsch können. Zwei Paar Schuhe)
Zuletzt erfolgte ein „Bekennerschreiben“ einer „Division kritischer Nationalismus Lübeck/Schleswig-Holstein“, in welcher der Angriff auf Lemke legitimiert wird, um „gegen Geheimagenten in den eigenen Reihen [...] ein Zeichen [zu] setzen“. Nun ist „Division kritischer Nationalismus“ ein Oxymoron, das auch verwegene Antifaschist_innen in ihren schweißtreibendsten Alpträumen sich nicht aus den Fingern zu saugen vermocht hätten. Dennoch wurde der politische Hintergrund des Angriffes bislang nicht medial geklärt. Obschon die Polizei nach dem Angriff angab, einen 20jährigen festgenommen zu haben, ist über den politischen Hintergrund der Tat von Seiten der Polizei bislang nichts in Erfahrung zu bringen. Wahrscheinlich dürfte dies erst nach Abschluss der Vertragsverhandlungen des Verdächtigten mit den lokalen VS-Behörden erfolgen. Lemke schwadroniert zwischenzeitig unverändert von einem Angriff „aus der linksextremen Szene“ und wird sekundiert von einem Nazikumpel, der zunächst angab, von Antifas mit einem Messer attackiert worden zu sein, bevor er angesichts der ärztlichen Untersuchungsergebnisse eingestehen muss, sich die Verletzungen selbst beigebracht zu haben.
Offenkundig steigt in der Naziszene das Bedürfnis, sich selbst zum Opfer stilisieren zu können, und da Antifastrukturen Nazis diesen Status nur in Abhängigkeit von politischen Erwägungen zukommen lassen, muss Nazi da derzeit selbst aktiv werden.
Immerhin bleiben die Nazis damit einem Kernstück ihrer Ideologie treu:
Wirklichkeit und Halluzination nicht auseinanderhalten zu können und treudeutsch der Halluzination der Vorrang zu geben.
Presseberichte
Lübecker Nachrichten Online vom 30.11.2012:
Quelle: http://www.ln-online.de/lokales/luebeck/3620295/skurrile-ueberfaelle-im-...
TAZ vom 29.11.2012:
Quelle: http://www.taz.de/RECHTSEXTREMISMUS/!106528/