Am 7. August lief das "NPD-Flaggschiff" - mit dem die NPD durch allerlei Städte und „Zentren der Umerziehung und Überfremdung“ [1] gondelt - kurzzeitig auf eine Sandbank vor der Ulrichskirche in Halle auf. Während Holger Apfel laut aus dem Betriebshandbuch des Schiffes vorlas, und Udo Pastörs verbal neue Tiefen erkundete, sammelte NPD-Pausenclown Hans Püschel vergeblich Geld für "einen Workshop für das Paulusviertel", damit die dortigen Hallenser wieder lernen "national zu denken und zu wählen" [7]. Das NPD-Flaggschiff versank trotz Unterstützung einer Hand voll eingeborener Nazis, in einem Meer von Pfiffen und "Haut ab"-Rufen. Mit etwa 400 Gegendemonstranten war quasi der gesamte bunte Teil Halles zur Ulrichskirche gekommen. Das einzig Gefährliche an diesem Schauspiel war ein extra aus Magdeburg importierter Prügeltrupp der Polizei, der um den Kundgebungsort herum Gegendemonstranten angriff, und zu mehreren Verletzen, darunter einem Schwerverletzten, führte. [2] Mehrere Gegendemonstranten mussten im Krankenhaus behandelt werden.
Die Straße frei den Neonazis?
Mit reichlicher Verspätung sollte das "Flaggschiff" an diesem Dienstag in Halle einlaufen. Stadtverwaltung und Polizei hatten sich einen ganz besonderes Schmankerl ausgedacht, um ihre Inkompetenz und mangelnde Sensibilität unter Beweis zu stellen. Während SPD-Oberbürgermeisterin Szabadosz und andere PolitikerInnen, die den Anweisungen ihrer PR-BeraterInnen gefolgt waren, einfach nur bunt statt braun waren, fuhr der NPD-Laster durch das einstige Zentrum jüdischen Lebens in Halle, vorbei am Mahnmal für die in der Reichspogromnacht zerstörte Synagoge, die hier einst stand.
Etwa eine halbe Stunde zuvor hatte bereits die Magdeburger Bereitschaftspolizei unter Anwendung von "unmittelbarem Zwang" einige Neonazis, die später als Prügeltrupp die Straßen unsicher machten, zum Kundgebungsort geleitet. Ein Gegendemonstrant wurde hierbei, von einem Beamten der 2. Magdeburger Einsatzhundertschaft schwer verletzt.
Von diesen schweren Polizeiübergriffen bei den Protesten des "Bündnis Halle gegen Rechts", erfuhr die bunte Bürgermeisterin, die zu dieser Zeit bereits am Kundgebungsort war, wohl erst Tage später aus der Presse. Immerhin gelobte sie bezüglich der historisch völlig inakzeptablen Wahl des Kundgebungsortes Besserung, und versprach in den letzten Monaten ihrer Amtszeit "Sicherheitsmaßenahmen [...] sensibler" zu planen.
Sechs Nazis mit Flaggen, ein Apfel auf der Ladebühne
Irgendwann kam nun also das "Flaggschiff" hinter einer Kette aus Bullenwagen an. Nachdem Andreas Karl, eine Deutschlandfahne schwenkend, in die Gegendemo lief und die Menschen dort verbal provozierte wurde er von der Polizei entflaggt und in rechte Gefilde zurückgeführt.
Dieses provokative Verhalten legte der "Reichsbürger" [3] aus Glauchau (Sachsen), der mittlerweile in Billroda im Burgenlandkreis wohnt, auch schon am 12. Juni an den Tag, als er als Kandidat für das Oberbürgermeisteramt in Halle kandidierte, und an einem Wahlkampfstand Gegendemonstranten beleidigte und schubste, während er verzweifelt versuchte mit einem aufgesetzen Lächeln seine Wahlflyer zu verteilen, die jedoch keinerlei Resonanz fanden.
Nach dem Geplänkel begannen die Reden von Holger Apfel, Andreas Storr und Udo Pastörs, deren Inhalte aufgrund der großen Lautstärke und der dichten Polizeiabsperrungen nur geübten LippenleserInnen bekannt sein dürften.
Alle sind sie gekommen, alle 35
Mit 35 anwesenden Nazis, konnte die NPD im Vergleich zu den vorherigen Städten, in denen oft nicht mal ein Dutzend Nazis kamen, in Halle immerhin quantitativ punkten. Da im LKW kein Platz mehr für Fahnenständer war, mussten ein paar Jungnazis aus Weißenfels und dem Burgenlandkreis diese undankbare Aufgabe übernehmen. Als einem der Jungnazis die Arme schwach wurden, durfte dann auch ein älterer Neonazi aus Halles südlicher Innenstadt, die ehrenvolle Aufgabe übernehmen, eine der BRD-Staatsfahnen zu halten.
Neben ihm und seiner Frau, waren der ehemalige Merseburger Bürgermeisterkandidat Volkmar Neugebauer aus Mücheln (Geiseltal), seine Frau/Freundin, sowie Rolf Dietrich, dessen Mandat Neugebauer im März diesen Jahres übernahm, bei der Kundgebung zu Gast.
Rentner Rolf Dietrich, der sein Kreistagsmandat laut eigenem Bekunden aus "gesundheitlichen Gründen" niederlegen musste [4], ist offenbar noch recht mobil. So fotografierte er unter anderem bei Andreas Karls Wahlkampfstand im Juni diesen Jahres, sowie auf einer Demonstration in Insel (Stendal) im Juli, Gegendemonstranten ab. Auch am vergangenen Dienstag zückte er die Kamera.
Außerdem zu Gast war Apfels persönlicher Schirmständer Marcus Großmann, der nach dem Scheitern seines "Mitteldeutsche Musikversandes" nun versucht mit einem Regenschirm Lebensmittel abzuwehren, die "jubelnden" Massen (Zitat Püschel) Herrn Apfel zuwerfen. Dabei war Grossmann, der schon zuvor in Leipzig, sowie auf der Autobahn den NPD-LKW begleitete, nicht immer erfolgreich. Wesentlich erfolgreicher war er wohl in Saarlouis. Als die NPD-Tour einige Tage zuvor dort zu Gast war, soll er Gegendemonstranten mit einem Pulverfeuerlöscher angegriffen haben [5].
Eine ebenfalls eher ungewöhnliche Form von "Schutz" betrieben die hallschen JN-Kameraden Torsten Görke und Florian Müller [6], die anfangs noch bei der Kundgebung gelangweilt am Rande standen. Zusammen mit weiteren Jungnazis liefen sie durch die Straßen um den Kundgebungsort, beobachteten und bedrohten Gegendemonstranten. Für das Grobe liefen dann Weißenfelser Neonazis als kleiner Prügeltrupp umher. Sonderlich erfolgreich waren auch sie an diesem Tag nicht. Wo sich Michael Schäfer und Mario Alexander Müller [8], der bei Andreas Karls Wahlkampf im Juni zusammen mit einem zugezogenen Rostocker Nazi Gegendemonstranten fotografierte, an diesem Tag aufhielten, ist noch nicht geklärt.
Für n' Appel und n' Ei
Nachdem die Reden gegen 19:00 vorbei waren, und die NPD ihre Koffer packte, näherte sich das Rassismusniveau langsam wieder dem ostdeutschen Normalpegel an. Gegen 19:30 Uhr verließen der mit einem Ei dekorierte Apfel und seine Gefolgschaft den Versammlungsort. Begleitet wurde das "Flaggschiff" vom altbekannten dunkelblauen VW-Bus, Marcus Großmann in einem älteren Mitsubishi L200 aus Dresden, einer Polizei-Eskorte sowie einem Pfeif- und Trötkonzert.
Torsten Görke und Florian Müller machten sich mit den Fahrrädern auf den Heimweg, und die glücklose Prügeltruppe trottete unter Polizeischutz zum Bahnhof. Hier kam es offenbar noch zu einem weiteren Polizeiübergriff auf einen Gegendemonstranten, wieviele Verletzte es an diesem Tag noch gegeben hat, ist immernoch nicht klar.
Auf der Website der NPD Sachsen Anhalt behauptete NPD-Hofnarr Hans Püschel später die AntifaschistInnen und BürgerInnen hätten "geklatscht, getrötet und geschrien vor Jubel", und erkannte richtig, dass "sie gar nicht alles verstanden hätten bei dem Krawall". Genau genommen, hat mensch gar nichts verstehen können, von den Hetzreden, die Apfel, Storr und Pastörs, von der Laderampe des LKWs aus hielten. Püschel nannte als Themen den "Untergang des Euro, das Schulden machen, den Ausverkauf Deutschlands und seine Überfremdung" [7], aber wieviel Glauben ist einem Mann zu schenken, der immernoch denkt die permanenten "Haut ab"-Rufe, bezögen sich auf den Wunsch nach einer Vorhaut-Beschneidung.
Püschel, der schon zuvor mit seinem schiefem Gesang [9] zu einem Symbol des desolaten Zustandes der NPD in Sachsen Anhalt avancierte, blieb dann auch der Einzige, der sich nicht zu blöd war, den verpatzen Auftritt der NPD öffentlich zu kommentieren. In einem offiziellen Kommentar auf der NPD-Seite faselt, der offenbar angetrunkene Püschel, von "Sex im Alter", Gegendemonstranten, die "ihr Zipfelchen loswerden wollen" und versucht den Holocaust zu leugnen, was ihm aber aufgrund seiner Formulierungsschwächen misslingt. Im weiteren Verlauf des "Textes" beleidigt er dann eine Gegendemonstrantin, die aufgrund ihres Äußeren wohl nicht in sein primitives Weltbild passt, mit den Worten "wenn die Weißen aussterben, dann müßt ihr und alle anderen wieder selber arbeiten und euern Lebensunterhalt verdienen. Dann ist's vorbei mit dolce vita in germany und Entwicklungshilfe-Milliarden!".
Somit war bis auf Püschels Comedy-Show der Verlauf des Tages eigentlich keine große Überraschung, und es zeigte sich, dass selbst die doch eher schwach aufgestellte Zivilgesellschaft im tiefen Osten noch ausreicht, um die Binnenfischer der NPD zum Kentern zu bringen. Überschattet wurde dieses unspektakuläre Trötenkonzent jedoch von schweren Polizeiübergriffen der berüchtigten 2. Magdeburger Einsatzhundertschaft auf mehrere Gegendemonstranten.
Antifaschistische Aktion Halle
Antifaschistisches Recherche Team Halle
Bilder von der Kundgebung:
Wenn ihr Dinge zu den Nazis auf den Bildern habt, könnt ihr diese entweder in den Kommentaren hier posten, oder per E-Mail an art.halle(ed)yahoo.com
1 (Fahnenträger)
2 (Fahnenträger)
3 Maximilian Sattler, Freie Kräfte Burgenlandkreis (Fahnenträger, Prügeltrupp)
4 Michael Hartmann, Freie Kräfte Burgenlandkreis (Fahnenträger, Prügeltrupp)
5 (Fahnenträger)
6 (Fahnenträger)
7 (Prügeltrupp)
8 (Prügeltrupp)
9 (als Schutz)
10 Holger Apfel (als Redner)
11 Udo Pastörs (als Redner)
12 Andreas Storr (als Redner)
13 Marcus Großmann (als Schutz)
14 (als Schutz)
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16 Andreas Karl (ehem. OB-Kandidat für Halle)
17 Hans Püschel
19 Freund/Mann von 20 aus Halle
20 Uta Degenhardt aus Halle
21 Rolf Dietrich (Fotograf)
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23 Volkmar Neugebauer (Kreisrat)
24 Felix Reimer (AG Weißenfels)
25 Torsten Görke (JN Halle, Späher, Prügeltrupp)
26 Florian Müller (JN Halle, Späher, Prügeltrupp)
27 (Späher, Prügeltrupp)
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34 Detlef Appel? (Info aus Kommentaren https://linksunten.indymedia.org/de/node/65239)
35 Andy Knape (als Schutz)
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Da die NPD wenige Stunden vor ihrem Besuch in Halle bereits in Leipzig ihr Glück versuchte, können wir euch auch die beiden Artikel des Freundeskreis Gamma nahe legen.
Namen und Infos aus Leipzig http://de.indymedia.org/2012/08/333507.shtml
Fotos und Namen aus Leipzig https://linksunten.indymedia.org/de/node/65239
Quellen und Verweise:
[1] http://www(Punkt)npd-sachsen-anhalt.de/index.php/aktuelles/269-deutschlandfahrt-mit-abschlusskundgebung-in-berlin-und-pressefest
[2] http://www.halle-gegen-rechts.de/presse11.html
[3] Bei den Ermittlungen gegen seine Firma wegen Verstoßes gegen das Insolvenzrecht, erklärte Andreas Karl einem Gerichtsvollzieher, er wäre ein Bürger des Deutschen Reiches und nicht der Bundesrepublik Deutschland.
[4] http://lap-saalekreis.de/index.php?option=com_content&view=article&id=82&Itemid=56
[5] http://moerdergrube.blog.de/2012/08/02/markus-grossmann-beteiligte-14355605/
[6] http://jugendantifahalle.blogsport.de/2011/02/11/jn-nazikader-in-halle-geoutet/
[7] http://www(Punkt)npd-sachsen-anhalt.de/index.php/aktuelles/267-dagmar-s-abschiedsfete-in-halle
[8] https://linksunten.indymedia.org/node/30157
[9] http://www.youtube.com/watch?v=0URLHWJZc6w
Zweiter Teil
Der Zweite Teil des Artikels der sich der Bullengewalt an diesem Tag, und den Folgen widmet, ist hier zu finden:
https://linksunten.indymedia.org/de/node/65670
034: Detlef Appel!
Detlef Appel, Kreistagsabgeordneter Oberhavel (Brandenburg), Stadtverordneter Oranienburg, ehem. Kreisvorsitzender Oberhavel
http://antifagruppeoranienburg.blogsport.de/2012/06/18/fruehe-aktivitaeten-der-npd-oberhavel-zu-den-wahlen/
Ein besseres Foto gibt es auch hier: https://linksunten.indymedia.org/de/node/63831
Ziemlich beste Freunde - Jahrestagsdemo nach Polizeiübergriff
31. August 2013 - 15:00 Halle HBF
Unter dem Motto "Täter, Ermittlungsbehörde, Staatsanwalt: Ziemlich beste Freunde" wird am 31. August 2013 in Halle die erste Jahrestagsdemo wegen des Polizeiübergriffs stattfinden. Die Ermittlungen wurden zwar bereits einmal eingestellt, mussten aber im März aufgrund nachweislicher "Versäumnisse" und "Ermittlungsfehler" der Bullen wiederaufgenommen werden. Seit dem passiert nicht viel, und es ist zu erwarten dass es zur erneuten Einstellung kommen könnte. Um dagegen jetzt schon eine breite Öffentlichkeit zu schaffen und Halle wenigstens ein bisschen auf die Nerven zu gehen, findet die ZBF Demo nun am 31. August statt.
http://zbf.blogsport.de
Alerta.