Prozess gegen Antifaschisten in Aachen

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Am 20. 8. 2012 wird am Aachener Amtsgericht ein Prozess gegen einen Antifaschisten aus Aachen beginnen. Ihm wird Körperverletzung gegen einen Aachener Neonazi vorgeworfen – er soll ihn mit einem Kaugummi bespuckt haben. Das Vorgehen von Staatsanwaltschaft und Gericht hat ein gewisses System: Die Kriminalisierung von Antifaschist_innen bei gleichzeitiger Nichtbeachtung von Nazi-Übergriffen.

 

Prozess gegen Antifaschisten in Aachen

 

Am 20. 8. 2012 wird am Aachener Amtsgericht ein Prozess gegen einen Antifaschisten aus Aachen beginnen. Ihm wird Körperverletzung gegen einen Aachener Neonazi vorgeworfen – er soll ihn mit einem Kaugummi bespuckt haben. Wäre diese absurde Anklage – niemand wird durch Anspucken mit einem Kaugummi verletzt – alles, könnten wir getrost von einer Provinz-Justiz-Posse sprechen. Das Vorgehen von Staatsanwaltschaft und Gericht allerdings hat ein gewisses System: Die Kriminalisierung von Antifaschist_innen bei gleichzeitiger Nichtbeachtung von Nazi-Übergriffen. Wird doch mal ermittelt gegen Nazis, glänzt das Aachener Gericht in der Regel durch Verschleppung der Verfahren, bis sich schließlich niemand mehr genau erinnern kann und Freispruch oder Einstellung folgt.

 

In der kommenden Woche nun steht also mal wieder ein Antifaschist vor Gericht. Der Anklagte könnte Bände sprechen von erlebten Nazi-Angriffen, so wohnte er in einer Wohngemeinschaft, die im Fokus der Kameradschaft Aachener Land steht. Mehrere Male wurde diese Wohnung von bewaffneten Neonazis angegriffen, mehrere Menschen wurden dabei teils schwer verletzt.

 

So etwa Mitte April 2009. Nachts kam es in der Aachener Innenstadt zu einem Naziüberfall auf drei Menschen, die das Haus verließen, in dem sich besagte WG befindet. Als sie die Außentür öffnen, wurden sie unmittelbar von 10-15 dort wartenden Neonazis angegriffen – mit Steinen, Flaschen und Pfefferspray. Zwei der Angegriffenen konnten zurück in das Haus flüchten, hinter sich ein halbes Dutzend Nazis. Einer wurde dabei an der Schulter von einem faustgroßen Pflasterstein getroffen. Der dritte Angegriffene floh über die Straße in Richtung Innenstadt, wurde von den restlichen Neonazis eingeholt und zusammengeschlagen. Sie brachten ihn zu Boden und traten ihm in Folge immer wieder gezielt gegen den Kopf. Einige Passant_innen, die sich einmischten, wurden von den vermummten Nazis mit Pfefferspray angegriffen. Die kurz darauf eingetroffene Polizei schien sich nicht allzu sehr für den Vorfall zu interessieren. Auch leiteten die Beamten vor Ort trotz Aufforderung keine Spurensicherung ein.

 

Die Wohngemeinschaft wurde zuletzt im Dezember 2011 angegriffen. 10-15 Neonazis versuchten in die Wohnung einzudringen, weil dort Antifaschist_innen vermutet wurden. Auch dieses Mal waren es Neonazis der KAL, von denen der Angriff ausging. Nachdem es den Neonazis gelungen war, bis ins Treppenhaus der Wohnung zu gelangen, zogen sie sich auf einen gegenüberliegenden Parkplatz zurück. Dort sammelten sie sich und versuchten, die Fenster der Wohnung einzuwerfen. Als die Polizei eintraf, verteilten sich die Nazis um sich kurz danach in der Aachener Partymeile wieder zu sammeln. Es wurden lediglich Platzverweise gegen einzelne Neonazis verteilt. Obwohl Personalien festgestellt wurden, kam es bis heute zu keinem Gerichtsverfahren.

Daniel Breuer, also der Neonazi, der nun Anzeige erstattete weil er in unmittelbarer Nähe dieser WG angespuckt worden sein soll, gibt sich betont politikfern. „Freunde“ von ihm hätten ihm erzählt, wer dort wohne. „Kameraden“ hätte er wohl besser gesagt. Dass er vorgibt, mit denen nichts zu tun zu haben, die für die Angriffe auf die WG verantwortlich sind, ist mit ein paar Fotos leicht zu widerlegen. Politikfern ist er beileibe nicht, vielmehr beteiligt er sich an Neonazi-Aufmärschen, bewegt sich im engen Umfeld der Kameradschaft Aachener Land und beteiligt sich an Angriffen auf Antifaschist_innen.

 

Während der Fußball-WM 2010 beispielsweise lief er in einer Gruppe Neonazis unter „Wir kriegen euch alle“-Rufen an besagter Wohngemeinschaft vorbei (Bild 1). Ebenfalls anwesend waren u.a. Falko Wolf, Daniel Thönnessen und das KAL-Mitglied André Plum, der jüngst in der Aachener Innenstadt zwei Personen angriff und einen davon schwer verletzte. Plum war auch einer der Neonazis, die am 23.12.2011 besagte WG angriffen. Wolf und Thönnessen wurden 2011 von dem Aachener Landgericht wegen Vorbereitung von Explosionsverbrechen, Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung verurteilt. Nachdem beide dem Gericht die Geschichte vom Ausstieg auftischten, erhielten sie zwei bis drei Jahre Jugendhaft auf Bewährung. Daniel Thönnessen beteiligt sich weiterhin an Nazi-Aufmärschen.

 

Dass Daniel Breuer mit Aktivisten der Kameradschaft Aachener Land herumzieht, ist jedenfalls kein Zufall. Am 3.4.2010 nahm er an einer Neonazidemonstration in Stolberg teil (Bild 2). Im Anschluss daran beteiligte er sich mit Eric Troche, Marcel Bauwens und dem Laurensberger Neonazi Florian Lindwehr und anderen Neonazis an einem Angriffsversuch auf das AZ in Aachen (Bild 3).

 

All diese Neonazis bewegen sich in oder im nahen Umfeld der Kameradschaft Aachener Land.


Die Kameradschaft Aachener Land wurde im Jahre 2001 von Neonazis aus dem Aachener Umland gegründet. Zentrale Figuren waren René Laube und Christian Malcoci. Die KAL zählt zu den mittlerweile ältesten und aktivsten Neonazi-Kameradschaften Nordrhein-Westfalens. In der Stadt Aachen und im Umland ist seitdem ein verstärktes Auftreten der militanten extremen Rechten zu beobachten. Der Anstieg extrem rechter Aktivitäten äußert sich vor allem in Angriffen auf Migrant_innen, Antifaschist_innen und andere als Gegner_innen wahrgenommene Personen, Gruppen und deren Treffpunkte. Ziele der rechten Angriffe in Aachen sind häufig Privatwohnungen, linke Einrichtungen und Parteibüros. Mit diesem systematischen Vorgehen versuchen Neonazis, antifaschistische Aktivitäten zu behindern und politische Gegner_innen einzuschüchtern. Eine weitere beliebte Strategie der KAL-Nazis ist es, bekannte politische Gegner_innen willkürlich anzuzeigen.

 

Die Kameradschaft Aachener Land fiel zudem unlängst durch offene Sympathiebekundungen für den NSU auf (Bild 4). Die Aachener Staatsanwaltschaft scherte das nicht.

 

Die Aachener Staatsanwaltschaft ist inzwischen bundesweit dafür bekannt, gegenüber Neonazis nachsichtige Milde walten zu lassen, während Antifaschist_innen mit politischen Verfahren überzogen werden. Da werden Antifaschist_innen wegen Vermummung gegenüber Neonazis in Jugendarrest genommen, Prozesse wegen Beihilfe zur Beleidigung geführt und da wird dann eben auch mal vermeintliches „Anspucken“ zur Körperverletzung.

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Naja, so ganz schaut man in Aachen doch auch nicht weg, wär also schön wenn ihr das mal richtig stellt. Allein schon der Umstand daß Denis U. und Falko W. im Gefängnis sind widerlegt doch schon den letzten Satz des ersten Absatzes.

na, da steht ja "in der regel". f.w. hat für sprengstoffvergehen, volksverhetzung und verwendung verfassungsfeindlicher symbole ne bewährungsstrafe bekommen. weil er den geneigten herren seinen vermeintlichen ausstieg erklärte. in den knast ist er erst wegen verstoßes gegen die bewährungsauflagen gegangen. wenn ich mich recht entsinne wegen eines raubüberfalls. dass d.u. irgendwann dann doch mal einfährt, nach etlichen einstellungen und freisprüchen, beweist wohl kaum, dass die festestellung der "nachlässigkeit des gerichts" falsch ist. es geht ja darum, tendenzen festzustellen. die tendenz in aachen ist da, denke ich, eindeutig geprägt von verharmlosung, milde, ignoranz.

Bitte Uhrzeit für den Prozess und Raumangabe an:

 

klarmannswelt@yahoo.de 

 

Ggf. Berichterstattung.