BaWüs Innenminister Gall flieht vor kritischen Fragen

Reinhold Gall ist Landesinnenminister und Sozialdemokrat. Zwei gute Gründe also, nichts auf ihn zu geben. Seine politische Praxis bestätigt dies jeden Tag:

 

Reinhold Gall fordert stärkere Überwachung von Linken, mag Vorratsdatenspeicherung und glaubt allgemein, dass Gesetze Probleme lösen können. Konsequenterweise hat er auch die sogenannte Sperrklärung unterzeichnet, mit der die Polizeidirektion Heidelberg versucht eine juristische Aufklärung des Falls um den Verdeckten Ermittlers in Heidelberg, Simon Bromma, zu verhindern. Innenminister Reinhold Gall unterstützt also auch polizeiliche Willkür.

Trotz alledem hat er es geschafft uns noch zu überraschen, indem er weit hinter seine eigenen Ansprüche (wir unterstellen allgemeine, representativ parlamentaristische) zurück gefallen ist:

 

Als sich bei einer Veranstaltung der SPD, bei der über ein Jahr Regierungswechsel in BaWü Bilanz gezogen werden sollte, abzeichnete, dass die Gäste kritische Fragen stellen wollen, haute er einfach ab.

 

Hierzu unsere Presseerklärung:

 

Pressemitteilung: Besuch des baden-württembergischen Innenministers in Heidelberg wird zum Desaster

Reinhold Gall flüchtet vor kritischen Nachfragen

Auf Einladung des SPD-Bundestagsabgeordneten Lothar Binding sollte Innenminister Reinhold Gall im Hilde-Domin-Saal der Stadtbücherei über die vermeintlichen innenpolitischen Erfolge der neuen baden-württembergischen Landesregierung referieren.

Schon eine halbe Stunde vorher hatten sich ca. 60 DemonstrantInnen vor der Stadtbücherei eingefunden, um gegen die Vertuschung der Heidelberger Spitzelskandale zu protestieren.
Im Dezember 2010 war der LKA-Spitzel Simon Bromma enttarnt worden, der fast ein Jahr lang unter falschem Namen die linke Szene Heidelbergs durchleuchtet und eine unübersehbare Menge an Introtzdemformationen und Daten über Hunderte von AktivistInnen gesammelt hatte.

Obwohl die SPD im damaligen Wahlkampf vollmundig versprochen hatte, die Affäre um den Polizeispitzel Simon Bromma lückenlos aufzuklären, mauert der neue SPD-Innenminister weiter und versucht, selbst die gerichtliche Aufklärung des Spitzelskandals mit aller Vehemenz zu sabotieren: Im Dezember 2011 unterzeichnete Gall eine Sperrerklärung, mit der verhindert werden soll, dass der Einsatz der verdeckten ErmittlerInnen juristisch überprüft werden kann.
(Nähere Infos unter: http://spitzelklage.blogsport.de)

In der Stadtbücherei blieb Gall allein mit Lothar Binding und seinen Bodyguards. Als die DemonstrantInnen die Kundgebung auflösten, um an der SPD-Veranstaltung teilzunehmen, verließ der Innenminister fluchtartig das Gebäude über den Hinterausgang. Binding konnte den KritikerInnen nur noch mitteilen, dass Gall für keine Fragen zur Verfügung stehe.

Der Vorfall zeigt wieder einmal mit aller Deutlichkeit, dass von dieser Regierung weder eine neue Politik noch ein immer wieder behaupteter "offener Dialog mit den BürgerInnen" zu erwarten ist.

Wir werden auch weiterhin keine Ruhe geben, bevor der Heidelberger Spitzelskandal restlos aufgeklärt ist und die Ausforschung und Bespitzelung kritischer linker Opposition ein Ende hat.

Arbeitskreis Spitzelklage Heidelberg (AKS), 24.07.2012

Für Nachfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung:
ak-spitzelklage@riseup.net
http://spitzelklage.blogsport.de

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Es ist doch schonmal ein gutes Zeichen, wenn der Innenminister trotz intensiver ausspähung der linken Szene in Heidelberg anscheinend eine tiefsitzende Angst vor dieser hat.

 

Macht weiter so, bis sie die Scheiße endlich aufklären!

Das Heidelberger Monopolblatt Rhein-Neckar-Zeitung hat am 26.7. einen kurzen Text zum Besuch von Spitzel-Gall veröffentlicht:

 

Niemand interessierte sich für Gall

Mehr Demonstranten als Zuhörer: Diskussion mit dem baden-württembergischen Innenminister in der Heidelberger Stadtbücherei wurde mangels Publikums abgesagt

hob. Es hätte so schön werden können. Die SPD wollte in der Stadtbücherei am Dienstagabend sich und ein Jahr grün-rote Landesregierung feiern. Der Bundestagsabgeordnete Lothar Binding hatte den baden-württembergischen Innenminister Reinhold Gall eingeladen, um mit ihm über die Erfolge in Stuttgart zu diskutieren. Doch außer 40 Gegendemonstranten vom Arbeitskreis Spitzelklage, die unter dem Motto "Gift und Gall(e)" lautstark vor der Stadtbücherei eine "umfassende Aufklärung der Heidelberger Spitzelaffäre" um den verdeckten Ermittler Simon Brenner forderten, interessierte sich kaum jemand für die Veranstaltung.

Gall, Binding und die paar Besucher zogen deshalb in die Gaststätte "Mood's" in der Carl-Bosch-Straße um. Der AK Spitzelklage feierte den Abzug des Innenministers als Erfolg: "Reinhold Gall flüchtet vor kritischen Nachfragen", hieß es am Mittwoch in einer Pressemitteilung. Doch Gastgeber Binding widersprach vehement: "Der Innenminister wollte die Veranstaltung durchziehen, aber ich hatte keine Lust, bei nur einer Handvoll Zuschauer vor 160 leeren Plätzen zu sitzen."

Das mangelnde Interesse sei natürlich schon ein bisschen peinlich gegenüber Gall, gibt Binding zu, doch der Innenminister habe sehr tolerant und großzügig reagiert. Ein bisschen wurde dann übrigens doch noch diskutiert, im Biergarten und mit knapp 20 Zuhörern. Zu Recht, findet Binding. Denn die grün-rote Landesregierung könne auf ihre Erfolge in den Bereichen Haushaltskonsolidierung, Polizeireform, Kleinkindbetreuung und Abschaffung der Studiengebühren stolz sein.


Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung, 26.07.2012 - www.rnz.de